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Dienstag 11. September 1928
Unterhaltung unö ÄAissen
Seilage des Vorwärts
Liebe elektrisch! Von Erwin Moritz(vorpot).
gm Sommer 1987 traf Heinz Thamann au» Charbiu wer IrkutskTscheljabinsk Moskau, i» 4 Stunde» 57 Minuten auf dem Berliner   Fernlufthafen«in. Er hatte 30 Jahre in dem Unkulturschutzgebiet an der nördlichen Lena verbracht, dem einzigen Revier der Erde, wo man für sehr teures Geld so leben konnte, wie es einem behagte. Einer plötzlichen Sehnsucht nach Menschen und Zivilisation folgend, war er nach seiner Heimatstadt Berlin   herübergeslogen und stieg jetzt, angestaunt wegen seines ungewöhnlich alten Aussehens, aus der Kabine. Man hatte aber hier oben etliche hundert Meter über der Erde   keine Zeit ihn zu bewundern, stopfte ihn in einlub* eine Art Rohrpost für Menschen und nach Bruchteilen einer Se- künde spie ihn der Liftschacht mitten auf den Korso Berlins   aus Ein Aufschrei unbeschreiblichen Staunens hallte ihm aus vielen tausend Kehlen entgegen. Die Frauen all« im Alter von 14 bis 21 Iahren umringten ihn und erstickten ihn fast mit Liebkosungen. Entzückte Ausruf« ertönten: Ein Mann, ein richtiger Mann,«in Alterchen, ein Dickerchenl Rein seht doch das lieb« Doppelkinn! O, da» schön ergraut« Haar! Er ist ganz wie die Männer in den 20er Jahrenl* So riefen die 00- bis 80jährigen Backfifck�Frauen, die sich noch an jene seligen Zeiten erinnern tonnten. Im Triumph ritz man ihn mit. Aber schon nach wenigen Schritten mutzte er merken, wie nicht nur die rein körperlichen Anstrengungen des Gedränges, sondern vielmehr ein« unglaubliche Steigerung seines Lebensgefühls seine Kräfte fast Züschens verschlang und ihn einer Ohnmacht nahebrachte als ob das Gefallen, das die Frauen an ihm fanden, sich in Wellenausstrahlungen umfetzte, die fast mechanisch sein Inneres zum Mitschwingen zwangen und ihn zu zersprengen drohten. Denn er kannte noch nicht die modern« Frau, in deren Rüstzeug ein psychischer Erregungssender zu den ebenso selbstverständlichen Werbe- mittel» zählte, wie ehemals die Augenaufschläge. Nach wenigen Minuten brach Thamann bewußtlo» zusammen, denn er war nicht geeicht für die automatifche und unbewutzte Ab- wehr, die der modern« Mann den Angriffen der Frau schon aus reinem Selbsterhaltungstrieb entgegenzusetzen pflegt«. Man schaffte ihn zur nächsten Hormonen-Tankstell«. wo man ihn innerhalb einiger Sekunden soweit herstellte, dah er ohne Gefahr in ein Tub gebracht und in die Generalverjüngungsstätte Grunewald  befördert werden tonnte. Nach«inigen Stunden wurde er al» Dreiundzwanzigjähriger aus der Anstalt entlassen und stand abermals auf dem Korso. Aber welch« Enttäuschung! Kein Mensch beachtete ihn. Er tauchte unter in der Schar von Jünglingen und Mädchen, die aus- fchliehlich noch die Welt zu bevölkern schienen. Gelangweilt schlenderte er den Damm entlang. Kein Blick traf sein Auge. Keine Well« erregte in seinem Innern solch« Gefühle, wie er sie noch vor wenigen Stunden im Uebermatz genossen halte. Da fiel sein Blick auf ein auffallendes Schild: Unwiderstehlicher Erfolg durch Einbau unserer Patent Lebens-Acceleratoren. Für Domen und 5)err«n. Montage in 3 bis 5 Minuten. Beste Empfehlungen zahlreicher berühmter Zeit genossen.' Bald stand er wieder neugerüstet auf der Straße: ein winziger Apparat in feiner Westentasche, dessen zierlicher Hebel sich unauf- söllig bewegen Uetz, tonnt« jetzt durch bloßes Schalten das sprödeste Herz für ihn erzittern lassen. Endlich entdeckte er in der Hall« eine« Hotels eine Dtzm«, die ihn scheinbar in völliger Gleichgültigkeit übersah, wogegen sie sein innigstes Gefallen fand. Aber während er nun freudig erregt fein Inneres in über- steigertem Tempo vibrieren ließ, um da, Höchstmaß de« geheimen Fluidums von sich auszustrahlen, war es ihm wohl entgangen, daß auch die Dame«inen Starkstrom des Verlangens unbemerkt nach ihm entsandt hotte. Doppelt aufgepeitscht in jäher Gleichzeitigkeit der Erregung. braust« das Leben in ihm auf. entstammte in furchtbarem Kurzschlutz des Gefühls zu verheerender Kraft und entwich aus zerplatzten Ge- sähen dem leblos hinsinkenden Körper.
Die Ausgrabungen auf Rügen  . ReueS Licht in Deutschlands   Vorgeschichte. Bon der Insel Rügen  , dem viel verzweigten Eiland mitten in der Ostsee  , wußte die Sag« allerhand phantastisch« Dinge zu b«. richten. Hier sollt« in altgermanischer Zeit das höchste Kultheilig- tum der großen Stämme im norddeutschen Tiefland gewesen sein. imd hier auf Rügen   soll alljährlich eine eigentümliche Kulthandlung stattgefunden haben. Zu einem See mitten in weiten Eichenwäldern sei ein Wagen, bespannt mit vier weißen Kühen, gefahren und darauf saß eine weißgekleidet« Priesterin. Geleitet von den Ge- sängen der höchsten Priester der verschiedenen Stämme soll dann all­jährlich um die Sommersonnenwende dieser Wagen mitsamt der Priesterm und den Kühen in diesem See verschwunden sein. Auch viel« Schriftsteller aus frühesten Zeiten berichten von der einsamen Insel und den dort üblichen Gebräuchen. Vielleicht ist eme Stelle bei Tacitus   auf Rügen   zu dsuten, und der dänische Geschichtschreiber Saxo Grammaticus  , der gleiche, der zuerst die Tell-Sage überliefert hat, berichtet ausführlich von' der Urgeschichte der dortigen Kulte und von den Gebräuchen, die noch zu seiner Zeit, um die Wende des l2. und 13. Jahrhunderts, dort geübt wurden. Bis man vor einigen Jahrzehnten bei Kap Arkona   hoch im Norden der Insel Rügen  , nahe der Iaromarsburg, die im Jahr« 1168 von König Waldemar von Dänemark   angelegt wurde, den 15 Meter hohen Burgwall eines Tempels aus der Heidenzeit entdeckt«, hielt man olle diese Angaben für phantastische Erfindungen. Dann aber erkannte man diese ersten Ausgrabungen als spärliche Ueberreste des einstigen Heiligtums des Wendengottes Swantewit und bekam so wesentlich« Aufschlüsse über Kulte und Gebräuche der vorgermanischen und vor- christlichen Einwohnerschaft der Ostseeinsel. Nach den nunmehr bestätigten Berichten von Sog« und Ge- schichte mutzte man aber annehmen, daß nicht nur an dieser einen Stelle auf der großen Insel Kultstätten vorhanden waren, und so wurden jetzt die Ausgrabungen auf Rügen   systematisch fortgesetzt. Unter der Leitung von Prof. Schuchardt, des früheren Direktors des PerSuer Lorgeschichtlichen Museums, ist es mm w den letzte» Woche»
Gommertage im Obenwald.
Von Rolf Gustav Haebler.
Das Dorf. Das wmzige Dorf besteht aus etwa dreißig Häusern mit 130 Menschen, darunter 22 Schulkinder. Ferner sink» da 25 Hunde, eme Kuh und ein Kalb ich notier« nur das, was zu mir und der Woche, die ich dort zubrachte, in lebendiger Beziehung steht. Dann kommt noch»nein Hund, Lottl genannt, und«in Glöcklein, da« oben auf dem Schul- und Rathaus sitzt und von der Ratsstub« au» ge» zogen wird. Das Dorf liegt»«he an der Patzhöhe, am Hang von Wiesen und Aeckern, rtngs von Wald m weiter Kette umgeben,»»»an sieht nach Osten und Süd und West viel« Kilometer roeit. Durch das grün«, grü»»« Tal fließt ein Bach. Und eine tveite blaue Halbkugel spannt sich darüber: der sommerliche HinrnZel. Einmal im Tag kommt der Briefträger. Zweinml oder dreimal im Tag verirrt sich ein Auto durch die schmale stille Straß«. Mor- gen» geht die©onik auf, und schließlich wird es Abend und dunkel. Aber Straßenbeleuchtung gibt es im Sommer nicht: im Winter nur so lange, bis der Lehrer ins Bett geht. Dann zieht er in seinem Schlafzimmer an einer Schnur rmd die Strahenkichter gehen au«. Der Lehrer Hot da» Amt,»»eil die Bauern meinen, daß er zuletzt ins Bett geht. Aber, wie gesagt, im Somir»sr hat er keine Arbeit mit der Beleuchtung. Wenn es duirkel wird, geht man schlafen. Und dann kommt durch die offenen Fenster«in kühler Wind von den Wäldern der Berge herab. Die Landschaft. Obwohl e» von rnerner Stadt nur ein Katzensprung in den Odenwald   ist, habe ich eigentlich erst jetzt dies schöne Stück Welt kennen gelernt. Aber so sind wir Deutschen  : lvenn wir das nötig« Geld haben, gehen wir nach Italien  , baden an der Rwieva, trinke» Taft am Boulevard des Italiens m Paris  , reisen nach dem Berner Oberland  , bestaunen die Mitternachtssonne, und.auch Wie» soll man gesehen habe»». Aber den Odenwald   kennen wir nicht. Freilich: Sensationen gibt es hier.keine. Wer dafür viel« malerische und entzückend« Ausblicke: stille Wege durch laubig« Wälder: weite F ernst chten, die enren wundervollen schwingenden Rhythmus in sich tragen,»vi«»nan ihn nirgends im Schroarzwald firrdet. Aber da« schönste sind die kleinen Täler, in die man einbiegt. Oder die man nnt einer köstlichen Entdeckerfreude plötzlich findet, wenn man aus dem Wald, aus fast unbegangenen Wegen hinaus- tritt: da liegt ein verschwiegenes, verträumtes tleines Tal urib schmiegt sich in einer wunderbar grünen, saftigen Wies« an den Berg. Eine Landschaft, schlicht, innig,»rte ein Volkslied. Das ist der Odeiuoald:«ine Landschaft mit dem Charakter de» Volksliedes, auf ein paar einfachen Dreiklängen von Grün, Blau  und dem Gold der reifen Felder sich aufbauend, mit der zarten Linie sangbarer Melodien. Ein ganz lyrisches Stücklem Erde mit den schlichten Reimen des Wunderhorn. Eine Landschaft, in der der arme, gehetzte, wichtigtuerische Städter Ruh« schüren kann, lind Selbstbesinnung. Und«in wenig Erkenntnis darüber, daß all das reklamehaste Getue, dos unsere kapitalistische Welt Kultur nennt, im Grunde gar nicht so wichtiz ist. Erholung. Das Leben ist hier schticht»md einfach wie die Landschaft. In diesen heißen Sommertagen kannst du nnt Hose und Henrd behag- lich herumschlendern. Weder Frühkonzert noch Tee mit Tanz»er- pflichten zu Kurdreß. Es gibt kein« Verkaufsbuden nrit Andenken und Fremdenkitsch und keine Amerikaner und keine Höhenautos. Du kannst wandern und sogar am Straßenrand ausruhen. Oder du setzt dich in eine Laube und ninunst ein Buch mit. Ich hatte Glück: just der junge Herma»n Hesse fiel mir in die Hand und siehe da, hier wurde dieser lveiche, etwas wehmütige, ober so unendlich naturnahe Dichter meiner Jugendzeit mir wieder lebendig: er paßt in diese farbige Landschaft, als stamme er aus dein Oden- »vald. Dann hatte ich noch sin wenig Philosophie mit: sie aber legt« ich bald zur Seite. Hier philosophiert man nicht, wenigstens keine Buchphilosophi«. Ob mit der sittlichen Autonomie das Pro- blem der Sittlichkeit als Ganzes ebensowenig zu lösen sei wie die Physik mit dem Erweise des ollgemeinen Kausalprinzips durch die Erkenntnistheorie zu erledigen ist das ist in dieser einfachen, von Sonne, blühenden Blumen und Vogelsmgen erfüllten Welt mir»vi« den auf dem Feld in der Hitze schwer arbeitenden Bauern sehr gleichgültig.
Ich trink« vorzüglichen Most»md esse dazu einen wundervoll frischen Zwiebelkuchen, rauche dorm ein Pfeifchen, gehe spazieren, und ganz sicher hat dabei mein Lottl unerhörte Genüsse in seiner Rase, denn er springt wie ein Besessener in Gros und Unterholz umher. Auch ihm ist der Asphalt der Großstadt völlig unbegreislich ge- »oorden. So geht ein Tag»rm den anderen in großer Gemächkichkeii. Man wandert«in»oeirig, man ißt und trinkt, man schläft viel und gut. Man hat Zeit. Meine Uhr liegt seit Tagen auf dem Tisch»md »st stehen geblieben: sie ist unnötig geworden. Ist dos nicht etwas Herrliches. Es genügt durchaus das Läuten des Gläckleins auf dem Schulhaus, wenn»nan wissen will, ob es bald Mittag ist. Und für den übrigen Teil des Tages ist ja die Sonne da. Rur   in emem Punkt, ich gestehe es, bin ich»wch nicht ganz ge- löst von dem Leben da draußen, über den Bergen, vor den Wäldern, am Ende der Straße, die durch das Tal läuft: und das ist die Post u»K» die Zeitung. Ich ertappe mich täglich, daß ich frage: ist der Briefträger noch nicht gekommen?, Aber schließlich gehört zu einem richtigen Paradies auch ein Sündenfall. Daß indessen der biedere, schwitzende Larrdbrief tröger eine sehr hormlose Schlange ist, leuchtet wohl jedem ein..., Oie Hunde, das Kalb und die Kuh. Die Merrschen interessieren mich nicht. Wenn man da» ganz« Jahr mit dieser mangelhasten Schöpfung zu tun hat, ist nwm st oh, wenn sich die gegenseitigen Beziehungen airf Guten Tag, schönes Wetter, heiß ist's heute, und die Kartoffeln könnten Regen brauchen, beschränken. Auch die Bremsen und ähnliches störendes Getier übergeh« ich. Nicht» ist vollkommen, und ich verstehe nicht, wieso ein lieber Gott an» sieb mten Tage behauptet haben soll, alles sei gut. Aber daß 25 Hunde in diesem Dorf zu viel sind, steht fest. Nicht weil beim Vorübergehen jeder dieser Kläffer verrückt wird und ein Geschrei erhebt, als sei ich ein professioneller Dieb: da» ist ihre Pflicht. Mißtrauen ist für einen Kettenhund eine Tugertd. Aber daß regelmäßig um 10 Uhr»»ochts dies« Hunde mindestens ein« Stomde lang sich von Hof zu Hof unterhalte»», das ist es, was ich tadle. Die Bauern freilich merken das offenbar nicht. Sie haben keine Nerven. Oder, was vielleicht das gleiche ist, sie sind so gesuird mW«, daß sie durch derartige Geräusch« nicht geweckt werden. Sie können sogar Sonntagabends daneben auf der Mauer sitzen und sich unterhalten, ohne ilsre Hunde zurückzupfeifen. Wir armei» Städter sitzen in der Laub« und werde nervös oder liegen im Bett und können nicht schlafen. Dies« Hund« könnte ich taltlächelnd ermorden. Dabei bin ich «in weichherziger Mensch. Das kleine Kalb und die klagend« Mutter Kuh tun mir heute noch leid. Das roar so: eines Morgens, es war in der Dämmerung, die Berge standen matt verhangen und da und dort zirpte«in kleiner Vogel, da wache ich auf und hör« unterm Fenster Stimmen. Im Schuppen nebenan wird die Tür zur Ge- meindewage geöffnet, ein Bauer steht da und hat ein Käkblem am Strick. Mit Stockschlägen wird es auf die Wage getrieben: 140 Pfund wiegt es. Dem Kalb ist es übel zumute: es sträubt sich, u»»d der Bauer hat ein« Wut und schreit ihm zu. es solle keine so dum»»»«» Glotzaugen limchen. Ich denk«, das Kakb ist gor nicht so duittm: man hat es, halb in der Nacht, von seiner Mutter»veggeholl, gefesselt, aus dem schwan- ken Boden der Wage in«in Gitter gedrängt, fetzt wird es auf einem fremden Weg fort getrieben: die Angst glotzt aus den runden scheuen Auge»». Und den ganzen Tag imd die ganz« Nacht stößt die alte Kuh alle paar Minuten, unablässig, dumpfe Schreie aus: ich höre es, dm» der Stall liegt gegenüber auf der anderen Seite der Straße. Und die Kuh weigert sich nun auch, Milch zu geben, denn, mchi rvahr, es könnte doch noch dos Kälblein, von dem Rufen der Mutter gelockt, zurückkommen, u»»d dann hätte sie keine Milch mehr, das Kleine zu füttern. Den ganzen Tag, die ganze Nacht ruft die Kuh nach ihrem Kinde.... Heut« erst ist sie still geworden: sie hat die Hoffnung mrfgegeben. Morgen vielleicht gibt st« wieder reichlich Milch: eine frischmelkend« Kuh, dos gibt einen großen Eimer voll, dos gibt Geld,»md auch das Kölblein ist gut verkauft.... Das Tal ist lieblich und voll rvunderv oller Ruhe. Man kann sich herrlich erholen. Aber immerhin..,
gelungen, bei Garz  , ganz im Süden der Insel, auf neu« vorgeschicht- liche Reste zu stoßen. Hier konnte man einen zioeiten großen Tempel freilegen, der am Carentia-Burgwoll nach den Angaben des dänischen Chronisten liegen mußt«. Wirklich fand man ihn auf und, Ivos für die Altertumsforschung das Wesentlichste ist, dieser Tempel ist ausgezeichnet erhalten. Alle Einzelheiten sind deutlich erkennbar, und in den einzelnen Räumen befinden sich sogar noch die Standbilder aus der heidnischen Zeit. Es fanden sich auch massenhaft Hirschgeweihstangen, Urnen, Scherben und Messer vor, die einen Schluß auf die materielle Kultur der damaligen Bevölke- rung erlauben. Allerdings gestalten sich die Ausgrabungen sehr schwierig, da die ganzen Bauten nur aus Holz ausgeführt o>aren und lediglich einen ganz schmalen Steinuntergrund besitzen. Interessant war die Feststellung, daß auch hier ein christliches Bauwerk an die Stelle des heidnischen Heiligtums gesetzt wurde. Wie oben bei Arkona der Dänenkönig auf dem Wendenheiligwm sein« Burg errichtete, so entstand hier über den Ueberresten des Heid- nischen Kultortes eine kleine christliche Kapelle. Auch diese tonnte bei den letzten Ausgrabungen in ollen Einzelheiten entdeckt werden, und man bemüht sich, zu einer Rekonstruktion dieser kleinen Kirch« zu gelangen. Selbstverständlich sind überhaupt die Forschungen noch kaum begonnen, die die letzten Funde in ihrer ganzen Bedeu- kung für die Altertumswissenschaft enthüllen. Doch heute schon läßt sich sagen, daß sich hier entscheidender Aufschluß für manche strittige Frage über die Vorgeschichte Deutschlands   ergeben wird, und so ist es zu begrüßen, daß sich bereits die staatlichen Stellen für die Sicherung der Funde und ihre wissenschaftliche Ausbeut« eingesetzt Hobe», Karl Ander».
Das älteste patentgefeh. Schuhfrist für die Werke der Köche. Allgemein wird angenommen, daß das im Jahre 1023 dem englischen König Jakob I. abgenötigteStatute of monopolies" als erste gesetzliche Regelung des Patentwesens gilt. Dabei ist es bisher fast völlig unbekannt geblieben, daß ein Patentgesetz schon im sechsten Jahrhundert v. Chr. für eine griechische Gemeinde nach- wcisbar ist. was der Grammatiker Athenäus   in seinem Werk Deipnosophistai  " um 200 n. Chr. ausdrücklich bezeugt. In diesem Werk, das zum großen Teil nach Berichten noch älterer Schrift- steller.zusammengestellt ist, werden kulturgeschichtliche Mitteilungen des Historikers Phylarch wiedergegeben, die aus dessen Eridc des dritten Jahrhunderts v. Chr. verfaßten Geschichte stammen. Darin wird u. a. mitgeteilt, daß die der Schwelgerei ergebenen Bewohner der Stadt Sybaris   in Unteritalien«in Gesetz hatten, nach dem einem Koch, der irgendein neues Gericht erfand, auf die Dauer eines Jahres das ausschließliche Recht der Bereitung und der Ber- wertung zugestanden wurde. In der Uebersetzung lautet die von Phylarch überlieferte Stelle: Wenn einer der Köche ein eigenes, neues und köstliches Ge- richt erfindet, so soll es keinem anderen vor Ablauf eines Jahres gestattet sein, von dieser Erfindung Gebrauch zu machen, sondern nur dem Erfinder selbst. Während dieser Zeit soll er den geschäft- lichen Gewinn davon haben, damit die anderen sich auch anstrengen, um solche Erfindungen zu übertreffen." Da Sybaris von der Nochbarschaft Kroton um 510 v. Chr. zerstört wurde, ergibt sich ohne weiteres, daß diese gesetzliche Be- stimmung spätestens in die Zeit des sechsten Jahrhunderts o. Ehr, zu verlege» ist, A. Streich.