Beilage
Montag, 26. Mai 1930
Der Abend
Spadausgabe des Vorwärts
Route 17
Am 5. Mai verließ ich mister 3affe und seine einzige Kuh in W. in den Catshillmountains. Wollte weiter westwärts ziehen. Dem ,, boss" paßte es zwar nicht. Er wollte nach New York hinunter und für die Saison die nötigen Leute: Chefkoch, Küchenmann, Geschirrwäscher, Zimmermädel mieten. Aber das war mir egal. Ich mußte weiter.
Anfang April hatte ich den Steinkasten New Yort jatt gehabt und wollte auf eine Farm arbeiten gehen. Wieder mal anständige Luft schnappen und möglichst wenig Menschen sehen. Da hatte es mich hier in die Mountains geworfen. Auf Mister 3affes Farm". Die Farm mit einer Kuh, dem zu erwartenden Kalb, dem Stall und der ziemlich fumpfigen Roppel. Das alles war Farm". Keine Ecke Acker dabei. Nicht mal ein Hühnerschwanz. Das andere Eigentum Mifter 3affes war ein ziemlich großer ,, season- place" ( Saisonhotel), auf dem sich die New Yorker im Sommer die Nerven zu stärken versuchen. Ich sollte den Plaz fertig machen, anstreichen, bohren, hämmern, fägen und ,, baby", die Ruh, besorgen. Bin ge blieben, trotzdem ich als Farmhand gekommen war.
Bis zum 5 Mai. Die Woche vorher regnete es zwei Tage. Und diese zwei Tage Regen hatten den Frühling geweckt. Es war mein erster Frühling in den Bergen. Ich fand ihn unerhört schön. Nach dem langen Winter im Babel New York . Ich wollte wenigstens einen Monat voll arbeiten. Die letzten Tage ging es fast nicht mehr. Diese sonderbare, unerklärliche Unruhe war wieder über mich gekommen. Ich konnte nicht mehr pfeifen. Was mir sonst immer über traurige Stunden und traurige Gedanken geholfen hatte. Da wußte ich bescheid. Weiter, weiter!
Tagelang pfiff der Frühlingssturm über die Berge. Wusch alles frisch, flar und sauber. Das Gras murde tiefgrün. Die Blätter drängten heraus. Sonderbar geformte weiße Wolkenfeßen famen über dem Busch hinter der Koppel hervorgesegelt, trieben über unseren Play dahin und verschwanden hinter Bergtämme in die Ferne. Morgens, wenn ich die Kuh gemolten hatte, trieb ich sie den schmalen Weg am Küchengarten vorbei zur Koppel. Wir mußten über einen kleinen Bach; und da stand am Rande ein blühender Baum. Schön gewachsen und weißblühend. Während„ baby" soff und ab und zu ein Büschel Gras rupfte, stand ich minutenlang und starrte den Baum án, der tatsächlich blühte. Starrte wie über ein unwirklich Ding.
Mit gebeugtem Kopf, in dem alle möglichen Gedanken herum tobten, unter anderem lachte ich auch über meine Frühlingsehrfurcht, die Hände in die Hosentaschen gebohrt, ging ich dann zur anderen Arbeit. Besonders der letzte Tag war hart. Ich strich die Veranda des kleinen Hauses, in dem der ,, boss" mit der Familie den Winter verbrachte. Die Sonne brannte. Drin im Hause hatten sie den Lautsprecher eingeschaltet und irgendeine New Yorker Station spielte stundenlang schwere Mufit. Musit, die mein Innerstes aufwühlte, die mir die Kehle zuschnürte, die mich stoßweise hart lachen machte, über all den Unsinn und Wahnsinn, den wir auf dieser Erde treiben Ich ertappte mich, wie ich darüber ficherte, was wohl in einer unermeßlich furzen Weltzeitspanne, sagen wir 1000 Erdenjahre, hier auf diesem Plaz sein würde, warum ich eigentlich die Veranda strich, wo wohl meine Knochen faulen mochten und boss seine und der Mistreß und...
Da rief mich plötzlich die Mistreß selbst zu einer anderen Arbeit und riß mich aus meinen Gedanken. Die Mufit spielte nicht mehr; und so ging auch dieser Tag vorüber.
Ju falscher Richtung.
Am nächsten Morgen nahm mich dann der ,, boss" in seinem Auto zur Station, als er seine Tochter zur Schule fuhr. Ich kaufte mir einen neuen Lumberjack, tassierte meinen Scheck für die 30 Arbeitstage, ging noch zur Post und verpaßte so den Vormittags. zug, der mich mit meinem kleinen Gepäd nach M. bringen sollte, wo ich es bis auf ein Bündel bei einem Bekannten lassen wollte.
Ich döste ein paar Stunden in dem Nest herum, bis es mir gelang, ein Lastauto zu fangen, daß mich doch noch vormittags nach M. brachte. Schon Tage vorher hatte ich auf meiner in New York getauften Karte herumstudiert und rauszufriegen versucht, wie ich aus dem Nest hier nach den Niagarafällen
tommen tönnte.
Nach meiner Karte mußte ich erst nach Summitville zurück und dann die Hauptbahn entlang.
Ich preßte mein Bündel unter den Arm, marschierte aus Mountaindale hinaus und schwang mich dann auf den Schienenstrang. Die heiße Sonne jah mich Meile für Meile von Eisenbahnschwelle zu Eisenbahnschwelle schwingen.
Helloh, wo gehst du hin?"
Der erste freie Tag war fast vorüber, und ich saß noch immer hier. Voller Wut ging ich zum Billettschalter und faufte mir eine Karte nach Cardosie, dem Puntt, von wo aus ich die Hauptlinie bekommen konnte. Ich mußte 2,10 Dollar für die 62 Meilen ( englische) bezahlen. Der Zug saufte durch die wunderschönen Mountains, entlang dem Delaware- River ( Delawarefluß). Ich ärgerte mich nachher doch, daß ich gleich so weit gefahren war.
In Cardosie fragte ich einen jungen Mann nach dem Weg nach hangcod. Er nahm mich in seinem Auto mit und erklärte mir, daß mein Weg immer entlang der Autostraße Route 17 ginge. Sie sei fürzer als die Eisenbahnstrecke. Allright, dann entlang Route 17.
Ich war hungrig, faufte mir was zu essen und marschierte die
Trapp, trapp, flangen meine Schuhe durch die stille Nacht. ,, Helloh! Come back", brang eine Stimme in meine wirren Gedanken. Und wieder:" I talk to you."( Hallo, komm zurück! Ich sprech zu dir.")
Ich drehte mich um, da stand der Mann und wintte. Ich ging stumm zu ihm hin.
Komm rein, du fannst hier schlafen."
Auf dem Wege zum Haus.
Hast du schon was gegessen?"
" Ja", sagte ich. Etwas Brot und Wurst."
" Set dich hin." Und zu seiner Frau:" Mach ihm was zu essen. Baar Eier und Kaffee."
harte Straße entlang, mit meinem Bündel und dem Futterpatet Gewiß, wie fast überall hier in den Bergen, Fremdenindustrie.
unterm Arm.
An einem Bach hab ich dann gegessen, mich gewaschen und zog weiter. Es wurde dunkler und dunkler; Zeit, nach Nachtquartier zu suchen.
Ich sah bald, daß die Leute feine regulären Farmer waren. Etwas Bieh, vielleicht auch eine Ede Acker und die Hauptsache die Gäste.
Sie fragten mich nicht viel. Ich war froh darüber.
Der Mann brauchte jemanden zur Hilfe. Aber ich winkte ab,
Ich mußte noch mehrere Meilen gehen, ehe ich ein paar Farmer wollte weiter nach Buffalo. an der Straße fand. Bis zum nächsten Morgen hab ich fein in einem weißen Bett mit Sprungfedermatraße geschlafen.
Nachtquartier.
Ich sah mir eine offene Scheune an. Die war gut. Wollte gerade lautlos verschwinden; sah mich vorher vorsichtig um. Da, gegenüber, Aufglühen einer Zigarette. Also pleite.
Ich ging hinüber zu dem Mann.
,, You get a corner in your barren, where I can sleep over night?"( Habt ihr eine Ecke in eurer Scheune, wo ich schlafen fann über Nacht?")
4
Ich wollte zeitig verschwinden, ehe die Leute aufwachten, nicht nech Frühstück mitnehmen. Der Mann war anständig genug gewesen. Ich hatte gerade auf eine Zeitung ein paar Dantesworte gefrigelt, da kam der Hund und weckte den Farmer.
Er erschien halb nackend, versuchte es nochmal mit meinem Dableiben und bot auch Frühstück an, aber ich schüttelte den Kopf und ging.
Route 17 nahm mich wieder auf, dieses herrliche weiße Der Mann tam mit einem Hund auf mich zu. Band, das sich bergauf, bergab durch die Höhen wand, bald rechts, ..No, I get nothing. All filled up."( ,, Nein, hab nichts. bald links vom Schienenstrang und irgendeinem river( Fluß).
Alles voll.")
Meilen zog ich dahin, Fußgänger nie und Autos selten in diesen Just a corner!"( Nur eine Ede!") Bersuchte ich es noch frühen Stunden treffend. einmal.
Ich versuchte ein paarmal, Autos zu stoppen, wie mir ,, Nein, nichts! Versuch es auf der nächsten Farm. Bielleicht gestern der junge Kerl in Hangcod geraten hatte, aber ich hatte kein Glüd. Es war ja auch schöner, am Morgen zu tippeln. bekommst du was."
" Allright" sagte ich mit leiser Stimme. Ich war plötzlich müde
geworden.
Da tam schon das Salz. Am ersten Abend.
Meine schweren Schuhe trappsten langsam auf der Steinstraße weiter, ein glänzendes Band im Mondenschein.
Ich fluchte nicht auf den Farmer. Fühlte keine Bitternis. Bar nur plöglich so voll Müdigkeit.
1230
Was wollte ich auch? War doch nur ein gewöhnlicher„ bum" ( bum Strolch, Herumtreiber).
=
Bis mich nach einiger Zeit ein Wagen selbst auffia.bte. Es war der Farmer, bei dem ich übernachtet hatte und der zur Stadt fuhr. Er stoppte vor einer Bäderei und dort bekam ich einen feinen coffee- ring, eine Art Kranzkuchen, in die Hand gedrückt. Als ich mit der Hand in die Tasche fuhr, da rief er nur: I's allright, feller, i's allright."( Laß sein, Kerl, laß sein.") Mit Good bye and thanks a lot( ,, leb wohl und tausend Dant") zog ich weiter. ( Ein zweiter Artikel folgt.)
Ein Zug wird zusammengestellt
Ein Blick hinter die Kulissen des Bahnhofs
sind. Lokomotivführer und Heizer unterziehen ihre Maschine einer nochmaligen, eingehenden letzten Prüfung und dann lenken sie das Dampfroß aus dem Schuppen über die Drehscheibe nach dem Bahnsteig, wo der Zug bereits wartet.
Bereits die Aufstellung der Zugverbindungen für den Sommer: I die Vorarbeiten bei Dienstantritt der neuen Besegung schon geleistet und Winterfahrplan und die Ausarbeitung der einzelnen Anschluß verbindungen bilden eine mühevolle Kleinarbeit, die in den Kursbüros der einzelnen Reichsbahndirektionen geleistet werden muß. Nicht minder umfangreich, ebenso wichtig und wohlorganisiert sind die Vorarbeiten für die ordnungsgemäße und auf die Minute pünktliche Abfahrt eines Zuges vom Ausgangsbahnhof.
Die Zusammenstellung der 3üge erfolgt nach einem genau ausgearbeiteten Plan. Würde man etwa einen Zug z. B. durch Anhängen zu vieler Wagen überlasten, so könnte der Lotomotivführer den Zug nicht vorschriftsmäßig zum Stehen bringen, was die Transportficherheit gefährden würde. Für D- 3üge ist die Höchstbelastung einschließlich der Lokomotive, des Tenders sowie des Post, Gepäck- und Speisewagens auf 12 Waggons festgesetzt. Ein solcher Zug wiegt fahrbereit ohne Reisende 15-16 Tausend 3entner. Die Anordnung der Wagen geschieht ebnfalls nach festen Gesichtspunkten. Auch bestehen für die Klasseneinteilung, wie für die Zahl der Raucher, Dienst- und Frauenabteile genaue Vorschriften.
Nachdem die 3 ugschaffner ihre Wagen übernommen und An einem Signalmaft traf ich einen Stredenarbeiter. die vorbestellten Sitzplätze an den Nummerschildern gekennzeichnet Helloh", rief ich ihn an. haben, überprüft der Zugführer noch einmal die Richtigkeit der Bugzusammenstellung und kontrolliert die Anbringung der Richtungsschilder, die dem Reisenden den Kurs der einzelnen Wagen sachgemäße Arbeiten der Licht- und Heizanlagen Sorge zu tragen. bekanntgeben. Im Winter hat der Zugführer außerdem für das Bird alles in Ordnung befunden, dann wird der Zug in die Bahn hofshalle geschoben. Hier erhält er den Bostwagen. Zuletzt wird die Lokomotive angefuppelt.
" Nach Summitville" und ich zeigte die Gleise entlang. I get a couple of sandwiches here, you want them?"( ch hab ein Paar Schnitten hier, willst du sie haben?")
,, Sure".( Sicher", sagte ich.)
Ich setzte mich zu ihm, aß das Brot und freute mich über den guten Anfang meiner Wanderei.
" You look for a job in Summitville?"( Suchst du Arbeit in
Summitville?")
..No, I take the main branche and go to Niagara falls." ( ,, Nein, ich nehme die Hauptlinie und gehe nach den Niagarafällen.") You know, the line Hangcock, Binghamton , Buffalo." Du tennft sie ja, die Linie Hangcod, Binghamton , Buffalo.") ,, You go the wrong way! You go the wrong way!"( Du gehst den falschen Weg! Du gehst den falschen Weg!")
Nach langem Hin und her und nachdem ich noch mit ihm zu einer Arbeitshütte gegangen war, wo er eine 3eittafel der 3üge austramte, sah ich ein, daß er recht hatte.
Wir gingen den Weg nach Mountaindale zusammen zurück, da er fertig war mit seiner Reparatur. Sogar Arbeit bei seiner Sektion bot er mir an, der gute Kerl.
,, Du bekommst 3,19 Dollar den Tag, acht Stunden. Wenn der Sommer beginnt, gibts 4 Dollar bei zehn Stunden". Aber ich mochte nicht. Erst mal raus aus dieser verdammten Ecke.
Die Lokomotive hat zuvor zahlreiche Vorbereitungen für die Fahrt getroffen; zunächst nahm sie Kohlen und Wasser. Die Wasseraufnahme geschieht aus eigenen Füllanlagen, die aus einem beson deren Wasserturm gespeist werden. Fast alle größeren Bihnhöfe haben eigene Wasserwerke, in denen das Wasser vermittels besonderer Filtrieranlagen von den für den Kessel nachteiligen Stoffen befreit wird. Eine moderne Schnellzugslokomotive fann bis zu 30 Tonnen( 30000 Liter) Wasser und bis 200 Zentner Kohlen fassen. Wasser und Kohle werden im Tender mitgeführt, von dem Rohre direkt in den Kessel der Lokomotive führen.
Nach jeder Fahrt muß die Feuerung gereinigt, der Rost entschlackt und der Ruß aus den Rauchkammern entfernt werden. Heizer und Führer untersuchen die Maschine, prüfen sie auf etwaige Beschädigungen hin und schmieren und putzen die einzelnen Teile, bevor sie die Lokomotive verlassen. So ist sie für die nächste Fahrt bereit. Bevor sie aber die nächste Fahrt wieder antreten fann, tommen die Feuermänner und jeßen sie wieder unter Dampj, damit
Bevor der Zug aber abfahren darf, müssen sämtliche Bremsen überprüft werden. Der Bremsprobe folgt sogleich die Räderprüfung. Nachdem noch eine Reihe von Formalitäten erledigt und die Post- sowie die Gepäck- und Eilfrachtstücke übernommen sind, wird der Zug genau zur im Fahrplan festgelegten Minute aus der Halle seines Ausgangsbahnhofes abfahren.
Biele Hände waren bemüht, um den Zug fahrbereit zu machen. Eine große Zahl solcher Züge verläßt täglich den Ausgangsbahnhof, jeder zur festgesetzten Stunde und Minute, roie es der Fahrplan vorficht. Oft legen die Züge, die abends ihr Ziel erreicht haben, schon am nächsten Morgen den gleichen Weg, den sie famen, wieder die Reichsbahn zurück. Ueber jeden einzelnen Wagen wird genau verfügt allein über rund 70 000 Personenwagen Buch geführt, damit man jederzeit ersehen fann, wo sich der betreffende Wagen im Augenblick befindet, in welchem Zuge er läuft, oder auf welcher Station er zur Zeit steht.
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Kommt ein Zug an seinem Bestimmungsorte an, sind die Reisenden ausgestiegen und ist der Gepäckwagen entleert, dann wird die Maschine abgefoppelt. Eine Rangier lokomotive zien: den Zug aus der Bahnhofshalle auf den Abstellbahnhof, während
Der Bug einer gründlichen Reinigung unterzogen. Wagenreiniger fegen die Abteile aus, Papier und Obstreste, die mit besonderer Borliebe immer unter die Bänke geworfen werden, tommen in Körbe, die Bolster werden mit Staubsauger behandelt, derweil Bänke, Fußböden und Fenster mit Lappen, Schrubbern und Bürsten bearbeitet werden. Das äußere Gestell der Wagen wird mit einem Wasserschlauch bespült, die Messingteile werden geputzt. werden die Sammelbatterien für die elektrische Beleuchtung aufgefüllt oder in den älteren Wagen die Gasbehälter mit neuem Breßgas versehen, die Aborte werden gesäubert, Wasserfannen und Handtücher ausgewechselt, Beschädigungen in den Wagen ause gebessert.
der Postwagen auf den Postbahnhof rangiert wird. Sodann wird
Darauf
Befürchtet man, daß ein Wagen Ungeziefer enthält oder sonstwie perfeucht ist, so wird er in einen Desinfektionstessel geschoben, dessen heiße Formalindämpfe alle Lebewesen töten.
Ist das alles geschehen, dann sammelt die Rangiermaschine die in den Schuppen und auf den Abstellgleisen verstreut stehenden Wagen und ordnet sie der Reihe nach, wie es der Zugbildungsplan porschreibt. Die Arbeiter laufen dann zwischen den einzelnen Wagen durch, kuppeln sie aneinander, stellen die Verbindungen zwischen den Luftschläuchen der Bremsvorrichtung her und der neugebildete 3ug ist fertig für jeine nächste Reife. Günther Scheffler.
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