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der anderen innerlich: Du Aas!" Am unter- aber viel Milch, Butter und Eier. Da brauchen Dem Jahr, das ging...

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Dem brachte es Krieg und jenem feinen Frieden, dich macht es arbeitslos, mich müd und krank, und Wen'gen nur der Freuden waren wen'ge nur beschieden das Jahr war viel zu lang,

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sten Tischende saß der Student Emmerich. Er Sie doch mit Ihrer Familie nicht zu hungern. fraß wie ein Scheunendrescher und redete so gut Der Bauer lachte böse auf. Ich muß alles ver­wie gar nicht. Wahrscheinlich war er froh, daß faufen, Butter, Eier, Fleisch und Milch. Für die Das Jahr war grau, Mama ihm die Einladung verschafft hatte, und Kinder bleibt nichts. Kaum ein Tropfen Milch. war eins der vielen grauen Jahre, daß er sich mal wieder ordentlich satt essen und es wird mir obendrein sehr schlecht bezahlt. die nun so lange schon an uns vorüberziehn, fomite. Er blidte gar nicht vom Teller Hoch. Mir schien, als ob dieje Seute mehr Grunto aum wir trauern ihm nicht nach an seiner Wahre, Mama betrachtete ihn manchmal zärtlich- Stöhnen hätten als jene neulich beim Professor und lassen klaglos es ins Nichts entfliehn, dies graue Jahr... traurig. Er hat schönes schwarzes Haar, das Fekete. Papa setzte seine würdigste Miene auf: muß man ihm lassen. Mama wird schon grau an, Ja, ja, das macht alles die Wirtschaftskrise." den Schläfen und macht sich bereits etwas über- lächerlich! Ich weiß ganz genau, woher die Not trieben auf jung. Sie nimmt entschieden zu viel bei uns in Ungarn   fommit. Es liegt nur an der Rouge. Bözsi nimmt niemals Rouge, auch tei- ungerechten Bodenverteilung. Ein paar Groß­nen Buder. Sie hat eine Haut wie ein Pfirsich. grundbesitzer haben alles, und die Masse der Als sie nicht mehr wußten, wovon sie reden Bauern hat nichts. Ich glaube, Papa weiß das follten, begann einer von der ,, Krise  ' zu spre- auch. Doch er hütet sich wohl, es zu sagen. Und Mama braucht das natürlich nicht zu chen. Nun klagten alle und sagten, wie sie sich Mama einschränken müßten und wie schwer sie es hät wissen. Dafür ist sie ja eine ,, mondäne" Dame. ten. Ich hielt es nicht mehr aus. Ich fragte: Bum Kozen! ,, Wenn es euch so schlecht geht, wie könnt ihr da immerfort reisen und Gesellschaften geben und so schöne Kleider tragen und so vielen Schmuck?" Bei dem Wort Schmuck sah ich Ilonka fest an, denn sie hatte das neue Diamantenkollier von Bapa um, es flimmerte, daß einem die Augen Die Leute lachten mich alle aus. Ilonka nahm mich auf ihren Schoß sie duf= tete penetrant nach Moschus und erklärte

weh taten.

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mir: ,, Das verstehst du noch nicht, du süßer

Range. dazu bist du noch zu flein."

In der

aber

Tat, das verstehe ich wirklich noch nicht, sicher wird es dann auch viele Erwachsene geben, die das nicht verstehen können. Zuletzt lang­weilte ich mich schauderhaft. So was von Dummheit und Borniertheit auf einem Haufen. Ohne Kognat hätte ich es nicht bis zum Schluß ausgehalten. Papa und Mama merkten gar nicht, daß ich mich aus Verzweiflung regelrecht be= trant. Sie waren zu sehr mit ihren Flirts be­schäftigt.

9. Dezember.

Ein sonderbares Erlebnis! Ich muß es

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eintragen. Gestern früh schneite es, und Papa und Mama beschlossen, mit mir einen Autoaus­flug zu machen. Papa ließ den Chauffeur zu Hause und steuerte selbst. Natürlich tam, was ich erwartet hatte. Nämlich eine Banne. Mitten auf der Landstraße konnten wir nicht weiter. Papa hob den Deckel vom Kühler hoch. Suchte und suchte. Doch er fand den Fehler nicht. ,, Laß mich mal nachsehen, Papa", meinte ich. Papa lachte. ,, Was verstehst du schon davon, du Dreikäsehoch." Ich zuckte die Achseln. ,, Na dann nich." Dabei wußte ich genau, woran es lag. Die Zündkerzen hatten sich ein bißchen gelockert. Der Schlosser, den Papa dann aus dem nächsten Dorf holte, bestätigte es.

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18. Dezember.

Heute habe ich mir was Schönes einge­brockt. Ich bin noch ganz aufgeregt. Ich schreibe mitten in der Nacht. Bözsi schläft tief und merki nicht, daß ich die Nachttischlampe angezündet habe. Also: des morgens kommt Papa zu mir ins Zimmer, gutgelaunt, wie immer, wenn er am Abend vorher bei Ilonka war und sagt: Du kannst mich heute in die Fabrik begleiten. Je früher du den Betrieb kennen lernst, der dir später gehören wird, um so besser." Ich hatte nichts dagegen. Ich freute mich sogar. Ich inter­effiere mich außerordentlich für Maschinen. Wir gingen gegen zehn Uhr in die Fabrit und traten einen Rundgang an, begleitet vom ersten Direk­tor und dem Oberingenieur. Die Maschinen ge­fielen mir sehr, aber die Menschen, die sie be­dienten, gefielen mir gar nicht. Sie waren so blaß und betrachteten mich finster. Auch redete man allerlei hinter unserem Rücken, was ich leider nicht verstehen konnte. Aber ich fühlte instinktiv: es war nichts Gutes.

Nachher fand eine Konferenz statt, an der

dies graue Jahr...

Du hast gehofft, es würde besser werden, mit jedem Tag, der kam, mit jeder Nacht, die floh. Du wünschtest dir ein bessres Los auf Erden, und vielen andern ging es ebenso. Doch blieb das Grau

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Jetzt steht ihr ratlos da, was soll man sagen?

Das Jammern hat am Ende keinen Zwed, die Worte ändern nichts und nichts das Klagen, der Pfarrer sagt: was euch bestimmt ist, müßi

ihr tragen.

Auch nächstes Jahr? Noch manches Jahr...? Schert euch nicht drum,

wie schnell kann sich das Ganze ändern, der Nacht folgt Licht, dem Grau das Morgenrot, es zuckt bedenklich an der Rede Rändern, wer gestern siegte, fühlt sich heut bedroht.

Steht nur zusammen!

laßt den Mut nicht sinken, mit Einigkeit trott man dem stärksten Feind, wir wollen dieses Glas der Freundschaft" trinfen,

Auch nächstes Jahr.

und alle, die da kommen,

fest sei das Wollen, unser Denken kühn und

frei,

ihr Brüder, denen man das Menschenrecht wir wissen euch im Geist dabei!

was du erleben wirst!"

genommen,

Katja.

20. Dezember.

ich auch teilnehmen durfte. Allerdings mußte ich hier das Gelöbnis: bleiben wir vereint! mich wie gewöhnlich in eine Ecke seßen. Das ist nun mal mein Schicksal. Trotzdem paßte ich gut auf und ließ mir kein Wort entgehen. Um den Konferenztisch saßen alle Direktoren und Inge­nicure der Fabrik. In der Mitte thronte Papa. Später flopfte es an die Tür, und zwei ältere Arbeiter traten herein. Sie trugen ihre Müßen in der Hand. Sie sagten Papa, fie müßten min­destens zwei Filler Lohnzulage pro Stunde haben. Sonst könnten sie nicht existieren. Papa jammerte. Das wäre unmöglich, das sei sein Ruin. Die Männer mit den Müßen in der Hand preßten die Lippen zusammen. Aber ihre Blide Naseweisheit, jest ist Schluß damit. Paß auf, schienen mir sehr verächtlich. Auch ich sah ver­Inzwischen fiel immer mehr Schnee. Mama ächtlich auf Papa. Wie kann ein Mann nur so fror schrecklich, troß ihrem dicen Belz. Wie jammern, sich so drehen und winden. Schließlich empfindlich doch solch ein berzärteltes weibliches fetzten die Arbeiter mit Mühe und Not einen Wesen ist. Eine Bauersfrau, die vorbeikam, die Filler Lohnzulage pro Stunde durch. Da packte Kiepe auf dem Rücken und die Hände unbe- mich die Wut. Ich sprang auf, ging geradewegs handschuht, bot uns an, in ihrem Hause zu war- auf Papa zu und schrie empört: Papa, ich ten, bis das Auto wieder in Ordnung sei. Wir finde dein Benehmen äußerst schäbig. Ein Filler, liefen eine halbe Stunde, bis wir dort waren. Das ist zu wenig. Sieh doch, diese Männer! 2ie In dem Haus, eigentlich eine Hütte, gab es nur blaß und verhungert sie sind. Wenn du der dicken einen Raum. Da war alles drin: Kinder, Ilonka ein Diamanten- Kollier für 5000 Pengö Schweine, Ziegen, Hühner, Hunde und Katzen. Kinder zählte ich allein zehn Stück. ,, Wie lustig ist es hier", rief Mama und Klatschte in die Hände. Ich hätte sie verprügeln mögen. Doch ich schwieg und dachte mir mein Teil. Wie kann man nur so oberflächlich urteilen. Ein Blick ge= nügte, und ich erkannte sofort, daß den Bewoh­nern dieser elenden Hütte gar nicht luftig zu Mute war. Richtig. Der Bauer begann Papa bald sein Herz auszuschütten. Er flagte über die schlechten Zeiten. Mama meinte: Sie haben

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Schenken kannst, dann kannst du auch den Arbei­tern zwei Filler Lohnzulage geben. Jetzt weiß ich, warum die Leute so schlecht aussehen und warum sie so finster sind. Nein, damit du's nut weißt: ich will die Fabrik einmal nicht haben."

Da aber hagelte es schon von rechts und links tüchtige Ohrfeigen. Papa nahm mich beim Kragen, schleppte mich in sein Privatkontor und brüllte, während er mir die Hosen herunterzog und den blanken Hintern versohlte: Du früh reifer Aff, jetzt habe ich aber genug von deiner

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Es ist kurz vor Weihnachten, und darum fann ich wohl bezeichnenderweise sagen: eine schöne Bescherung! Denn jetzt weiß ich bereits, was ich erleben werde. Gleich nach Neujahr soll mich Professor Fekete operieren. Ich habe an der Tür gelauscht, als er bei Papa war. Der Professor fagte, ich sei einer seiner interessantesten Fälle. ( Herzlichen Glückwunsch.) Seine Diagnose lau­tet: Ernö ist physisch und psychisch überent­wickelt, besonders die Bildung des Schädels hat Dimensionen ins Anormal- Enorme. Dem ent­sprechen seine Veranlagungen und Gelüste, seine Fähigkeiten und die sexuelle Reife.( Wenn das Bösfi wüßte, ob sie dann so ruhig mit mir in einem Zimmer schliefe?) ,, Aber", sagte der Pro­feffor dann wörtlich, ich habe es mir genau ge­merkt ,,, das alles wäre ja noch nicht so schlimm. Doch Ernös größte Abnormalität ist seine ge­radezu peinlich- kritische Beobachtungsgabe. Diese aber muß jedem Erwachsenen unserer Gesell­