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Morgenausgabe

r. 533

A 268

48.Jahrgang

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Der Vorwärts" erscheint wochentäg. lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, bie Abenbausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Jlustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit".

CH

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Freitag

13. November 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Nonpareillezetle 80 Pt. Reklamezeile 5,- RM. Kleine An­zeigen das fettgedruckte Wort 25 Pt. zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes meitere Bort 12 Bf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pf. jebes meitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Pf. Familien. anzeigen Beile 40 f. Anzeigen annahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen. täglich von 81% bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Fernspr.: Dönhoff( A 7) 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Der Krieg auf den Straßen.

Kommunisten und Nationalsozialisten.- Neue Todesopfer auf beiden Geiten. Kommunist von Nationalsozialist erschossen.

Gestern, Donnerstag, gegen 19 Uhr, fam es am Friedrich- Kirch­Platz in Nowawes zu einem Zusammenstoßz zwischen Nationalsozia­liffen und Kommunisten. Bier kommunisten, die den Friedrich Kirch- Platz überquerten, wurden ohne Wortwechsel von einem Nationalsozialisten beschossen. Hierbei erhielt der Kommunist Herbert Ritter, 17 Jahre alt, Rowames, Marienstraße 30, wohnhaft, einen Herzstecschuh. Der Ber­

als Haupttäter bei dem Ueberfall auf Rational­fozialisten in Frage kommt. Weißig hat seit Jahren in der hiesigen Kommunistischen Partei eine führende Rolle gespielt und wurde vor etwa zwei Jahren wegen eines Ueberfalls auf Polizei­beamte, bei dem er durch Steinwürfe die Beamten schwer verletzte, zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Er ist auch wegen anderer Gewalttaten gegen die Polizei bekannt. Der getötete National­fojialist ist 22 Jahre alt und stammt aus Wattenbet.

Postscheckkonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Lindenstr. 3. Dt. B. 1.Disc.- Ges., Depositent., Jerusalemer Str. 65/66.

China und Japan .

Der Krieg im Fernen Offen.

Wenn der Völkerbundsrat am 16. November in Paris zu einer außerordentlichen Session abermals zusammentritt, wird er feine Entspannung, sondern vielmehr eine weitere überaus kritische Zuspigung des chinesisch- japanischen Konflikts um die Mandschurei registrieren müssen.

Der Ratsbeschluß vom Oktober, der Japan eine Räu­mung der neubesetzten Orte und Stützpunkte vorschrieb, ist nicht befolgt worden. Umgekehrt sind japanische Truppen weiter vorgedrungen, japanische Flugzeuge haben wiederum Bombenangriffe ausgeführt, und in anderen chinesischen Ge­

wundete lief noch ungefähr 500 Meter bis zur Arbeiterfamariter- Ein Toter bei kommunistischen Demonstrationen in bieten, wie in Tientsien, ist es neuerdings zu Schießereien

wache in der Priesterstraße, wo er zusammenbrach. Auf dem Trans­port nach dem Kreiskrankenhaus verstarb der Verletzte. Einen linken Oberarmschuß erhielt der feiner Partei angehörige Fredi Strobrudha, 22 Jahre alt, Rehowstraße 33 wohnhaft.

Der Täler, der 19jährige Günther 19jährige Günther Güstrow, Ziethenstr. 10, konnte verhaftet werden. Er ist geständig. In den späten Abendstunden tam es verschiedentlich zu Aufläufen, wobei der Schaukasten der Papierhandlung Rohrbach eingeschlagen

wurde, wo der Bölkische Beobachter" aushängt.

Die fommunistische Bluttat in Neumünster .

Neumünster , 12. November. Nach den Ermittlungen im Laufe des heutigen Bormittags steht aun mit Sicherheit fest, daß der kommunist Emil Weißig

Lübeck .

£ übed, 12. November.

zwischen chinesischen und japanischen Truppen gekommen. Wo die Chinesen können, sehen sie sich zur Wehr, und an der strategisch wichtigen Nonnibrücke haben sich regelrechte und Nach einer Erwerbslosenfundgebung, die heute vormittag in den blutige Schlachten mit wechselndem Erfolg abgespielt. Das zentralhallen abgehalten wurde, versuchten die kommunisten, trotz alles schafft eine sehr ernste Lage, nicht nur für die unmittel­des in Lübeck bestehenden Umzugsverbots im Innern der Stadt zu Fernen Osten besonders intereffierten Regierungen und schließ­bar beteiligten Staaten, sondern auch für alle indirekt im demonstrieren. Ein starkes Polizeiaufgebot bemühte sich, die De- lich nicht zuletzt für den gesamten Bölkerbund. monstration auseinanderzubringen. Der Aufforderung der Polizeilich nicht zuletzt für den gesamten Völkerbund. wurde jedoch nicht Folge geleistet, sondern ein Teil der Demon- Staaten, insbesondere Japan ermahnt, die Beschlüsse des Als derzeitiger Ratspräsident hat Briand beide stranten griff drei Polizeibeamte an und schlug auf Rates zu befolgen, aber der bisherige Mißerfolg dieser Mah­fie ein. Die Beamten griffen in der Notwehr zum Revolver. Es nung ist offenkundig. Die Regierung von Nanking beteuert wurde scharf geschossen. Dabei erhielt der 50 Jahre alte immer wieder ihre Loyalität gegenüber dem Völkerbund, hat Schumacher Friedrich Schütt aus Lüber einen Schuß in aber anscheinend die Generäle in den weitentfernten Gebieten den ceib, an deffen Folgen er verstarb. der Mandschurei nicht mehr in der Hand. Sie leisten nicht nur militärischen Widerstand, sondern sind sogar zum Gegenangriff dort übergegangen, wo ihnen der Erfolg zu winken scheint. Die Regierung von Tofio hingegen versucht, die Gültigkeit des Bölkerbundbeschlusses überhaupt zu bestreiten und ver= schanzt sich immer wieder hinter jenen Vorbehalt, dessen An­erfennung der Rat auf seiner letzten Tagung ausdrücklich ab­gelehnt hatte. Sie erklärt, daß China vorerst die ,, grund­legenden Prinzipien" des Konflikts, also die ,, Rechte" Japans in der Mandschurei , bestätigen müßte, bevor Japan mit China über eine etwaige Räumung der neubesetzten Ort­Japan damit, die Richtigkeit der neuen chinesischen Anklagen zu bestreiten, die Schuld an den blutigen Zusammenstößen auf die Chinesen abzuwälzen und vor allem mit dem Argument der chinesischen Räuberbanden" zu operieren. Da aber Japan zu gleicher Zeit den chinesischen Vorschlag einer Ent­sendung von neutralen Sachverständigen an Ort und Stelle Darstellungen der Vorgänge das stärkste Mißtrauen entgegen­zusetzen..

Fäulnis des Kapitalismus .

Streiflichter aus dem Favag- Prozeß.

Das Ende der Rechtlichkeit.

Im Jahre 1931 erteilte der Aufsichtsrat der Ver. Berlinischen und Preußischen Lebensversicherungsgesellschaft dem früheren Generaldirektor Madje, Angeklagter im Javag- Prozeß, volle Entlastung für das Jahr 1930, und befreite ihn damit von allen

Regreßansprüchen.

Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Geheimrat Kastl , wurde vom Gericht nach den Motiven dieser unbegreiflichen Haltung gefragt. Er antwortete:

,, man konnte den neuen Generaldirektor nicht mit einer folchen Aftion gegen den alten Generaldirektor belasten." Dieser Satz ist ein eindeutiger Beweis dafür, daß die Kräfte der Selbstbereinigung in der kapitalistischen Wirtschaft nicht mehr vorhanden sind.

Der Sohn des Generaldirektors. Als im Favag- Prozeß der Fall Keramik G. m. b. S., Bien, besprochen wurde, ergab sich das Folgende: Die Herren Direktoren der Favag übernahmen die Keramit als Privatgesellschaft Der Direttoren, das heißt sie mollten die Gewinne einstecken. Das Risiko aber hatten nicht die Direktoren, sondern die Fa vag zu tragen. Besonders der Generaldirektor Dumde schaltete mit der Firma, als ob es sein privates Geschäft sei. Eines Tages ver­langte der Sohn Dumdes von einem Faddirektor der Favag Generalnollmacht für Desterreich. Der Direktor lehnt ab. Darauf ordnet Generaldirektor Dumde an, daß sein Sohn die Generalollmacht bekommt. Der Fachdirektor aber wird dadurch bestraft, daß er bei einer Reihe von Sonderver gütungen beiseite gelassen wurde. Generaldirektor, hat dem Sohn Dumde die Generalvollmacht zu geschoben, und die Favag bezahlte das Manöver mit Millionen

verlusten.

Die großen Vermögen.

Im Favag- Prozeß wurde Generaldirektor Rißtalt von der Münchener Rückversicherungsgesellschaft befragt, welchen Eindruck er von dem Generaldirektor Dumde von der Favag, dem größten Der Favag- Gauner, gehabt habe. Sißfalt antwortete:

Da ist in fürzester Form alles gesagt über die Entstehung der großen Bermögen und die Grundlage der Macht der Wirtschaftsschaften überhaupt verhandele. Im übrigen begnügt sich fürsten. Wir bewundern den Mut, mit dem nach diesen schonungs­losen Enthüllungen über das Piratentum in der Privat wirtschaft die Deutschnationalen unter Hugenbergs Führung fich immer noch laut als Anhänger der Privatwirtschaft bekennen.

Zum Tode Friedrich Bartels . immer wieder kategoriſch ablehnt, iſt man berechtigt, seinen

Trauersihung des Parteivorstandes.

Für den Parteivorstand hat Genoffe Otto Wels den Ange­hörigen des verstorbenen Genossen Bartels persönlich das herzlichste Beileid ausgesprochen.

In einer Sihung des Parteivorstandes am Donnerstag hielt Genoffe Wels dem Berstorbenen eine furze Gedächtnisrede, die die Vorstandsmitglieder in wehmutsvollem Gedenken an den langjährigen Kollegen und ftets freuen Kameraden stehend anhörten.

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Beileidsfundgebungen sind eingegangen von der Deutschöfter reichischen Sozialdemokratie, der sozialdemokratischen Parteileitung Ungarns , der Sozialistischen Arbeiterpartei Polens , der Auslands vertretung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands , von zahlreichen sozialdemokratischen Bezirksvorständen, vom Bundes vorstand des Deutschen Baugewerksbundes, vom Verband der Sozialistischen Arbeiterjugend- Berbände und anderen.

Nachruf des Landtagspräsidiums.

Die Bizepräsidenten des Preußischen Landtages haben dem ver storbenen Präsidenten Friedrich Bartels einen Nachruf gewidmet, in dem es u. a. heißt: ,, Der Verstorbene gehörte dem preußischen Barlament seit der verfassunggebenden preußischen Landesversamm lung für den Wahlkreis Potsdam II an. Zum Präsidenten der preußischen Boltsvertretung wurde Herr Bartels erstmalig am 8. Januar 1925 gewählt, nachdem er von 1919 bis 1924 den Haupt­ausschuß des Preußischen Landtags als Vorsitzender geleitet hatte. Dem hohen Amte als Präsident des Preußischen Landtags hat sich der Verstorbene mit Hingebung gewidmet. Güte und Ausgleich und das Bestreben, jedem Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, waren die Richtlinien seiner Amtsführung. Das Andenken des verewigten halten werden."

Wird es nun der Pariser Ratstagung gelingen, den sich immer weiter ausbreitenden Konflikt beizulegen, der neuer­dings um so bedenklichere Formen angenommen hat, als die Sowjetunion aus ihrer bisherigen Reserve hervortritt? Man muß den Mut haben, den Tatsachen, mögen sie noch fo unangenehm sein, ins Gesicht zu sehen. Deshalb muß zu­gegeben werden, daß die Aussichten für den Völkerbund, seinen Willen durchzusehen und den Frieden im Fernen Osten au erzwingen, gegenwärtig nicht gut stehen. Japan hat viel mehr mit vollem Bewußtsein für sein imperialistisches Vor­gehen in der Mandschurei den Augenblick gewählt, von dem es wußte, daß die Großmächte unfähig zu einer energischen Gegenaktion sein würden. Die Weltwirtschafts­frise nimmt die Regierungen in Europa und Amerika so start in Anspruch, daß sie zur Zeit nicht in der Lage sind, so energisch zugunsten Chinas in der Mandschurei einzugreifen, wie sie es in anderen Zeiten zweifellos tun würden. In den Jahren 1920/21 hatte Japan nicht nur die gesamte Mandschurei, sondern darüber hinaus den östlichen Teil Sibiriens militärisch besetzt. Damals mußte es unter dem stärksten Druck der Vereinigten Staaten und Englands diese Gebiete räumen und sich mit der Wahrung seiner angeblichen Rechte auf die südliche Mandschurei begnügen. Aber es hat feitdem geduldig und zielbewußt auf den Augenblick ge­wartet, in dem es seine imperialistischen Ziele ungestört würde weiter verfolgen fönnen. Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen.

An eine bewaffnete Intervention, die in anderen

Man hätte früher bei uns die Nase gerümpft über Dumde, später hat sich das verloren. Nach der fünften Präsidenten Bartels mird von dem Landtag stets in Ehrenge Zeiten zweifellos von den Vereinigten Staaten ernstlich er­

Million fommt das Bedürfnis nach geschäft­lichem Anffand.( nach Rathenau .) Dumde hat immer fühne Sachen gemacht, die haben bei uns Anstoß erregt, aber Dumde war eine ganz starte außerordentliche Persönlichkeit Seine Transaffionen haben wir oft mit Kopfschüttein betrachtet."

Der Nachruf wird im Preußischen Staatsanzeiger" veröffent ficht werden.

Zum Zeichen der Trauer für Friedrich Bartels vertagte der Hauptausschuß des Preußischen Landtags seine Beratungen um eine Stunde

mogen werden würde, ist angesichts der fritischen Lage der amerikanischen Finanzen auf absehbare Zeit nicht zu denken. Das gleiche gilt für die Völkerbundsmächte, die nach dem Wortlaut der Sagung eigentlich verpflichtet wären, China mit allen Mitteln, einschließlich der militärischen, zu schützen.