Feierabe

Feierabe

Nr. 16

Sinterhaltungsbeilage.

1929.

Butoire schlief auf dem Grund des jchmalen Vorpostengrabens zehn Schritte war er lang und nur einen Schritt breit Der Soldo! lag en mengerodt wie ein Murmeltier in seiner Hölle auf der nafn Boden.

Er war ein guter Soldat und ein guter Mensch, aber er hatte eine Schwäche für Effen und besonders für Trinken. Alle Stunden, bei Tag und bei Nacht, trant er aus seiner Feldflasche, manchmal sogar noch öfter. Natürlich sagte er sich, daß er unking handic; aber er sagte es sich erst, wenn seine Feldflasche und infolgedessen, nach den Ge­sezzen der Logit, auch seine Börse leer war. Wenn er getrunken hatte, tat es ihm immer leid. Er schüttelte den Kopf, runzelte die Augenbrauen und murmelte: Das war nicht recht!" Seine Zertuirschung war echt. Selbst wenn er einen Affen" hatte, schlief er niemals ein, ohne reumütig an Adele, sei ne Frau, und an sein fernes Gärtchen zu denken, in dem rings unr einen Tisch chine­sische Astern blühten.

Butoire.

Von Henri Barbuſſe  .

Butoire gab nach. Zuerst trant er nur ganz wenig, eigentlich gar nichts; er berührte die Flasche nur mit dem Munde.

Es war eine schöne Feldflasche. Sie faßte zwei Liter; in jener Zeit waren so große Feldflaschen an der Front selten. Sie hatte früher einem Maroffaner gehört. Ein geschickter Kolbenschlag hatte ihr Fassungs­vermögen auf zweinudeinhalb Liter erhöht.

Die Kameraden wußten es, nicht aber die Staufleute, so daß Butoire, wenn es in der Etappe Wein vom Faß gab, immer noch etwas betrunkener war als die andern.

Sergeant Metreure sab sich im Halb Dunkel die vier Leute an, mit denen er auf Patrouille gehen wollte. Butoire lehnte am Rand, hieit sich trampfhaft aufrecht und be­mühte jich um gute Haltung. Der fleine Trupp fietterte aus dem Loch und zog ge­duckt und mit gebeugten Knien los. Butoire war der letzte. Er fühlte fich unsicher und patschte im Dunkeln durch den Schmutz, als ob er Wasser wäre. Mit zähem Willen hielt er sich aufrecht. Er durfte die Verbindung Un'erdessen trochen erst Füße und dann mit der Vatronille nicht verlieren. der wachthabende Sergeant Metreure aus Die Trunkenbeit, gefördert durch die fri­dem fieinen, niedrigen Unterstand; der Ein- sche Nachtluft, umnebelte seine Sinne. Er gang war so eng, daß ein Taschentuch dazu kam sich vor wie auf hoher See. Die Füße genügt hätte, ihn zu verhängen. Der Macht wurden ihm schwer und zoaen ihn zur Erde. habende schlich zu den Soldaten und fragte: Er war noch keine zehn Minuten gegangen, Nun, was gibt's, Kinder?" Und dann: als er an das Flußufer kam, das er faunte. Wer kommit heute nacht mit auf Ba Da merkte er, daß er die andern verloren trouille?" hatte, und fübite voller Angst, wie er im Ge­hen einschlief.

Zu Befehl, Herr Sergeant!" meldete fich Butoire. Auch andere meldeten sich: ,, Zu Befehl, ich gehe mit!"

Schließlich trübten sich seine Gedanken, durch seinen Kopf liefen noch schwache Spu­Als der Abend sich verabsentte, saß Buren des Willens; aber bald fielen ihn die toire in seinem Grabenloch und begann, sich Augen zu, und er schlief ein. Als er aus gemütlich vorzuberei en. Er unterichte sein einem wuſten Traum wieder erwachte, Gewehre u. seine Schubriemen. Der Himmel brannte sein Gesicht, in seinem Schädel häm  war leicht ge rübt und die Stern. leuchte- merte wilder Schmerz, und brennender Durst ten nur verschwommen. Sie wurden von dem peinigte ihn. Er wußte nicht mehr, wo er glühenden Gewirr der Granaten überstrahlt. war, und taum noch, wer er war.

Jezt schlichen ein paar Schatten auf den kleinen Posten zu. Sie hielten sich platt an der verwüsteten Erde und schleppten eine Last mit sich. Bald verbreitete sich der Geruch von warmer Suppe.

glaubte, die Augen müßten ihm aus dem Kopf treten. Als er die Höhe erreicht hatte, welche die Aisne   beherrschte, drang ein frem der Gesang über den Fluß.

Diesen Weg entlang bewegten sich Schatten durch die Nacht es mußte eine denische Patrouille sein.

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Die Patrouille schlich über die Wölbung eines großen, schwarzen Gebildes, das die tintigen Wasser des Flusses überspannte. Es war die Brüde von Pasly. Butoire erkannte sie troß der dunklen Nacht so deutlich, daß er ihren Namen nur schandernd aussprach. Ein Fröfieln überfiel ihn.

Aber plötzlich richtete sich seine gespannte Aufmerksamkeit auf das Geräusch, das er schon vorhin gehört hatte, und das inzwi­schen herangekommen war. Seine Blicke ta­steten durch die Dunkelheit.... Da sah er, faum zwanzig Schritte unter sich, einen Deutschen, der langsam auf den Knien den Abbaug erkletter: e.

Der feindliche Soldat hielt sich rechts im unruhigen Schatten der Uferböschung vor den starren Augen Butoires. Der hatte in­zwischen das Gewehr angelegt, zielte nur flüchtig auf den näherkommenden Körper und schoß. Der Deutsche, der auf allen Vieren vorwärtsgekrochen war, sant zusammen und blieb liegen.

Der Stuall schlug mit langem Echo durch die Nacht. Nun fühlte sich Butoire beruhigt und spürte auch, wie der Weinrausch aus sei­nem törper wich. Eine Weile lauschte er mit angehaltenem Atem. Ein vaar Kanonen­schüsse donner en jeder Schuß schien einen zweiten auszulösen und aus den Rohren blinie bei jedem Schuß ein roter Strahl. Sonst war alles ruhig.

Er enijann sich seiner Pflicht, sich um die Beute zufümmern und sie zu durchsu chen. Tann wollte er zur Stellung zurück­fehren. Das war ein Kinderspiel. Butoire Da ich ihn ein Geräusch aufhorchen, freute sich, daß man ihm unter den Bedin­das durch die schredliche Nacht au jein hr gungen feinen Vorwurf machen würde, die drang. Sein Instinft, in mancher Nachtwache Patrouille verlassen zu haben. geschärft, arbeitete trou des wirren Durch einanders seiner Gedanken. Er war vielleicht Die Abteilung brachte Linsensuppe und so sehr war er gewöhnt, stets zu horchen auch Wein. Butoire faufte jich Wein, weil durch das Geräusch aufgewedt worden. er die Linsensuppe nicht mochte. füllte seine Er fübite, daß etwas Gefährliches geschah. Feldflasche und legte sie neben sich. Sie war Augeefelt und ächzend froch er mit edi verkorti und schien mit ihm zu liebäugeln. I gen, unsicheren Bewegungen vorwärts. Er

Mit aller erdeutlichen Vorsicht schlich er auf Händen und Knien vorwärts, schob das Gewehr immer vor sich her, überkroch ganz flach an der Erde die Böschung und stieg auf der andern Seite wieder hinunter. Er gelangte schließlich zu dem Deutschen. Der Mann war tot. Seine Hirnschale sah aus