BERLIN Freitag, 27. Juli

1928

Der Abend

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Spätausgabe des„ Vorwärts

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Nr. 352

B174

45. Jahrgang.

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Zunahme der Reichsbahnunfälle

Dorpmüller erklärt.- Die Verantwortung der Reichsbahnleitung.

Um die Deutsche Reichsbahngesellschaft entstand in den lehten Wochen durch die schnell aufeinanderfolgenden Eisen­bahnkatastrophen, besonders in Bayern , dide Luft. General­direffor Dr. Dorpmüller von der Reichsbahngefellschaft hatte das begreifliche Bedürfnis, einen Bericht zu erstatten. Die hohen Reichsbahnbeamten Norddeutschlands und Bayerns , auch die Vertreter des Reichsverkehrsministeriums standen zu Er. klärungen an die Presse heute bei der Hauptverwaltung der Reichs­bahn in der Voßstraße zur Verfügung. Die Reichsbahndirektion mußte manche Fehler zugeben, im ganzen aber war das Examen für fie nicht allzu ungünstig.

Dorpmüller war verschnupft darüber, daß die Unglücksfälle der letzten Zeit in allzu sensationeller Weise durch die Preffe aufge= bauscht worden seien und unterließ auch nicht, indirekt gegen die Kritif des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Held zu polemifieren. Man spanne die öffentliche Meinung an, um Ziele zu erreichen, die in Zeiten eines einwandfreien Arbeitens der Eisenbahn feinen An flang finden, von einer mürbe gewordenen Verwaltung aber viel­leicht herauszuschlagen seien.

Dorpmüller gab dann eine eingehende Darstellung der zwei schweren Katastrophen in Siegelsdorf und München und der drei leichteren in Ummendorf , Ulm und Neuß am Rhein , Sie sich alle in der fürzen Zeit vom 10. Juni bis zum 21. Juli abgespielt haben. Die schwere Katastrophe in Siegelsdorf , die 40 Tote und Verletzte gekostet habe, sei dadurch entstanden, daß die die Gleis­anlagen besichtigende Kolonne nach Beendigung ihrer Tagesarbeit entgegen der Vorschrift die langsamen Fahrsignale weg­genommen hätten. Hier liegt unseres Erachtens die Berant. wortlichkeit der Reichsbahngesellschaft klar zutage. Es tann niht genügen, den Rottenführer und die dortige Bahnmeisterei de: Unaufmertfamheit zu beschuldigen, wenn die Reichsbahn­gesellschaft selbst zugeben muß, daß in Süddeutschland die in Breußen vorhandene Oberbauverwaltung noch fehlt, und wenn die Reichsbahngesellschaft erst jetzt beabsichtigen will, bei den Direktionen besondere Stredendezernate einzurichten und besondere Oberbau­fontrolleure anzustellen. Den Mittelpunkt der Diskussion bildete natürlich

die schwere Katastrophe im Münchener Hauptbahnhof ,

bei der zehn Menschen ihr Leben ließen und eine große Anzahl von Verletzten zu verzeihnen war. Darüber gab Dr. Dorpmüller folgende Darstellung

Jm Borzug war die Nofbremje gezogen worden. Infolge­deffen blieb der Zug liegen. Der Blodwärter wußte nicht mehr, ob der liegengebliebene Zug zurüdgemeldet fel und ob er den nächsten Zug nachfolgen laffen dürfe. Sein Apparaf zeigte ihm zwar die rote Scheibe. Sein auf dem Stellwert täfiger Kollege rief darauf den vorliegenden Block an, ob der Borzug schon durchgefahren fei. den vorliegenden Blod an, ob der Borzug fchon durchgefahren fei. Die Antwort lautete:„ Ja, er ist durch, 3hr habt ja fchon den nächsten Zug vorgeblodt." Daraufhin gab der Blodwärter dem nachfolgenden Stammzug das Ausfahrtssignal, und der Zu­

fammenstoß erfolgte."

Ein neuartiges Flugzeug.

Auf dem Tempelhofer Feld probiert Ingenieur Zaschka mit Erfolg das neuartige, von thm konstruierte Flugzeug aus, dessen Vorzug darin besteht, daß es mit den Rotationsflügeln überall landen und aufsteigen kann; es steigt und fällt senkrecht. Die durch Motorkraft angetriebenen Tragflächen werden durch zwei Kreisel stabil gehalten.

Die Aussperrung im Siegerland .

7000 Metallarbeiter im Abwehrkampf. Frankfurt a. M., 27. Juli. ( Eigenbericht.) Die vom Arbeitgeberverband der Siegerländer Gruben und Hütten angekündigte Aussperrung ist am Mittwoch und Donnerstag durchgeführt worden. Gestern abend waren in 20 Betrieben der Metallindustrie an der Dill und an der Lahn rund 7000 Arbeiter und Arbeiterinnen ausgesperrt. Es trifft nicht zu, daß der Metall­arbeiterverband in letzter Stunde angebahnte Einigungsverhand lungen abgelehnt hat. Richtig ist vielmehr, daß sich die in Frage kommenden Organisationen das Eingreifen des Landrates in Dillen­ burg verbeten haben, der unter Ausschaltung der Organisationen

mit den Ausgesperrten allein verhandeln wollte. Die Kampf­ftimmung unter den Ausgesperrten ist vorzüglich. Am Sonnabend werden die Gewerkschaften in Dillenburg eine große Kundgebung die Streiflage berichtet und die weiteren Kampfmaßnahmen be­schloffen werden sollen.

Pläne darstelle. Man übersehe bei derartigen Behauptungen be­wußt, daß der heutige Kleinstaat Desterreich etwas ganz anderes sei als die frühere Doppelmonarchie. Der starke Zuwachs, der für Deutschland aus dem Anschluß erwachsen könne, entspreche etwa seinem Geburtenzuwachs in 15 Jahren. So wenig, wie man diesen Geburtenzuwachs hindern könne, tönne man den Anschluß hindern.

Interessant ist übrigens auch die Ansicht der royalistischen ,, Action Française". Frankreich ), so schreibt das Blatt, stehe gegen­

über dem Anschluß vor der gleichen Alternative wie Napoleon III. gegenüber der deutschen Einigung. Wolle man dem Beispiel Napo­ leons folgen und den Anschluß hindern, dann feze man sich auf ein Bulverfaß, das früher oder später explodieren müsse. Gebe

man ihn zu, so müffe man alle Folgen des Machtzuwachses für Deutschland tragen.

meisters von Behringen erhalten habe. In diesem Briefe wird die der gesamten ausgesperrten Metallarbeiter veranstalten, in der über Bauunglück infolge Konstruktionsfehler

Der Präsident der Reichsbahndirektion München von Bölder teilte dabei mit, daß er einen Brief von dem Sohn des Bürger Beobachtung mitgeteilt, ein Reisender habe in dem ausfahrenden Hauptzuge die Notbremse gezogen, weil eine Tür des Abteils fich nicht schließen ließ.

Im ganzen aber gab die Reichsbahndirektion für die Münchener Ratastrophe in einem weiteren Sinn die Verantwortlichkeit zu. Dorpmüller erklärte:

Wäre das Blodfeld in Abhängigkeit mit dem Signal gewefen, so wäre das Unglüd nicht geschehen."

Für die beiden Flügelbahnhöfe seien die entsprechenden Sicherungen bereits durchgeführt. Für den mittleren Teil, wo sich das Unglüd ereignete, standen für 1928 bereits 350 000 m. zur Verfügung, der Bau hätte aber nicht in der Zeit des stärksten Verkehrs ausgeführt werden können. Dennoch sei die Katastrophe nur auf das unglüdliche Zusammentreffen von fünf nicht vorherzusehenden Zufällen

zurückzuführen. Das Ziehen der Notbremse, die fehlerhafte Anfrage bes einen Blodwärters beim anderen, die mangelhafte Auskunft der zweiten Blockstelle, die voreilige Signalbedienung trog ungeflärter Lage und endlich die mangelnde Aufmerksamkeit des Lokomotiv führers im nachfolgenden Zuge, der unbedingt die drei roten ( Forthegung auf der 2. Seite.)

Der Anschluß ein Lebensrecht. Léon Blum nennt ihn unvermeidlich.

Zwei Arbeiter getötet, vier schwer verletzt.

Raffowih, 27. Juli. Am Donnerstag ereignete sich in myslomit auf dem Neubau des Zentralviehhofes ein folgenschweres Bau­unglüd. Beim Abmontieren einer Holzbekleidung stürzte in Paris , 27. Juli. ( Eigenbericht.) einer Länge von 30 Metern ein Teil der Halle ein. Bon Der Führer der Sozialistischen Partei Frankreichs , Leon Blum , den an der Unglücksstelle beschäftigten Arbeitern wurde einer legt heute im Populaire" den Standpunkt seiner Partei zur An fofort getötet, ein 3 weiter starb auf dem Transpor schlußfrage fest. Man habe kein Recht und auch keine Mittel, nach dem Krankenhause. Außerdem wurden vier weiter um Desterreich allein das Selbstbestimmungsrecht vorzuenthalten. Arbeiter, darunter eine Frau, schwer verletzt. Die sofort man habe im Friedensvertrag einen vollkommen lebens. unfähigen Staat Desterreich geschaffen, der überhaupt nur mit angeftellte gerichtliche Untersuchung ergab einen konstruktions­fremder Hilfe eriftieren könne. Es sei glatte Heuchelei, zu befehler. Es ist nicht ausgeschloffen, daß die Trockenheit der letzten haupten, daß der Anschluß Desterreichs an Deutschland eine Gefahr Tage die Bindung des Betons verhindert hat und die Abnahme des für den Frieden sei und eine Wiederaufnahme alter imperialistischer Gerüftes zu zeitig erfolgte.,

Tunney bleibt Boxweltmeister.

Bericht im Sportteil.