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BERLIN  Montag 25. März 1929

Der Abend

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Nr. 142

B 71 46. Jahrgang.

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Orientfahrt des Zeppelin".

Nachtfahrt über Frankreich.- Marseille passiert.

Das Luftschiff Graf Zeppelin  " hat seine lange geplante Orient­fahrt angetreten. Es ist heute früh 0.54 Uhr in Friedrichs­ hafen   aufgestiegen. Bei flarem Mondschein, aber etwas böigem Wetter, freuzfe das Luftschiff furze Zeit über dem Luftschiffbau, um dann in der Richtung Bafel weiterzufliegen: Die weitere Fahrtrichtung ift beim Luftschiffbau zurzeit noch nicht bekannt, doch nimmt man an, daß nun doch zunächst weiterhin westlicher Kurs

Lyon  

SCHWARZES M

Wien

Budapest  

Friedrichshain   Munchen

Besonung Basel  

Konstanza Warna

Mailand  

Belgrad  

Genua

Sofia

Konstantinope

Avigson

Rom

Korsika

Tarent

Korfu

Athen  

Korinth  

Cypern

Palermo

Messina  

MITTEL

ANDISCHES

MEER

Jaffa Derusalen

20615

Marse

Zu dem Flug des Graf Zeppelin  

eingehalten wird. An Bord befinden sich außer der Besagung 25 Fahrgäst e.

-

Beim Postamt in Friedrichshafen   waren bis Sonntagabend an füdliche und öffliche Länder adreffierte Sendungen eingelaufen, die das Luftschiff in Säde verpadt mitnehmen und an den dafür geeigneten Orten abwerfen sollte... In der Nacht zum Sonntag hat sich auch diesmal ein blinder Passagier eingeschmuggelt, und zwar der 20jährige Kellner Friedrich Herzog aus der Salz­ burger   Gegend. Er wurde aber sofort entdedt und natürlich von der Mitfahrt ausgeschlossen.

An Bord Graf Zeppelin". 24. März. 2.45 Uhr. ( Eig. Funtbericht.)

Nachtfahrt bei Windstille und 130 Kilometer Geschwindigkeit durch und über große Nebelbänte in Richtung Schaffhausen   den Rhein   entlang. Basel   wurde um 2 Uhr in 800 Meter Höhe überflogen; gegen 2.30 Uhr wurde franzöfifches Gebiet erreicht. Die Weiterfahrt erfolgt nördlich Belfort   in Richtung auf das Rhonetal. Marseille   wird voraussichtlich 6.30 Uhr erreicht werden. Die weitere Fahrtrichtung hängt von der Wetteriage ab.

An Bord Graf Zeppelin". 25. März. 6.42 Uhr. ( Eig. Funtbericht.)

außerordentlich starken Rebel, so daß feit Stunden jede Sicht 2yon wurde 4.30 Uhr überflogen. Die Fahrt geht durch unmöglich ist. Marseille   wird deshalb voraussichtlich erst in den Bormittagsstunden überflogen werden.

Marseille  , 25. März.

Der Graf Zeppelin  " hat um 7.45 Uhr französischer Zeit mar feille überflogen. Er schlug östliche Richtung ein.

An Bordes, Graf Zeppelin  ", 25. März, 11,20 Uhr.( Eigener Funkbericht.) Das Luftschiff ,, Graf Zeppelin  " erreichte um 8,40 Uhr bei Marseille   das Meer. Weiterfahrt bei klarer Sicht auf Korsika, das um ½1 Uhr erreicht wurde. Man rechnet, zwischen 3 und 4 Uhr über Nom einzutreffen.

Geschloffenheit der Bergarbeiter. 3m mitteldeutschen Braunkohlenrevier.

Salle, 25. März.( Eigenbericht.)

Zurzeit liegen die Ergebnisse der Betriebsrats wahlen aus 36 Grubenbetrieben des Bezirks Halle   mit einer Belegschaftszahl von insgesamt 14 355 Mann vor. Es sind abgegeben worden: für die Liste des Bergbau- und Industriearbeiter Ver. bandes 11 408 Stimmen( 226 Mandate), für die chriftliche Liste 180 Stimmen( 3 Mandate), Hirsch Dunder 108 Stimmen(= 3 Mandate), Gelbe und Werks­bereinler 442 Stimmen(= 9 Mandate), Syndikalisten 168 Stimmen(= 1 Mandat).

Bergeblich sucht man hier nach den Stimmen für die Liste der Anorganifierten D. Des Rätsels Löjung liegt sehr nahe

Muffolinis Schwindelwahl.

Selbst Südtirol  , begeistert"..

Rom  , 25. März.

Das Innenminifterium teilf folgendes Gesamtergebnis der Plebiszitwahlen mit:

Stimmberechtigt waren 9 650 570, gestimmt haben 8 650 140, davon mit Ja 8506 576 und mit ein 136 198. Die Stimm beteiligung betrug demnach 89,63 Pro3. Da nur noch die Ergebnisse einiger abgelegener Gemeinden fehlen, dürften obige Zahlen taum eine Henderung erfahren.

Mailand  , 25. März.

Nach der ersten Zusammenstellung der Ergebnisse des Plebiszits in der Stadt Mail and find von 162 769 Wahlberechtigten 136 442 zu den Urnen gegangen, von denen 124 145 mit Ja und 10 977 mit Nein ftimmten. 1167 Stimmen sind ungültig.

Monza  . Turin  

Stadt Benedig.. Provinz Benedig. Triest  Meran  ..... Bozen  Brigen.

Wahlberechtigte Abgegeb. Stimmen

Nein

und Brigen, die in ihrem Herzen Mussolini vere fluchen.

Man laffe morgen unter dem Schuße des Bölkerbundes die Abstimmung in Südtirol   wiederholen: es werden feing zwei Prozent Stimmen für Mussolini   abgegeben, und auch diese zwei Prozent werden nur von eingewanderten faschistischen Beamten stammen.

In Italien   selbst würde bei einer mirtlich freien und geheimen Wahl das Verhältnis für den Faschismus weifellos etwas günstiger sein. Denn abgesehen von den überzeugten Faschisten, die immerhin 10 bis 15 Proz. der Wählerschaft ausmachen tönnen, gibt es zu viele, die an der Korruptionsfrippe des faschistischen Staates fressen, oder die sich auch sonst mit dem Faschismus kompromittiert haben, als daß sie nicht an seinem Fortbestand intereffiert wären. 1411 Aber nie und nimmer ist das auch nur annähernd die Mehrheit des italienischen   Boltes. Denn wäre es die Mehrheit, dann würde ja die ganze Diftatur überflüssig sein und nach dem gestrigen Ergebnis" abgeschafft werden tönnen. Mussolini   wird sich aber schwer hüten, die Fesseln zu lodern denn er weiß ja am besten, was von diesem Plebiszit" in Wirklichkeit zu halten ist!

2 398

16.266 133 086

14 971

Ja 14.523

112 829

105 931

56 913

50 327

47 794

65 582

60 920

60 541

62 423

46 037

45 022

379 955

9/100

7545

7 042(!)

421

7 521 1 631

6 967(!)

441

1560(!)

71

"

9 069 1856

Ein hundertprozentiges Abstimmungsergebnis wird aus Grado  gemeldet, wo von 1031 Wahlberechtigten 963 für und niemand gegen das Regime gestimmt haben. Schon die ersten vorläufigen Bu sammenstellungen zeigen, daß bei einer außergewöhnlichen Wahl­beteiligung in den Städten durchschnittlich 5 bis 10 Broz. gegen das Regime gestimmt haben. Auf dem Lande ist der Prozentfak der Nein- Stimmen noch erheblich Meiner,

Gerade der ungeheure Prozentsaz der Wahl"-Beteili­gung in Südtirol   und die Zahl der abgegebenen Nein­Bettel ist der beste Beweis für den vollkommenen Bettel ist der beste Beweis für den vollkommenen Schwindel, der gestern in ganz Italien   inszeniert wor den ist.

Faschistisches offiziöses Stimmungsbild.

Rom  , 25. März.( Agenzia Stefani.)

Die Wahlen vollzogen sich im ganzen Königreich unter großer Begeisterung der Bevölkerung. Hervorragende Bersönlichkeiten aller Berufsstände machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch, unter ihnen der Kronpring, Mussolini  , Generalsekretär Turati, die Kardi­näle, Bischöfe und der gesamte Klerus, die Veteranen des Weltkriegs und die Kriegsbeschädigten und selbst alte Leute, die sich taum fortbewegen konnten. Die Besagungen der Dampfer, die sich auf hoher See befanden, verliehen auf telegraphischem Wege ihrer Anhänglichkeit an das Regime des Duce Ausdruck. Die Wahlbeteiligung betrug bis 4 Uhr nachmittags 80 bis 90 und in einigen Bezirken fogar 95 Prozent der eingetragenen Wähler. Berschiedene Bahllofale wurden bereits in den ersten Stunden des Bormittags geschlossen, da alle dort eingetragenen Wähler von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht hatten. In vielen Ortschaften begaben In einigen Gemeinden mußten die Bürgermeister Listen auflegen, fich die Bauern und Arbeiter in geschlossenem Zuge mit Musik. tapellen und wehenden Fahnen zu den Wahllokalen. in denen sich die Nicht wahlberechtigten eintrugen, um ihrer Loyalität gegenüber der Regierung Ausdruck zu verleihen. Der Erzbischof von Palermo   weigerte sich, sich in die Wahlzelle zu begeben, sondern bestand darauf, seinen Stimmzettel in aller Deffentlichteit auszufüllen, womit sich der Wahl­vorstand schließlich unter dem Beifall aller Anwesenden einver­standen erklärte.

Wen wird Mussolini   Glauben machen wollen, daß in einer Stadt wie Meran   oder Bozen   zwei Drittel, und in einer Stadt wie Brigen gar fünf Sechste I aller zur faschistischen Dittatur abgelegt hätten zu dieser Diftatur, Abstimmungsberechtigten aus freiem Billen ein Bekenntnis die die deutsche Muttersprache der Südtirolern einigen Gemeinden mußten die Bürgermeister Liſten auflegen, ausrottet, ihre Zeitungen abgeschafft, ihre Bor- und Familiennamen, ja fogar ihre Grabschriften verwelscht und ihre einst freigewählten Führer nach den Lipari  - Inseln ver­

bannt!

Hier ist der wahre Terrordharatter dieses 3wangplebiszits zu handgreiflich. Und daraus allein läßt sich mit hundertprozentiger Sicherheit der Schluß ziehen, daß es in ganz Italien   ähnlich gewesen ist.

Wahrscheinlich ist sogar die Zahl der abgegebenen Nein­Zettel in Wirklichkeit viel geringer gewesen und von den Be­hörden nach oben abgerundet worden, um überhaupt eine Opposition zu fingieren, über die Mussolini gefiegt" habe. Denn es ist faum denkbar, daß es in Italien   so viel Helden gibt, die fich für nichts und wieder nichts durch Abgabe eines nicht rotweißgrünen Zettels den schlimm sten Berfolgungen ausgesezt hätten.

Mögen Mussolini   und seine Schwarzhemden heute noch so laut triumphieren und der Welt verkünden, daß das italienische Bolt begeistert hinten ihnen stehe, wir haben

mehr denn je die Gewißheit, daß das italienische Bolt gestern ebenso zähnetnirichend zur Urne gegan­gen und den trikoloren Zettel abgegeben hat wie die fern deutschen   Bauern und Kleinstadter von Bozen  , Meran  

Brandunglück bei Bergmann Keine Klärung in Jannowitz

Berichte 2. Seite

Der sanfte Drud...

Innsbrud, 25. März. Die faschistische Bozener Alpenzeitung" die einzige zugelassene Zeitung, brachte in Platatform auf der ersten Seite folgende Worte: Wer eine Nein Stimme abgibt oder sich der Stimmabgabe ganz enthält, ist ein Verräter und Deserteur."

Neue Arbeiterwahlsiege in England.

Bei Gemeindewahlen.

London  , 25. März.( Eigenbericht.) Wie aus den ersten in London   eingelaufenen Meldungen über

die am Sonnabend erfolgten Stadt- und Gemeindewahlen in einem Teil Englands hervorgeht, hat die Arbeiterpartei große Gewinne zu verzeichnen. In Enfield eroberte die Arbeiterpartei sämtliche fünf zur Wahl stehenden Site. In Tottenham gewann die Arbeiterpartei zwei Sife, in Dogen­ham fämtliche sechs Size, die durch die Erweiterung des Stadt­bezirks neu geschaffen worden sind und außerdem zwei weitere bis­her konservative Site. Auch in den übrigen kleineren Orten, aus denen Wahlergebnisse bisher eingetroffen sind, hat die Arbeiter­partei überall ihren bisherigen Befihstand aufrechterhalten oder neue Site gewonnen,