Idem wohlflingenderen Intendanten vertauscht hätte, machte einft eine feine, dahinzielende Eingabe: Er erhalte Briefe mit gar ver schiedenen Anschriften: ,, Herr Oberregisseur", dann:
Manet Direktor ", zuweilen jedoch auch:„ Herr Intendant. Er bäte um
od leo?
Wenn Manet genannt wird, ergänzt die verdoppelnde Phantasie I mitten der Entwicklung an. Manet steht im Schnittpunkt der gern den ähnlich flingenden Namen Monet ; und nicht ohne Be- wichtigsten Linien, die den Berlauf der Kunst vom 17. bis zum rechtigung, beide gelten ja als Hauptwortführer des französischen 20. Jahrhundert bezeichnen, er greift mit allen Organen ebenso weit Impressionismus und haben sich auch gegenseitig als Freunde in in die Bergangenheit, über die Le Rain und die Spanier bis zu ihren bahnbrechenden Leistungen gefördert. Dennoch wäre es sehr Clouet zurüd, wie in die Zukunft hinein. Das alles ist erstaunlich irrig, aus dieser Parallelität weitergehende Schlüffe zu ziehen, etwa und ebenso begreiflich gegenüber der einfachen Tatsache seiner Kunst, in der Richtung unseres Diosturenpaares" Goethe und Schiller. Die schlechthin als die Meisterleistung des Malerischen für alle Monet war im besten Falle ein Trabant des leuchtenden Gestirns Zeiten gelten mag. Es ist gleichgültig, was er gemalt hat; ein Manet; ihre tünstliche Qualität und historische Bedeutung steht Spargelbund, ein spanischer Bettler gilt dabei so viel wie die großauf allzu verschiedenen Niveau. Es ist nicht einmal richtig, Manet mächtige ,, Erichießung Marimilians" oder das gewagt- unschuldige als Führer der Impressionisten anzusprechen. Er gehört nur mit Menschenstilleben, das Frühstück im Grünen " heißt. Alles faßt einem Teil seines Werkes dem Impressionismus an, und es ist noch er mit der gleichen Unmittelbarkeit und durchdringenden Intensität die Frage, ob dies sein wesentlichster Teil ist und nicht vielmehr an, die seine Werte als unerhört Neues, als immer wieder Uebereine Art Konzession an die Entdeckungen und Theorien seiner raschendes und Niegeschautes erleben läßt. Seine Unschuld gegen Freunde, an denen er sich schöpferisch und sie alle überragend be- über dem Stoff entinaterialisiert alles, sein Werf wirft in Wahrheit teiligt hat. Manet war zu groß, um in das historische Schema wie eine Variation von Stilleben. In diesem Stillebenhaften, dem des Impreffionismus hineinzupassen. Sein Werk umfaßt die ganze beinahe Unpersönlichen seiner Auffassung sichtbarer Dinge, beruht riesige Spannung zwischen dem Spanier Ribera aus dem 17. Jahr die dynamische Kraft seiner Kunst, in ihr ist die Schwere der Materie hundert und den äußersten Polen des Impressionismus; Goya ist restlos in der Größe der malerischen Form aufgegangen. Das Auf so gut in seinem Werf enthalten wie Ingres und Renoir , und mit regende dabei ist die unaufhörliche Wandlung innerhalb der Aufeinem Bild vermag er den spätgeborenen Eignac zu erschöpfen. faffung: jedes Bild ist von einem anderen farbig- räumlichen All diese Namen, zu denen noch andere, spätere hinzutreten, deuten Standpunkt aufgenommen, jedes ist ein Unifum, unähnlich allen nur den Umkreis der Anregungen an, die er empfing und vor allem übrigen, eine leberraschung für den Betrachter, noch beim wiederausstrahlte, ja, man möchte fast sagen, daß auf seine Borgänger holten Anschauen. Manet ist darum so unerschöpflich und einmalig von ihm aus ein ganz neues Licht fällt. und so modern, weil er die Endgültigkeit des malerischen Ausdrucks mit dem Anschein unvermittelter Improvisation verbindet; seine Bilder find tief verwurzelt in ältester Tradition, und zugleich frappieren fie durch ihre Frische, als ob sie heute entstanden mären: und dies ,, heute" wird auch noch Gegenwart nach hundert Jahren sein. Es ist beinahe selbstverständlich, daß das Leben eines solchen in feinem Wert aufgehenden Genies feine Sensation enthielt. Er wurde am 23. Januar 1832 in Paris geboren und starb am 30. April 1883 in Paris ; er machte als Sechzehnjähriger auf einem Schulschiff eine Reise nach Brafilien und lebte seitdem in Paris als wohl habender Künstler, dessen Erlebnisse sich, außerhalb seiner fünft lerischen Etappen und Reifen, im Schicksal seiner Bilder auf Ausstellungen vollzogen.
Das macht, Manet war ein absolutes Genie der Malerei und darum ein Maßstab des Kunstwollens, der auf die Jahrhunderte vor ihm ebenso angewendet werden fann wie auf die Folgezeit. Je weiter der Abstand von ihm wird, desto überragender erscheint er; er ist eine Achse, um die fich die Entwicklung dreht, ein wahrer Mittelpunkt für die Malerei des 19. Jahrhunderts, dessen Auswirtungen wir nicht nur heute noch täglich erleben, sondern auch noch unsere Enfel werden feststellen fönnen. Dabei hat er stofflich oder psychologisch durchaus nichts Neues gebracht, und seine Form, Diese Auflösung der Sichtbarkeit in malerische Flächen, hat in der Kunstgeschichte Borgänger, ist in der Folgezeit weit fonfequenter fortentwideit worden. Aber es fommt hier auf die Stellung in
Ernst Teike:
Landesväter als„ Theaterfreunde"
Unter jenen Landesvätern, die attiv in die Führung ihrer Hof. I essierte nur der Spielplan. Und hier verlangte er immer wieder bühne eingriffen, verdient der Braunschweiger Herzog Karl, dem Unterhaltungsstüde, womöglich gar Bossen und Ballette. Der feine gequälten Untertanen 1830 den Stuhl vor die Tür setzten, eine Intendant tam oft in große Schwierigkeiten, weil die Finanz besondere Note. Die Schauspielerin Karoline Bauer schreibt in einem fommission im Gegensatz zum Großherzog auf Schauspiele und Brief von ihm, daß er es liebte, feinen großen Hund mit in die ernste Opern drängte. Waren Unterschriften nötig, so mußte der Theaterloge zu nehmen und ihn in den Schwanz zu tneifen, so daß Intendant warten, bis sein hoher Herr unter dem Einfluß des Nur dann waren er während der Vorstellung laut durchs Haus heulte. In ihren Weins in eine fidele Stimmung geraten war. ,, Komödiantenfahrten" fügt sie auf Grund der ihr gewordenen Mitteilungen von Kollegen hinzu: Ihm mißliebige Schauspieler mußte er in der raffiniertesten Weise zu quälen. War ein fünfattiges Stück abends endlich zu Ende gespielt und die Künstler wollten todmüde ihre Kostüme ablegen, so erschien der Herzog nicht selten auf der Bühne, machte die Darsteller wegen ihres miserablen Spiels wie die Schulbuben herunter, ließ sich ein bequemes Fauteuil herbeischaffen und dann das Stück von A bis 3 unter feiner Regie noch einmal spielen. Seine Favoritinnen waren natürlich davon dispensiert."
Ein tückischer Geselle war auch der Kurfürst von Hessen- Kassel, an dessen Theater 1849 Ludwig Gabillon engagiert war. Davon zeugt folgende Anekdote: Serenissimus hatte die Gewohnheit, sich unbefümmert um die Vorgänge auf der Bühne mit seinem laut schnarrenden Organ in der Hofloge zu seinem Adjutanten über alles auszusprechen, was ihm just durch den Sinn fuhr. Das verdroß Gabillon nicht wenig, und als er einmal in der Rolle d'Artagnans zu einer schönen langen Rede einsetzen wollte, hörte er Sereniffimus geräuschvoller denn je konversieren. Da übermannte Gabillon die Ungeduld, und ein im ganzen Haus vernehmliches Bicht!" entfuhr halb unbewußt seinen Lippen. ,, Was war das, Häringen?" wandte sich der Kurfürst sofort an den neben ihm fizenden Intendanten. ,, Eine neue Nuance Gabillons", lautete die schlagfertige Antwort. ,, Nuance?!" meinte seine Hoheit fopfschüttelnd, das wollen wir erst mal sehen." Nun, der Intendant versäumte nicht, noch während der Borstellung Gabillon Bericht zu erstatten, und dieser zog seine Konsequenzen. Noch für dieselbe Woche wurde eine Wiederholung der Musketiere" angesetzt. Zu Beginn der Vorstellung blieb die Hofloge leer. Aber unmittelbar vor d'Artagnans Stichwort erschien der Kurfürst. Gabillon setzte zu seiner großen Rede ein, und genau an derselben Stelle wie bei der ersten Borstellung unterbrách er fie zum nicht geringen Staunen des ganzen Oratoriums durch ein deutliches„ Pscht!". Serenissimus aber verließ sofort das Schauspielhaus; er glaubte nun wirklich an Gabillons Nuance.
Ein ehrlicher Theaterfreund war König Anton von Sachsen . Aber als er in die achtziger Jahre gekommen war, brachte sein regelmäßiger Theaterbesuch den Mitwirkenden und dem übrigen Publikum auch keine reine Freude. Er unterhielt sich zwar nicht mit seinem Adjutanten, aber er hatte die Angewohnheit des ,, lauten Denkens". 1834 spielte Karoline Bauer in Dresden die„ Ophelia" In der Wahnsinnsszene sprach sie die Verse:„ Wie erfenn' ich deine treu' Lieb' vor den anderen nun?" usw. in singendem Ton. Dies war dem guten König neu, und so sagte er ganz laut vor sich hin: Ich glaube gar, die singt.. ,, Bst! Pst! Pst!" rief es aus dem Parterre. Und da hörte Karoline Bauer den alten Herrn in seinem fächsischen Dialeft wiederum ganz laut zu der Prinzeffin Auguste sagen: Na! Na! Man werd' doch noch redden derfen!" Von der Art und Weise, in der Ludwig III. von Hessen sich um sein Hoftheater fümmerte, geben die Lebenserinnerungen Julius von Werthers, der 1872 bis 1874 das Darmstädter Hof theater leitete, ein amüsantes Bild. Ludwig besuchte das Theater an jedem Spielabend. Und zwar erschien er bereits um 5 Uhr, auch menn die Vorstellung erst um 7 Uhr begann. Der Intendant persönlich hatte ihn zu empfangen, und zwar je nach der Feierlich feit des Tages in einer anderen Uniform. Der Großherzog selbst hatte vier Uniformabstufungen erfunden. Die festlichste bestand in einer goldbesetzten Gala mit weißen Bluderhosen von französischer
sie zu haben. Natürlich hatte der Großherzog auch eine Freundin, die vordem beim Hoftheater engagiert gewesen war, und zwar als Ballettänzerin. Diese Dame erschien jedesmal im Borzimmer zur Loge, um den Intendanten bei dem allergnädigsten Herrn abzulösen. In den Zwischenaften soupierte sie daselbst mit ihrem fürstlichen Freunde. Die Vorstellungen dürften nicht eher weitergehen, als bis das Souper beendet war. Es gab im Bublifum viel Unwillen über die langen Pausen, der Intendant hatte das auszubaden. Aber er war machtlos. Ja, es geschah sogar, daß eine gastierende berühmte Sängerin den Nachtzug versäumte, meil es an dem betreffenden Abend in der landesherrlichen Loge Huhn gab und die Arbeit mit den Knöchelchen länger dauerie, als vorgesehen war. Das Huhn war wichtiger als die Sängerin.
Ein wirklicher Verehrer und Freund der Theaterkunst, ja, mehr noch: ein bedeutender Förderer und Reformator der Bühne war Herzog Georg II. von Meiningen . Er nahm selbst am Aufbau seiner Hofbühne tatkräftigen Anteil. Er wirfte bei Spielplangestaltung und Proben mit. Er entwarf beachtliche Stizzen für die Bühnenbilder. Er brachte an seinem Theater neue Regieprinzipien zur Anwendung. Er erreichte an seiner Bühne fünfilerische Hochlefstungen, die fich nicht nur in Meiningen bewährten, sondern auch auf zahlreichen Gastspielreisen durch alle deutschen Großstädte und viele Kunstzentren des Auslandes. Die Reform Georgs von Meiningen bezog sich sowohl auf das Bühnenbild wie auf das Spiel. Er räumte mit dem Schlendrian auf, mit dem bis dahin die Szene meist gestaltet worden war; er sorgte für Bühnenbilder, die ftilecht waren und dabei eine lebendige Gliederung der Bühne brachten. Im Hinblick auf die Darstellung verstand er es besonders, die Statisterie zum lebendigen Faktor des Spiels zu machen. Wo früher bei den Aufführungen meist uninteressierte bewegungslose Haufen gestanden hatten, agierten bei ihm Gruppen, die wirklich am Spiel Anteil nahmen. Der Eindruck dieser Neuerungen war so start, daß die Gastspiele der Meininger geradezu eine neue Epoche der Bühnenkunst einleiteten. Als Mensch, der wirklich etwas von den Dingen verstand, besaß Georg II. eine liberale Gesinnung und viel menschliches Verständnis. Er konnte sogar Widerspruch vertragen. Das geht aus einem Bericht Ludwigs Barnays hervor, der als junger Anfänger dem Ensemble des Meininger Hoftheaters angehörte. Barnay stand einmal auf der Bühne, als der Herzog bei einer Hamlet" Brobe eine recht fonderbare Spielanweisung gab. Der Regisseur, Grabowsky, beeilte sich natürlich, mit einem devoten 3u Befehl", die Anweisung des Herzogs auszuführen. Nur der junge Barnay fonnte sich nicht enthalten, laut dazwischen zu rufen: ,, Aber das ist ja alles falsch, das ist ja sinnlos!" Er fährt in seinem Bericht dann fort:„ Kaum hatte ich diese Worte gesprochen, als mich alle mit weit ausgeriffenen Augen erschreckt anstarrten; an ihren Mienen merkte ich erst, welch groben Fehler ich begangen hatte. Ich war nun selbst sehr erschrocken, konnte aber nichts mehr ungeschehen machen, und so horchte alles gespannt, was der Herzog wohl erwidern würde. Nach einer kleinen Bause erscholl aus dem finsteren Parkett die Stimme des Herzogs: Na, na, die deutsche Warum meinen Sie denn, Herr Sprache ist ja nicht so arm! Barnay, daß das so unsinnig sei?" Ich konnte nun nicht mehr zurück und polterte meine Begründung hervor... Eine unheimliche Stille folgte meinen Worten. Endlich rief der Herzog: Herr Grabowsky, machen Sie es so, wie Herr Barnan sagt, er hat recht, ich habe unrecht! Weiter!" Von dem vernünftigen Denken und dem Humor des Herzogs zeugen auch Aufzeichnungen Mar Grubes, der feine ruhmreiche Laufbahn als Intendant des Meininger Hof theaters beendete: Mußte ich dem Herzog Briefe zusenden, die mehr oder meniger deutliche Anspielungen auf Orden und Titeldie für die Schreiber nicht immer sehr schmeichelhaft waren. Die Die mildeste war noch: Herr hat Knopflochschmerzen. Sehr unberechtigt!" Ein Direktor des Hoftheaters, der seinen Titel gerne mit
te, die einfachste in einer Ausstaffierung, in der sich Julius von Werther wie ein Weichenwärter vortam. Aber auch hier gehörte der Degen an der Hüfte dazu. Nach dem Empfang begab sich der Großherzog mit dem Intendanten und dem von ihm un zertrenklichen Schloßinspektor in die Loge. Wein wurde aufgewünsche enthielten, so bekam ich sie mit Randbemerkungen zurück, tragen, und der Großherzog stärtte sich für die späteren Genüsse. Unterdessen hielt ihm der Intendant Vortrag. Von den geschäft lichen Dingen wollte der Großherzog aber nichts wiljen, ihn inter
gnädige Anweisung, wie er sich dazu verhalten sollte. Die Randbemerkung lautete: Machen Sie sich nichts daraus!"
Bon ehrlicher Begeisterung für das Theater erfüllt war zweifellos auch Ludwig II. von Bayern. Aber seine Theater. begeisterung ging merkwürdige Bege. Man weiß, daß er in seinen späteren Jahren das Theater nur bei Vorstellungen besuchte, die ausschließlich für ihn gespielt wurden; einsam saß er im öden Haus in seiner Loge. Immerhin wird man es vielleicht verstehen können, daß er, ein übersensibler Mensch, an einer Vorstellung feinen Genuß hatte, bei der ein untertäniges Parterre seiner Hofloge mehr Beachtung schenkte als der Bühne. Absonderlicher war noch die Art und Weise, in der er die Aufführung zu beeinflussen trachtete. Er spielte nicht selbst wie Georg von Meiningen den Regisseur. Aber er griff doch hin und wieder umändernd in die Inzenierungen ein. Mehr noch als dem Meininger fam es ihm bei allen Aufführungen auf„ Echtheit“ an. Sein stärkstes Interesse galt historischen Dramen. Aber sie gefielen ihm nur, wenn ihre Borgänge nicht mit den geschichtlichen Ereignissen in Widerspruch standen. Mehr als einmal regte ihn auch die Lektüre eines ge= schichtlichen Werkes derart an, daß er diesen oder jenen Schriftsteller beauftragte, aus dem historischen Stoff ein Drama zu formen. Da die Autoren sich streng an die Vorlage halten mußten, fam natürlich nicht viel dabei heraus. Wie sehr Ludwig auf eine historisch getreue Darstellung bedacht war, davon geben die Lebenserinnerungen Bossarts ein anschauliches Bild. Es handelte sich um die Einstudierung eines auf Veranlassung des Königs von Heigel verfaßten Stüdes: Racines Esther in St. Cyr." Die Regie hatte die Hauptizene, eben die Aufführung des Racineschen Dramas durch die jungen Damen des Stiftes St. Cyr vor Ludwig XIV. auf eine Gartenterrasse gelegt. Und der Eindruck des Aktes mit seinen geschickten Aufbau von Hof und Darstellerinnen, mit seinen Lampions und Fackeln war höchst wirkungsvoll. Aber der König war nicht be friedigt. Möge Possart, der Regisseur der Aufführung, das Weitere selbst erzählen: Am Schluß der Vorstellung ließ der König mich benachrichtigen, ich möchte mich nicht zur Ruhe begeben, er würde mir nach der Rückkehr in seine Gemächer unfehlbare Zeugnisse schicken, daß ich diesen Vorgang falsch inszeniert habe. Um Mitternacht erschien dann auch der Bote mit einem umfangreichen fran zösischen Werte, aus dem hervorging, daß die Aufführung der Racineschen ,, Esther" in der großen Eingangshalle des Erziehungsinstituts von St. Cyr gespielt habe, daß ferner dem König Ludwig XIV. zur Rechten der fleine Prinz von Wales, zur Linken die Königin von England gesessen habe, der sich wiederum links die Dauphine und der Herzog von Orleans angeschlossen hätten usw. ,, Rönnen Sie mir bis übermorgen die Szene so herstellen, daß sie dem historischen Borgang entspricht?" Der Diener martete, ich las und schrieb Seiner Majestät, daß es mir mit Hilfe unserer trefflichen Maler und der schon vorhandenen Dekorationen wohl gelingen würde, seinen Wunsch zu befriedigen. Allerdings stünden der ge. münschten Inszenierung technische Bedenken entgegen, weil dabei Ludwig XIV . und die Königin von England durch die hinter ihnen aufgestellte Hofgesellschaft vollständig verdedt würden und Seine Majestät demnach von diesen beiden Hauptfiguren hier bloß den Rücken und die Allongefigur zu sehen bekäme. Der Bote fehrte mit meinem Bericht in das Schloß zurüd, und frühmorgens um 3 Uhr erhielt ich die Antwort: Es sei Seiner Majestät vollkommen gleidhgültig, ob die Gefichter Ludwigs XIV. und der Königin von England in dieser Szene von ihm gesehen würden oder nicht; er wolle nur den historischen Vorgang dargestellt wissen." So ging Bossart denn an die Arbeit, und der König war befriedigt.
C
Auch Wilhelm II. , der legte Breußenkönig und Deutsche Kaiser war ein großer Freund des Theaters. Kein Wunder: seine theatralische Natur mußte fich zur Bühne hingezogen fühlen. Er brachte allen Fragen der Spielplangestaltung usw. lebhaftes Interesse entgegen, er war auch häufig bei Proben anwesend und mischte sich in die Regie. Nach May Grube, der lange Zeit unter seiner Aegide am Hoftheater tätig war, hatte er dabei manchmal sogar ganz gesunde. Einfälle; in der Hauptsache bezogen sie sich freilich auf Aeußerlichkeiten, wie die Durchführung eines Aufzuges, eines Gefechtes und dergleichen. Von einem tieferen Kunstverständnis fonnte bei Wilhelm II. nicht die Rede sein: davon zeugt wohl am besten das Repertoire, das unter seiner Einwirfung gepflegt wurde: Der modernen Literatur blieb das Berliner Hoftheater verschlossen, dafür wurde ein Dramatiker wie Lauffs mit seinen patriotischen Schinken in den Vordergrund gerückt und Leoncavallo beauftragt, feinen„ Roland von Berlin " zu komponieren. Als Mar Grube zum ersten Male mit Seiner Majestät zusammen war, vertrat Wilhelm II. allen Ernstes die Auffassung, man fönne und solle Kleists ,, Prinzen von Homburg " spielen, aber unter Wegstreichung jener Szene, in der dieser Prinz vor dem Tode zurüdbebt. Ein Hohenzollernprinz darf eben feinen Feigheitsanfall haben. Mar Grube wagte es, den Kaiser darauf hinzuweisen, daß mit dem Herausstreichen jener Szene dem Stück geradezu das Herz ausgebrochen werden würde. Der Kaiser ließ Grube daraufhin stehen und hatte später mur die Bemerkung: Das ist ja ein verflucht gescheuter Herr!" Charatteristisch für die künstlerischen Ideen Wilhelms II. ist auch seine höchst persönliche Anordnung, wonach bei einer Festvorstellung im Anschluß an eine Oper noch der letzte Akt eines Lauffschen Machwertes gespielt werden mußte, aber ohne Worte, als Pantomime! Gerade die wilhelminische Periode der preußischen Hoftheater fann als eklatanter Beweis dafür gelten, wie unzeitgemäß im Lauf der Jahrzehnte die Hofbühnen geworden waren. Gerade im Hinblick auf die wilheiminischen Hoftheater begreift man, welchen Fortschritt die Revolution mit der Umwandlung dieser Bühnen in staatliche Institute brachte. Gewiß haben sich auch die Staatstheater nicht immer und überall als Begbahner großer, lebendiger, von freiheitlichem Geist getragener Kunst erwiesen. Einflüsse reaktionärer Regierungen und Parteien haben mitunter unheilvoll gewirkt. Aber betrachtet man die Stellung und die Leistungen der alten Hoftheater, so muß man doch sagen, daß mit ihrer Umwandlung in staatliche Bühnen ein neuer fortschrittlicher Geist zum Siege tam. Und nur mit tiefem Bedauern fann man hören, daß nun wieder einige dieser staatlichen Kunstinstitute gewiß nicht die schlechtesten der Wirtschaftskrise und der durch sie bedingten Sparpolitik zum Opfer fallen sollen.
-
-
-
Das„ Ohr" der Juseften. Durch verschiedene Versuche an Heuschrecken und Grillen ist mit Sicherheit festgestellt worden, daß die Infeften einen Gehörfinn befizen. Er befindet sich allerdings nicht, wie häufig angenommen wird, in den Fühlern, sondern in dem sogenannten tympanalen Sinnesorgan, das feinen Sig in den Schienen der Borderbeine hat. Durch verschiedene Erperimente murde 3. B. einwandfrei nachgewiesen, daß Grillenweibchen mit Hilfe dieses Organs das Zirpen der Männchen vernehmen.
Radio und Körpertemperatur. Die amerikanische Forscherin Dr. Hosmer hat feststellen können, daß sich bei Personen, die sich in der Nähe eines Radiosenders für Kurzwellen von 5 Meter Länge befanden, die Körpertemperatur innerhalb von 5 Minuten meßbar erhöhte. Es wird die Möglichkeit erwogen, diese Tatsache in der Medizin zu verwenden, um unter Umständen tünstliches Fieber zur Heilung verschiedener Krantheiten erzeugen zu fönnen,