Oienskag 46. April 4 929
Unterhaltung unö �Wissen
Beilage des Vorwärts
gnhn3>.3£errick: MS Vit pilMS
Die Jazz spielte, spielte, spielte. Unaufhörlich und unentrinnbar hämmerte sich ihr Rhythmus in das Bewußtsein, fuhr in die ge- schmeidigen sportgestählten Glieder der jungen Tänzer, schmeichelte sich sehnsuchtsvoll in entzückend kleine Mödchenohren, leuchtete erwartungsfroh aus den großen Augen schöner Frauen, dröhnt«, gellte, jauchzte, kreischte, jubelte und erfüllte auch den letzten Winkel mit Lärm, Unruhe, Tanz und Musik.... mit Negermusik. Die weiße Kugel rollte, rollte, rollte. Das Klingen der Gold- münzen, rascheln der Notenpäckchen, Rufen der Croupiers, Murmeln der Spieler dämpfte die Klänge der Jazz aus dem großen Saale zu betörend anreizender Begleitung.. Eine schöne bleiche Frau stand auf der Terrasse und sah auf das Meer. Weit hinter ihr lag Tanz, Mufik, Glück und Spiel. Unauf- hörlich gleichmäßig kamen die Wellen von weither, schäumten auf, prallten auf und zersprangen in tausend schillernde Wassertropfen. Aber immer wieder kamen neue Wogen, tanzend, spielend kamen sie von weither gezogen, um zu sterben. Zu sterben. Auch sie wird bald sterten. Irgendwo verscharrt werden und niemand würde um sie weinen. Niemand, nicht Mann, noch Kind. Nichts wird sich ändern, nur ein« rleine Unbedeutende Welle wird an der Felswand zerschellen. An der härtesten uner- bittlichen Felswand... dem Leben. Da horchte sie auf. Tief von unten, aus dem dunklen schlafenden Garten kam eine leise zer- quälte Stimme. Sang ein altes Negerlied. Sie kannte es gut, ihre alte Amme hatte es gesungen, und auch ihren Jungen hatte sie es einmal vorgesummt. Wie entsetzlich lange das schon her war. Die Stimme sang und sie summte leise, fast unhörbar mit. „Wo ist mein« Pupp«? Meine schöne weihe Pupp«, Wo ist sie?... Ein böser Knabe hat sie mir zerschlagen... Kann ich noch weiter leben?" Wo ist meine Mutter? Meine liebe, gut« Mutter, Wo ist sie?... Der böse Herr hat sie in die Fremde verkauft... Kann ich noch weiter loben?.., Wo ist mein Mann? Mein schöner starker Mann, Wo ist er?... Eine böse Frau hat ihn mir genommen... Kann ich noch weiter leben?... Wo ist mein Kind? Mein liebes, liebes Kind?... Wo ist es?... Ein böser Gott hat es mir geraubt... Ich kann nicht mehr weiter leben!" Die Stimme brach ab. War das nicht ihr Lied, das Lied ihres qualvollen Lebens? Ein böser Gott hatte ihr alles genommen. Alles, auch das Kind, ihr Kind. Sie hatte es nie wieder gesehen, fest sie das Haus des gehaßten Mannes verlasien. Bor zwanzig Jahren. Dann hatte sie das Leben gepackt und mit ihr gespielt, wie der Sturm mit den Wellen, hatte sie gestreichelt und geschlagen, und zuletzt zerschlagen, sterbend an den Strand geworfen, ein Wrack. Und sie hatte noch solche Sehnsucht, solchen Durst... aber es war wohl zu spät... Zu spät. Es war nie zu spät. Sie war noch schön, das wußte sie, ihre Wongen glühten, wer erkannt«, daß es l»s Fieber war? Einmal mußte sie noch das Loben fühlen, das Leben... Liebe, Lust, Glück... Und sie ging, die müde bleich« Frau, um in letzter Stunde noch das Glück zu finden. Im Tanzfaal. Noch nnmer gellte Jazzmusik und die Paare flogen an ihr vorbei. Marionetten... Puppen... Harlekins , dachte
die schöne Frau. Die Musik war so laut, so entsetzlich laut, wo doch alles stille sein sollte. Und so ging sie. Im Spielsalon rollte die Kugel, rollte das Geld, rollte das Glück. Di« Gesichter der Spieler zogen an ihr vorbei. Der fette Genießer, die kokette Dirne, der dekadente Lüstling, die Morphi- nistin, der fanatische Systemfpieler, der kühl« Croupier, der kleine Bürger und sein ängstliches Weibchen, der weiß«, geiernasige, stet» gewinnende Alte und... der blond«, stets verlierende junge Mensch. Er setzte aus Schwarz und verlor, setzte auf Rot und verlor. setzte Zahl auf Zahl und verlor. Sie trat hinter ihn, er sah auf und lacht« sie an.„Jetzt kommt das Glückl" Und riß das Geld aus seiner Tasche, sie sah, es war fem letztes Geld und setzte auf Rot. „Rot ist die Liebe, Madamel"» Sie wollt« ihn warnen. Und er sah ihr« bittenden Augen und legte zögernd die Hände auf das Banknotenpäckchen, um es zu nehmen. „Rien ne va plusl", schrie der Croupier. „Rien ne va plus", dacht« die schön« Frau. Und die Kugel rollte, rollte, rollte und Rot verlor... Der Mann stand auf, leichenbloß und ging mit schwankenden Schritten, ohne ihr einen Blick zu gönnen. Ging durch die hellen Säle, durch dunkle Gärten. Menschen grüßten ihn und er sah sie nicht. Sah nicht, wo er war, und sah nicht, wohin er ging. Sah nicht, daß die Frau ihm folgte. Und ging wie im Traume und er- wacht«, hart am Abgrund. Tief unten rauschte das Meer und lockte. Doch neben ihm bat ein« weiche Stimme, bat ein roter Mund: „Äomml" Und sie nahm sein« kalte zitternde Hand und führt« ihn durch die dunklen, schwermütigen Gärten zu ihrem Hause. Er ging, ohne zu wissen, wohin er ging, ohne zu fragen,»er- trauensvoll wie das Kind an der Mutierhand, ging mit ihr, well sie es wollte, küßte sie, weil sie es wollte, und blieb bei ihr, die lange Nacht. Wenn es nur kein Erwachen gäbe, keinen Morgen, wenn olles, alles immer so blieb«, dacht« die Frau und ihre suchenden Hände wollten den schlafenden Mann leise, ganz leise streicheln... Der Mann war fort, grell grinste der Morgen durch die Scheiben, sah das leere Bett, sah zerbrochene Schmuckkästchen und ge- sprengte Kastentüren und sah eine bleiche alle Frau weinen. Auch der Morgen verging und der Tag. Im Kasino spielte die Jazz. Spielle, dröhnte, gellte, jauchzte, kreischt«, jubelle und weinte. wie das Leben. Und die Marionetten tanzten. Puppe und Harlekin ruckweis«, wie es der Rhythmus wollte. Am Strand stand eine alle Frau und sah hinaus auf das Meer. • Im Spielfalon rollte die Kugel und rollte das Gold. Da saßen die Spieler mit heißen Wangen und glühenden Augen, spielten. Und «in. junger, blonder Mensch gewann. Er setzte auf Schwarz und gewann und setzte auf Rot und gewann, setzte Zahl aus Zahl und gewann. Eben warf er ein« große Summ« auf den Tisch und rief, das kokett« Dirnchen neben sich umarmend:„Rot ist die Liebe!" „Schenk mir das Geld!", bat das March«, und gönnerhaft nickte er. Doch die kleine Hand kam zu spät. „Rien ne va plus", rief der Croupier. „Rien ne va plus", dachte die Frau und ging den Wellen ent- gegen. Und der Wind säng und das Meer und die schmalen bleichen Lippen der sterbenden Frau: „Wo ist mein Kind? Mein liebes, liebes Kind, Wo ist es? Ein böser Gott hat es mir geraubt... Ich kann nicht mehr wester leben!..." Unaufhörlich und unerbittlich hämmerten die Wogen auf die steinerne Felswand mk Rhythmus von Gottes ewiger Jazzmusik.
Armin Itegner:
3)er doppelte Vorhang
Es ging etwas vor In der Stadt. Durch die Hafengasien von Pachlevi, die seit zwei Tagen von Regen trieften, lies ein Lastträger mit einem Schild an der Stange. Die Gestalten eines dicken Mannes und eines jungen Stutzers waren roh auf ein« Pappkarte gemalt. „Aschege Bitschare"(der unglückliche Liebhaber) stand in arabischen Buchstaben darunter, die langgezogen aus dem Papier wie rote Bänder flatterten. Schuhslicker und Berkäuser im Basar blickten sich neugierig danach um. Es wurde Theater gespiell! Niemand, der dieses Land nicht kennt, kann eriyessen', was dies bedeutet. Theater in Persien ! Selbst in der Hauptstadt Teheran hatte ich kein Theater gefunden, außer einer Lichtspielbühne oder den alten orientalischen Schattenspielen. Pachlevi aber, die Hafenstadt am Kaspischen Meer , steht bereits unter russischem Einfluß. Man merkt es an der nördlicheren Bauart der Häuser, an dem russischen Einschlag in der Bevölkerung, der ganzen Art des Geschäftslebens. Di« kleine Stadt war in Aufregung: denn nicht nur das Theater selbst war«in Ereignis, man wollte ein Schau- spiel über die moderne Liebe geben— es war ein revolutionäres Stück! Als ich am Abenh. das Theater betrat, war der Zuschauerraum schon bis auf den letzten Platz gefüllt. Die überaus einfache, all- modische Bühne befand sich im armenischen Klubhaus, in einem nüchternen kahlen Versammlungsraum: denn ein persisches Bühnen- haus gibt es natürlich nicht. Auf Rohrstühlen und Holzbänken hockten, noch naß vom Regen, die persischen Männer, den schwarzen Fes aus dem Kopf, vom weißhaarigen Greis bis zu halbwüchsigen Knaben, alle damit beschäftigt, sich die Zeit mit dem Kauen von Sonnenblumenkernen zu vertreiben. Von dem Knabbern der vielen Zähne klang es im Saal wie in einem Cichhörnchenkäfig. Der ganze Boden war mit ausgespuckten Schalen bedeckt. Einen Augenblick war ich im Zweifel, nach welcher Seite ich mein Gesicht wenden sollte: denn dieses seltsame persische Theater Halle— zwei Borhänge, an jedem Ende des Saales einen. Hinter dem vorderen befindet sich die Bühne, hinter dem anderen, der im Rücken der Zuschauer das Ende des Saales absperrt, sitzen sür sich allein— hie Frauen. Wenn der Zuschauerraum zu Beginn sich ver-
dunkett, hebt sich zuerst der Vorhang über der Bühne und dann erst der Vorhang vor dem Harem der Frauen. Frauen im Theater und noch dazu bei der Aufführung eines Liebesstückes, das war ein unerhört neuer Borgang für Persien . Man muß die ganze klösterliche Abgeschlossenheit der persischen Frau kennen, die jahrhundertelang ihr Leben hinter vielfachen Mauern oerbrachte, um zu verstehen, welche aufwühlende Neuerung darin lag. daß sich in dem Theater von Pachlevi ein Harem befand. Denn der doppelle Borhang, hinter dem bei der Vorstellung die Frauen sitzen, ist hier im Theater der„Harem". Einige ältere Männer unter den Zuschauern zeigten sich auch über die Anwesenheit der Frauen aus das äußerste erregt, und das Ganze drohte schon zu einem persischen Theaterskandal zu werden, als das Zeichen zum Beginn der Aufführung erscholl. Die Szenerie denkbar einfach. Rechts und links zwei Tapeten- wände, die Oeffnungen mit weißen Bettlaken statt der Türen ver- schlössen. Im Hintergrunde ein Orangenfpalier: der Garten. Ein junges Mädchen beim Spaziergang, wobei sie auffallend eckige Be- wegungen nach den hängenden Früchten macht— denn dieses Mäd- chen ist ein junger Mann, der in weiblicher Verkleidung eine Frauen- rolle spiest. Alle Frauen waren in Persien auf der Bühne noch wie im Altertum durch Männer dargestellt. Zwar gibt es auch weibliche Schauspieler, aber dann dürfen sich auch nur Frauen unter den Zuschauern befinden, und in diesem Falle werden die Männerollen durch Frauen gegeben. Selbstverständlich sind alle diese Schau- spieler Dilettanten, ein« Berussbühne gibt es in Persien nicht. Der junge Mann, vielmehr das Mädchen am Spalier, erwartet ihren Liebhaber. Em iunger Perser erscheint, der in Europa studiert hat und zum Zeichen seiner Aufgeklärtheit statt der Mütze aus dem Kopf, einen Hut in der Hand trägt. Damit sind wir mitten im Umstur� der Sstten des Landes, daß in seiner AUersschwermut trotz aller Neuerungen doch noch weit von seiner Dollendung steht. Denn beides, weder eine solche Begegnung mit einer Frau, noch der euro« . päische Hut in der Hand, sind bis heute in Persien möglich. Das östliche Nonnentum, zu dem die völlige Absperrung die Frau ver. urteille, brachte es notwendigerweise mll sich, daß auch die Ehen
stets geschlossen werden, ohne daß Mann und Frau sich vorher kennen. Die Eheschließung erfolgt nur durch Mittelspersonen, durch Verwandte oder weibliche Bermilllerinnen, und die Vermählten haben niemals die Möglichkeit, durch vorherige Bekanntschast zu prüfen, ob st» sich auch wirklich dazu eignen, u» miteinander ein Leben in engster Gemeinschaft zu verbringen. Das höchste mensch- liche Glück, die Liebe, wurde so zur grausamen Sklaverei. Reiche Perser suchten sich dadurch zu helfen, daß sie von der Erlaubnis der Vielehe Gebrauch machten, den ihnen nicht zusagenden Gattinnen Geld gaben, um sich von ihnen zu befreien, und solange eine neue heirateten, bis sie endlich eine Frau fanden, die ihren Wünschen entsprach. Ein kostspieliger Umweg! Die übrigen, nicht zuletzt die armen Frauen, ergaben sich in ihr Schicksal. Gegen den finsteren Zwang dieser altertümlichen Sitte wandte sich die kindliche Komödie, die vor mir auf den Brettern vor sich ging, bei aller Unbeholsenheit ein Frciheitslied gegen die größte Sklaverei, die das menschliche Leben überhaupt aus der Erde kennt, gegen die Sklaverei der Liebe. Zarif,«in Perfermädchen und Charis, ein persischer Student, lieben sich heimlich. Beide sind zur Heirat entschlossen, aber Halst- Beck, der Vater Zarifs, will seine Tochter mit einem alten Perser vermählen. Di« Liebenden beschließen dies zu verhindern und ziehen Hadidje, die Dienerin, von einem sechzehnjährigen Burschen in weib- lichen Spitzen Unterhosen und langen schwarzen Strümpfen launen- hast dargestellt, ins Vertrauen. Man entwirft einen Plan. Dafch- Hassan, ein« persische Lolksfigur, witzig und saul, die lebhaft an die Helden der Schattenspiel« erinnert, soll für Geld alles in Szene setzen, um den alten LiebHober zu verjagen. Das Stück zeigt, wie Dasch-Hassan durch Intrigen, Verleumdung und schlaue Einfälle trotz vielfacher Verwirrungen diese Aufgabe löst, bis der betrogene Liebhaber unter dem Spott der andern den Platz räumt, und Zarif und der Student. Dafch-Hassan und die Dienerin zu Paaren werden, die sich hinter dem Rücken des nichtsahnenden Halil-Beck nun nicht mehr nach den starren Gesetzen des Islam, sondern nach der Wahl des eigenen Herzeps miteinander verbinden. Das ganze ist dichterisch eine Belanglosigkeit, halb ein« Shake- spearesche Rüpelkomödi«, halb ein französisches Lustspiel in der Technik des achtzehnten Jahrhunderts, unterbrochen durch zahlreiche Gesangseinlagen, Duette und mll näselnder Stimme gesungene Ghafelen. Dazu zirpte die Mandoline wie eine riesige Grill«, quakte die Handtrommel wie ein Frosch und wimmerten die seltsamen persischen Seiteninstrumente, die in chren Formen an merkwürdige exotische Frücht ««rinnern. Dennoch: ein revolutionäres Stück. Ein« sittliche Tat für dieses zurückgebliebenste Land Asiens . Em Zeichen, daß nun auch hier wie in der Türkei ein« Wandlung der sittlichen Anschauungen sich anbahnt. Während des Spiels blickte ich mich heimlich im Halb- dunkel des Saales um und sah im Hintergrund unter den hoch- geschlagenen Schleiern die Gesichter der Frauen wie blasse Dreiecke leuchten. Ihr« schwarzen Augen starrten well geöffnet in den Glanz der Bühne und sprühten Funken wie schwarze Feuerstein«. Ein tiefes schweres Atemholen ging durch den Raum und all«, Männer wie Frauen, schienen von der gleichen heißen Spannung erfüllt, von dem ewigen Hunger nach Glück, der das menschliche Herz in allen Ländern der Erde in gleicher Weis « durchzieht. Als der Vorhang über der Bühne sich senkt«, schloß sich auch wieder d» Vorhang über dem Harem der Frauen. Dann erst flammte das Licht über dem Saal« auf. Nun aber riefen die Männer nach dem Autor; die Vorstellung war eine Uraufführung. und der Verfasser, ein schon weißhaariger persischer Schullehrer aus Pachlevi, hatte selber mll greifenhafter Täppifchkell die Rolle des unglücklichen Liebhabers gespielt. Unter tobendem Beifall begann der bejahrt« Verfechter der neuen Idee des Landes, die ein« Hand auf die Stirn gelegt, die ander« auf dem Rücken, im Kreise einen persischen Volkstanz zu tanzen. Aber nun nahmen die Frauen nicht mehr daran teil. Männer und Knaben, allein gelassen, schlugen mit den Händen klatschend den Takt. Die Handtrommel dröhnt«, die Mandoline zittert«. Das wilde selige Stampfen der Füße aber durchzog auch mein Herz und ich hörte den Jubel der Menge noch hinter mir, als ich schon unten auf der verlassenen Straße stand. Es war spät. Die kleine Stadt lag im tiefen Schlummer. Der Regen hatte aufgehört: aus den finsteren Basargassen klang das laute Zähneknacken eines Hundes, der einen Knochen zerbiß, und während ich an den Hafen hinunterging, dachte ich noch einmal an das traurige Schicksal der Frauen dieses Landes. Wann end- lich würde auch für sie die Stunde der Erlösung kommen? Der ganze Himmel war klar geworden und vom anderen Ufer blitzten die hellen Lichter des Dampfers, der mich morgen nach Baku bringen sollte. Nur«ine einzelne Wolke stand über dem ruhigen Meer am Himmel, seltsam geformt wie ein richtiger Vogel. Nun öffnete sie sich und aus ihren schwarzen, am Rand« von Silber glänzenden Federn glllt der Mond wie ein goldenes Ei.
Aus der tKüche eines SBOologifchen Gartens Was täglich in der Küche eines zoologischen Gartens für die fremdländischen Gäste in den Käsigen zubereitet werden muß, zeichnet sich weniger durch das Raffinement des Rezeptes als durch die Menge und die Verfchiedenarttgkeit der Speisen aus. Die Ansprüche der Tiere sind recht unterschiedlich. So frißt z. B. der Grislybär nur rohes Fleisch, während braune und Eisbären neben Gerstenschrot und gekochtem Mais gekochtes Fleisch bevor« zugen. Wasch- und Nasenbären sind ausgemachte Vegetarier, die sich von Reis, Aepfeln und Karotten nähren. Dos Fleisch, da» die anderen Bären verzehren, ist meist Pferdefleisch. Frisches Pferdefleisch be- kommen die Löwen und Tiger, und zwar im ollgemeinen täglich 14 Pfund, die weiblichen etwas weniger. Leoparden und Wölfe be- gnügen sich mit 4 bis 5 Pfund, die Schakale ein Pfund. Wiesel, Iltis und wilde Katzenarten begnügen sich mit einem balben Pfund. Von den Raubvögeln bekommt der Kondor zwei Pfund, Geier und Adler erhallen ein bis eineinhalb Pfund srisches Pferdefleisch. Die Elefanten oertllgen im Tag leicht zwei Zentner Heu, außerdem noch SO Pfund Rüben und fast soviel abgebrühten Gerstenschrot. Viel an- spruchsvoller sind die Affen, sie verlangen ein ganzes Menu. Nicht in allen, aber in den meisten zoologischen Gärten bekommen sie am Morgen ihren Milchkaffee mll Weißbrot und als Diner Milch, Reis in Form eine» mll Milch gekochten Reisauflaufs, Sonnenblumen- kerne, gekochte Kartoffeln, roh« Karotten und als Nachtisch einen Apfel oder der Jahreszeit entsprechendes Obst. Affenkinder begnügen sich mit einer Banao« und einigen Feigen. Am Nachmittag trinkt die vornehmere Affenfamilie Tee mll Brot. Wenn so ein Aeffchen sein Brot in seine Teeschale taucht, ist das ein lustiger Anblick. Für den Ameisenbären muß mittags und abends Milchgries gekocht werden, Papageien bekommen Reisauflauf, Bananen, auch Eier- bisquit». Einmal in der Woche ist Fasttag, an dem dl« Tier« niibt» oder nur wenig zu fressen bekommen.