Die Lüge von Laagemarck. Ein Verbrechen der Heeresleitung- keine Heldentat? „Schlicht nwtfret« am 14. November ber Heeresbericht-„West- lich Longemarch brachen jung« Regimenter unter dem Gesang« „Deutschland , Deutschland , üb«r alles" gegen die erste Linie der feind- liehen Stellungen vor und nahmen sie." So schreibt die Hugenberg- Presse wiederum in ihrem Bericht über die Langemorck-Gedöchtmsseier im Sportpalast.?n diesem Sinne wurde dort ein Ereignis zur Perherriichung des Militarismus ge- feieri, da» in Wahrheit die schwerste Anklage gegen ihn ist. Die«rnsthaste Geschichtssorschung hat inzwischen seftgestellt— und selbst das offiziell« deutsche Werk über den Welt- krieg, herausgegeben vom Rcichsarchin, muß es bezeugen— dos; jedes Wort de»„schlichten" Heeresberichts vom lt. November 1914 eine krasse Unwahrheit ist. Erstens ist nicht w e st l i ch von Langemarch gestürmt worden, da Langemarck von den Deutschen niemals eingenommen wurde. Dann standen in den lagen vom Iii. und 11. November überhaupt keine jungen Regimenter an diesem Gerechtsabschnitt. Die Ercigniisc, aus die der Heeresbericht anspielt, hatten sich vielmehr schon mehr«r«Wochenvorher,inder Zeit vom 19. bis 23. Ottober, ober anders zugetragen. Daß der amtlich« Heeresbericht sie erst am 11. November in gesölschter Form meldete, hatte einen Zweckgrund: man suchte nach einer Meldung, durch deren begeisternden Inhalt man die Heimat über die gleichzeitigen Mißerfolge im Osten(Rückzug von Warschau urtd Iwangorod) hinwegtäuschen konnte. Geschehen war in den Oktobertogen folgendes: Das 22., 23., 26. und 27. Reservekorps— all« aus fast völlig unausgebildetcn Kriegs« freiwilligen und jüngsten Jahrgängen bestehend— waren am 11. Oktober au» ihren Garnisonen verladen, vom 13. bis 18. Oktober in den Ctappen-Endstationen auegeladen worden, um bereits am liV und 2-1. Oktober zu schwersten Kämpfen eingesetzt zu werden. Das ffmtJiche Kriegswerk stellt fest, daß es sich um „unvollkommen ausgebildete, jeder militärischen Erfahrung entbehrende, milizartige verbände" handelte, deren Führung es als sehr erwünscht bezeichnet hatte, ihre Truppen zunächst„durch leichtere Gcfechtsausgaben gegen schwacher« Feinde zunächst an den Krieg zu gewöhnen". Trotz ernstester Gegenvorstellungen der Truppenleiwng befohl aber General Falken Hayn am 20. Oktober, diese Truppen zum Generalangriff auf die verschanzten feindlichen Stellungen einzusetzen. Dabei waren diese armen Kriegsopfer, durchschnittlich nur vier bis sechs Wochen ausgebildet, überdies noch völlig unzureichend ausgerüstet. So meldet« nach dem amtlichen Kriegewerk der Führer de» 26. Reservekorps, daß feine Leute sich mangels Schanzzeug» nicht einmal eingroben könnten. Diese armen jungen Menschen, die weder die Taktik des Aus- ichwärmene, noch des Deckungnehmens(Hinlegens) kannten, die zudem nicht einmal Spaten besaßen, wurden drei Tage lang gegen d!« feindlichen Stellungen vorgetrieben, darunter am 23. Oktober auch gegen Langemarck. Ausrecht stürrnteli die ahnungslosen Jünglinge der 51. Reierue&ivifion in geschlossenen Truppenkörpern über pin deckungsloses Gelände von Kilometertiefe gegen rinzeschr-s'-me feindliche Artillerie und«ingegrabene Maschinengewehre. Sie ix-uden— wie selbstverständlich— elend zusammen- beschossen. Einzelne Bataillone meldeten 80 Proz. Verluste. ?n zehn Tagen zählten die vier jungen Korps 40 000 Tote und verwundete. So sah Langemarck in Wirklichkeit aus— nach der amtlichen d»utschen Geschichtsschreibung. Aus diesem Verbrechen der Heeres- keitung«ine Heldenlegende der Jugend zu machen, dazu gehört die ganze unverfroren« Verlogenheit eines Militarismus, der sich auch noch aus seinen schlimmsten Sünden Ruhmeskränze flicht!
Reaktion verzögert Räumung. Das Volksbegehren liefert den Vorvond. Vari«. 11. November.(Eigenbericht.) Trotz der schweren Enttäuschung, die die Kammersttzung am Sonnabend mit dsn Roden Briond» und Tardieus ollen denen, die auf«ine reaktionäre Wendung in der französischen Außen» Politik gerechnet haben, bereitet hat, sucht die Rechtspresse immei' noch wenigsten» aus den nicht ganz eindeutigen klaren Wendungen in der Tardieuschen Rede das herauszulösen, was ihr genehm ist. Insbesondere über die Frag« der Räumung der 3. Zone ist wieder ein« lebhaft« Diskussion im Gang«, in der mit ollen Mitteln der künstlich hervorgerusei«» Mißverständnisse versucht wird, au» dem Tode Gtresemanns und der durch das Hugenbergsche Plebiszit ver- schoben«« Lag« Kapital zu schlagen. Di« Erklärungen Tardieu ». schreibt dar„Temps", über die Rhumung der 3. Zone sollten In Berlin mit befpnderer Mkmerk- iamkeit aufgenommen werden, denn st« stehen in kategorischem Widerspruch zu senen, die behaupten, daß die Räumung der 3. Zone unter ollen Umständen am 30. Juni beendet werden soll. Man versucht jetzt glauben zu machen, daß dl« Interpretation des französischen Ministerpräsidenten im Widerspruch mit den Haager Verträgen steh«. Es sei demgegenüber daran sestzu holten, daß das Datum des 30. Juni unter der Voraussetzung festgesetzt wurde, daß der Voung-Plan durch die Parlamente noch im herbst diese» Jahr«, ratifiziert werden würde uns» daß daher genügend Zeit- für den Vollzug ver Räumung?- operation zur Verfügung stehe. Da aber selbst deutscherseits aner- könnt wird, daß die Ratifikation die Grundlag« der Räumung biet«, da ferner infolg« de» Hugenbergsche« Plebiszit» mit einer Ratifizierung nicht vor Januar zu rechnen ist, ist es selbstverständlich, daß all« vorgesehenen Termine eine Verzöge- r U n g erfahren werden. Im„Echo de Pari»" reitet Perlinax wieder eine heftige Attacke gegen Briond. Er vertritt den Standpunkt, der im Gegensatz zu der ossiziösen französischen Außenpolitik steht, daß die Besetzung der 2. und 3. Zope immer noch ein m i li t ö r i s ch«» Pfand füt die Sicherheit Frankreichs darstell«. Di«.L'bertk!" schließlich sucht mit einer zweifelhosten Dialektik ebenfalls den Text der Haoger Verträge zu verdrehen. Aus diesem Text gehe heropr, daß die Räumung der Mainzer Zone„in ununterbrochener Folg," vollzogen werden müsse. Unter dieser Voraussetzung sei der Termin de» 30. Juni genannt worden. Da ober die Räumung der 3. Zpn« im Gegensatz zu gewissen M«l> düngen deutscher und französischer Linksblatter noch gar nicht de» gönnen hohe— schreibt die„Liberte"— so kann sie auch lpgischer. west« nicht unterbrachen sein und alle Konsequenzen seien dadurch hinfällig.__ Etwa 100 000 polnisch« Wanderarbeiter lehren im Lansä dieser 'Woche aus Deutschland nach Polen zurück.
Tanz/ Theater/ Musik.
Das Wigman-Lubilaum. Ein Jahrzehnt ist vergangen, seit Mary W i g m a n zu n erstenmal in Berlin austrat. Ein Jahrzehnt, ereignisreich für die gesamte Kunstentwicklung, zielweilend, grundlegend und wegbahnend für den Tanz. Man muß schon in alten Jahrgängen der Berliner Zeitungen nachlesen, sonst würde man c» nicht glaube», mit welcher sprudelnden Fülle von Unwissenheit, Anmaßung und undurchdring- lichcr Dickselligkeit dos Phänomen Wigman bei seinem ersten Er- scheinen empfangen wurde. Die Tanzkritiker, fast durchweg Mu- siker, merkten nichts, und das Publikum war nicht viel scharf- sinniger. Inzwischen ist man immerhin ein Stück weitergekommen. In der Tanzentwicklung erfreulich weit. In der Erziehung des Publi- kums und seiner journalistischen Wortführer wenigstens äußerlich ein Stückchen: wo man nicht ehrlich nri stuhlen kann, mimt man Enthusiasmus. Anläßlich der zehnten Wiederkehr des Tages, an dem die Wig- man zum erstsnmal in Berlin aufgetreten ist, hatte ein Komitee, dem Vertreter des preußischen Kultusministeriums, des Reichsmini- sterium» des Innern, bekannte Künstler und Kirnsstchriftsteller an- gehörten, zu einem Empfang im Hotel Bristol eingeladen. Alles, was innerlich oder äußerlich mit dem neuen Tanz verbunden ist, war erschienen. Darunter ein« weißhaarige stille Dame: Marys greise Mutter. Ministerialrat H a s l i n de vom Kultusministerium hielt die Begrüßungsansprache. Dann sprach die Wigman . Klar, frei, klug und herzlich wie immer. Sprach von den Kämpfen and Leiden, die sie durchmachen mußte, bis sie ans Ziel gelangt war. Verschwieg nicht, daß man sie noch ihrem Berliner Debüt als ein „hysterisches Monstrum" bezeichnet hatte. Daß sie damals zweisei. Haft geworden sei, ob sie nicht besser täte, die Kunst an den Nagel zu hängen. Dankte ihren Mitarbeitern und Förderern und schloß mit einein Hoch aus die Zukunft der Tanzkunst. Dem Empfang im Bristol war ein Tanzabend im Bach- s a a l vorangegangen.„Schwingende Landschaft" hieß der Zyklus von sieben neuen Tänzen, den die Wigman vorführte. Die Stimmung eines Feiertagsmorgen» erblühte aus den Rhythmen eines„Seraphischen Liedes". Elockentöne, ferne Orgelklänge. In langsamem Schreiten Anbetung de» Himmels, der Erde. Ein gc- tanzter Choral. Das„Gesicht der Nacht": Furcht, Angst, Schauder vor dem schwarzen Nichts. Versuch, es zu bewältigen, durch Berührung des Körpers, der Mutter Erde, durch Ekstase, die an die Grenze des Irrsinns führt. Schließlich Zusammenbruch. Noch dem düsteren Traumgespenst ein sonniges Idyll:„Pastorale". Sie liegt auf der Wiese, lauscht den Vögeln, betrachtet eine Blume. Erhebt sich(in wundervoll leichten Schwüngen). Badet tanzend in der Luit. Faltet sich müde zusammen. Entschläft glückselig. Es folgte ein leichtgeschürzter„Festlicher Rhythmus", in kurzen, scharfen, schmissigen Schwüngen und kraftvollen Spannungen energisch vorwärts und rückwärts führend: Reif«, Füll«. Erfüllung und ein stolzes Blühen im„Sommerlichen Tanz". Haltung und Bewegung in sich geiestigt. Selbst im leichten Spiel majestätisch, selbstbewußt. Zum Schluß des ersten Teils, in rotem Schleiergewand, ein hinreißender Wirbel:„Sturmlied". Die drei ,.Z i g« u n« r w e i s e n", die den kurzen zweiten Teil bildeten. Tanz» von herrlichem Elan, in dumpf arrnnaftschcr Wut, in prachtvoll sieghafter Lebensbejahling. Sollen wir„Kritik" üben? Etwa darauf hinweisen, daß die Ausdrucksmittel der Wigman sich mehr und mehr auf den Ober- körper, die Arm-, Hand- und Fingeraktioi, konzentrieren? Daß die berühmten Kehrtsprünge und ähnlich« technische Bravourleistungen kaum noch in Anwemdung kommen? Es gibt einen Gipfel der künstlerischen Vollendung, der jede Kritik als unwürdige Nörgelei erscheinen läßt. Erfreuen wir un» an dieser unerhörten Fülle tänzerischer Kraft, an der Tiefe und Reinheit der Phantasie, an der unvergleiehlichen Sicherheit künstlerischer Gestaltung. Geben wir uns freudig einem Genuß hin, um den uns spätere Generationen beneiden werden.__ John Schikowski . Studio des Staatstheaters. X Äontoch:„Ein Held unserer Tage". Der Hauptmotador des Stücks, ein Herr Kriegfch, ist der Held unserer Tage. Nach der Erkenntnis de» Dichters gehört er zur Aristokratie der Heiratsschwindler. Ihm wird dt« Sache insofern leicht gemacht, als seine lßjsttim« Gattin sich au» unerwiderter Liebe aushängt urtd die künstige Gattin de« Betrüger», die nebenbei ein hübsches Vermögen besitzt, aus angeborener Willensschwäche nicht allein schlafen kann. Doch dieser Schwindler ist ein saftiges Exempilor, ein�fixer, liebenswürdiger Kerl,«ine erotisch» Großschnauze, ein Schwerenöter, der sogar einen alten Afrikaner in seine Netz« fängt. Der Heiratsschwindler kaust Gehrock und Zylinder bei einer Alt-lleidertroWerin, doch er steckt di« ganze Welt in d!« Tasche. Sogar der verdiente Kolonioilsoldot, der sich noch heute freut, in gesegneter Vergangenheit die für das Baterland hingeschlachteten Neger gesehen zu haben, gibt dem Schwindler den Bruderkuß. Allerdings ist dieser Koloniolheld ein prächtiger Neger- fresser. Jeder Schuß ein Schwarzer. Wird dem Mann besonders weich zurnut, dann schießt er aus die Scheibe. Sein göttlichster Traum ist, daß er mit jedem Schrots chuh einen eingebildeten Nigger hopla gehen läßt. So kann man sich nicht wundert», daß dieser wertvolle Soldat kühl bleibt, als seine vom Schlag getroffene Gattin injtie ewigen Gesikde eingeht. Der Spaßmacher Van loch s«tzt kein Stück zusammen, sondern ein« Photomontage der Meschuggenen. Er kaim ohne Zweifel amüsant« Dialoge skizzieren. Für solche Sketschs reicht es durch- aus. Für ein Stück, für eine Posie, oder gor für eine grund- legende Datire ist er noch zu asthmatisch. Am Staatstheater hatte Herr Vantoch hilfsbereite Freund« gcfundeiu Vor allem Paul Litt, den Regisseur des Ulks und den Träger der Hauptrolle. Bill als Heirateschwindler sprüht Keßheit und Gemeinheit und Munterkell und Psiffigkell. Außerdem wirkt bei diesem Experiment nicht etwa die drill« Gar- nllur. sondern die beste Garde des Stavtstheaters mit. Bei ihr hat sich da« Sonntagsgenie Vantoch, das wir noch nicht entdecken, sondern nur au» woller Ferne wittern konnten, sehr respektvoll und demütig.zu bedanken. M,x Hoehdvrf. Herbstkonzert des Berliner Ltthmaunchors. Der Uthmann-Ehor. der im Saaldau Friedrichshain konzertiert«, hat sell etwa vier Monaten einen neuen Dirigenten, Joses Schmid. Man darf sich den Namen wohl merken. Der große, stattlich« Ehor ist heute aus einer Höhe, die er in de« letzten Iahren nie erreicht hat. schöne, runde, weich« und rein« Ehorclang, das Spinnen des Tones, das Ausllingsu der Phrasen, das dialogartig«, ganz selbstverständliche gegenseitige Eichau swirtan der Stimmen, die hochintclligente Toxtbshandiung und die mustka-
lisch« und poetische Ausdeutung der Werke such im einzelnen un-- als Ganzes auf höchster Höhe. Die Dvtkslisder erklingen mll aller naiven Liebs und Sinnigkell, ein russisches auch mit echtem Kosakcntemperament. Ein Schubert und das selten gesungene, tiefgreifende und wieder den ganzen Poeten enthüllende Uthmanusche „Noch dem Sturm auf Westerlond-Sylt", etwa ein Gegenstück zum „Unbekannten Soldaten", waren hervorragende, stilvolle, aber von modernem Geist erfüllt« Leistungen, denen dann zwei Ei-ler sich würdig anschlössen: die schon bekannte„Baucrnrevolution" mit ihrer hinreißenden dramatischen Schlagkraft, eines der besten Tendenz- lieber, und das ebenfalls bedeutsame, mehr ruhige, aber kaustisch philosophische, urausgesührte„Zur Erinnerung an 1914". Für»ier ausgefallene Svlolieder desselben jungen, revolütionär-sutiirtstischen Tondichters las der begabte Schweizer Arthur Wolti aus Uptsn Sinclairs„Boston " einige ergreifende und von der Zuhorerscha't begeistert aufgenommene Kapitel aus den letzten Tagen von Sacco und Lanzetii. Außerdem erfreute die bekannte Sopranistin Dor« Busch wieder mit ihrer ernsten, bedeutenden Kunst, die für den Liedgesang prädestiniert ist und ohne alle billigen Mätzchen ihre Hörer mitreißt. dl. H. Konzert der„Berliner Liederfreunde". In der Singakademie veranstalletcn die„Berliner Liederfreunde"(Mllglicd des DASB.) unter Leitung ihres Dirigenten Alfred Göpel das erste Konzert dieses Winters. Das Programm, reichhaltig zusammengesetzt, zeigte das große Neper- toire, über das der Ehor verfügt. Göpel legt den Hauptakzent auf den Msdruck und auf dsn Gegensatz von Forte und Piano. So entsteht in Uthmann?„Du fernes Land" ein Lied der Sehnsucht. Zwischen zwei getragenen, dumpfen Partien steigern sich plötzlich die Stimmen zu starkem, dramatischem Ausdruck. Der Eindruck ist groß, ebenso bei der Stiebitzschen Vertonung von Dehmels„Erntelied". Der Chor leistet hier Vorzügliches. Oskar Wappen- schmitt ist der Solist des Abends. Er spielt unter anderem zw.'i kleme Stücke von Mozart , meisterhaft in Ausdruck und Technik. — t. Ein neuer Volkschor. Vor knapp einem Jahr entstand der Voltschor Moabit aus der Verschmelzung des Männerchovs Moabit und des gemischen Chors Norden. Jetzt gab dieser neue Bolkschor in der Shaa t- liehen Musikhochschule sein erstes öffentliches Konzert. Schon das Programm zeigte, daß der Ehor und sein Leiter Richard G ü t t e r sich hohe Ziele gesteckt haben. Ein beachtens- werter künstlerischer Geschmack hatte bei der Auswahl und bei der Zusammenstellung gewaltet. Uiller den Vorträgen fand sich nicht eine einzige jener bekaimten, billigen Effekt erstredenden Gesang- nummern. Besonders erfreulich ist es, daß der Ehor auch der älteren Musik, vor allem den Volksliedern, in größerem Maße Beachtung schenkt. Ihre einfachen, eindrucksvollen Melodien sind für die Bildung des Musikgeschmacks der Sänger, aber auch der Zuhörer nicht zu unterschätzen. Man hört« eine ganze Anzahl dieser - Lieder, in der Hauptsache aus dem 16. Jahrhundert. Sehr relzooll waren auch zwei Volkstänze in der Bearbeitung des leider zu früh verstorbenen Walter Moldenhauer, die der Männerchor zum Vor- trag bracht«. Der drastische Humor dieser derben Weisen riß die Hörer zu jubelndem Beifall hin. Auch der Frauenchor allein trug recht wirkungsvoll einige Lieder vor. Aber es zeigte sich doch wieder deutlich, daß der gemischte Ehor«inen weit größeren Reich- tum an künstlerischen Slusdrucksmöglichieiten besitzt, als der Männer- oder Frauenchor allein, für di« es natürlich auch ein« ganze Reihe schöner Kompositionen gibt. Es ist deshalb besonders zu begrüßen, daß der Volkschor sich die Pflege aller drei Gesangsarten zur Auf- gab« macht. Carola Zellenka ergänzt das Konzert durch eine Zlnzahl virtuoser Violinvorträge.'—•«. „Brülle China." Uraufführung im Schauspielhaus Frankfurt a. M. Diese» Drama in neun BÄdern von S. T r e t i a k v m hat die politisch« Propagartdakrast und Anschaulichkeit des Potemkinfflms. Gekämpft wird gegen den englischen Imperialismus— für das unterdrückte, ausgebeutete China -, gegen den Hochmut der weißen— für di« Gleichberechtigung der gelben Rasse.. Stoff de» Stückes gibt ein Vorfall in der Stadt Wanhsien, wo ein englischer Kanonenbootkommandant die Stadt bombardieren ließ, well angeblich ein chinesischer Schiffer den Handelsvertreter einer amerikanischen Firma umbrachst«. Die Bitten des chinesischen Gouverneurs, daß der. flüchtig« Schiffer unschuldig sei und der Kapitän nicht zwei andere dafür zum Tode verurteilen könne,— bleiben erfolglos. Jede Geldentschädigung wich ausgeschlagen, der Gouverneur verhöhnt, wie er sich vor dem Kommondamen demütigt. Zwei Unschuldige werden gehängt, das Volk rsbelsiert und ermordet den Kapitän. Als Vergeltung wird die Stadt bombardiert: Frauen und Kinder getötet. Sterbend, untergehend gelobt di« Bevölkerung: einst wechen die fremden Ausbeuter, Unterdrücker verjagt werden und China frei sein. Tretiakow arbeitet mit groben Mitteln. Der Engländer ist nur Scheusal, der Chinese nur Edelmut. Keine Abstufung,— doch sie ist gleichgültig vor der stärkeren Tatsache, daß wehrlose Völker von rapitalistischckriegerischen Staaten ausgebeutet, unterdrückt, miß- handelt, gemordet werden. Die über politische Tendenz— der Kampf um Menschenrecht— gibt diesen Szenen die erschütternde Wlrtungskvaft. Die Aufführung von außergewöhnlich sorgfältiger Durch- arberdung, hatte lebendigen Atem und große Spannung. Beifall bei offener Szene. Das Publikum fühlte sich solidarisch mit dem unterdrückten China . Ein beispielloser Erfolg. I Kurt Olfenburg. Der verein Berliner Dresse bemühte sich Sonntag aus einem Nachmittagstee im Hotel Kaiferhaf, semsn Gasten ein gutes Programm zu bieten. Johannes Riemann trug eine Kinder- geichichte Fred Hildendrands vor, Lucio Mannheim fang am paar zeine Schlager, Dolly Haas fang.zwo! Lieder. Rudolf Nelson saß am Klavier. Franz Lahor begleitete Richard Tauber und Käthe Dorsch � v. S.»M. va» Znstttut für ZNeereskuude veranftattet vom 12. November ab regel- mäßig Di-nStaaS mn 8 Uhr abend» öffentliche Lichtbildervorträge über Meere»kund« and Ssesohrt. Dl« erst« Reib« wird eröffnet mtt etnem Vor- irag von Dr. Köster über Seesagen und MeereSsvuk. In der weiteren Folge wird u. a. Prof. Tolwatschew über Forschungen im Taimyrtand berichten und Kopltän Ptstartu» den Film über die Eibbrecherhilfe der Ueichs- martne Im letzten schweren Winter vorführen. Eintritt 0,50 M VI« photoauiflelluao im Lichthof de» ehemaligen Sunstgewerbemuieums Prwz-AIbrecht-Str. 7, wird Sonntag, den 17., um 2 Uhr geichl-ssen. Li« dahin ist sie täglich(außer Rontag») von ü— ällhr(Sonntag» a~3 Uhr) geöffnet.