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Sittlichkeit und Strafgesetz. Soll das neue Strafrecht von vornherein zuständig sein? Der Strafrechtsausschuß des Reichstags begann gestern d-i- Beratung der Strafbestimmungen gegen die Unzucht. Abg. Stralhmann(Dnat.) verlangte strenge Bestrafung der Unzuchtdelikte, die gegenüber den Verfallserscheinungen der heutigen Zeit notwendig wären. Abg Dr. Scheiter(Z.) hob hervor, daß es sich bei diesen Straf- gesetzbestimmungen um Entscheidungen handele, die von der Welt- anschauung abhängen. Seine sZsreuird« könnten nicht die freie Selbst- bestimmung des Individuums für maßgebend ansehen. Der Zer- rüttung des heutigen Kulturlebens müsse durch strenge Strafen Einhalt geboten werden. Abg. Dr. Rosenfeld(Soz.) gab dem Abg. Dr. Scheiter insofern recht, als die Stellungnahme zu den Unzuchtsdelikten von der Weltanschauung abhingc. Daraus ergibt sich schon, daß die Sozialdemokraten diese Delikte anders be- urteilen als das Zentrum. Die Freiheit des Individuums müsse gewahrt, ebenso müsse allerdings derSchutzderGesell- s cha f t und vor allem der Jugend hinreichend berücksichtigt werden. Leider holten sich die Strasgescgentwürse in den Grenzen der Ueberlieferung der allen Tatbestände: die allen hanen Straf- androhungen, die allgemeinen unbestimmten Ausdrücke kehren wieder. Dabei Hot sich im Volke ein großer Wandel der Auffassung gezeigt- '"tan solle endlich aushören. den außerehelichen Geschlechts- verkehr schlechthin der Unzucht gleichzustellen. In weitesten Kreisen des Volkes gelte es heute unsittlich. Kinder in die Welt zu setzen, die ungünstige Lebensaussichten hätten. Mit Strafbestimmungen kann gerade auf dem Gebiet der Sittlichkeit mehr Schaden als Nutzen geschaffen werden. Ein Abbau des Strasrechts sei notwendig. Das Strafgesetz kann nicht Menschen zu sittlichen Persöntichkeiten erziehen. Das hänge vor allem ab von den wirtschaftlichen Verhältnissen, von der Sozial- Politik, insbesondere vom Wohnungsbau und von der Erziehung im Hause, in der Schule, in den Gewerkschasten und der Partei. Was wolle das Strafgesetz gegen die Leidenschaften ausrichten? Wenn der Strafgesetzentwurf das versucht, so bemüht er sich um etwas Unerreichbares. Sonst hieß es immer, daß die Strasrechts- reform beschlossen werde, um mehr Rücksicht aus die Persönlichkeit de? Täters nehmen zu können. Bei den Unzuchtsdelitten vergesse man den Täter. Die Entwicklung gehe dahin, dem einzelnen immer größer« Freiheiten zu geben, die Gesellschaft vor Angriffen des «inzelnen zu schützen. Diese Entwicklung kann k«in Strafgesetz ver- hindern. Die Ktrasoorschrislen in Bayern , Württemberg . Baden und Hessen gegen da» außereheliche Zusammenleben zweier wen- schen sollten endlich sollen. Die schweren Unzuchtsstrafen, die der Gesetzentwurs enthält, müßten an vielen Stellen beseitigt werden. Das scheußliche Wort Unzucht sollte aus dem Gesetzbuch verschwinden. Man sollte mit der Anschauung brechen, daß jede sexuelle Betätigung außerhalb der Ehe schon an sich sittlich verwerflich sei. Die sozial- demokratischen Anträge, die von diesen Anschauungen getragen würden, sollten angenommen werden. Abg. waslowsti(Komm.) schloß sich im wesentlichen den Aus- führungen des Gen. Rosenseld an. Auch die Kommunisten fordern in vielen Fällen Straffreiheiten und in anderem Strafmilderungen. Dberrcichsanwalt Ebermeyer wendet sich gegen die sozialdemo- kratischen Anträge. Das Wort Unzucht sei gewiß nicht schön, es dürfe ober durch kein Wort ersetzt werden, ohne wesentliche und untrag- bare Aenderungen herbeizuführen. Abg. Stralhmann(Dnat.) wendet sich gegen die im Entwurf angedrohten Strafen. Fortsetzung der Beratung am Mittwoch, dem 9. Oktober.

Reaktionäre Personalpolitik. Entmündigter Stadtrat wird im Amt gehalten. Leipzig . 9. Oktober. (Eigenbericht.) Der Leipziger Oberbürgermeister Dr. Rothe treibt seit Iahren ein« skandalös« Personolpolitik. Alle Mittel zur Er- Haltung der bürgerlichen Ratsmehrheit sind im Recht. So ist z. B. der Personaldezernent schon monatelang wegen Krankheit abwesend. Seiye Pensionierungsgesuche gelangen nicht einmal vor das Ratskollegium, weil der Oberbürgermeister will, daß der Stadtrat bleibt, solange er nur kriechen kann, damit dem Rotskollegium keine bürgerliche Stimme verlorengeht. Außerdem befindet sich im Leipziger Stadtrot ein Rat, der von seinen Angehörigen schon vor Iahren wegen Geisteskrank- heit entmündigt worden ist. Aber auch diesen Mann will der Oberbürgermeister halten. Dies« Zustände haben die sozial- demokratische Stadtverordnetenfraktion nunmehr zu folgender A n- frage an den Rat der Stadt Leipzig veranlaßt: In derLeipziger Balkszeitung� ist über den Krantheitszu- stand eines Stadtrates folgende Mitteilung entholten: Im Hochwohl- weisen bürgerlichen Rat sitzt auch ein Herr, Inhaber eines wichtigen Dezernates, dessen Nerven so zerrüttet sind, und dessen Geist so schwer erkrankt ist, daß er bereits durch viele Monate der Aus- Übung seines Amtes entzogen war. Seine Geisteskrankheit ist so osferckundig. daß er bereite vor Iahren auf Antrag seiner Angehörigen entmündigt wurde, weil er völlig außerstande war. seine Angelegenheiten selbst zu erledigen. Dieser Mann, der wegen Gefährdung seiner selbst entmündigt werden mußte, wird immer noch vom Oberbürgermeister für geeignet gehalten, die wichtigsten Geschäfte der Stadt zu verwojten. Der Oberbürgermeister hält ihn im Amte, obwohl er von Sanatorium zu Sanatorium wandert und auch in der sana- tariumfreien Zeit zur Arbeit wenig Kräfte ausweist. Entsprechen die in derLeipziger Bolkszeitung" enthaltenen Mitteilungen den Tatsachen? Wenn ja. ist dem Oberbürgermeister, einem Ratsmit- glied oder dem Gesamtrat der Krankheitszustand und die Entmündi­gung des bstreffenden Rates bekannt? Im bejahenden Falle, feit wann weiß der Rat oder der Herr Oberbürgermeister davon? War- um hat der Rat das Stadtverordnetenkollegium als Anstellung?- behörd« nicht pflichtgemäß von dem Krankheitszustand des in Frage kommenden Stadtrate» unterrichtet?" Die Antwort auf dies« für den Oberbürgermeister peinlichen Fragen muß innerholb 14 Togen erfolgen.

Die deutsche» Mittel, und Kleinstädte. Der Reichsstädtebund legt ein Sammelwerk vor, dos von dem geschästsführenden Prä­sidenten de» Reichsstädtebund««, Dr. Hoetel, und dem Generalsekretär des Vereins für Kommunalwirtschaft und Kommunalpolitik, Erwin Stein, herausgegeben worden ist und das die gesamten kommu- nalen Probleme vom Standpunkt der mittleren und kleinen Städte aus beleuchtet. »

Musik ui Musikgememschast Musikorganisation Nachwort zur 8. Neichsschulmusikwoche. Die Musik, so hat Professor Hans Freyer neulich in Hannover ausgeführt, fei eine der Kräfte, die unserer Kultur Einheit und lebendigen Zusammenhalt zu erhalten vermögen. Eine der Kräfte: Sprache, Sitte. Religion heißen oder hießen die anderen. I« mehr diese an unmittelbarer Bindekraft verlieren, um so wichtiger, um so dringender wird die Funktion der Musik. Wir sigen etwa: Sprach- gemeinschaft des deutschen Bolkes: es ist noch lebendig, was wir damit meinen. Man spricht und e» hört sich schon«in bißchen historisch an von Gemeinschaft der Sitte, der Religion: kann man gleicherweis« von Musikgemeinschast sprechen, heute etwa von Musik- gemeinschoft unseres Voltes? Daß man es nicht kann, heute weniger als je, diese Feststellung bildete den negativen Ausgangspunkt des Referats, mit dem Professor Leo Kestenberg in Hannover den Kreis der zur Diskussion stehenden Fragen beschloß. Probleme der Musikorganisation" lautet« sein Thema. Nicht um Musikerorganisationen handelt sich'»: daran leiden wir keinen Mangel. Sondern darum, die gesamten musikalischen Kräfte de» Volkes und der Zeit zu erfassen, zu bilden, zu gestalten. Die Grund- logen unseres Musiklebens, unsere» bald nur noch sogenannten Musiklebens- sind immer schmäler geworden: es ist brüchiger Boden, er trägt wie lange nach? dos Kunstgebilde unserer hohen Musik, aber er bringt es nicht hervor, es wird nicht aus seinen Kräften genährt. Auf breitester Grundloge, aus dem leben- digen Fundament der musikalischen Bolkskrast, gilt es«in neues Musikleben neu auszubauen: e i n Ganzes, von den Musikanfängen der Grundschule organisch aussteigend zum großen Kunsterlebnis der Volksgemeinschaft:«in Ganzes, das dieses und diese mit jener or- ganisatorisch dicht verknüpft. Im Kreis der Aufgaben, die zu be- wältigen sind, kann die Funttion der Schulmusik nicht hoch genug bewertet werden: es ist eine Art vonSchlüsselstellung", die ihr darin zufallt. Auf dem Dreiklang Schulmusik, Volkslied, Volkschor- gesang muß die kommende Musikorganisation errichtet werden. Er bildete auch den Grundakkord der musikpädagogischen To- gung, bei der zum erstenmal neben demZentralinstitut für Er- ziehung und Unterricht" dieInteressengemeinschaft für dos deutsch« Chprgesangwesen" als Veranstalterin auf- trat. Mehr als eine Million singender, chorsingender Menschen sind in dieser Gemeinschaft vertreten: das ist ew« Ziffer, die uns immer- hin«in wenig optimistisch stimmen darf. Musik" ist ein vieldeutiger Rame: es wird notwendig sein, zu einem einheitlichen Musikbegriff, und vor allem zu einer Abgren- zung nach unten, einer Abgrenzung dessen, was uns noch als Musik gelten soll, zu gelangen. Planmäßige Musikerziehung der Massen, Erziehung zu einer höheren Art von Musik, als sie häusig noch unter dem Titel desVolkstümlichen " verbreitet ist, tut not. Volks- konzerte, Dolksopcrnvorstellungen, als Errungenschaft der Republik an sich freudig zu begrüßen, genügen nichts es muß auch das Der- ständnis sür die vermittelten Kunstweitc' geweckt und entwickelt werden: vor allem durch Selbstmusizieren, neben dem das Erlebnis des Hörens, des Empfangens als sozusagen innere Musikbetätigung erst so die ihn, zukommende Bedeutung erreicht. Schulmusik, Hausmusik, Gebrauchsmusik, Kirchenmusik(auch sie. solange es Kirchen gibt, hat ihre funktionelle Bedeutung im Leben der Zeit), es gibt alle möglichen Erscheinungsformen der Musik, bevor wir zu jenen dringen, die sich heut«, für die allein wichtigen halten: die Formen der Kunstmusik etwa im Konzertsaal und in der Oper. Di« Vereinsamung der Kunstmusik ist, von gestern her, ein Grundübel der Gegenwart. Die schaffenden Musiker von heut« spüren diese Not der Musik, denn es ist die wachsende Not der Musiker. Sie mühen sich um Anschluß an die Wirklichkeit, an die Umwelt der Menschen, de» Volkes, der realen Tassächlichteit, um neue Möglichkeiten gesellschaftlichen Widerhalls. Denn sie fühlen die Gefahr des Untergangs, die ihnen von der zunehmenden Jso- lierung droht. Es genügt nicht, daß Männer der Musik, der Musikerziehung, des Ehorgesangwesens die musikalischen Nöte der Zeit erkennen, in

Sven Lange:Der Verbrecher". Theater ip der Klosterflraße. Erlebt man dieses Opus au» den Zeiten des Naturalismus, so stellt man statt aller andern an das Theater nur noch die eine Kar- dinalforderung an sämtliche Bllhnenschreib�r: Liefert wenigsten? solides Handwerk, wenn es schon zum jkunstwert nicht reicht! Sven Lange indessen treibt in diesem sehr nachgedunkelten Stück die dramatische Zechprellerei entschieden zu weit: er bleibt selbst unterhalb des Niveau» einer mittelmäßigen Reportage. Der dürftigste Polizei. bsricht über ein Kapitalverbrechen muß gegenüber dieser vierattigen Oede als ein« profunde Aeußerung anmuten, so triefend banal wird hier diskutiert, so unerheblich ist der Konflikt, so ärmlich die Moti- vierung. Der Einfall, daß zwei pechrabenschwarze Schurken einen kreuzbraven Beamten durch Erpressung und Wucher zur Berweislung treiben: wie unerheblich wirkt da» in einer Epoche, in der die riesige unpersönliche Macht eines hochentwickelten Kapitalismus auf der ganzen Menschheit lastet! Aber da» Geldmotiv gibt picht einmal den Ausschlag, sondern die verletzte Ehre. Nachdem nämlich die Zeit bei munteren Tiraden sämtlicher beteiligten Personen schon trüstig vor- ongeschritten ist, kommt der dramatische Knot.'n in Form eines Strickes, den der unschuldig Leidende dem Oberoampyr um den Hals schürzt. Nicht, weil er ein schofler Ausbeuter ist, beileibe nicht, sondern weil er seinen Schuldner der Wechselfälschung bezichtigt hat. Die Schauspielerschoft de» Theaters in der Klosterstraße war, unter Franz Sondinger» Regie, um charakteristische:, Umriß eifrig bemüht. Danaidenarbeit! Schade, es stecken ein paar tüchtige Kräfte in diesem Ensemble. W. Scb.

Eine millian Zack-London-Bücher sind verkauft. Der Siegeszug des großen amerikanischen Volksdichters schreitet unaufhalssam vorwärts. Die Gesamtaufloge der deutschen Ausgabe des Univer- sitas-Verlag hat nunmehr bereits l Million überjchritten. Einer der größten Ersolge, die der deutsch « Buchhandel in der letzten Zeit erringen konnte! Wenn man außerdem bedenkt, daß Jack London « Lücher auch in Amerika , England, Skandinavien , Ruhland, Frank- reich Riesenauflagen erreicht haben, so dürfte man wohl nicht fehl gehen, wenn man ihn als den meistgelesenen Schrifssteller unserer Zeit bezeichnet. Heuer Natalog de« Saiser-Frledrlch-kNuleum». Soeben ist im Berlage pon Paul Eassher ein neuer Nataloa de» K-tlcr-Fnedrich-Museumz..Die deutschen und altniederliudtschen ei st er*, erschienen. Sc enthält 600 AbbUdunaen und damit last den ganzen weseutlichen Be- stand de« Museum« aus dem Sediet« der deutschen und altnicderländrschen Maleret.

»v Ulm. ihren Reihen besprechen und belämpfen. Musik ist eine kulturelle, sozialethische und im höchsten Sinn politische Sache, die alle an­geht; das sollen alle wissen. Es fehlt am Verständnis der Oefsent- lichkeit und am Interesse ihrer Organe: der Presse. Wegen einer Musisstunde mehr oder weniger in der Schulwoche einer Musik­stunde mehr oder weniger im Schulleben von Millionen Kindern rührt sich kein« Feder. Auch in den Bolksvertretungen werden die Fragen der Schulmusik und der Volksmusik noch nicht immer, wie sie sollten, als Fragen des Volks gewürdigt und behandelt. Soweit Kestenberg . Seine Anssührungen machten aus die Hörer, die Schulmusiker und Chormusiker tiefen Eindruck: hassen wir, daß sie von allen richtig verstanden worden sind und daß alle sie beherzigen werden. Klaus Lsingsiieim. Frühlingsraufchen." Titania-palast . Wilhelm Dieterle modernisiert»Das Ääthchen von Heilbronn" .Wenn wir heute dieses Käthchen aus der Bühne noch ertragen, so geschieht das darum, weil wir Kleist schätzen und ihm bewußt Ehren zu Teil werden lassen, die ihm zu Lebzeiten verweigert wurden. Für die gegenwärtige Zeit jadoch ist die Frau, die aus Liebe auf den ersten Blick hingebungsvoll als Magd dem Mann nachläuft, höchst unpassend. Hinzu kommt, daß Charlotte Hagenbruch , Dieterle » Frau, ein bedenklich unbeholfenes Manustrikt schrieb. Viola, ein in voller Zurückgezogenheit ausgewachsenes Menschen- kind, lernt durch Zufall den Herrn von Bornim kennen. Sofort läuft sie ihm nach, sie wird seine Geliebte, und da er ihr verschweigt, daß er oerheiratet ist, gibt es ein« ziemlich unangenehme Ueoer- raschung, als seine Frau heimkehrt. Der menschenscheue Großvater, der schon einmal mit dem Gewehr auf den jungen Bornim losging, schleicht sich nun in einen Steinbruch, um den Verführer durch her- abgewälzte Steine zu töten. Der Schwerverletzte ruft nach seiner Frau, ober Viola kommt unter eigener Lebensgefahr zu ihm. Als die Frau diese Aufopferung sieht, räumt sie das Feld. Wilhelm D i« t e r l e ist als Regisseur sehr vieles vorbeigelungen. Lion Deyers soll jugendlich unerfahren sein, sie wirkt aber mehr als einmal unbeholfen. Und Dieterle als Regisseur kann es mit- unter nicht unterlassen, sehr gewollt den Schauspieler Dieterle a!s schönen Mann herauszustellen. Da» stete Vergleichen mit der Natur wirkt, wenn es auch photographisch gut gelungen ist, auf die Dauer monoton. Trotz dieses Fehlschlages wird jeder, der es ernst mit dem Film meint, Dieterle in der deutschen Produktion begrüßen. e. d. Die erste Krau im Leben." llsa-pavillon. Dieser reine Tor aus dem wildesten amerikanischen Westen, eine Art neuer Parzifal. der ausfährt in einer Art selbst- gezimmerter Arche Rooh, um die Welt zu erobern, war« gewiß eine Bereicherung des allzu abgespielten FilmrepertoirS- Aber leider versteht weder der Manuskriptperfasser noch der Regisseur. die Klippen der Lächerlichkeit zu umschiffen. Dieser ungeschlachte Bär, der noch keine Frau tennengelernt hat, stößt am Rande der Zivilisation auf ein Wesen, das dort von ihrem wegen Mords», per- leisteten Liebhaber in einer einsamen Hütte zurückgelassen ist. Hier ereignen sich nun die unfreiwillig komischsten Szenen, die durch die deutsche Textbearbeitung wahrscheinlich noch gesteigert sind. Bald lockt sie ihn, bald stößt sie ihn zurück und entfaltet dabei allen Luxu» rafftnierten Ent- und Bekleidetseins. Dazwischen spuken«ein Taubstummer«nd ein mysteriöser Rabe herum, der immer zur Unzeit den Namen de» früheren Geliebten ausspricht. Dos einzig Positiv« in diesem�Versager sind die schönen Landschaftsbilder aus der wilden Natur. Schließlich kehrt der Liebhaber zurück, es kommt zum Kampf zwischen den beiden Männern, der Naturbursche rettet der Frau das Leben und fährt mit ihr auf seinem Schiff davon(Hassent- lich nicht zu neuem Kitsch). So sympathisch der jung« ftraftkerl des Charles Fo rr e ll auch ist, er oermag die im Kern perpfuschte Vach« nicht zu retten. r.

Kleist spricht aus dem Grabe. ilenslt Brsnnen.»iqtirtNch Nrsnner, der neue Karentreuzbardc. tat«r-ist» Äsvell»Michael lwhltaa," dramatisiert, und, wie die litauffiüiriina er, wie,,««tue Partien de, Dias«»»«ort»«treu dem Dichter eittliint. Ich hör' ein Brönnlcin rauschen Wohl durch das deutsche Land. Ich muß dem Rauschim lauschen Aus meinem Grab im Sand. Beim Fluß der Bronnenwellen Will mich bedünken schier: Es klingt an vielen Stellen, Als wär's ein Stück von mir. Dem Bronnen, wie ich merke, Aertrocknete der Geist. Drum hat aus meinem Wert« Sein Röhrchen er gespeist. So nährt aus hohen Gletschern Manch trübe, Rinnsal sich. Der Bronnen wird verplässchern, Ich bleibe ewiglich. Beter Michel.

Die Filmindustrie zur Zensurfrage. Die in der Spitzenorganisation der Deutschen Filmindustrie e. B zusammengeschlossenen Verbände der Spiel-, Lehr- und Kulturfilm Herstellung, des Verleihs und de» Theaterbesitzes sowie der Aus- unl Einfuhr und der technischen Betriebe, erklärten zur Zensurfrage: Die deussche Filmindustrie erkennt grundsätzlich die derzeitig Notwendigkeit einer mäßigen Filmzensur an. Sie lehnt aber sed Verschärfung und jede Ausdehnung, wie sie in der Reglern ngevot läge zum Lichtspielgcsetz geplant ist, entschieden ab. Die deusscke Filmindustrie steht auf dem Standpunkt, daß das gegenwärtige Gi- setz bei richtiger Anwendung den weitestgehenden Ansprüche» genügt. Jede Erweiterung der Zensur würde ein« künstlerisch unk gejchSst- lich ersprießliche Arbeit unmöglich machen. Daher fckdert dl» Spitzenorganisation vor allen Dingen, daß der Tonfilm also da» gesprochen« Wort und die Musik im Film zensurfrei bleiben. Da? gesamte Filmgewerb« erwartet in erster Linie die Herab- sctzung des Jugendschutzoltcrs. Mit aller Schärfe fordert die Spitzenorganisation, daß die Zensur«ines Filmes für da» ganze Reich Gültigkeit habe und die ungehinderte Borführung in jedem Lande und in jeder Provinz gewährleiste,"