Hakenkreuz und Arbeiterinternationale. Oie Hitlerpartei bewirbt sich um die Sympathie der englischen Sozialisten. Hitler bemüht sicki. die herrschenden Klassen des Auslands über die„richtigen Ziele" der von ihm geführten Nationalsozialistischen Arbciter-Partei„authentisch" zu informieren und sie zu beruhigen, damit sie nicht glauben, daß die„antikapitalistische" Propaganda der Nationalsozialisten ernst zu nehmen sei. Gleichzeitig versuchen die Nazis, ihx arbeiterfeindliches Wesen in den Augen der Arbeiter- schast anderer Lander zu vertuschen, indem sie siclp als eine wirklich sozialistische und wirkliche Arbeiterpartei aufzuspielen bemühen. Diese doppelte Buchführung wirkt lächerlich, ober sie wird trotzdem betrieben. Eine Probe aufs Exempel ist ein Brief des Londoner Berichterstatters des„Völkischen Be- o b a ch t e r s" an das Organ der ultralinkcn Unabhängigen Ar- beiterpartei Englands„New L e a d e r", der dort am 30. Oktober abgedruckt ist: „Die kapitalistische Offensive in Deutsch- l a n d."„Ich habe in Ihrer Zeitschrift den Bericht ihres Berliner Korrespondenten, datiert vom 20. Oktober, über das obige Thema gelesen, aber ich behaupte, daß da- eine Irrefichrung ist. Was die„Hitlerianer" anbetrifft, so kann ich autoritativ ver- sichern, daß sie mit den Großindustriellen oder ihren sozialen und nolitiichen Zielen nicht verbündet sind; im Gegenteil setzt sich jedes Mitglied der Nationalsozialiften, das am Streikbruch teilnimmt, der Gefahr aus. aus der Partei herausgeschmissen zu werden. Die Nazis verbünden stch zeitweilig mit einigen Industriellen, die zum großen Teil in der sogenannten Deutschnationalen Partei oder kn der Volkspartei organisiert sind, mit dem einzigen Ziel, die Brüning-Diktatur zu brechen. Andererseits hat Brüning selbst mit Hilfe der Sozialdemokratischen Partei den sozialreaktionären Forderungen der Industriellen den Weg freigegeben, indem er den Lohn und die Arbeitslosenunterstützung senkte, um die Re- parationszahlungen auzubringen. Das Ziel der Nazis ist, den Lebensstandard der deutschen Arbeiter zu bessern durch die Eliminierung der augenblicklichen unheilvollen Welthandelskonkurrenz, durch die Befreiung Deutsch- lands von den politischen Schulden(Reparationen) und durch die Förderung des Bauernbesttzes, indem Siedlungsaktionen auf dem Land durchgeführt werden. Gez. Dr. H. W. Thost. (Londoner Korrespondent des„Völkischen Beobachter".) Das ist nach Harzburg die dreisteste Lüg«, die uns vorge- kommen ist. Die Partei, die auf Kosten der großindu- ltriellen Scharfmacher aufgezogen ist, wird als Partei der Arbeiter, als Schrittmacher des sozialen Fortschritts hingestellt, während die deutsche Sozialdemokratie als eine Helfershelferin des sozialreaktionären Unternehmertums hingestellt wird. Die Putsch- parte!, die Tag und Nacht von einer Diktatur schwärmt und sie auf verscbwörerischem Wege vorbereitet, wird als Bollwerk gegen die Arüniiig-Dittatur hingestellt, die von der arbeiterverräterischeu Sozialdemokratie unterstützt wird! Lüge? Gewiß— aber zugleich ein beredtes Zeichen dafür, daß die Hülerleute stch unt die Sympathien des internationalen Proletariats bemühen, dos sie in Deutschland als . marxistischen Mob" beschimpfen. Das haben vor chnen schon die viel geschickteren italienischen Faschisten versucht, aber ebenso wie ihnen wird es den Nazis nicht gelingen, die öffentliche Meinung tes Weltproletariots irrezuführen.
Lederers Antrittsvorlesung. pro ejfor Lederer mit demonstrativem Beifall begrüßt. Gestern nachmittag hielt an der Berliner Universität Genosse Professor Lederer, der au» Heidelberg nach Berlin berufen norden ist, seine Antrittsvorlesung. Der Hörsaal erwies sich als viel zu klein, um olle erschienenen Studenten aufzunehmen. Weit über 500 Berliner Studierende begrüßten Lederer mit demonstrativem Beifall. Bekanntlich ist er gegen den Willen der philosophischen Fakultät der Berliner Universität vom Kultusminister Grimm« nach Berlin berufen worden. Lederer gab einen kurzen Ucberblick über die Entwicklung der notionalökonomischen Theorie. Die Vorlesung verlief völlig ruhig. Die Unnachgiebigkeit der Behörden beim Hallenser Universitätsstandal hat den Nazistudenten offenbar gezeigt. daß es unmöglich ist, linksstehende Professoren durch Radauszenen an der Ausübung ihres Lehramtes zu hindern. Der starke Beifall der anwesenden Hörer galt nicht nur Lederer. Er war zugleich der Dank der arbeitswilligen Studenten an das Kultusministerium für snne Berufung nach Berlin . Jetzt endlich hat die sozialistische Wirt- schastsauffassung einen Vertreter unter den Dozenten der größten deutschen Hochschul«. Damit ist der unmögliche Zustand beendet, daß die Studentenschast lediglich von reaktionären oder liberalen Nationalökonomcn alier Schule ihr Wiste» beziehen muß. Watter Victor verurteilt. Ein Llrteit gegen die freie Kritik. Zwickau , 12. November.(Eigenbericht.) In dem Gotteslästerungsprozeß gsg-n den verant- wörtlichen Re-dakteur des Zwickauer „Volksblatt". W a l t h« r B i c- t o r. erkannte das Gericht am Donnerstag wegen Beschimpfung kirchlicher Einrichtungen aufzweiWochenGefängnis. Der Sachverständige Professor August Messer- Gießen hielt in längeren Ausführungen den Gedanken, daß ln der scaglichen Satire, Zwischen zwei Halunken" eine Gotteslästerung ent- halten sei, für absurd und verteidizte die Ausfastung des angeklagten Redakteurs� daß hier lediglich ein- straflose Satire gegen den Straf- vollzug vorhanden sei. Di- von der Staatsanwaltschaft beigebrachten Zeugen, die das notwendige Aergernis an der Satire genommen haben sollten, versagten in bezug aus die Gotteslästerung. Nach diesem Ergebnis der BeweiKautnohme konnte das Gericht dos Urteil wegen Gotteslästerung nicht aufrecht erhalten. Es hob dos auf vier Monate Gefängnis lautende Urteil auf. Dieser Rückzug des Gerichts kann nicht verbergen, daß auch hier wiederum ein gegen�dic Freiheit der Presse und der Kritik gerichtetes Urteil vorliegt: Trauerfeier für Lübbring. Dortmund . 12. November.(Eigenbericht.) Unter außerordentlicher Anteilnahme der Bevölkerung fand am Donnerstag auf dem Dortmunder Zentrolfriedhof die Trauer- f e i e r für den verstorbenen Polizeipräsidenten Josef L ü b b r i n g statt. Etwa 4000 Personen, Vertreter der Behörden, der Polizei, das Reichsbanner und Vertreter der Sozialdemokratie folgten seinem Sarge. Tausend« hörten aus dem Friedhof die durch Lautsprecher übertragene Trauerfeier. Horlhy ehrt hindenburg. Am 16. November werden drei im- gorische Offiziere im Auftrog Horthys dem deutschen Reichspräsidenten die„Inhaberschaft" eines Honoedregiments antragen. Bisher gibt es nur einen solchen Ehren-Oberst: den König von Italien, gegen dessen Truppen unzählige ungarische Soldaten gefallen find.
Kapitalistischer Wirischastssegen.
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3n Brasilien heizt man jetzt mit dem unverkäuflichen Kaffee. Es sollen sogar ans Kaffeebohnen reguläre Briketts hergestellt werden.
' Heute tritt in Paris die deutsch -französische Wirt- s ch a s t s k o in m i s s i o n zu ihrer ersten Beratung zusammen. Diese Kommission wurde bekanntlich gebildet in Verfolg der direkten Besprechungen, die zwischen dem französischen Ministerpräsidenten L a v a l und dem deutschen Reichskanzler Dr. Brüning in Paris und in Berlin stattgefunden haben. Die Kommission, die unter der verantwortlichen Leitung der beiden Regierungen steht, hat ein sehr weites, und man kann wohl auch sagen, sehr fruchtbares Feld zu beackern. Die deutsch -französischen Wirtschaftsbeziehungen sind sehr ausgedehnt und vielgestaltig. Als Nachbarländer, deren Wirtschaft- liche Grundlagen einander ergänzen, gibt es ungeheuer viel Möglichkeiten, um das Zusammenarbeiten der beiden Länder enger zu knüpfen. Zu diesen natürlichen Bedingungen gesellen sich noch die Reparationsfrage und die Wirtschaftskrise, die beide ein engeres Zusammenarbeiten erfordern. Soweit die Reparationsfraze die Wirtschaftsbeziehungen be- rührt, kann es sich in diesem Rahmen nur darum handeln, die Sachlicfcrungen so zu gestalten und zu organisieren, daß sie der deutschen Wirtschast Beschäftigungsmöglichkesten in größerem Umfange geben, ohne den inneren Markt Frankreichs zu überlasten. Es ist in diesem Zusammenhange auf französischer Teste besonders von der Erschließung der Kolonien gesprochen worden, wo deutsche Unternehmungen und deutsch « Qualitätsarbeit«in größeres Betätigungsfeld finden tonnten. Bei der Frage der Zusammenarbeit der Indu-
striellen Deutschlands und Frankreichs wird es unbedingt nötig sein, die staatliche Kontrolle und auch die Kontrolle der Arbeiter- schait einzuschalten, denn sonst könnte es sehr leicht kommen, daß diese Zusammenarbeit sich gegen die Konsumenten richtet und vor allem die Hochhaltung der Preise zum Gegenstand hat. Diese Gefahr birgt heute' jede internationale wirtschaftliche Zu- sammenarbeit, wie ja die Geschichte der internationalen Kartelle und Truste lehrt. Ein besonderes Problem ist die Frage der Zusammenarbeit zwischen deutscher Kohle und französischem Eisen- erz. Hier ist viel gutzumachen, was in den Nachkriegsjahren ver- darben wurde. Auch arbeitsmarktpolitisch könnte sich eine deutsch -französische Zusammenarbeit sehr günstig auswirken. Be- kannllich leidet Frankreich an einem Mangel an Arbeitskräften. Dieser Mangel macht sich besonders stark geltend in den Industrie- bezirken Ostfrankreichs. Zehntaufende deutsche Arbeiter der west- lichen Bezirke könnten dort Beschäftigung finden, ohne ihren Wohn- .sitz aufzugeben. Welches auch die Ergebnisse der Beratungen der deutsch - französischen Wstlschaftstommisston sein werden, es liegt auf de? Hand, daß die Zusammenarbeit nur eine friedliche sein kann und somit als Voraussetzung und als Ziel den Frieden hat. Und mau kann wohl auch sagen, daß der Frieden um so stärker begründet' sein wird, je enger und vielgestaltiger die deutsch -französische Zusammenarbeit ist.
Bayern weist pfrimer aus. Oer Putschist als lästiger Ausländer. München . 12. November.(Eigenbericht.) Ter flüchtige Hcimwchrputschist Tr. Pfrittur hat München und Bayern verlassen, um-über die Schweiz und Italien «ach Jugoslawien zu reisen. Die Münchener Polizei hat ihn alel lä st igen Ausländer trnfge- fordert. Bayern so rasch wie möglich z» verlassen.
Macdonald unter(Schuhzöllnerdruck. Churchill fordert sofortige Maßnahmen. London , 12. November(Eigenbericht). Mocdonald beginnt berests die Last der konservativen Mehrheit zu spüren. Nicht nur im Unterhaus, auch in der Re- gierung selbst entfalten die Schu tzzöllner eine reg« Tätigkeit, um Macdonald zu schnellem Handeln in ihrem Sinne zu treiben. In der Frag« des Zollschutzes ist es dem Führer der nationalen Regierung bisher möglich gewesen, sich allem Drängen durch den Hinweis auf die noch schwebende Untersuchung über diesen Punkt zu entziehen. In der Frag« der unmittelbar zu ergreisenden Einfuhrbeschränkung jedoch, die dem angeblich gewaltsam wachsenden Dumping ausländischer Waren begegnen soll, ist seine Lag« bedeu- tcnd schwieriger. Die neuerdings vcröfsentlichten Zahlen über den englischen Außenhandel im Monat Oktober werden von den Schutz- Zöllnern Englands in skrupelloser Weise ausgenutzt, um zu beweisen, daß das Ausland die letzte Chance vor der Einführung englischer Zölle benutze, um England mit Waren zu über- schwemmen. Der Ausweis für Oktober zeigt zwar ein Anwachsen der Einsuhr, jedoch ist dies zu erheblichem Teil saisonmäßig bedingt. vüe der Vergleich mit dem entsprechenden Monat des Vorjahres zeigt. Vom D u m p i n g kann schon gar keine Rede sein, wenn man sich die Ursprungsländer dieser Einfuhr nach England ansieht, die meistens noch Goldwährung haben, also gegenüber den eng- lischen Produzenten im Nachteil sind. Diese Tatsachen stören die Schutzzöllner jedoch keineswegs in ihrer Argumentation. Sic oerlangen sofortige Maßnahme» und der Premierminister wird es schwer haben, sich auf die Dauer diesem Drucke zu entziehen. An die Spitze dieser Bewegung ist neuerdings ein Mann ge- treten, dessen Talente eine«eitere Erschwerung der Lag« des Premierministers bedeuten. Es ist Churchill , der sich mit einer bestechenden Rede zum Sprachrohr dieser Bewegung gemacht hat. Am Donnerstag nahm die Diskussion über die Regierungserklärung Unterhaus geradezu die Form eines Sperrfeuers auf die Regierung an. Immer wieder erhoben sich tonservativ« Redner
und bestürmten die Regierung mit Fragen, was sie gegen das Dumping gewisser ausländischer Produkte zu tun beabsichtige. Di« letzten Zahlen über die Einfuhr von ausländischem Weizen, deut- schen Kartoffeln, dänischer Butter, holländischer Milch usw. wurden der Regierung entgegengehallen, und der Handelsministcr und der Landwirtschaftsminister kannten immer nur mit Aus- flüchten antworten, da in der Regierung selbst noch keine Einigung über die zu ergreifenden Maßnahmen erreicht werden konnte. Schließlich sah sich der Premierminister gezwungen, selbst das Wort zu ergreifen und das Haus zu beruhigen. Cr hoffe, so sagte er, vor Schluß der Debatte über die Regierungserklärung, also späte- sten» nächsten Montag, eine Erklärung abgeben zu können. Das sind vorsichtige Worte, die dennoch mit stürmischem Beifall von dem Hause begrüßt wurden. Ob Macdonald die Maßnahmen, die er ergreifen wird, am nächsten Montag bekanntgeben wird oder ob er sich nur die Vollmacht vom Haus« geben lassen wird, solche Maßnahmen gegen das Dumping zu ergreifen, falls diese nötig sein sollten, ist zunächst noch zweifelhaft. Versammlungsstörung in Breslau . Heldentat der Eckstein-Spalter. Breslau , 12. November.(Eigenbericht.) Getreu dem Vorbild ihrer kommunistischen Freunde haben die Spalter von Oer SAP. am Donnerstagabend«ine öffentlich« Versammlung des Ortsvereins Breslau der Sozialdemokro- tischen Partei zu sprengen versucht., Der Redner, Reichstogsabgeordneter Genosse Zl u f h ä u j« r, wurde bereits während seines Referats, in dem er eine klare und überzeugenöe Analyse der gegenwärtigen politischen und Wirtschaft- lichen Lage bot, von sortgesetzten dummen Zwischenrufen unter- brachen. Als dann während der Aussprache einem Sprecher der SAP., einem.Mitglied des früheren Ortsparteworstondcs, noch Ab- lauf seiner Redezeit das Wort entzogen wurde, verursachten die Anhänger der Eckstein-Grupp« einen T u m u l t. Schließlich zogen sie singend aus dem Saal. Hierbei kam es zu erheblichen Schlägereien, so daß Polizei und Reichs- banner die Störenfriede unter Anwendung von Gewalt entfernen mußten. Danach wurde die Versammlung, an der etwa 2000 Partei- Mitglieder teilnahmen, in Ruhe zu Ende geführt. Die Spatter haben also nichts weiter erreicht als die Inszenierung eines unwüx- digen und traurigen Schauspiels, an dem lediglich die Gegner der Arbeiterklasse ihre Freude haben werden
Judenverfolgungen haben in den letzten Tagen polnisch« Stu- denten in Warschau und Wilna verübt, bis die Polizei energisch wurde. Rumänien konnte da nicht zurückbleiben. In Ungheni wurde auf einem jüdischen Ball ein junger Jude erstochen, wahrend fünf ander« verletzt wurden. Die Tater sind verhastet