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Morgenausgabe

Nr. 147 A 74

48.Jahrgang

Böchentlich 85 Bt., monatlich 3,60 2. im voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 M. einschließlich 60 Pf. Bostzeitungs- und 72 Bf. Postbestellgebühren. Auslands abonnement 6,- M. pro Monat; für Länder mit ermäßigtem Drudfachen porto 5,-

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Der Borwärts erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend" Illustrierte Beilage Bolt und Zeit" Ferner Frauenstimme", Technit"," Blid in die Bücherwelt" Jugend- Borwärts" u. Stadtbeilage

116 mu lednin

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Sonnabend

28. März 1931

Groß- Berlin 10 Pi.

Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Nonpareillezeile 80 f. Reklamezeile 5,- R. ,, Kleine An zeigen" das fettgedruckte Wort 25 Pf. ( auläffig zwei fettgedrudte Worte), jedes weitere Bort 12 Bf. Rabatt It. Tarif. Stellengefuche das erste Wort 15 Bf jedes weitere Wort 10 Pf. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pf. Familien­anzeigen Zeile 40 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3

Vorwärts: Verlag G. m. b. H.

Postschedkonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Lindenstr. 3, Dt. B. u. Disc.- Ges., Depofitent., Jerusalemer Str. 65/66.

Fernsprecher: Dönhoff 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Parteitag 1931.

Am 31. Mai in Leipzig .

Ein erster Abschnitt.

Nach der Bertagung des Reichstags.

Von Paul Hertz .

Mit der rechtzeitigen Annahme des Reichsetats hat der Reichstag eine Tat vollbracht, die noch vor meni­gen Monaten als fast unmöglich angesehen

Der Parteivorstand beruft hiermit den diesjährigen Parteitag zum 31. Mai und folgende Tage nach dem wurde. Nur einmal, im Jahre 1928, ist es seit dem Aus­ Volkshaus" in Leipzig ein. Als vorläufige Tagesordnung ist festgesetzt:

1. Kapitalistische Wirtschaftsanarchie und Arbeiterklaffe. Referent: Fritz Tarnow .

2. Die Ueberwindung des Faschismus. Referent: Rudolf Breitscheid .

3. Partei und Jugend. Referent: Erich Ollenhauer .

4. Bericht der Reichstagsfraktion. Berichterstatter: Wilhelm Sollmann .

5. Bericht des Parteivorstandes:

a) Allgemeines. Berichterstatter: Mar Weftphal. b) Rasse. Berichterstatter: Konrad Ludwig .

6. Bericht der Kontrollkommission. Berichterstatter: Wilhelm Bock .

7. Wahl des Parteivorstandes und der Kontrollkommission.

8. Erledigung der Anträge, soweit sie durch die vorstehende Tagesordnung nicht erledigt sind.

Der Parteitag setzt sich zusammen aus den in den Bezirksverbänden gewählten Delegierten, der Vertretung der Reichstagsfraktion, den Mitgliedern des Parteivorstandes, des Parteiausschusses und der Kontrollkommission. Anträge für die Tagesordnung des Parteitages werden nur behandelt, wenn sie von Parteiorganisationen gestellt und spätestens bis zum 28. April beim Parteivorstand eingereicht sind, damit sie laut Organisationsstatut § 13 Absatz 2 spätestens am 3. Mai im ,, Vorwärts" veröffentlicht werden können.

3um Parteitag gestellte Anträge, müssen jeder für sich auf ein besonderes Blatt Papier , einseitig beschrieben und mit der Angabe, zu welchem Punkt der Tagesordnung gehörig, versehen sein.

Wegen Wohnungsbeschaffung müssen sich die Delegierten rechtzeitig beim Lokalfomitee melden.

Adresse: Karl Schrörs, Leipzig , Tanchaer Straße 192/21.

bruch des Weltkrieges gelungen, den Reichsetat rechtzeitig zu verabschieden, in allen übrigen Jahren wurde ganz oder teil­weise mit Notetats gearbeitet. Aber wie günstig war damals die finanzielle und politische Lage Deutschlands im Vergleich zu der jezigen, die durch die Weltwirtschaftskrise, die Be­lastung der deutschen Wirtschaft mit fünf Millionen Arbeits­lofen, den drohenden Zusammenbruch der öffentlichen Finanzen und die Erschütterung des Vertrauens als Folge des 14. September als fast ausweglos angesehen wurde! Es ist verständlich, daß die Reichsregierung angesichts dieser ge­waltigen Häufung von Schwierigkeiten noch im November die Absicht hatte, den Reichsetat für 1931 durch die Notver­ordnung vom 1. Dezember in Kraft zu setzen. Man glaubte nicht daran, daß der Reichstag ihn ordnungsgemäß beraten und rechtzeitig verabschieden könne, man zweifelte an feiner Arbeitsfähigkeit, und man wollte ihn deshalb sobald als mög­

lich wieder vertagen.

Hermann Müller war es, der diese Pläne der Reichsregierung durchkreuzte. Im Namen der Sozial­demokratie erhob er Einspruch, daß der Reichstag vor voll­endete Tatsachen gestellt werde, daß man ihm mit Hilfe des Artikels 48 das Etatrecht nehme. Er verlangte, daß wenigstens der Verfuch gemacht werde, die Arbeitsfähigkeit des Parla­stellen. Die Sozialdemokratie verhehlte sich feinen Augenblic, daß diese Aufgabe ungeheuer schwierig sei und gerade ihr eine schmere Verantwortung aufbürden werde. Sie entschied sich trotzdem für diesen dornenvollen Weg, um alles getan zu haben, den Parlamentarismus zu retten und das Abgleiten in die Dittatur zu verhindern.

Gastkarten für den Parteitag werden von dem Lokalkomitee in Leipzig ausgegeben; Zutrittskarten für die ments im Kampf um die Annahme des Etats wieder herzu­Berichterstatter der Presse nur vom Parteivorstand, Berlin SW 68, Lindenstraße 3.

Der Parteivorstand.

Einspruch des Reichsrats.

Steuererhöhungen nicht zustande gekommen.- Lichtspielnovelle ist Geſetz. Der Reichsrat hat gestern mit Mehrheit gegen die vom Reichstag auf Antrag der Sozialdemokraten be schlossene Tantiemensteuer und Erhöhung der Einkommen

steuer Einspruch erhoben.

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Der Berichterstatter empfahl für den Einspruch gegen belbe Geseze folgende Begründung.

Der Reichsrat schließt sich der in wiederholten Rundgebungen vertretenen Ansicht der Reichsregierung an, daß in der heutigen Zeit, in der alles darauf antommt, die Bildung von Privattapital inner­halb der deutschen Grenzen zu fördern und das Vertrauen der Wirt­schaft zu stärken, es nicht vertretbar ist, die Steuern erneut an­zuspannen.

So sehr der Reichsrat eine Erleichterung der notleidenden

Entsprechend dem Antrag des Berichterstatters beschloß ber Reichsrat, dem Haushalt endgültig zuzustimmen.

In einer Entschließung spricht der Reichsrat für den Fall des Erlaffes von Notverordnungen die Erwartung aus, daß unbeschadet des Art. 67 der Reichsverfassung die Reichsregierung, wenn durch eine Notverordnung die Länder und Gemeinden berührt werden, vorher mit dem Reichsrat Fühlung nehmen wird.

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Daß dieser Entschluß richtig war, wird nicht nur dadurch bewiesen, daß das angestrebte Biel erreicht worden. ist. Durch den Auszug von Nationalsozialisten und Deutsch­nationalen wurden zwar die Beratungen technisch vereinfacht über die Berlängerung der Bachtschutzordnung, über die Verschärfung und erleichtert. Aber die dadurch geschaffene Schein mehr­heit von Sozialdemokraten und Kommunisten stellte gleich­der Versicherungsaufficht, über das Gefeß gegen Waffenheit von Sozialdemokraten und Kommunisten stellte gleich mißbrauch und über den Schiffssicherheitsvertrag endgültig be- 3eitig eine politische Belastungsprobe dar, die leicht zur völli­ftätigt. Bei der Zollvorlage übte der Bertreter Bremens Stimm- gen Arbeitsunfähigkeit des Reichstags hätte führen können. Sie vergrößerte die Verantwortung der Sozialdemokratie. In enthaltung. den Augen der Massen wurde sie im Parlament zum ent­scheidenden politischen Faktor. Man erwartete von ihr, daß sie jetzt der bürgerlichen Minderheit ihre Bedingungen dik­tieren würde. Aber diese Anschauung übersah vollkommen, daß das entweder dazu führen würde, die noch im Barlament verbliebenen Rechtsgruppen auch zum Verlassen des Parla­ments zu veranlassen wodurch automatisch die Unfähig= feit des Reichstags, überhaupt Beschlüsse zu fassen, herbei­geführt worden märe, oder sie zu zwingen, sich den Hitler Gemeindefinanzen für geboten hält, so muß er doch diesem Gesichts- den letzten Tagen zu den Steueranträgen der Sozialdemo- Retter und zugleich die Herrscher zurückgekehrt wären. Auf Grund der Erklärungen, die die Reichsregierung in und ugenberg in die Arme zu werfen, die dann als die puntt den Borrang einräumen. Er spricht aber die bestimmte Er punft den Borrang einräumen. Er spricht aber die bestimmte Er fratie abgegeben hatte, war anzunehmen, daß die Verabschie Die Sozialdemokratie mußte von dieser Sch einmehr­wartung aus, daß das Reich den durch die Unterstützung für die dung der Anträge im Reichsrat nicht einstimmig erfolgen heit um so vorsichtiger Gebrauch machen, als die letzte Ent­Wohlfahrtserwerbslosen schwer belasteten Gemeinden mit größter merde. Bei dem Beschluß des Reichstags über die Erfcheidung über die Beschlüsse des Reichstags im Reichsrat Beschleunigung in anderer Weise ausreichende Hilfe zuteil werden höhung der Einkommensteuer fonnte man aus fällt. Die Mehrheitsverhältnisse im Reichsrat sind aber ganz läßt. Als sofort in Frage tommende Maßnahme muß die Bergewissen Anzeichen entnehmen, daß sich im Reichsrat eine anders als im Reichstag und deshalb hat der Reichsrat den ringerung der Auslaufsfrist der Krisenunter Mehrheit für einen Einspruch finden werde, zumal das preu ftigung gefordert werden, damit nicht plöglich eine große Zahl Bische Kabinett unter Ueberstimmung der sozialdemokratischen Beschlüssen des Reichstags mehrmals feine Zustimmung ver­von Krifenunterstützten ausscheidet und den Gemeinden zur Bast fällt. Kabinettsmitglieder beschloffen hatte, im Reichsrat für einen weigert. Das ist z. B. bei dem Beschluß der Fall gewesen, den der Reichstag über die Wiederherstellung der zollfreien Ein­Der Borsitzende, Staatssekretär 3weigert, stellt darauf ohne Einspruch gegen das Gesetz zu stimmen. besondere Abstimmung fest, daß der Reichsrat dem Vorschlag der fuhr von Gefrierfleisch gefaßt hat, und dasselbe Schick­Ausschüsse auf Einlegung des Einspruchs mit Mehrheit zustimmt. Erwarten ist das jetzt sogar bei den Steuererhöhungen Ausschüsse auf Einlegung des Einspruchs mit Mehrheit zustimmt. fal ereilte auch die Verbesserung des Brotgesetzes. Wider Hessen erklärt, daß es Stimmenthaltung übt. eingetreten, die unter der Führung der Sozialdemokratie gegen den Willen der Regierung vom Reichstag beschlossen worden waren. Obgleich sowohl für die Erhöhung der Aufsichtsrats­steuer als auch für die Erhöhung des Notopfers der höheren Einkommen eine ganze Anzahl von bürgerlichen Abgeordneten gestimmt haben und obgleich die Erträge dieser Steuer­erhöhungen größtenteils den Ländern und Gemeinden zu­fließen sollten, hat der Reichsrat beide Steuererhöhungen ab­gelehnt.

Kein Einspruch gegen Lichtfpielnovelle. Zu der vom Reichstag beschloffenen Novelle zum Lichtspielgesetz, wonach verbotene Filme vor bestimmten Personentreifen zur Bor­führung zugelassen werden können, beantragt bayerischer Gesandter v. Preger den Einspruch des Reichsrats, da es nicht notwendig fei, v. Preger den Einspruch des Reichsrats, da es nicht notwendig fei, aus der reformbedürftigen Materie des Lichtfpielgefehes jetzt einen einzelnen Punkt herauszugreifen. Der Antrag findet nicht ge­nügende Unterstützung.

Entsprechend dem Borschlag des Berichterstatters beschließt der Reichsrat, Kenntnis zu nehmen ohne Einspruch einzulegen.

Ofthilfe und Etat.

Durch Kenninisnahme werden ferner die Reichstags­Beschlüsse über die Osthilfegefege, über Zolländerungen,

Die Beschlüsse des Reichsrats haben zur Folge, daß praf­Mittel zur Verfügung stehen. Die ablehnende Haltung des tisch für bestimmte Zwede im Reichshaushalt für 1931 feine Reichsrats trifft vor allem die in den Etat eingesezten 5 Mi l- lionen Mart zur Sanierung der Knapp [ chaftsversicherung, die mit den Einnahmen aus der Tantiemensteuer direkt verknüpft worden waren. Einer Sanierung der Knappschaftsversicherung sind durch den Reichsratsbeschluß außerordentlich große Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden. Zur Deckung des wegen des Fort­falls der beiden Steuererhöhungen außerdem noch bestehenden Fehlbetrags hat der Reichsrat wesentliche Streichungen im Reichshaushalt nicht vorgenommen. Insbesondere sind die auf sozialdemokratischen Antrag in den Etat eingesetzten 3 Mil Unter diesen Umständen mußte sich die Sozialdemokratie lionen Mart zur Durchführung der Kinder- damit begnügen, alles zu versuchen, um die gefährdeten sozialen fpeifung nicht angetastet worden. Dafür ver Errungenschaften zu schützen. Die Ermächtigung zur weist der Reichsrat auf die der Regierung im Haushaltsgefez Sparsamkeit, die der Reichsregierung erteilt worden ist, gegebene Ermächtigung zu Einsparungen an gesetzlich nicht gebundene Ausgaben. Man wird also wohl schon in der gilt nicht für die gefeßlich gebundenen Ansprüche. Bers nächsten Zeit gewissen Haushaltsabstrichen durch die Reichsänderungen in der Sozialversicherung und bei den Leistungen regierung entgegensehen müssen.

an die Kriegsbeschädigten können daher nur auf dem in der