Schmelzer junior nicht entlassen.
Nur Strafmilderung, feine Bollamnestie.
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Die Rote Fahne " mimt utanfälle wegen der an geblichen Haftentlassung der beiden Arensdorfer Schmelzer. In Wirklichkeit hat eine Haftentlassung des Hauptverurteilten August Schmelzer nicht stattgefunden und ist auch nicht beabsichtigt. Wie uns von amtlicher Stelle beſtätigt wird, hat eine Prüfung, darüber stattgefunden, ob die Tat der beiden Schmelzer als politische anzusehen sei, diese Frage ist bejaht worden. Dagegen bestand von Anfang an fein 3weifel darüber, daß für die Arensdorfer Tat als Totschlagsdelift, wir heute früh im Vorwärts" ausgeführt wurde, feine Bollbegnadigung, sondern lediglich Straf= milderung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen einzutreten habe, also Herabsetzung der Strafe auf die Hälfte, Umwandlung von Zuchthaus in Gefängnis und volle Anrechnung der Untersuchungshaft sowie der bereits verbüßten Strafzeit. Hierbei ergab sich, daß die Strafe von Schmelzer ( Water), die ursprünglich 1½ Jahr Zuchthaus betrug, durch Herablegung und Berbüßung fast restlos konsumiert ist, während bei Schmelzer, Sohn, der zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt war und ſeit der Tat in Untersuchungshaft gefeffen hat, noch ein Strafrest von etwa einem Jahre bleibt, den er auch abzufigen hat.
Richtig ist lediglich, daß die Kommunisten eine Amnestie gefordert haben, durch die auch der Sohn August Schmelzer sofort in Freiheit gelangt wäre. Das Wehgeschrei der Roten Fahne" über die- tatsächlich nicht erfolgte- Haftentlassung August Schmelzers ist daher nicht nur verlogen, sondern auch im hochsten Grade heuchlerisch.
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Die Eltern auf der Anklagebant.
Bon Hellmuth Falkenfeld.
Die Gewissenlosigkeit, mit der die Menschen von heute Kinder in die Welt setzen, wird nur noch von der übertroffen, mit der sie die Kinder erziehen. Hier einige fleine Beispiele aus dem Leben. Sie zeigen, daß es mit der Aufzucht von Menschen in den 150 Jahren feit Rousseaus Tabe nicht beffer geworden ist. Bielleicht dienen diese Beispiele aber dem einen oder dem anderen Erzieher" zur Warnung.
I.
Erwachsenen mit Kindern einen Ausflug. Die Männer rauchen Eines schönen Sommertages macht eine größere Anzahl von Bigarren, die Kinder pflüden am Begrand Blumen. Ein fleines Mädchen hat ein Sträußchen gepflüdt und gibt es ihrem Bater. Der wirft vor den Augen des Kindes den Strauß verächtlich meg. Das Kind fängt bitterlich an zu weinen, der Bater feigt vor sich hin.- Ein typischer Fall für ein Berbrechen an der Rinbesseele. Ein beispielhafter Fall dafür, mie Borniertheit und Roheit der Eltern dem Kinde einen„ Knor" für das ganze Leben beibringen tönnen.
II.
einen Bekannten, der mit dem älteren hübschen, Mädchen schön tut. 3wei Schwestern gehen mit ihrer Mutter spazieren. Man trifft Gie ift sechs Jahre alt und ist liebenswürdig, weil man fie oft hübsch gefunden hat. Die kleinere Bierjährige ist schüchtern und ängstlich. Die Mutter sagt zu dem Befannten, offenbar, um die Kleine, die bei der Begrüßung etwas vernachlässigt wird, ins rechte Licht zu setzen: Nun, die Lotte, die Kleine, die fann auch noch mal ganz nett und hübsch werden." Die Kleine hat es gehört und daraus entnommen, daß sie sehr abstoßend sein muß. Sie
,, Du wirst zu Ontel Gustav gratulieren gehen." ,, Aber ich mache es doch gar nicht gern. Er hat eine so faltige Haut, und es macht mir gar feinen Spaß, wenn er mir einen Auß gibt." ,, Nun schön, dann tu es mir, deiner Mutter, zuliebe." ,, Aber warum willst du, daß ich etwas tue, was mir so schred. lich ist?"
Ich will sehen, ob die Liebe zu deiner Mutter so groß ist, baß du dich überwinden fannst."
Natürlich geht das arme Kind zu Onfel Gustav. Aber dunkel ahnt es doch, daß es das Opfer eines Betruges mar: Man wollte es der Lieblosigkeit zeihen, wenn es einem törichten Befehl nicht nachtam. Das Odium des Ungehorsams hätte das Kind ertragen
fönnen, aber nicht das der Lieblojigkeit, des Undants gegen die Eltern, die, wie ihm täglich versichert wird, alles für das Kind bergeben. So muß das Kind lernen, um der Liebe zu den Eltern willen törichte Dinge zu tun. Jeder Denkende kann sich selbst fagen,
wie eine solche Liebe enden muß.
V.
der meistverbreitete. Daß das Kind die Eltern zu lieben hat, ist eine Der Fall IV ist der schlimmste aller bisherigen Fälle und- 3umutung, die sich meist mit einem anderen Dogma verquidt, näm lich dem der Dantespflicht der Kinder gegen die Eltern. Wie steht es mit dieser Pflicht der Dankbarkeit der Kinder gegenüber den Eltern? Haben die Kinder eigentlich die Eltern ermächtigt, sie in die höchst unvollkommene Welt zu setzen? Nie und nimmer, Die Eltern haben also von den Kindern nicht Dant zu erwarten, sondern die Eltern haben an dem Rinde eine dauernde Schuld ab
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Einsturz im Telegraphenamt. wird bestimmt ihr ganzes Leben an diefer Bemerkung zu tragen zutragen, dafür, daß sie die Kinder- meist zu ihrem, der Eltern,
haben.
III.
Gespräch zwischen einem zehnjährigen Jungen und seiner
Mutter:
Mutter, warum darf ich nicht so lange aufbleiben wie bu?" ,, Weil sich Kinder nicht das erlauben dürfen, was Erwachsene tun dürfen."
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Der Junge( nach einigem Nachdenken):„ So. Aber ich dente, die Eltern sollen ihren Kindern mit gutem Beispiel vorangehen?" Die Mutter ist in Ermangelung einer richtigen Antwort auf diese logisch ausgezeichnete Einwendung so wütend, daß fie zu meinen anfängt und den Jungen beschuldigt, ein schlechter Mensch zu sein. Der Junge ist innerlich faffungslos: ft denn Denten etwas Schlechtes?" Entweder er gewöhnt sich das Denten nun wirklich ab, oder er kommt nunmehr in eine dauernde und fachlich nicht notwendige Opposition hinein, die nicht der größeren Einsicht entspricht, sondern einer aus verlegtem Stolz sich entwickelnden lleber heblichkeit.
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höchst egoistischem Bergnügen in die Welt gesetzt haben, ohne die Einwilligung der Kinder einzuholen. Die Verpflichtung der Eltern gegenüber den Kindern höret nimmer auf. Wenn die Kinder ihre Eltern lieben, ist es ein Glüd. Daß die Eltern für ihre Kinder; alles tun, ist nur recht und billig.
VI.
So tann nur einer reden, der selbst nicht Vater ist. Verzeihung. Manch ein Leser der Abschnitte I bis VI mird vielleicht sagen: Ich habe eine Tochter. Aber ich bin stets bereit, mich ihr gegen über auf der Antlagebant niederzulaffen, so wie ich bereit bin, alle Anflagen von Kindern, die diese Zeilen lesen, zur Kenntnis zu nehmen und zu sammeln. Schließlich haben ja alle wirklich vernünftigen Eltern fein größeres Interesse als das, zu wissen, was sie an ihren Kindern gefündigt haben. Da die Kinder darin den Tieren ähnlich, die der Mensch ja auch aufs gemeinste ausbeutet aber feine Gemertschaften und politischen Parteien zur Bertretung ihrer Kinderinteressen bilden können, da sie ihre Antlagen zumeist nicht einmal recht zu formulieren imftande sind, so ist es durchaus nicht parador, zu fordern, daß die Eltern die AnNoch viel schlimmer ist aber folgendes in tausend Häusern tiagebant, auf die sie wegen ihrer vielfachen ungefühnten fleinen fich abspielende Gespräch: und großen Berbrechen an Kinderseelen gehören, selbst zimmern
IV.
Heidelberger Festspiele.
Schlud und 3au" mit Pallenberg.
Im Weimarer Telegraphenamt stürzte, wie berichtet, ein doch immer das Freiheitsdrama des Bauernkrieges, Florian Saal ein, wobei ein Beamter getötet wurde.
Vor der Stillegung der Gaargruben. Die französische Bergwerksdirektion unnachgiebig.
Saarbrüden, 27. Juli. ( Eigenbericht.) Die Bertreter der Bergarbeiter haben die Regierungskommiffion nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß am tommenden Montag der Bergbau still gelegt werden wird, falls die franzöfifche Bergwertsdirektion bis dahin von ihrer ablehnenden Haltung hinsichtlich der Lohnfrage nicht abgegangen sein sollte. Das französische Mitglied der Regierungsfommission ist inzwischen zu Berhandlungen mit dem Verwaltungsrat ber Saargruben und dem Minister Tardieu nach Paris abgereift. Verhandlungen der Regierungskommission mit den Unternehmern über eine eventuelle Lohnerhöhung führten zu feinem Ergebnis.
Kein Platz für Arbeitslose. Australien und Kanada gegen Einwanderung englischer Bergarbeiter.
London , 27. Juli. Wie aus Canberra gemeldet wird, erklärte der australische Premierminister Bruce unter Bezugnahme auf die Empfehlungen der englischen Kommiffion zum Studium der Arbeitslosigkeit, die australische Regierung werde nicht zulaffen, daß das Problem der Arbeitslosigkeit, das die englische Regierung nicht löfen fönne, von Großbritannien nach Australien verpflanzt werde. Nach einer Meldung aus Ottawa hat der kanadische Gemertschaftsfongreß eine Kundgebung veröffentlicht, in der erklärt wird, daß für die 200 000 arbeitslosen englischen Bergleute in Kanada tein plah sei. Kanada habe vor allem Candleute nöfig und dieje fönnte Großbritannien nicht liefern.
Bergarbeiterentlaffungen auch in England.
Condon, 23. Juli.
Die Cromtillery Kohlenbergwerte haben am Sonnabend wegen mirtschaftlichen Schwierigkeiten 2000 Bergarbeifer 3. Auguft gefündig.
Im Rahmen der Festspiele kommt mit der Aufführung einer Romödie von Gerhart Hauptmann zum ersten Male ein lebender deutscher Dramatifer zu Wort. Man hat mit Recht sich für den Dichter der ,, Weber" entschieden. Mit weniger Grund hat man gerade ,, Schlud und Jau" gewählt, eine Komödie, die nicht nur Stoff und Einfall aus Shakespeare entnimmt, sondern auch sonst der Urwüchsigkeit entbehrt: Es will uns nicht überzeugen, wenn die fürst liche Gesellschaft mit den beiden Bagabunden Schicksal spielt. Die Projektion des Traumes, wenn ich nur einen Tag König märe", in die Wirklichkeit, geschieht recht gewaltsam. Es mag schmer genug jein, für Festspiele dieser Art ein Stück aus Hauptmanns großem Wert zu wählen. Aber wenn man von den Webern" absehen will, bleibt Gener". Mit„ Schluck und Jau " ist feine Forderung recht erfüllt. Die Aufführung fand im Bandhaussaal statt, einem der gut erhaltenen Räume des zerstörten Schlosses. Sein Steingrau ist mit frischem Grün geziert, farbige Banner hängen von der Dede, Scheinwerfer huschen über Bodium und Fensterwand: alle Mittel haben ihn nicht zum Theaterraum zu mandeln vermocht, und feine schlechte Atuftit trogt allen Bersuchen. Auch forbert ein folcher Raum Strenge und Einfachheit der Darstellung. Bedingt schon das Boffenhafte der Komödie eine gewiffe Buntheit und Belebtheit, so überlädt Hartungs und hauptmanns gemeinsame Regie die Szene noch mit allen Mitteln, die hart an die Grenzen der Operette, felbst der Revue streifen. Die Aufführung ist überfüllt mit tänze. rischen Einlagen, und für die belanglosen Sprünge eines Narren ist fein geringerer als Ernst Matran bemüht. Smetanas als Bühnenmufit verwandte Melodien find so reichlich zugetan, daß die Aufführung mit ihren beiden Hauptrollen in die Nähe einer fleinen Oper rückt.
Die Hauptrollen werden von Ballenberg und Klöpfer getragen und die Leistung der beiden großen Menschendarsteller recht fertigen die sonst auch schauspielerisch, mit Ausnahme der charmanten Leontine Sagan , recht durchschnittliche Aufführung. Die zu wenigen Szenen, in denen sich die beiden auf der Bühne begegnen, strömen jenes undefinierbare Fluidum aus, das bis ins legte er. schütternd vom 3usammenwirten solcher Persönlichkeiten ausgehen tann. Die Armseligkeit und Geducktheit, die Selbstsicherheit und Un beirrbarkeit, die Weichheit und die Beständigkeit, in die Ballenberg den Schlud fleidet, wird unvergeßlich bleiben mie mur je ein schau2. v. Sacher ass ch. fpielerisches Ereignis.
Eine Umfrage über Bererbung. Der Direktor des Kaiser- Wilhelm- Institutes für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenit in Berlin- Dahlem , Prof. Eugen Fischer , und der Abteilungsleiter Prof. H. Mudermann veranstalten eine Umfrage über das Broblem der differenzierten Boltsvermehrung. Dadurch soll, wie die Deutsche Medizinische Wochenschrift berichtet, erforscht werden, ob und in wieweit die Auffassung begründet ist, daß alles Begabte sich selbst auszumerzen scheint, während das Minderwertige den stärksten Nachwuchs aufweist. Eine genaue Feststellung dürfte zu einer teilweise veränderten Anschauung, jedenfalls zu einer sehr viel tom. plizierteren Lösung des Problemes führen.
Harmloses, amerikanisches Abenteuer
3m Tal der Riefen" in der Schauburg. 3wei große Holzfirmen weit draußen in Kalifornien sind erbitterte Ronkurrenten, woraus sich ernsthafte Komplikationen er geben. Beispielsweise werben von der einen Firma die Wechsel der anderen aufgetauft, ferner fündigt man den Vertrag, nach dem die wirtschaftlich schwächere Firma die Eisenbahn der stärkeren benutzen darf. Beinahe tommt es zur Ratastrophe, zum wirtschaftlichen Ruin, aber dann im letzten Moment entdecken zwei Leutchen ihre teben. den Herzen, und alles löst sich in dem glücklichen Ende auf. Die geschäftliche Angelegenheit bietet Gelegenheit zu finsteren Intriganten. gesichtern, zu abenteuerlichen Wildwestfahrten und zu prachtvollen Borereien. Ein harmloses amerikanisches Abenteuerchen, in dem auch schüchtern die Frage angedeutet wird, ob es nicht beffer ist, die Arbeiter gut zu behandeln und ausreichende Löhne zu zahlen. Allerdings wird dieses Problem nur in einem Nebensaz gestreift.
Milton Sills ist der Held. Er bort, flirtet, arbeitet und bremst aus dem richtigen Geleise geratene Transportzüge, er ist eben ein echter, amerikanischer Filmheld und verfügt dabei noch über ein liebesenwürdiges ironisches Lächeln. Es sieht manchmal fo aus, als ob er sich über sich selbst amüsiert. George Fawcett und Baul Hurst geben ausgezeichnete Typen, während die junge Dame über ein füß- energisches Girllächeln nicht hinausgelangt. Der Regiffeur Charles J. Brabin wird taum Anspruch darauf erheben, als originelles Genie angesehen zu werden.
Aus der Kunstgemeinschaft.
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Die Deutsche Kunstgemeinschaft stellt gegenwärtig einige Säle voll angenehmen Landschaften aus; zu merten sind vor allem: Eduard Bischoff , Charlotte Berend , Pechstein, Degner von Aelteren, Brill, Friz Kuttner, Döbel und Bunderwald als vortreffliche Jüngern. Die Einrichtung eines Saales, der einem oder zwei Künstlern allein eingeräumt wird, hat sich bewährt und soll ständig werden. Zurzeit hängt dort eine streng gefiebte Rollektion von Chriftian Arnold, hauptsächlich Landschaften; das Aussieben betommt ihm sehr gut, man sieht, es tommt nicht auf das Viel an, sondern auf das Bessere. Unter den Einzelnen sei auf ein Borträt des verstorbenen Präsidenten Fried. rich Ebert von W. Krayn hingewiesen; es ist nur nach Photographien und der Erinnerung gemalt, gibt aber das Charakteristische der Gestalt überzeugend mieber. Bie mit dem roten Hintergrunde, der die Gesichtsfarbe unansehnlich macht, tann man sich nicht einverstanden erklären. Warum nicht ein dunkler durchgehender Ton? P. F. Sch
Eine neue Abteilung im Museum für Bölferfunde. Die Ditasiatische
unitabteilung, bie Indische Abteilung und die Dilafialische Ethnologische Abteilung des Museums für Bölkerkunde find zu einer selbständigen Abteilung zusammengesagt worden. Die Zeitung ist Herrn Direktor Kümmel übertragen worben.
Ein Jubiläumspreis der böhmischen Sparlaffa. Aus Anlaß ihres hundertjährigen Bestehens hat die Böhmische Sparkasse in Brag eine Milion ice hotronen geftiftet. Die Zinsen sollen jährlich als Jubiläumspreis der Böhmischen Spartaifa" abwechselnd für eine Arbeit auf fünstlerischem oder wissenschaftlichem Gebiet und wiederum abwechselnd einem Angehörigen der deutschen und der tj chechischen Nation zugeteilt werden. Im Jahre 1928 soll die fünstlerische beit eines deutschen Bewerbers preisgekrönt werden und zwar ein bisher noch nicht aufgeführtes Lustspiel in deutscher Als Sig des Infernationalen Inffifuls für Lehrfilme wurde die Billa Sprache. Die Bewerber müssen die tschechoslawatische Staatsangehörigkeit Falconieri bei Frascati bestimmt.
Die Bolfsbühne ift ab 1. Auguft auf einen Monat gefchloffen. Bis dahin wird allabendlich 8, Uhr Drpheus in ber Unterwelt" gespielt.
befigen.
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