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Beilage

Sonnabend, 10. März 1928

Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

Krankes Land

Nach Bläffermeldungen follen in lehter Zeit mehrere Tausend junger Bauernsöhne zur Aus. wanderung nach Canada bereit sein und bereils dorf große Ländereien erworben haben. Wir sind in der Cage, die Schilderung eines Augenzeugen hier wiederzugeben, der als Fremder der Versteigerung eines Hofes in Oftfriesland

beiwohnte.

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Es werden hohe Preise gezahlt.

Zweitausend Menschen tamen, um dieser Auflösung des Hofes zuzuschauen. Sie stehen stumm aneinandergedrängt, es ist durch diese Mauern tein Durchlommen. Der Bersteigerer klettert auf eine Böfeltonne, um nicht von der Masse erdrückt zu werden. Rein Sherz, tein Schimpfwort, wie sie sonst folche An lässe bieten. In den Gängen, in den Stuben, beim Bieh in den Man fährt von Emden mit der Kleinbahn eine Stunde meif Ställen steht diese dumpfe Masse. Das Angebot der hinteren geben ins Land. Das Meer, das jetzt im Frühjahr das Grundwasser bis die vorderen weiter, es ist ein zähes Ringen um den fleinsten hinauf in die Gräben und Acerfurchen treibt, ist irgendwo. Erlen Gegenstand; die Tage wird um das Dreis , Bierfache überboten als Baumbestand auf trockenen Halden, hier und da vielleicht eine Es werden Taufende für Dinge bezahlt, die den gewißten Städter Es werden Taufende für Dinge bezahlt, die den gewißten Städter Eiche, hinter der sich das breitgestreckte niedersächsische nicht Hunderte wert erscheinen. Eine alte holländische Uhr mit Bauernhaus unter Etroh oder Ziegeln duct. Süd oder Nord, Mond und Kalenderphasen, aber mit neuem Gehäuse, erreicht den man fennt die Richtung nicht in diefer unübersehbaren, meilen Preis von 12 000 Mart. Das Vieh, alles eingetragene Zuchtbuch weiten Felderfläche, nur Wiesen und Aecker, auf denen das oftraffe, geht nicht unter Tausend im Stüd weg. Es ist, als friesische Milchschaf in der winterlichen Grasnarbe stochert. ob der tote Bauer unter ihnen stände und vergnügt zu diesem Tun In Furchen hochgepflügt liegt die Krume des Aders, zwischen jedem grinse. Im Wohnhaus, das als Anbau nach der Dorfmitte mit der Furchenzug quirlt das Wasser, schon halb das Meer, das ganz in Scheune und dem Stall ein Ganzes mit dem Innern bildet, fizen der Nähe, hinter Dünen sein muß. Der hochgeschütteten Chauffee an langen Bänken Gevattern und Befannte der Familie. folgt die Bahn. Wir sind am Ziel Sie betonen heute bei der Auflösung des Hofes das Gemein fame der Sippe. Bon schwarzgefleideten hübschen Mägden wird ihnen dauernd Tee gereicht, der, gleich in großen annen ge­füßt, auf den Tisch fommt. Ein jeder Gast, der tommt, fann von diesem Tee bekommen, menn er das Glüd hat, an die Tefe heran­zugelangen. Da fizen sie in ihrer breiten Starrbeit, die Bauern und die Frauen in gebauschten Röden, rüden und weichen nicht und trinten Tee. Um fie herum merden Tisch, Bant und Bett versteigert. Bom Fenster der Wohnstube fieht man nun, mie draußen im Garten das fleinere Mobiliar versteigert wird. Ge schirr, Töpfe und Kessel Da wird ein Gegenstand heran.

Die Versteigerung eines Bauernhofes. Ueber glitschige Aderwege vom Bahnhof zum Dorf. Eine große Menschenmenge tappt hindurch. Die ersten Häuser, in sonder licher Art ihre Hintergievel der Straße zuwendend. Misthaufen und Jaucheabsonderungen treten in nabe Berührung zu unseren Stiefeln. Das breite Tor des vierten Gehöftes, meit ge öffnet, tann die drängenden Menschen nicht faffen, die in die über füllte Scheune ebenfalls Cinlaß begehren. Aber diese Masse Bolt ist nicht dem Ruf des Lebens gefolgt, hier wie seltsam und gegen fäglich- rief ein Toter fie auf seinen Besitz. Ein Jung bauer, der unruhiges Friesenblut besaß, gab den Auftrag, den Besiß zu versteigern. Baß und Ueberfahrtstarte nach Amerita waren schon besorgt, der Termin zur Abreise in allen Einzelheiten fest­gelegt. Acht Tage vor diesem Termin ft ar b er.

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Entfernte Verwandte regeln heute den Verlauf, wie ihn der Bauer bestimmt hatte. Die Bersteigerung wurde nicht verlegt. Aber was veranlaßte ihn, wie so viele ostfriesische Bauern, die Heimatscholle zu verlassen? Jede Woche sind es mehrere, die hinter fich die Tür des alten Familienhauses zuschlagen und in ein Land gehen, dessen wirtschaftliche Unsicherheit mohl noch größer ist als die in ihrer Heimat. Sind sie in dieſer flächigen waſſerumspülten Nordwestecke Deutschlands land müde geworden, so wie ein Pferd in der Stadt plastermüde wird? Treibt sie die Un lust an den Berhältnissen, wie sie heute allgemein bei Landwirten empfunden wird? Das gilt für Ostfriesland nicht. Glänzend organisiert ist der Bauernstand, Landesverbände und Regierungs­

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Auktion bei den Landmüden. stellen halten auch den wirtschaftlich Schwachen, die Verbindungs mege nach Bestdeutschland oder zum Meer sind nirgends besser als hier. In der Raffeniehzucht, besonders von Pferden und Hornvieh, fchafft der Ostfriese die höchsten Leistungen. Es tann nur sein, daß sein Blut, das unruhige, das Erbteil feiner Ahnen, die als Räuber und Eroberer zu Wasser und zu Lande einst die Länder beunruhigten, rebelliert. Es will nach mehreren Ge­Schlechterfolgen nicht mehr an einem Blage figen. Wir in den Städten verkommen im ewigen Gleichschritt, in drei, vier Generationen sterben wir aus. Aber diese zähe, dürre, blonde Friesenrasse, die auf diesem Schlic sich einst feßhaft gemacht hat, fühlt noch die alten Erobererinstintte, fie sorgen um den Raum für fünftige Generationen.

Das Wandelbild.

,, Abenteuer in Paris "

Der Loctitel ist unberechtigt, denn derartige Abenteuer erlebt man nicht in Paris , sondern nur in Film- Amerika. Der Film, der im UT. Kurfürstendamm läuft, ist sogar so ameritanisch, daß nur ganz Anspruchslose eine ungetrübte Freude an ihm haben. Der

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Unheils, bas dieſes geduldige Haus heute erleiden muß gezogen, bizarr in diefer Umgebung, vielleicht die Ursache all des Kinderwiege. Aus starkem Eichenholz gezimmert, breit und aus ladend, die Läufe wohl vom Wiegen vicler Kindergenerationen ab gemezt. Aber an den hohen Bettgiebeln find Sterne hinein­gesägt, und diese Sterne, die glüdbringenden Zeichen, wiederholen fich in Einlagen im Holz an den Längsfeiten dieser Kinderwiege. Barum, toter Jungbauer, haft du dieses heiligste Erbe, die Kinderwiege, nicht beachtet, die zulegt verstaubt und ungesehen in den Hahnenbändern der Scheune hing? Warum fonntest du nicht ein Kind hineinlegen, wie es deine Bäter und Mütter ge tan haben? Die Mägde hier würden nicht mit rotgeweinten Augen herumlaufen, und du selbst, du hättest vielleicht nicht die Reise nach dem fremden, dunklen Lande angetreten...? Er, der auf all bas Geschehen Antwort geben soll, schläft drüben auf der Geest im weißen Sande.

Das Haus, die Neder, alles findet zu hohen Preisen seinen Käufer. Nur die Reihen Schinken und Speckseiten, die in einladen der Fülle von der Decke der Stube herabbaumeln, werden nicht beachtet. Ein Frember wird nun in diesen Hof einziehen, wird die leder pflügen, wird in der alten Wiege feine Kinder wiegen Möge ihm ein glüdlicheres Los beschieden sein als dem Mann, den das Schicksal strafte, als er fein Erbe verlassen wollte.

Doch alle diese Menschen plagt die Sucht, über das große Meer zu fahren. Es ist wie der falte Brand, der an diesem nassen Land und seinen edigen Menschen frißt. Morgen, übermorgen und alle Tage wird ein Hof aufgelaffen, bricht das Geschwür an an deren Länderstellen neu auf. Jedesmal ziehen die Dörfler in Scharen hin, so, wie Kinder sich Wunden zeigen, schauen sie der Auflösung zu. F. N.

Was alles gestohlen wird.

Automobildiebstähle gehören schon lange zu den Tagesereigniffen. Alles, was beweglich ist, wird gestohlen, Rein Wunder also, daß man jegt, im Zeitalter des Flugverkehrs, auch schon von Flugzeug diebstählen hört. In Richmond , Amerika , wurde vom dortigen Flugplaß ein Flugzeug gestohlen. Der Täter soll ein befannter

Manuskriptschreiber hatte zwei Aufträge zu erledigen; er mußte für Abbruch der Cholerabaracken Bebe Daniels eine Bombenrolle schreiben und dem Regisseur Artur Rosson Gelegenheit geben, angenehm aufzufallen. So hat der Film den ungercimtesten Inhalt, aber Bebe Daniels hat die verschiedensten Milieus, die ihrem Spiel als Hintergrund dienen, und der Regisseur tann mit Einfällen progen, die freilich wenig mit der Handlung verflochten sind, sondern alle hübsch ihr eigenes Dasein führen.

Und so tritt Bebe, das arme, geheizte Ladenmädel, durch einen glücklichen Zufall, es erhascht nämlich ein von einem Reklameflieger abgeworfenes Freibillett, eine Reise nach Paris an. An Bord des Luxusdampfers flirtet Bebe mit viel Umficht und lernt ihn, Bob, tennen und das gute Filmende ist beficgelt. Artur Rosson beschließt die Borstellung feines Stars init einer großen Sensation; mit der Wettfahrt zwischen Automobil und Bierergespann in gebirgiger Gegend. Aber hundert gute Filmeinfälle aneinandergereiht, ergeben nicht unbedingt einen guten Film, das Musterbeispiel dafür sind diese Abenteuer in Kulissen- Baris. e. b.

,, Auf dem Wege zu Kraft und Schönheit."

Ueber jeden Gesprächsstrff, der einen größeren Kreis interessiert, Schreibt man für Pat und Patachon ein Filmmanusfript möglichst burlester Birtungen. Und ohne Weiter und höherentwidlung spielen die beiden in ihren Rollen sich selbst und finden ftets ein von Herzen dankbares Publikum.

Diesmal geraten Bat und Batachon an amei hübsche, frische, nichtsnußige Kunststudentinnen, die das ungleiche Paar als Baar als Marmorfiguren mieten. Nachdem die beiden dann als antife Statuen genügend Ult und Unfug angestiftet haben, werden sie Behrer an einem sportlich geleiteten Schönheitsinstitut. Inmitten er Girls fühlen sie sich recht wohl und der Zuschauer hat auch eine angenehme Augenweide an all den blendend schönen Mädchen gestalten Zum Schluß präsentieren sich unsere Helden als glücklich

Berlobte.

Obwohl der Regiffeur Lau Laurigen recht frisch ans Wert geht, verstößt er dech gegen die allgemeinen Regeln eines juten Films, weil er seine Hauptakteure, denen er gor zu viel Gel­tung verfchaffen will, mitunter au toten Bunkten führt.

Borher gab es eine sehr reichhaltige und gute Bühnenschau.

Dieser Tage beginnt der Abbruch der im Jahre 850 er­bauten Cholerabaracken im Moabiter Krankenhaus; sie werden durch einen modernen Pavillon ersetzt.

lieger fein. Nun hat man wohl bisher ein Haus für unbeweglich gehalten und deshalb angenommen, daß ein solches Ding sich nicht stehen läßt. Weit gefehlt. In Chicago murde ein längere Zeit leer. stehendes Haus von seinem weiter entfernt wohnenden Besizer, als er eines Tages einmal infpizieren wollte, nicht mehr an seinem Platz vorgefunden. Er sah nur die leere Baustelle und war nicht menig erstaunt, einige Sunbert Schritte weiter, aber an der anderen Seite der Straße, fein Haus zu erblicken. Dem neuen Bewohner hatte anscheinend das perlaffene Haus leid getan, und er hatte es, nach der vielfach angewandten amerikanischen Methode, auf Rollen stellen und auf sein Grundstüd transportieren lassen.

Der Schaffenfönig. Bei einem Manöver ftehen König Vifter. Emanuel und Mussolini nebeneinander. Der König verliert sein Taschentuch, Mussolini hebt es auf und ftedt es ein. Der König bemerkt es und sagt zu dem Duce" in demütig- vormurf: vollem Tone: Lieber Ministerpräsident, nehmen Sie mir doch nicht das Begie, in das ich noch meine Rafe steden barf!"

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