Nr. 173
46. Jahrgang
Technik
Arbeit.
Dröhnend fallen die Hämmer, Wuchtig in Schlag und Taft Gellen eherne Zungen: Angepact.
Riemen fnarren und knirschen, Uns ist das Werk zu schwer, Kurze Kommandoworte
Fliegen dahin, daher.
Das ist ein startes Singen,
Mächtig voll Kraft ohne End', Das ist Mufit für jeden, Der unsere Arbeit fennt.
Heinrich Cerich.
Wasserreinigung mit Elektrizität.
Sonnabend
13. April 1929
Der Tunnel unter dem Kanal
felbft im Oberhaus eine Auseinanderseßung entstehen, in der Lørd Newton erflären konnte. daß noch niemals eine so große Aufgabe wie der Kanaltunnel mit michtigen Gründen jahrelang erfolgreich sabotiert worden sei. Er machte sich über die militärischen Erwägungen luftig, die bisher gegen den Plan angeführt wurden und stellte fest, daß es für eine feindliche Macht leichter fet, London
In seinem berühmten Roman„ Der Tunnel" schilbert Bern hard Kellermann den Bau eines Eisenbahntunnels zwischen Amerika und Europa . Der Dichter hat das Recht, von technischen Wunderleistungen zu träumen, an die der ernsthafte Wissenschaftler nicht denken darf. Der Techniker begnügt sich mit wesentlich fleineren Arbeiten, weil auch er nur die Forderung des Tages zu erfüllen hat. Im Verhältnis zu dem phantastischen Amerita- Europa | von Luftschiffen aus in Trümmer zu legen, als Truppen durch den
Das neueste Anwendungsgebiet der Elettrizität ist die Destillation von Wasser. Auch flares Leitungswasser ist bekanntlich nicht rein, sondern enthält gelöst zahlreiche Salze und mitrostopisch tleine Zeil. chen von Berunreinigungen. Für wissenschaftliche Zwede ist ein derartiges Waffer nicht brauchbar. Um es von seinem Salzgehalt und den Berunreinigungen zu befreien, verdampft man im Destillationsverfahren die gesamte Waffermenge. Dann bleiben die Verunreinigungen zurück, und der kondensierte Wasserdampf ergibt ein falzfreies, fogenanntes destilliertes Waffer. Für den prattifchen Berbrauch wird bestilliertes Wasser entweder in eigenen Destillationsanlagen erzeugt oder von chemischen Fabriken bezogen.
Der Bedarf an destilliertem Wasser. Der Verbrauch an destilliertem Wasser ist neuerdings im raschen Steigen begriffen. Nicht nur wissenschaftliche Institute aller Art, Krantenhäuser usw. haben einen hohen Bedarf an bestilliertem Wasser, sondern auch in den verschiedensten Jn. dustrien, dem Gärungsgewerbe, der Iegtilindustrie u. a., wendet man sich heute der Wafferfrage energisch zu. Wasser, das zur Dampferzeugung benutzt wird, muß von den Kall - und Magnesiumfalzen, die Reffelstein bilden, befreit werden. Ferner ift man neuerdings dem Einfluß des verwendeten Wassers auf Eigenschaften und Güte der Erzeugniffe nachgegangen. Manche Arbeitsverfahren verlangen destilliertes Waffer. Für andere 3mede wieder ist nicht ein völlig gereinigtes, sondern ein Wasser mit einem ganz bestimmten Salzgehalt erforderlich. Insbe. sondere die Herstellung eines solchen Waffers, dem der Salzgehalt nur teilweise entzogen ist, bereitete im technischen Berfahren vielfach Schwierigkeiten. Das neue Verfahren der elettrischen afferreinigung räumt damit auf. Wie ja die meisten elektrischen Arbeitsverfahren in der genauen Regelbarkeit und der nur geringen Wartung, die sie erfordern, den bisherigen überlegen sind, so liefert auch das elettrische Berfahren der Basferreinigung je nach Regelung völlig gereinigtes Waffer, das destilliertem Waffer gleichwertig ist, aber auch solches, das noch das deftilliertem Waffer gleichwertig ist, aber auch folches, bas noch einen bestimmten Salzgehalt enthält.
Die Elektroosmose.
Landes
England
✓
Dover
Folkestone
Kanal mitte
A
km
Weisse Kreide Mergel
Grave
Kanal Entwässerung
Kanal mitte
Gringandstein frankreich
Waldformation
☞ Jura
Mittlerer Wasserstand
Eisenbahnen
Calais
Frankreich
nach Beulogne
S
T
ant
Las 25 30 23&& 2 80 49 48) o 15 44 11 12 14 10 9 Skizze zum Kanaltunnel.
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Tunnel ist die unterirdische Ranalverbindung zwischen Calais und Dover , an der fürzesten Strecke des Aermelfanals, nur eine fleine Leistung. Tatsächlich aber handelt es sich hier um ein Bauwert, wie es in diesem Ausmaß die Menschheit noch nicht erlebte. Die Maßstäbe der Wirklichkeit sind eben anders als die der dichterischen Bhantasie. Der Gedante, einen Tunnel zwischen dem englischen Infelreich und dem europäischen Festland zu schaffen, ist schon mehr als 100 Jahre alt. Aus dem Jahre 1804 gibt es ein phantafie bolles Bild, das den Angriff einer Festlandsarmee auf England darstellt. England betrachtete die feine Rüften umgebenden Meere als die beste Schußwehr gegen irgendwelche Angriffe. Heute aber, wo Fugzeuge und Luftschiffe die Technik des Krieges von Grund auf verändert haben, ist der Meergott nicht mehr der Schutzpatron Englands. Aber zahlreiche wirtschaftliche Erwägungen sprechen für die Schaffung des Kanaltunnels. Diese veränderte Sachlage ließ
Die Apparatur des von der Siemens- Elettroosmose- Gesellschaft entwickelten Berfahrens zur elettrischen Wafferreinigung besteht aus zehn zusammengebauten Trögen, von denen jeder durch zwei poröse Wände in drei Teile geteilt ist. Den Außenräumen eines jeben Trogs, die mit Wasser gefüllt sind, wird der elektrische Strom zuge leitet, in den Mittelräumen befindet sich das zu reinigende Wasser Unter dem Einfluß des elektrischen Stromes wandern die Bestand. teile der Salze an die Zuführungen des Stromes, an die Elektroden. Die porösen Wände behindern diesen Borgang nicht, wohl aber versperren sie den Flüssigkeiten in den Außenräumen den Weg zum Mittelraum. Die Scheidewände trennen also einen Raum ab, in dem das Wasser zwar den reinigenden Wirkungen des elektrischen Stromes voll ausgesetzt ist, der aber nicht mehr von den Außen. räumen her verunreinigt werden kann, gleichgültig, welche chemischen Reaktionen sich auch hier abspielen. Ebenso, wie die Salzbestand teile, wandern auch unter dem Einfluß der bestehenden elektrischen Spannung die schwebend im Wasser vorhandenen Teilchen auf die Elektroden zu und treten dabei teils durch die porösen Scheidewände lindurch in die Außenräume über, teils werben sie auf den Scheide. mänden niedergeschlagen. Diesen Borgang der Wanderung von Flüssigkeiten und in ihnen schwebender Teilchen durch poröse Wände im elektrischen Felde bezeichnet man in der Phyfir als Elettroo 5* mose. Daher hat das Verfahren auch seinen Namen.
Der Vorgang der elektrischen Wasserreinigung. Es gelingt nun, den auf diesen Erscheinungen beruhenden Borgang der elektroosmottschen Wafferreinigung stetig und ohne Beauf fichtigung und Regelung folgendermaßen durchzuführen: Das gu reinigende Wasser fließt dem Mittelraum des ersten Trogs zu, don hier durch eine Heberanordnung in den Mittelraum des zweiten und so weiter durch das ganze System hindurch. Die Apparatur ist elektrisch so geschaltet, daß auf diesem Wege die einwirkende elektrische Spannung in Stufen anfteigt. So wirft im letzten Iroq die volle Betriebsspannung ein. Dem Waffer wird auf seinem Wege durch die Apparatur der Salzgeholt allmählich entzogen. In den letzten Stufen entfernen die hier einwirkenden hohen Spannungen selbst die letzten Refte bes Salzgehaltes und die schwebenb vorhandenen Berunreinigungen. Durch die Regelung der Durchflukneschwindigkeit hat man es in der Hand, ob man den Salzgehalt völlig oder nur teilweise entfernen will. Um eine Anreicherung der aus den Mittelräumen abbeförderten Satz. bestandteile und der von ihnen durch Reagieren mit dem Baffer gebildeten robufte in den Außenräumen zu vermeiden, werben diese fortlaufend durch eine Spülserrichtung gespült.
Entfernung der Magnesiumsalze. Die Geschwindigkeit, mit der die einzelnen Salze bem affer entzogen werden, ist verschieden. Es ist also möglich, beftimmte Salze im höheren Betrage zu entfernen als die anderen. Diefer Umstand gibt eine weitere eigentümliche Modifikation des produzierten Waffers an die Hand, wie man sie bisher nur schwierig und unvollständig durchführen fonnte. Es ist bekannt, daß bie Qualität der Biere beispielsweise weitgehend durch das zur Berfügung stehende Wasser bedingt ist. Hat man ein Baffer, bas atm an Magnesiumfalzen ift,
9g
.1804: ,, Ueberfall auf England".
Aermeltanal in England einmarschieren zu lassen. Der Borsitzende des franzöfifchen Ranaltunnelfomitees, der frühere Arbeitsminister Le Trocquer, erklärte, daß dem Bau eines Tunnels unter dem Kanal technische Schwierigkeiten nicht im Wege ständen. Der Tunnel würde eine Länge von ungefähr 350 Kilometern erhalten und etwa drei Milliarden Franken, das find rund 850 Millionen Schilling, tosten. Le Trocquer rechnet damit, daß sich dieses Rapital mit 5 bis 6 Broz. verzinjen fönnte, wenn man die gegenwärtige Zahl der Englandreisenden zugrunde legte.
Le Trocquer machte seine Ausführungen auf Grund der Borarbeiten, die Albert Sartiaug in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts geleistet hat. Es ist wenig bekannt, daß man damals in der Nähe von Calais bereits umfangreiche Bohrarbeiten vorgenommen hat, die über die Natur des Gesteins Aufschluß gaben, durch das der Tunnel geführt werden müßte. Der Tunnelplan, der bamals ausgearbeitet wurde, dürfte heute auch noch im allgemeinen brauchbar sein. Unser Bild zeigt die Tunnellinie, die damals zwischen Dover und Calais festgelegt wurde. Es gibt weiter einen Querschnitt durch den Untergrund, in dem der Tunnel eingebettet werden soll. Er fäme danach in einer Schicht von grauer Kreide zu liegen, die selbst von Mergel eingehüllt ist und auf einer grünen Sandsteinschicht ruht. Diese Kreideschichten sind verhältnismäßig wasserundurchlässig. Sie sehen auch den Bohrarbeiten feinen zu großen Widerstand entgegen. Die Hauptschwierigkeit ist nur in der Länge des Tunnels zu suchen. Hier würde der Kanaltunnel alle bisherigen Bauten weitaus übertreffen. Selbst der Simplon Tunnel hat befanntlich nur eine Länge von 20 Kilometern. Der Bau des Tunnels wird in der Weise vor sich gehen, daß man zunächst einen verhältnismäßig fleinen Stollen vorwärts treibt. Dann werden rechts und links die beiden Hauptstollen in Angriff genommen, durch die später die elettrischen Büge zwischen England und Frankreich vertehren. Der fleine Mittelstollen dient dazu, die aus den Hauptstollen herausgebrochenen Felsmaffen abzubefördern. Außerdem hatte man damals Entwässerungsschächte vorgesehen, aus denen Grundwasser und Sickerwasser entfernt werden könnten. Sartiaug rechnete mit einer Bauzeit von 7 bis 8 Jahren. Technit und Wirtschaft sind für diesen Plan. Die Politiker haben das legte Wort zu sprechen.
wie in Bilfen, so lassen sich hopfenreiche Biere brauen, während sich das anderwärts schon durch die Natur des Wassers verbietet. Gerade Magnesiumfalze laffen sich auf elettroosmotischem Wege bevorzugt entfernen, so daß die örtliche Bedingtheit der Pilsener Biere durch das neue Berfahren der elettroosmotischen Wasserreinigung bedroht zu sein scheint.
Wirtschaftlichkeit des Verfahrens.
| Verfahren dem Destillationsverfahren mit Kohle oder Gasheizung in den meisten Fällen wirtschaftlich überlegen. Zudem bietet das elettrische Berfahren die Möglichkeit, den von den Elektrizitätswerken oft billig abgegebenen Nachtstrom zu verwenden, weil das Arbeiten der Apparatur feinerlei Beaufsichtigung erfordert. J. Br.
Die Apparatur zur elettrischen Wafferreinigung fann mit Gleich Die strom von 110 bis 220 Volt Spannung betrieben werden. irtschaftlichkeit des Berfahrens ist im Gegensatz zum Destillations. verfahren nur um geringen Grabe abhängig von der Größe der Apparatur. Aleine Ausführungen liefern ftündlich etwa 5 Biter gereinigten Baffers und machen dadurch Apotheken, Drogerien, Ladestationen für Affumulatoren und andere Kleinverbraucher unab hängig vom Frembbezug deftillierten Waffers. Andererseits arbeiten bereits Ausführungen, die bis zu 250 Liter reinen Waffers Stündlich liefern. Elektrische Wafferreinigungsanlagen verlangen im Bergleich zu Deftillationsanlagen nur geringen Raum. Der Stromverbrauch beträgt für 100 iter reinen Waffers je nach dem Salzgehalt des Rohwaffers etwa 1,5 bis 4 Rilowattstunden. Unter normalen Berhältnissen ist das
Bücher der Technik. Deutsches Museum , Abhandlungen und Berichte, Berlag BDI., 1929, 1. Jahrgang, Heft 2. 3. 3enned: Heinrich Herz. Ein lebendig und padend geschriebenes Büchlein, das ben tragtid endenden Werdegang von Heinrich Herz erzählt. Ausgezeichnet ist auch der zweite Teil, eine furze Einführung in das Bebenswert bes großen Forschers. Besonders zu begrüßen ist es, baß sich hier ein missenschaftler einer flaren, einfachen Sprache bedient, bie jebermann berfiehen tann.
" Zeppelin oder Stahlluftschiff?" 3u bem in der vorigen Technit" erschienenen Artikel bittet uns der Berfaffer, Reichstagsabgeordneter Genosse Schaffner, mitzuteilen, daß sich feine Kriti! nicht auf den jezigen Berkehrsminister Dr. Säget, sondern auf feinen Borgänger Herrn v. Guérard bezieht.