Immer die Hauptkunft der Londoner Boltttter: aus allem and jedem ein Geschäft zu machen, die Weltpolitit nach ehrsamen faufmännischen Regeln zu leiten. Allein die Zeiten, da die kapitalisttSchen Staatententer allein nach ihrem Gutdünten über das Schidfal ber Welt entschieden, sind vorüber. Heute muß sich England non Sowjetrußland sagen lassen, daß es eine Vermittlung ablehnt, bisher schon mit drei Randstaaten Frieden geschlossen habe und Polen bessere Grenzregulierungen gewähre als sie der englische Vermittlungsvorschlag vorsehe.
Ob Lloyd George diese Politit seitens eines Siegerstaates versteht, wisten wir nicht. Umso besser wird sie das internationale Proletariat verstehen, das immer mehr in dem neuen Geist, der aus dem Often weht, seine kommende Befreiung ahnt. Und so mag auch das tschechische Proletariat sich trösten, wenn ein Teil seiner Brüder im Teschener Plebiszitgebiet der imperialistischen Kuhhandelspolitik der Ententemächte geopfert wird; es ist nur ein 3 wischenspiel, das da auf der Weltbühne abrollt und nicht mehr fern ist der Tag, da die Götterdämmerung anbricht für jene, die sich noch heute als die Herren der Welt wähnen!
Die Neuregelung der Kohlenwirtschaft im Sinne des Bürgertums ist die Erhaltung der fapitalistischen Ausbeutung. Die bürgerlichen Parteien sind sich also immer noch nicht darüber im flaren, daß es der unerschütterliche Wille der Bergarbei terschaft ist, die Förderung der Kohlen nicht eher zu steigern, als bis sie sichere Gewähr dafür haben, daß die Beseitigung der tapitalistischen Ausbeutung im Bergbau vor fich geht.
Neue Steuerdrückebergerei
Mit aller Entschiedenheit suchen sich die Besitzenden vor dem Steuerzahlen zu drüden. Die Besitzsteuern, die im vergangenen Jahre beschlossen sind, stehen auf dem Papier. Aber auch die Eintommensteuer soll nach den Wünschen gewisser tapitalistischer Kreiſe für die Besitzenden möglichst unschädlich gemacht werden. Jm Reichstag haben einige demokratische Abgeordnete eine Anfrage an die Regierung gestellt, die betont, daß die Bestimmung des Einkommensteuergeseges, wonach das Jahreseintommen d. J. 1920 doppelt als Grundlage der Besteuerung dienen soll, wachsende Beunruhigung hervorgerufen hat. Die Tatsache an fich ist richtig. Sie ist auch eine Gefahr für die Fest besoldeten, die ja gerade beim Reichseinkommensteuers gesetz
Verlängerung der Kohlensteuer gefeß durch den Abzug bis auf den letzten Pfennig ihres Ein
Die drückende Belastung, unter der das Wirtschaftsleben infolge der ständigen Steigerung der Kohlenpreise außerordentlich leidet, wird durch die Verlängerung der Kohlenstener auf dreiviertel Jahre, die der Reichstag gestern im Widerspruch zu ben beiden sozialdemokratischen Frattionen beschlossen hat, festgelegt. Die bürgerliche Mehrheit hielt mit zäher Energie an dieser in diretten Steuer fest: Sie enthielt sich im Plenum feber Stellungnahme zu der Vorlage, weil jedes Wort, das sie hätte aussprechen tönnen, eine innere unwahrhaftigteit dargestellt hätte.
Während die Bürgerlichen alle zusammen in der Deffentlichkeit bauernd über die Belastung, der das Wirtschaftsleben ausgesetzt ist, jammern und Preisabbau fordern und ein großer Teil von ihnen vorgibt, gerade für den Schutz der fleinen Unters nehmungen einzutreten, die durch diese Kohlensteuer besonders start belastet werden, haben sie durch ihre Abstimmung bewiesen, daß das alles nur Bortäuschungen sind, um zu vermeiden, daß sie bie ungeheuere und täglich gewaltig ansteigende FinanzIaft des Reiches ausschließlich auf die Schultern der breiten Massen der Bevölkerung abgewälzt sehen wollen.
Neben den großen schweren Schädigungen, die das Wirtschaftsleben jeder Entwidlung und Hebung der Produktion entgegen stellt, ist es vor allen Dingen die Tatsache, daß diese Steuer neben der Untersteuer die unsoaia Iste ist, die auch die Verlängerung ouf wenige Monate unerträglich macht. Aber das wollen ja gerade die Bürgerlichen . Die Besitzsteuern gehen in ganz untergeordnetem Maße ein. Selbst der Finanzminister Wirth erklärte im AusSchug bei der Beratung der Kohlensteuer, daß er in diesem Jahre auf ganz geringe Eingänge aus den Besitzsteuern rechne. Das Defizit des Reichssädels werde deshalb gewaltig groß sein. Um das zu deden, müsse er unbedingt die Kohlensteuer haben. Die Besit steuern stehen also, wie wir immer gesagt haben, auf dem Papier, während die indiretten Steuern, also diejenigen Steuern, die die Massen belasten, wie die Reich sein tommensteuer, eingehen und sie allein die Grundlage für die Staatsfinanzen im ganzen laufenden Haushaltsjahr darstellen. Um an diesem Zustand festzuhalten, lehnten die bürgerlichen Barteten, trotzdem sie fachlich alle Gründe anerkennen mußten, wie ste der Antrag der Unabhängigen und ein in der Sache gleichartiger der Rechtssozialisten forderte, die Begrenzung ber Kohlensteuer auf den gegenwärtigen Kohlenpreis ab. Wenn biese Abstimmung irgendeinen Sinn haben soll in einem AugenBlid, in dem durch den Einspruch der Regierung die Kohlenpreiserhöhung vermieden wird, so nur den, daß die bürgerlichen Bar teien trotzdem auf neue Breiserhöhung für Kohlen rechnen und so nicht die Möglichkeit entgehen lassen wollen, auch für diesen neuen Preis die Kohlensteuer zu erheben, damit anstatt des un gebeuren Betrages von 4% Milliarden Mart noch 2 oder 3 MilHarden Mart mehr als ihr Ergebnis zu verzeichnen find. Es ist bei dieser Sachlage selbstverständlich, daß auch der unabhängige Antrag, der die Kohlensteuer in der im Jahre 1917 zuerst be
tommens zur Steuerzahlung herangezogen werden.
Möglichkeiten zur Steuerbrüdebergerei offen. Eine Mög Für die Richtfestbesoldeten läßt das Einkommensteuergesetz viele lichkeit, die die Besigenden sicherlich in großem Umfange benuten werden. Die Anfrage der Demokraten will diesem Bestreben Borschub leisten und ihm das Mäntelchen der Legalität umhängen. So regt die Anfrage an, die Veranlagung nicht nach dem Ergebnis nur des Vorjahres, sondern nach einem dreijährigen Durch= schnitt erfolgen zu lassen. Da das nur für die Richtfestbesoldeten in Betracht tommen würde, wäre damit eine wesentliche Milderung des Einkommensteuergesetes für diejenigen geschaffen, die ohnedies von ihm mit Samtpfötchen angefaßt wor den sind.
Die Arbeiter, Angestellten und Beamten werben deshalb mit großer Aufmerksamkeit auf die Antwort des Finanzministeriums auf diese Anfrage schauen müssen. Auch nur der Versuch, den Münschen der Kapitalisten zu entsprechen, müßte ihren entschlossenen Widerstand hervorrufen.
( Eigene Drahtmeldung der Fretheit.)
Zittan, 30. Jull. Heute nachmittag fand in 3ittau in Sachsen eine Rundgebung der Arbeiterschaft statt, die ihre Solidarität gegenüber Sowjetrußland aussprach und die Arbeiterschaft aufforderte, den Transport von Waffen und Munition zur Kriegsführung gegen Ruß land mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu verhindern. Im Anschluß an diese Veranstaltung wurde Bericht erstattet über eine in der vorigen Woche in die Wege geleitete Attion zur Herab: Jegung der Lebensmittelpreise. Nach der Berichterstattung teilte einer aus der Mitte der Versammlung mit, der Lebensmittel händler 6 ch i wny habe auf Borhaltung wegen der teuren Wurft preise gesagt, wenn die Arbeiter fie nicht bezahlen tönnten, bann Sollten sie Sägespäne fressen. Darüber wurde die Menge un geheuer erregt; einige Tausende zogen vor das Geschäft des Ge nannten, dieser wurde auf die Straße geholt und durch. geprügelt. Sodann wurde ein großer Teil der im Laden vorhandenen Lebensmittel unter Kontrolle einiger Leute aus der Menge zu herabgelegten Breisen verlauft. Bald darauf rückte die Polizei heran, fie wurde aber schnell von der Menge zurückgedrängt. Eine halbe Stunde später zog die Sicherheitswehr, mit Maschinengewehren und Sandwaffen an, ging aber auf eindringliche Auseinanderfegung einigez unserer Parteigenossen in die Kaserne zurüd. Nach und nach lam die Menge den fortgesetzten Aufforderungen unserer Genossen, sich nach Hause zu begeben, nach, nut etliche Reugierige
chlossenen Söhe zu belaſſen forderte, feine Zustimmung fand, nicht standen noch in Gruppen in lebhafter Distuffton beisammen. Es
einmal die der Rechtssozialisten.
Daß auch gestern genau wie vor einigen Tagen eine Ent Ichließung, die legt die Rechtssozialisten eingebracht hatten, bie Regierung zu ersuchen, dem Reichstage innerhalb brei Mo naten Vorschläge über die Sozialisierung des Kohlenbergbaues und des Kohlenhandels zu unterbreiten, nur die Zustimmung der beiden sozialdemokratischen Frattionen fand, ver dient hervorgehoben zu werden. Bet diejer Tatsache will es natür lich nur wenig bebeuten, daß die Entschließung angenommen wurde, die die Regierung auffordert, mit größter Beschleunigung Gutachten der Sozialisierungskommission, des Reichstohlenrats und des Reichswirtschaftsrats über die Sozialisierung des Kohlenbergbaues herbeizuführen und nach Eingehen dieser Gutachten dem Reichstag eine Borlage über die Neuregelung der Kohlenwirts schaft zu unterbreiten.
Bon A. Lunaticharstt
Die Fragen der proletarischen und der sozialistischen Stultur wurden wiederholt hin und her besprochen, wobei des öfteren verschiedenartige Begriffe verwechselt wurden. Es fanden sich sogar geistreiche Köpfe, die behaupteten: die sozialistische Kultur stehe eigentlich in leinem Zusammenhang mit der proletarischen Kultur. Jeder Gedante an eine, wenn auch teilweise Verwirklichung der fozialistischen Kultur innerhalb der tapitalistischen Gesellschaft set ein gemeiner Opportunismus, ein Bernsteinismus auf fulturellem Gebiete.
einzubringen.
Der Beginn der Verwirklichung der sozialistischen Kultur lönne nur einfegen gleichzeitig mit der gänzlichen Umstellung der Wirt fchaft auf eine fozialistische Basts. Dann nähme sie aber feinen proletarischen Charatier an, denn der Sozialismus bedeutet doch Die Bernichtung der Klaffen, also auch des Proletariats; die sozialistische Kultur tönne nur eine allgemein menschliche sein. Sinter einer solchen Fragestellung stedt mehr eine Sucht nach Geistreichelei als der aufrichtige Wunsch, in das wichtige Problem Das Proletariat ist der Träger des Sozialismus. Es tann thn nur allmählich verwirklichen, denn ber Sozialismus tann nicht mit einem Male ins Leben gerufen werden. Die sozialistische Revolution fann sogar in einem Tag geschehen, jedoch ist die Um gestaltung der fapitalistischen Ordnung, die für den Sozialismus reif geworden ist, in die neue Gesellschaftsordnung, die uns vor Schwebt, eine langwierige Sache, und es ist ein großer Unsinn, zu benten, daß das jozialistische Schaffen des Proletariats erst nach feinem endgültigen Siege über den Kapitalismus beginnt. Auch nach dem Siege wird es nicht ein Demiurg sein, der eine neue Welt erschafft, auch nach dem Siege wird es, wie wir es an uns felbft jekt erleben, einen angestrengten und hartnädigen Kampf führen müßen. Nach dem Siege behält es die Waffe der Staats gewalt in feiner Hand; aber noch lange wird ein objektiver Be obachter nicht sagen fönnen, ob das Proletariat der stärkere Gegner ist, und ob es ihm gelingen wird, feinen Sieg zu befestigen.
Natürlich wird die sozialistische Kultur nur auf eine bestimmte Art und in fleinem Maßstabe gefchaffen, folange bas Proletariat Die unterdrückte, sich empörende klasse ist; auf eine ganz andere Art und in viel breiterem Maßstabe, sobald es die Diktatur über die teilweise schwankende, teilweise gänzlich fonterrevolutionäre, nur auf die Vergangenheit zurückblidende Gesellschaft ausübt; auf eine dritte, lichtvolle eise und in einem ungeheuren Maßstabe, nachdem es den Staat als eine abgstaue Antiquit in ein archäoTogliches Museum fedon und feine Ciens als roletariat aufgeben fenn, wenn es bie gange Menfelt in eine Arbeitsgemein fchaft umgestaltet hat.
schien, als ob nunmehr alles vorüber sei. Da rüdte gegen 9% Uhr die Sicherheitswehr nochmals an und gab Feuer. Ob Leute verlegt wurden, ließ sich bei Abgang dieser Nachricht noch nicht fest stellen, doch wird auf das Bestimmtefte behauptet, ein Mann set schwer verletzt. Die Zugangsstraßen zu dem Geschäft sind durch Sicherheitswehr scharf abgesperrt.
Ridgang der Roholproduktion in Rumänien . Die rumänische Regierung hat angeordnet, daß Petroleum von jetzt ab nur noch an Lebensmittelbetriebe, Elektrizitäts- und Wasserwerke geliefert werde. Andere Betriebe bekommen bis auf weiteres in folge der geringen Rohölproduktion tein Petroleum mehr zugewiesen.
Als Rußland noch unter dem Szepter der Zaren stöhnte, habe ich diese Wahrheiten festgestellt und stritt mit Herrn Botresow über die proletarische Kultur. Er bemühte sich zu beweisen, daß bas Proletariat unfähig fei, in der Periode des politischen Kampfes feine Kultur zu schaffen, daß die Kultur für das Proletariat nur den Zugang zu den wissenschaftlichen Problemen bes deute, während ein proletarisch fünstlerisches Schaffen, bie Ausarbeitung einer proletarischen Ethit, nur ein Luxus für die Arbeiterklasse set. Diese legteren Waffen brauche bas Broletariat nicht, sie jeten auch unerreichbar für diese Klasse. 3war hat die Bourgeoisie schon in der Vorbereitungsperiode ihrer Revolution eine solche Kultur zu schaffen vermocht; fie war aber niemals in dem Grabe entrechtet wie die Arbeiterklasse. Ich wies darauf hin, daß die Waffe der proletarischen Kuitur, daß ein tiefes Bewußtsein des sozialistischen Ideals, daß fein Eindringen in alle Ge
biete des menschlichen Lebens, eine äußerst wichtige Sache sei, daß das Proletariat schon instinktiv diese Angelegenheit nicht in die dunkelfte Ede rüden werde, daß eine ungenügende Aufmerksamkeit dunkelste Ede rüden werde, daß eine ungenügende Aufmerksamkeit dieser Frage gegenüber zwar eine bittere Notwendigkeit fel, bas man aber diese Frage nicht gänzlich vernachlässigen dürfe, daß man vielmehr die Notwendigkeit unterstreichen müsse, die wachsenden Kräfte der Arbeiterklasse auch auf dieses Gebiet zu lenten. Gegenwärtig stellt sich das Problem in einem ganz neuen Lichte dar. Einerseits ist das Proletariat in fultureller Sinsicht noch nicht reif. Es gibt noch teine, vielleicht nur sehr wenige prole tarische Ideologen. Keiner von uns fann, wenn er ganz aufrichtig fein wiù, sagen, was das Proletariat bis jezt Neues, radikal Wichtiges in die Gebiete der Philosophie und Naturwissenschaft hineingetragen hat; diese Gebiete werden in Zukunft unbedingt mit den hohen Grundlagen der proletarischen Soziologie und Detonomie in Cintlang gebracht werden, jedoch hat der proletarische Gedanke fich auf diesem Gebiete bisher noch wenig betätigt. Wie wird die proletarische Kunst sein? Dafür gibt es vorläufig nur ganz schwache Andeutungen in den manchmal sehr begabten Erstlingswerten, jenen ersten Lerchen der proletarischen Dichtung, die über unseren Köpfen den Gewitterhimmel voller Wolten und Blige durchschwirren.
Das Proletariat muß die Arbeit an der Schöpfung der proletarischen Kultur fortsegen, um mit einem möglichst breiten Strom neuer, bestimmter Werte, die den Stempel des proletarischen Ge bantens tragen, die sich überall vorbereitende fünftige Ordnung bes triumphierenden Sozialismus zu befruchten.
Der Sozialismus wird in die feinsten Abern der Gesellschaft um so schneller einbringen, er wird den bürgerlichen Schmutz und den fleinbürgerlichen Staub um so schneller von sich abschütteln, je mehr der proletarische Genius feine Kräfte auf diese Gebiete Tenten wirb.
Gleichzeitig fann das Proletariat an den Kulturstätten nicht vorbeigehen, die ihm die Vergangenheit als Erbschaft hinterlassen
Der polnische Frontbericht
Nach dem nenesten polnischen Heeresbericht, der reichlich un flar gehalten ist, haben die Sowjettruppen weitere nennenswerte Erfolge erzielt. Sie sind über Osowiec hinaus auf Lomza vorgestoßen, die Vorhüten haben bereits die Stadt berührt, sollen aber von den Polen wieder verjagt worden sein. Der polnische Heeresbericht meldet des weiteren Umgruppierungen, er spricht von neu bezogenen Stellungen, ohne die Orte näher zu benennen. Das läßt auf eine ziemlich starte Berworrenheit an der Front schließen, denn Umgruppierungen und die Einnahme von neuen Stellungen find immer die Folge von schweren Niederlagen. Wichtig ist das Eingeständnis, daß die Rote Armee vor der Narewlinie steht. Da diese nicht frontal angegriffen, sondern in dem Raume zwischen der ostpreußischen Grenze und dem Festungsgürtel im Rüden gefaßt wird, ist mit ihrem baldigen Fall zu rechnen, wenn nicht die Waffenstillstandsbedingungen, über die seit gestern abend verhandelt wird, von den Bolen angenommen werden.
Durch den schnellen Vorstoß über Olowiec hinaus auf Gra jemo( bei Lyt) und Kolno ( bei Johannisburg ) haben die Russen die sich noch in dem Raume vor Augustowo und Suwalki befindlichen polnischen Truppen abgeschnitten. 2000 Polen sind bei Prosten über die ostpreußische Grenze getreten, sie wer den dort entwaffnet. Die Russen haben bisher überall die ostpreußische Grenze respektiert. Ihre Borhuten streifen längs der Grenze in südlicher Richtung. Jede andere Attion wäre für die russische Armee ohne militärischen Wert, ganz abgesehen davon, daß die Sowjetregierung nicht daran denkt, die deutsche Neutrali tät zu verlegen. Bor Sensationsnachrichten sei deshalb ausdrüc lich gewarnt. Ostpreußen ist in feiner Weise gefährdet.
Das Boulogner Abkommen
HR. Paris, 31. Jufi.
Der„ Eclair" veröffentlicht den Wortlaut des Abkommens von Boulogne . In Artitel 1 vereinbaren die beiden Regierungen, die Kommiffion für Wiedergutmachung einzuladen, die Ausführung ber Spaaer Abtommen bezüglich der Kohlenlieferungen und der Borschüsse zu regeln. In Artitel 2 wird gesagt, daß die Kom mission für Wiedergutmachung von den Regierungen beauftragt wird, diese Vorschüsse zu geben und alle Kreditablommen, die mit der Kohlenlieferung verknüpft sind, u regeln. Die Kommission stellt den Betrag der Vorschüsse feft. Artitel 3 sagt, daß Deutschland am 1. September 1920 der Kommission für Wieder gutmachung deutsche Schaganweisungen im Betrage von 60 Mil fionen Goldmart, die am 1. Mai 1921 rüdzahlbar sind und mit 6 Prozent verzinst werden, überweisen muß. Artitel 4 regelt den Bertauf dieser Schaganweisungen. Es wird festgestellt, daß die Kommission für Wiedergutmachung einen Auftrag der betref fenden Regierungen erhalten hat, sich auf Basis dieser Schat anweisungen die Gelder zu beschaffen durch Berkauf der deutschen Schahzanweisungen mit oder ohne Indossierung der betr. Regie rungen. Artitel 5 behandelt die Wirkung der Steinkohlenlieferungen, bie Schaffung der Vorschüsse und die Anwendung deutscher Schatzscheine. Die Kommiffion für Wiedergutmachung fann vorläufig einen Betrag der monatlichen Vorschüsse an Deutschland auf Grundlage von 40 Goldmart pro Tonne feft stellen, und zwar auf das Quantum Steinfohlen, das Deutschland im Uebergangsmonat geliefert hat.
Die Kohlenvorlage in der französischen Kammer TU. Basel, 31. Juft.
In der gestrigen Berhandlung der Bariser Stammer über die Kohlenvorschüsse an Deutschland bat ber Berichterstatter der Finanztommission Botanowsti bie Vorlage zurüdzuweisen. Nach mehreren anderen Rebnern erhielt Millerand das Wort. Er befürwortete in längerer Rede die Annahme der Vor lage und schloß: Wenn Sie die Vorlage zurückweisen, übernehmen Sie nicht nur die Verantwortung für eine Kohlentrise in Frant reich, Belgien und Italien , sondern eine höhere Verantwortung wie je zuvor. Die Rede Millerauds wurde mit stürmischem Bei fall auf fämtlichen Bänken, ausgenommen die der äußersten Lin ten, aufgenommen. Die Vorlage wurde darauf angenommen.
Die Anrechnung des Steuerabzugs. Auf wiederholte Anfragen bezüglich der Auslegung des Artikels 2, des Gesetzes vom 21. Jult über die ergänzende Regelung des Steuerabzuges vom Arbeits lohn wird von amtlicher Stelle folgendes mitgeteilt: Die bis zum 1. Auguft gemachten Abzüge fönnen auf die nach dem neuen Geset einzubehaltenden Beträge nur dann und nur insoweit anges rechnet werden, als sie höher waren als die Summe, die sich nach dem neuen Tarif ergeben würde.
Der englische Anteil an den Kohlenvorschüssen. Ein heute her ausgefommener Voranschlag sieht für den englischen Anteil an den Vorschüssen für die deutschen Kohlenlieferungen innerhalb eines Jahres, endigend März 1921, die Summe von 5 Millio nen fund vor.
hat; es tann nicht den riesenhaften, wissenschaftlichen und Lehr apparat, wie ihn Staat und Gesellschaft sogar in Rußland hatten, unausgenügt beiseite liegen lassen.
Die ungeheure Aufgabe, alles allmählich mit dem sozialistischen Geifte zu durchdringen, diese ihren Dimensionen nach außerordent liche Anhäufung von teils wirklichen, teils zweifelhaften Werten, ohne die wichtigen dabei zu zerstören, das ist eine Aufgabe des Proletariats als Diftator, des Proletariats als Lenter des Staates. Die Akademien, die Universitäten, die Museen, die Laboratorien, die Schulen, die Theater, die Konzerte, die Aus stellungen usw. müssen restlos ausgenügt werden.
Jm Winkel am Tore
Erstaufführung im Walhalla- Theater.
Wir stellen unsere Kritik gerne zurüd, um einen Leser der Frei heit", der sich nicht zu unseren Parteigenossen zählt, zu Worte
tommen zu lassen. Man schreibt uns:
Angeregt durch die Aufforderung zur Mitarbeit an alle Lefer der Freiheit", möchte ich Ihnen aus freiem Herzen den Eindrud wiebergeben, ben Gustav Slettoos bürgerliches Trauerspiel m Wintel am Tore" auf einen außerhalb der Sozialdemokratie Stehenden ausgeübt hat. Zum erstenmal wurde mir die Tragil des zugrunde gerichteten Handwerterstandes in dem Schicksal des ehrfamen Büchsenmachers Bachzeller durch die zunehmende Kon zentration des Kapitals ergreifend vor Augen geführt. Ich bin nationalökonomisch zu wenig geschult, um hier wirtschaftliche Er wägungen anknüpfen zu können, aber rein menschlich betrachtet wurde mir durch die ungefünftelte Art der Darstellung an diesem Abend flar, wie das Kapital im Gemeinbesig der Masse im be fonderen Falle mehr Rugen stiften fann als in der Hand eines unfähigen Einzelnen. Das Stüd wirfte auf mich im Gegensa zu so vielen anderen Machwerten besonders sympathisch, weil die zugrunde liegende Weltanschauung, ohne tendenziös zugespitzt zu fein, vertreten wurde. Ich bin müde von Enttäuschungen und doch noch immer ein Suchender. Welche Idee der Menschheit den Jedenfalls bin ich de Frieden auf Erden bringen wird?? nach Gedankenwelt des Sozialismus durch die glaubwürdige, teiner Seite hin übertreibende, fünstlerische Darstellung seelis bedeutend näher gerüdt.
Willy Tiebrich, Charlottenburg . Sommer- Oper in der Boltsbühne. Am 1. Auguft findet die En öffnungsvorstellung der Opern- Sommerspielzeit mit Kienzl's„ Ruh Kammer reigen" statt. In den Hauptrollen sind beschäftigt: fänger Tauber von der Staatsoper Dresden , Margarete Schle müller, Hermann Rant. Die musikalische Zeitung des gesamten Blüthner - Orchesters Hegt in den Händen von Herrn Eugen Gottlieb.
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