Nr. 414 45. Jahrgang
Sonnabend 1. September 1928
S&ilder reisen durch den./leiher. SSÜdfunk sott den ßtundfunk ergänzen.
Staf d« gestern eröffneten Fontousfiellnng wird nebe« den Sensationen, den Fernsehgeräten von k a r o tu» und TNihaly auch das billigste unter den bisher betonnten Bildgeräten, die Erfindung des englischen Kapitäns Aulton. der Aultograph, gezeigt. Die heutige Technik bringt eine Beschreibung dieses Gerätes, das in absehbarer Zeit auch in den Kreisen der Auntfreunde größere Verbreitung finden dürfte. Die deutsche Reichspost benutzt das bei Telefunkcn auf Grund der Arbeiten von Dr. A a r o l u s und Dr. S ch r ö t e r konstruierte Gerät zu ihren Bildübertragungen. Bei der preußischen Polizei ge- langte das von der Firma Lorenz hergestellte Bildgerät des Pioniers der Bildtelegrophie, Prof. Korn, zur Einführung. Der Borzug dieser beiden Geräte besteht darin, daß man hier Originalphoto-
I. VI« Bild walze. graphien und Drucke ohne jede besondere Borbereitung auf der Sendeseit« übertragen kann. Dagegen ist es notwendig, nach der er- folgten Ilebertragung die photographierten Lichtimpulse durch Eni» Wicklung in der Dunkelkammer sichtbar zu machen. Beide Systeme haben eine so empfindliche Apparatur und sind so teuer in der Herstellung, daß sie für den Rundfunk, d. h. für die Verwendung bei den Funkfreunden nicht in Frage kommen. Hier müßte ein Gerät geschaffen werdcn, das neben der größten Präzi- sion und Einfachheit zu einem so billigen Preise aus den Markt geworfen werden tonn, daß' es selbst bei den ersten teuren Ausführungen schon einen größeren Absatz er- zielen könnte. Außerdem aber müßte unbedingt beim Empsänger der Borgang der Entwicklung vermieden werden. Es log nahe, auf das Verfahren des Engländers B a k e w« l l zurückzugreifen, das bereits in der Mitte des vorigen Jahrhunderts bekannt war, kurz nachdem das Morfesystem zur Anwendung gelangte. Man mußt« die chemische Borbereitung der zu übertragenden Bilder von der Empfangs- auf die Sendeseit« verlegen und dem Empfänger sofort da« fertige Bild liesern. Das erreicht man dadurch, daß man das zu sendende Bild auf eine mit einer lichtempfindlichen Schicht über.zogene Kupfersolie übertrogt. Das Bild wird aber vorher durch seine, dünne, raster- ortig« Linien zerlegt, die bald schmaler, bald breiter werden, je nachdem das Bild an dieser Stelle heller oder dunkler ist. Zwischen diesen Linien liegt die blanke Metallsolie frei. Wenn man nun diese Folie auf einen sich mit stets gleichbleibender Geschwindigkeit ro. ticrenden Zylinder spannt, und einen Stift, der federnd auf der Walze ausliegt, longsam in der Längsrichtung des Zylinders ver- schiebt, etwa so wie bei dem bekannten, von Edison konstruierten Wal-enphonographen, so kann man immer dann, wenn der Stift die blanke Metallfolie berührt, einen elektrischen Stromstoß, sei es durch Draht, oder drahtlos übertrogen. In dieser einfachen Bor- bcreitung der vom Sender auszustrahlenden Bilder liegt das Ge- hcimnts des Photographen: denn der Empfänger hat nur nötig, auf seine Walze ein e l e k t r o l y t i s ch vorbereitetes Papier zu spannen, auf dem sich die Stromstöße während der Umdrehung der Walze und das Verschieben des Empfängerstiftes sofort mar- tieren. Er erhält noch Beendigung der Sendung eine im bräunlichen Tone gehalten« Kopie des Originalbildes, die in ihrer Art an einen guten photographischen Kunstdruck erinnert. Bei jeder Umdrehung der Sendewafze aber wird ein besonderer Stromstoß gesandt, durch den der notwendige Gleichlauf zwischen Sende- und Empfängerwalze erzielt wird. Der Empfänger besteht aus zwei Geräten: dem B i l d g e r ä t und dem Gleichrichtergerät. Das Bildgerät besteht in,
4. Ansicht des Bildger&ü mit Gleichrichter. wesentlichen aus dem Metallzylinder, der zur Aufnahme der Bild- sendungm mit elektrolytischem Papier bespannt wird. Die Achse dieses Zylinders steht mit einer Gleichloufvorrichtung in Verbin- dung. Darüber befindet sich ein Mechanismus, der einen federnden Platinstist>'ägt. ber sich seillich verschieben kann und die Strom- stöß: des Senders auf der Empfängerwolzc markiert. Der Zylinder
selbst erhält seinen Antrieb durch ein Uhrwerk, besten Lauf reguliert werden kann. Das Gleichrichtergeröt ist in einem viereckigen Kosten untergebracht. Der Fultonempfänger kann an jede Rundfunk- empfanganlag« ohne weiteres parallel zum Kopshörer oder Laul- spreche? eingeschaltet werden. Er wird immer dann einwandfreie Bilder liefern, wenn'die Kraft des Empfängers so groß ist, daß noch lauter Kopfhörerempfang möglich ist. In den Sendestädtcn also wird man bereits mit dem gewöhnlichen Detektorempfänger das Bild- empfongsgerät betreiben können. Es ist beabsichtigt, der akustischen Ausstrahlung der Sender als- bald auch den Bildfunk hinzuzufügen. Wir haben ja bereits in Deutschland Bildfunk nach den, System Dieckmann, durch dos Wetterkarten übertragen werden können. Paris und Wien be- obsichtigen, Bildfunk noch dem System Fultons aufzunehmen. So wird es dann möglich sein, wichtige Tagesereignisse durch die Bild- sendung zu illustrieren. Vielleicht können zahlreiche Sendungen nun- mehr den Empfängern durch den Aether schriftlich übermittelt wer- den. Vor allem käme das für den Wirtschastssunk, für Kurse, Preis- angaben usw. in Frage, da hier die Gefahr des VerHörens sehr groß ist. Dielleicht könnten auch zahlreiche RundfuNkvorträge durch das Funkbild selbst ergänzt werden. Wort und Bild können sich nun- mehr gegenseitig unterstützen. Wir stehen zweifellos am Anfang einer neuen Entwicklung des Rundfuntwefens, dessen Auswirkung bisher noch nicht übersehen werden kann. Leider ist das Gerät heute noch zu teuer, als daß es im Augenblick für die groß« Mast« der Rundfunk- Hörer in Frage kommen könnt«. Der Fultogrophbildempfänger tostet allein 320 Mark, der dazu nötige Gleichrichter, der Trans- formotor, der Relais und Röhre enthält, stellt sich auf 80 Mark. Dazu kommen dann noch Verbinduirgsfchnüre, Stecker, elektrolytische Lösung, Empfangspopier und andere Kleinigkeiten, die augenblicklich auch etwa l8 Mark kosten, so daß das gauz« Gerät noch den heute geltenden Preisen bei der Erstanschofsung eine Summe von 418 Mark benötigt. Wie weit es durch geeignete Sericnherstellung, vielleicht auch Verbesserung der Produktion gelingen wird, diesen Preis herabzudrücken, muß die Zukunft lehren. Immerhin ist der Preis, der hier für ein Präzisionsinstrument gefordert wird, nicht höher als für ein erstklassiges Rundfunkgerät. Bielleicht entschließt sich auch die
3. MÜ„FuMograph" übertragene 5 ch rittprobe. Gesellschaft zu Abgabe von leicht montierbaren Einzelheiten, durch die es intelligenten, aber nicht zu kaufkräftigen Funkfreunden er- möglicht wird, sich noch und nach die Teile zu besorgen und das Gerät selbst zusammenzustellen. W. Möbus.
Zwei aufschlußreiche Bücher. Im Auftrag der Münchener Ausstellung„Heim und Technik" sind soeben zwei interessante kleine Broschüren erschienen. 1. D i e kleine Wohnung, 68 S. und 43 Abbildungen, Preis 8 0 Pf. 2. W a s w i r w o l l e n, 42 S. Preis 5 0 P f. „Die kleine Wohnung" veröffentlicht 21 Lösungen von Musterwohnungön, die auf der Münchener Auestellung zu sehen waren. Es handelt sich um Studien zum Problem der Klein- wohnung, von der Wohnung der berufstätigen, alleinstehenden Frau bis zur S-Ziminer-Wohnung der kinderreichen Familie. Den Klein- Wohnungen liegen die Pläne von 21 Architekten zugrunoe, die von dem Grundgedanken geleitet waren, sowohl in bezug auf durchdachte Grundrißform als auch auf wohnlichen Innenausbau und Haus- wirtschaftliche technische Ausrüstung ihr Bestes zu geben. Leider verbietet allerdings die Finanzierung so manches, was der Architekt den Bewohnern«, geben möchte, so die Warmwasserversorgung, die «ingebauten Schränke, das Bade- oder gar das Bastelzimmer und die elektrische Heizung. Vor den: Krieg kostet« der Kubikmeter bei einem Münchener Mietshaus etwa 22 M., das Hypothekengsld wurde zu 494 Proz. verzinst. Heute dagegen kost« der Kubik- meter gegen 36 M., das Baugeld etwa 12 Proz. In diesen Zahlen liegt schon die eigentlich« Begründung, warum in der Praxis so vieles unzulänglich ist und noch auf lang« hinaus bleiben wird. Dem Büchlein geht ein wertvolles Vrrwort von Prof. O. Kurz voraus, das näher auf diese Probleme eingehl. Sehr klar und interessant fft auch die zweite Broschüre:„Was wir wollen." Es bietet eine Zusammenfassung der Anregungen, Wünsche und Bestrebungen, die von erfahrenen Hausfrauen, von Ingenieuren und Architekten ausgehen, und die noch Möglichkeit in jedem Reubau verwirtlicht werden sollten. Jede Wohnung sollte geeignete Schallisolierung, Asbest, Kork , Torsoleum, Absorbid bei den Wänden. Antiphon bei den Decken vorsehen, um die Bewohner gegen Lärm zu schützen. Die Treppenhäuser sollten Geländer be- sitzen, durch die Kinder nicht durchfallen können, ein Lastenauszug
sollt« vorhanden sein. Der Kochherd müßt« so angeordnet sein, daß das Tageslicht von der Seite darabf fällt. Ein Spültisch, ein wassergekühlter Schrank, ein Bügeldrehstuhl mit Lehne für die Haus- srau, eine Kochkiste sollten vorhanden sein. Das sehr empsehlenswerte Büchlein geht von der sehr richtigen Voraussetzung aus, daß dies« und noch viele andere Forderungen immer wieder erhoben werden sollten, auch wenn olle Anregungen nicht ohne weiteres berücksichtigt werden können. Denn was heute noch nicht möglich ist, das kann bei rationellerer Bauausführung und gesenktem Zinssatz zur Wirklichkeit werdcn. Dr. M.
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1. Schematische Darstellung des Bildrundfunk-Systems„Fultograph".
Neue Normen und Normenentwürfe. Kürzlich such vom Deutschen Normenausschuß. Berlin NW 7, Dorothemstr..47. neue Normen für folgende Gebiete aufgestellt worden: Bauwesen : DIN 1990; Gütevorschriften für Holzhäuser : DIN 1986, Bau und Betrieb von Grundstückscntwäjserungsanlagcn, Technische Vorschriften. Bergbau: DIN UDIiG 550 bis 560, Normen für Steinkohlenförderwagen von 750, 875 und 1000 Liter Inhalt: Einzelteil« dazu: DIN HERD 1250, Drahtseil« für Berg- werksbetrieb. Kraftfahrbau: DIN 1662, Chromnickelstählc für Kraft- und Luftfohrbail: DIN Ki-E 410, Schlauchventilgewinde: DIN KrK 113 und DIN KrK 117, Sechskant- und Kronenmuttern: DIN KrK 654, Zischhähne: DIN KrM 110, Ventile mit 90°: DIN KrW 126, 127, Schlauchoentile; DIN KfW 252, Bremsbeläge. Elektrotechnik: DIN VDE 1521, Rundfunkgerät, Klinken- stecker. Laboratoriumsgerät«: DIN DENOG 31 bis 34, Liebig-, Kugel-, Schlangen- und Städelerkühler. Textilmaschi- n e n: DIN TEX 4102, Stahlnadeln für Wollkämmerei- und Kamm- garnvorfpinnereimaschinen. Di« der Zeitschrift„Maschinenbau " beigehefteten„DIN-Mit- tejlungen" entholten Entwürfe für Staufferbüchsen, Indikator- Hähne und-Verschlußschrauben und Manometerhähne: Photo- industri»: Kopierra�nen und Abn�ssungen für Trockenplakten: B a u w e s e n: Di« Vellage des„Bauingenieur " Hest 7 entholt Entwürfe über Vorschriften für Fernhaltung von feuergefährlichen Leichtflüssigkeiten aus Abwasterkanälen(Bcnzinabscheider). Heft 28 der Elektrotechnischen Zeitschrift(ETZ.) enthält Entwürfe für Kon- taktfedersätze mit 2 bzw. 3 Schrauben, für Beschriftung von Fein- drahtspulen und für Rändelmutt«rn.
Oer Konstrukteur der Berliner Rathausuhr. Vor 50 Jahren starb in München ein Techniker, der durch seine Vielseitigkeit und seine mannigfache» neuen Erfindungen wesentlich zum Aufschwung der Technik in Deutschland um die Mitte des vorigen Jahrhunderts beigetragen hat. I o h a n n M a n n h a r d t. der ursprünglich Uhrmacher war und durch ein neuartiges Ttieb- wert für die Kirchturmuhr in Egern am Tegernsee zuerst be- kannt wurde, war zu seinen Lebzeiten der gesuchteste Turnnihren- lieserant in ganz Europa und Amerika . Für das Berliner Rathaus baute er eine Uhr mit freier Pendelbewegung und freier Hemmung, die nur zwei Räder im ganzen besaß— zu damaligen Zeiten ein viel bestauntes Meisterwerk. Daneben stellte Mannhardt eine Uhr her, die zugleich die Eigenschaften eines Thermometers besah und bereits geringste Temperaturdifferen�en deutlich anzeigte. Wenn auch Mannhardts Hauptoerdienste auf dem Gebiete des Uhrenbaues lagen, und mit seinen technischen Vervollkommnungen eine neue Epoche in der Turmuhrenindustrie begann, so war seine Erfindungs- gäbe doch nicht auf dieses eine Gebiet beschränkt. Er konstruierte
5. Mit„Fultograph" übertragener Fingerabdruck. die eisernen Oberlichtdachstühle für die Pinakothek in München , er entwarf Oehlmühlen, Drehbänke, Kroslstühlc und technische Ma- schinen verschiedenster Art. Das alles ist um so verwunderlicher, als Johann Mannhardt eigentlich vom Lande stammte und keinerlei Vorbildung hatte. Er wurde im Jahre 1798 in Tegernsee geboren. siedelte 1844 noch München über, wo er am 25. August 1878 starb