Nr. 147 48. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Herr Petschef brüsfiert das Reich
Schwere Zusammenstöße auf der Jlse: Generalversammlung.
Sonnabend, 28. März 1931
Hier sei man bis an die Grenze des Aeußersten gelangt. Dabet müsse berücksichtigt merden, daß der Lohnanteil ständig finte und sich unter Borkriegsst and abgeflacht habe. Ein weiterer Kostenausgleich sei nur möglich durch Druck auf die Kapitalkosten. Die unbeschäftigte Kapazität sei zu teuer. Die Syndikate hätten den Kohlenpreis um 8 bis 9 Proz. gesenkt; im Kohlengroßhandelsinder sei aber nur eine Senfung von 4,5 Proz. eingetreten. Das beweise, daß man nicht nur in der Kohlenproduktion, sondern auch im Rohlenhandel eine unrentable Ausweitung vorgenommen habe. Demgegenüber versuchten die Kohlenhändler, für die nicht genügende Preissenfung die Frachten verantwortlich zu machen, die nicht ver
Der Ilfe Brauntohlentonzern in Senftenberg hat| darauf hinwies, daß die Gruppe Petschef bei einem gleich ftarten in den letzten Jahren viel von sich reden gemacht, und zwar meistens Attienbesiß, wie ihn das Reichsunternehmen jetzt aufweisen fönne, in unerfreulicher Art. Besonderes Aufsehen erregte feinerzeit die fogar zwei Aufsichtsratsfige für sich beansprucht geheimnisvolle Art und Weise, mit der durch den verstorbenen habe. Generaldirektor Schumann Herrn Ignaz Petschef ein Millionen- Aktienpaket der Ihe in die Hände gespielt wurde. Gegen Herrn Ignaz Petschet, den heute mächtigsten Großattionär bei der Ilse sind seit langem schwerwiegendste Angriffe in der Deffentlichkeit wegen seiner Doppelrolle als Grubenbesitzer und Kohlengroßhändler erhoben worden, die von den zuständigen Stellen leider immer noch nicht geflärt sind.
Die Antwort des leitenden Ilse- Direttors Reinhart, der als billigt worden seien. Sprachorgan von Ignaz Petschet anzusehen ist, stellte
Die standalösen Vorfälle, die sich gestern auf der Generalversammlung der Ilse A.-G. abgespielt haben, zwingen den unbefangenen Beobachter die Feststellung auf, daß
die Geschäftspolitik des Braunkohlenmagnaten Ignaz Petschet in der Tat viel zu verbergen hat.
Die Generalversammlung der Ilse hatte gestern die Aufgabe, neue Wahlen zum Aufsichtsrat vorzunehmen, der sich infolge Todesfall von 15 auf 13 Mitglieder verringert hatte. Völlig überraschend brachte die Verwaltung den Antrag ein, den Aufsichtsrat fünftig auf 14 Mitglieder zu beschränten und daher nur eine Persönlichkeit neu zuzuwählen. Für die Neuwahl schlug die Verwaltung den bekannten mitteldeutschen Braunkohlenindustriellen Konrad Piatschef vor.
Im vergangenen Jahr hat nun das Reich über die reichseigene Bereinigte Industrieunternehmungen A.-G.( Viag) von der Ilse ein Attienpaket in Höhe von 4,7 Millionen Mark Stammattien und 1,3 Millionen Mark Vorzugsaktien erworben. Dieser Kauf hängt mit den elektropolitischen Interessen des Reiches zusammen. Die Viag, bzw. das Reich, ist also jetzt Großattionär bei dem Ilfe- Konzern, und es liegt auf der Hand, daß das Reich, seinem Attienbefiz entsprechend, auch im Aufsichtsrat der Ilse vertreten sein muß. Der Vertreter der Biag, Dr. Landauer, erklärte auch persönlich in der Generalversammlung, daß das Reichs unternehmen Wert darauf lege, daß Kommerzienrat Lenzmann in den Aufsichtsrat der Ilse gewählt werde. Auch mehrere freie Kleinattionäre schlossen sich diesem Borgehen an, wobei ein Sprecher
eine glatte Brüstierung der Biag und damit des Reiches dar, wie sie traffer nicht gedacht werden kann. Er erklärte rund heraus, daß es bei solchen Gelegenheiten grundsägliche Gegen. sätze geben könne. Derartige Gegenfäße lägen zurzeit noch zwischen der Ilfe und der Biag vor. Aus diesem Grunde müsse die IlseVerwaltung es heute noch ablehnen, einen Vertreter der Viag in den Aufsichtsrat hinzuzuwählen. In der darauf folgenden Abstimmung wurde die Wahl des vorgeschlagenen Biag- Bertreters Dr. Lenzmann in den Aufsichtsrat abgelehnt, und zwar mit 229 561 gegen 50 931 Stimmen. Hiergegen gab die Viag und der Aktionär, Rechtsanwalt von Berg Protest zu Protokoll. Bei der Abstimmung haben neben den Verwaltungsstimmen sich auch die Banten auf die Seite Petschets geschlagen und gegen das Reich gestimmt.
Dieser Fall Ilse ist deswegen von so grundsäglicher Be deutung, weil er zeigt, wie Herr Betschet jeglichen, durch die Besigverhältnisse auch noch so begründeten,
Einfluß des Reiches zu sabotieren
fucht. Es liegt auf der Hand, daß sich durch die Zuwahl des Biag Bertreters die Machtverhältniffe im Aufsichtsrat des Ilfe- Konzerns überhaupt nicht geändert hätten. Der Einfluß der Berwaltungsgruppe unter Betschets Führung ist groß genug, um etwaige unliebfame Anträge des Reichsvertreters abzulehnen. Der wahre. Grund zu der Wahlsabotage auf der Ilse- Versammlung tann also einzig und allein mur darin liegen, daß die Verwaltung der Ilse allen Anlaß hat, in ihre Geschäftspolitit niemanden außer den jezigen Mitgliedern des Aufsichtsrats und der Direktion hinein. sehen zu lassen. Dies läßt mur den einen Schluß zu, daß die in der Deffentlichkeit bereits vielfach angegriffene Brauntohlen politi? des Herrn Petschef eine derartige ist, daß fie sich nur hinter verschlossenen Türen durchführen läßt.
Debatten um die Kohlenwirtschaft.
Ein praktisches Ergebnis hatte die Debatte nicht und konnte fie auch nicht haben, solange die gemeinwirtschaftliche Kontrolle der Rohlenwirtschaft nicht wesentlich erweitert und gefestigt wird,
Wirtschaftsprüfer."
Die staatliche Regelung des Buchprüfungswefens.
Im Gesezentwurf über die Attienrechtsreform ist bes kanntlich die Einführung der regelmäßigen jährlichen Pflicht. revision für sämtliche größeren Aktiengesellschaften vorgesehen, und das Gesetz über die Neuregelung der staatlichen Aufsicht über die Privatversicherung und über die Bausparkassen führt für diese Unternehmungen die Pflichtrevision bereits jetzt ein.
Das Buchprüfungswesen ist bis jetzt sehr wild gewachsen. Seif einem Jahr sind nun Verhandlungen über eine staatliche Rege ung des Buchprüfungswesens im Gange. Wie in der Zeitschrift ,, Der praktische Betriebswirt" mitgeteilt wurde, ist folgende Regelung vorgesehen: Die Organisation des Buchprüfungswesens wird nicht vom Reich vorgenommen, sondern auf der Grundlage einer Länder. vereinbarung. Das Uebereinkommen enthält gemeinsame Bor schriften über die Zulassung zur selbständigen Tätigkeit als Wirt fchaftsprüfer", wie die neue Berufsbezeichnung lauten foll. Für die Zulassungsstellen ist folgende Organisation vorgesehen: Beim Industrie- und Handelstag wird eine Hauptstelle errichtet, bestehend aus Bertretern der Spizenverbände der Unternehmer, der Organisationen des Revisionswesens, der Länder und der Hochschulen. Die Hauptstelle stellt die Zulassungsbedingungen und die Prüfungs ordnungen auf. Die Zulassung selbst erfolgt durch die Zulassungsund Prüfungsstellen, die in einigen Großstädten errichtet werden follen. Sie weisen eine ähnliche Zusammensetzung auf wie die Hauptstelle.
Die Zulassung soll an folgende Bedingungen gefnüpft werden: Sechsjährige praktische Tätigkeit, davon drei Jahre Buch prüfungstätigkeit; theoretische betriebswirtschaftliche Vorbildung; Ablegung einer Prüfung, für die im wesentlichen betriebswirtschaftliche und juristische Vorkenntnisse verlangt werden. Für einen Zeitraum Don fünf Jahren sind Uebergangsbestimmungen vorgesehen, wonach die Ablegung der Prüfung in bestimmten Fällen erlassen werden tann. Die Zulassung fann nur für selbständige Berufsprüfer bzw.
In der Vollversammlung des Reichskohlenrats.- Händlergewinne hemmen Preissenfung.ober Brofuristen von Treuhandgesellschaften erfolgen. Bon den
In der Vollversammlung des Reichsfohlenrats, die am Freitag| Bergarbeiter, die Arbeitsstelle sehr oft zu wechseln, unangenehm in Berlin stattfand, erstattete Berghauptmann Bennhold bemerkbar. Der Versuch, diese Unzulänglichkeiten durch Einfüheinen Bericht über die Lage der Kohlenwirtschaft. Die Gesamt- rung von deutschen Bergarbeitern abzustellen, sei flag kohlenförderung Deutschlands ( Brauntohlen auf Steinfohlen lich gescheitert. Die Erfahrungen dieser Auswanderer, die sich umgerechnet) ist danach im Jahre 1930 auf rund 175 Millionen im Sommer 1930 durch russische Anwerber nach dem Donez und Tonnen gegenüber einer Gesamtziffer von rund 202 Millinoen Uralgebiet verloden ließen, seien denkbar schlecht gewesen. Die ihnen Tonnen im Jahre 1929 zurückgegangen. Die deutsche Kohlenhandels- für Lohn, Unterkunft, Behandlung und Ausstattung gemachten Bere bilanz ergibt für 1930 einen Ausfuhr überschuß von etwas sprechungen seien nicht gehalten worden, und die unglücklichen Opfer über 576 Millionen Mark. Er bleibt hinter dem des Vorjahres um dieses Verfuchs wären froh gewesen, als sie mit Mühe und Not reichlich 70,5 Millionen Mark zurück, ist aber um 20 Millionen dem russischen Elend den Rücken hätten wenden können. Rußland Mart höher als im Jahre 1928. Die Steinkohlengewinnung der versuche auch, seine Kohlen zu Dumpingpreisen loszuschlagen, was elt bleibt mit 1207 Millionen Tonnen um rund 115 Millionen auf die Devisennot des Landes zurückzuführen sei. Es sei nur allzu Tonnen hinter der des Vorjahres zurück und ist unter die Welt- verständlich, wenn die beteiligten Länder energisch Front gegen die förderung des letzten Vorkriegsjahres, in der sie 1216 Millionen Störungsversuche machten. Tonnen betrug, gesunken. Vom Rückgang entfallen 72 Millionen Tonnen auf Amerika , während Europa reichlich 32 Millionen Tonnen verloren hat. Die Produktion in den übrigen Erdteilen hat sich behauptet.
Im Anschluß an die Berichterstattung fam es zu einer ausgedehnten Debatte. Zunächst mußte der Bericht Bennholds in einem Bunft richtiggestellt werden. Der Bericht sagt, daß die Bergarbeiterinternationale mit ihrer Forderung nach SiebenUeber die internationale Rohlenverständigung stundenschicht im Bergbau auf den nachdrücklichen Widerstand des führte Bennhold aus, daß die Frage einer zwischenstaatlichen Rege- Internationalen Gewerkschaftsbundes gestoßen sei. Schmidt vom lung nach wie vor in der Deffentlichkeit und in den verschiedenen Bergarbeiterverband unterstrich, daß der Internationale Gewert Barlamenten, gelegentlich auch von Vertretern der Regierungen lebschaftsbund mit der Forderung der Bergarbeiter durchaus einverhaft erörtert werde. Aber zu einer grundlegenden Aussprache standen sei. zwischen den beteiligten Industriekreisen selbst, deren Anbahnung In der weiteren Debatte sprachen Martmöller und dem Bernehmen nach noch vor einigen Monaten von englischer| Dr. Berger vom Bergarbeiterverband, Halbfell vom Butab Seite in Aussicht genommen war, sei es bisher nicht gekommen. und Steeger von den Christlichen Gewerkschaften. Die AusInteressant waren Bennholds
Ausführungen über die ruffifchen Verhältnisse. Selbstverständlich ist es der russischen Regierung gelungen, die Förderung zu steigern. Man hat viel Energie und viele Mittel dafür verwandt. Nach Bennhold hat der russische Bergbau aber den größeren Anforderungen nicht genügen fönnen. Dabei machten sich Mangel an tüchtigen Bergleuten und die Neigung der russischen
einer ihrer gesetzlichen Bertreter bzw. Geschäftsführer zugelassen ist. Treuhandgesellschaften wird verlangt, daß mindestens dringend notwendig ist, muß ebenso anerkannt werden wie Daß eine staatliche Regelung des Buchprüfungswesens bereits die Absicht, die Zulassung der Buchprüfungstätigkeit an strenge perfönliche und fachliche Bedingungen zu knüpfen. Denn nur wenn auf diese Weise eine Gewähr dafür geschaffen wird, daß die Revision der Unternehmungen in die Hand persönlich und fachlich geeigneter Prüfer gelegt wird, wird die Pflichtrevision die Aufgabe erfüllen fönnen, die ihr im Interesse der Durchleuchtung der Privat. wirtschaft gestellt werden muß. Es muß freilich gesagt werden, daß fachliche Eignung nicht immer nur auf Hochschulen erworben werden kann, und es muß daher verlangt werden, daß jene Aus. nahmen von dem von manchen interessierten Kreisen angestrebten Akademikerprinzip gemacht werden, die den Aufstieg begabter und theoretisch und praktisch gut durchgebildeter Nichtakademiker ermöglichen.
Schließlich soll unserem Befremden darüber Ausdruc gegeben werden, daß man bisher nicht daran gedacht zu haben scheint, daß auch die 15 Millionen Arbeiter und Angestellten zur Wirtschaft gehören. Es muß entschieden verlangt werden, daß die Spizenverbände der Arbeitnehmer genau so zur Mitwirkung an der Haupt stelle und an den Zulassungsstellen herangezogen werden wie die Spizenverbände der Unternehmer.
einandersetzung drehte sich um die Ursache der Rohlentrise. Die Arbeitnehmervertreter verwiesen darauf, daß die gegenwärtige Krise im Kohlenbergbau vorwiegend strutturelle Ursachen habe. Man habe unter Aufwand großer Kapitalmengen im Bergbau eine Der Wintershall Konzern, das mächtigste Unter Uebertapazität geschaffen. Diese wirte sich jetzt aus und nehmen in der deutschen Kaliindustrie, hat bei seinem jetzt veröffent belaste die Produktion. Der Bergbau habe versucht, zu einem Soften lichten Jahresabschluß für 1930 feine Dividende überraschend ausgleich zu tommen. Dabei hätten die Unternehmer aber immer von 12 auf 8 Prozent gefentt. Aus den Betriebsergebnissen felbst an die Lohntoften gedacht und versucht, diese zu drücken.| ist diese Kürzung der Aktionärsgewinne nicht ohne weiteres ersichtlich.
Zum Frühjahr farbige
12. 15.
MARK
SALAM
AMAN
18. 21:
Kein höherer Preis mehr!
SALAMANDER