Sen politischen Kämpfen zwischen Kaisertum und Bapsttum spielte es feine geringe Rolle, ob die von verheirateten Priestern aus. gegebenen Sakramente eine heilige Wirkung hätten. Mehr als einmal bedienten sich auch die Kaiser des Widerstands des Klerus gegen das Eheverbot zu politischen Zweden. Der Papst aber blieb Sieger
in diesem Ringen. In den nachfolgenden Jahrhunderten sekte die Kirche ferner für die Laienwelt die Bestrafung der Ehescheidung und das polizeiliche Verbot des Kontubinats durch. Außerordentlich Interessant und viel weniger bekannt ist die Tatsache, daß nicht nur bie Geistlichkeit, sondern auch die weltlichen Gelehrten aller Fakultäten in einigen Ländern dem Zölibat unterworfen waren. Bis zum Jahre 1600 mußten bie Professoren der juristischen Fakultät ber Pariser Universität dieses Los auf sich nehmen. Den Philologen und Philofophen diefer Hochschule wurde erft von Napoleon die Heiratsmöglichkeit durch Aufhebung dieses mittelalter lichen Gesetzes gegeben.
Das Zölibat der Geistlichen wurzelt in verschiedenen Ursachen. Cinmal brückt sich in ihm bie dem Orient eigentümliche Haltung zu Frau und Siunenfreude aus: der nach Heiligkeit strebende Mensch verachtet beides. Andererseits hat das Bölibatsgebot der Kirche auch recht weitliche und politische Gründe. Der zum mindesten legitim finderlofe, familienlose Briefter seht alle seine Energien ein für Ruhm und Stärke der Kirche. Er arbeitet nicht für eigenen Besik und persönliche Macht, um sie seinen Nachkommen zu hinterlaffen. Es bildet sich keine Bererbbarkeit firchlicher Würden und
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Frau Thusnelda Quiebus war eine Germanin von Gestalt, blond, rotwangig und wie gesagt, loloffal". Sie war es, weil sie zu viel af. obgleich sie es natürlich rundweg leugnete, Fast alle Dicken behaupten, daß sie doch fast nichts äßen und nicht wüßten, warum sie ständig zunehmen. Auch Frau Quiebus fagte das von sich. Das bißchen Suppe, die paar kartöffelchen, die kleine Schnitte Schlagrahmtorte, das fonnte es doch unmöglich machen. Es mußte also die Veran lagung daran schuld sein oder aber die Schneiderin, beren Kleiber fo schrecklich dick machten. Ihrer Gestalt nach fonnte die Quiebus ohne weiteres als Mösseler Stadtgöttin gelten( lm antifen Sinne). Symbolisch ausgedrückt mag man sich diese unvergeßliche Frau gleich ihrem großen Gegner Baltus Bowenz über und über tätowiert vorstellen, mit dem Stadtplan von Mössel etwa, aus der Bogelschau, mit Kirche, ihr geschah und sie förperlich und seelisch bewegte. Denn febes Kind, Post und Bahnhof, um so anzuzeigen, daß alles, was da geschah, an das in der Stadt geboren wurde, gebar sie im Geiste mit, jeden Lod starb sie und beweinte ihn zugleich, an jeder Liebe, und das vor allem, nahm sie wärmsten Anteil. Sie buldete tein Geheimnis in der Stadt, die bebte unter ihrem Soldatenschritt.
Frau Quiebus hat ein mitfühlendes Herz. In ihrer Trauer weint fie mit jedermann, mit dem Briefträger, mit der Bußfrau, jogar mit ständnis. Oh, sie versteht den Fehitritt Frau Uhlenkamps, von bem dem Steuerboten. Sie hat für alles ein großes menschliches Ber fie längst weiß, fie verurteilt auch die hübsche Frau Jorkum nicht. Sie fennt sogar die galante Ursache des Rückenmarkletdens von Direktor 2., und sie hat Gewißheit in bezug auf die Kinderlosigkeit bei D.. Sie ist über alles orientiert. Sie fennt alle Ehen ganz genau
Befigtimer heraus, und die Spigen der firchlichen Hierarchie wahrenheit fich ihre Macht im alleinigen Entscheid über ihre Nachfolge.
Die Wirkungen bes Zölibats liegen auf bevölkerungspolitischem und sittlichem Gebiete. Bevölkerungspolitisch wirfte es, ähnlich wie Der Krieg, im Sinne einer negativen Auslese. Werden im Kriege ftets bie törperlich Tüchtigsten und Kräftigsten dahingerafft, so Schuf bas Zölibat in der Blütezeit der christlichen Kultur einen unerfeßlichen Ausfall an Nachkommenschaft gerade bei den tiefst ver anlagten, fultiviertesten und geistig produktivsten Persönlichkeiten beider Geschlechter. Ein Thomas, ein Duns, ein Eftehard, eine Hroswitha, etne Mechthild sie alle mußten als Dienerinnen der Kirche das Keuschheitsgelübde ablegen. Die deutliche Verschlechterung der Bevölkerungsqualität in der Zeit der Auflösung des römischen Beiches und der Völkerwanderung wird mit einigem Recht darauf zurückgeführt, daß gerade ble feinsten und edelsten Naturen sich vor ber Sittenverderbnis und wilden Barbarei der Zeit in die überall entstehenden Klöster flüchteten. Der Verlust ihres Nachwuchses trifft die europäische Menschheit bis in die fernften Generationen. Nur aflau bekannt ist auch die andere Tatsache, daß der strengen Forde. rung der völligen Aszese der Durchschnittsmensch sich nicht gewachsen gelate. Bereits im Hochmittelalter fegte der Sittenverfall der Klöster mit Gelagen und sexuellen Orgien der Mönche und Nonnen ein, und in den Bauernfriegen forderten die Aufständischen, daß jeder Pfarrer seine Kontubine habe, damit ihre Frauen und Töchter vor ben Nachstellungen der gelfilichen Herren Ruhe hätten. Das beschauliche Leben bei guter Ernährung, das die meisten dieser Kirchenbiener führen durften, verstärlie natürlich noch das geschlechtliche Verlangen. Der heutige bayerische Pfarrer und seine Köchin sind in der derben und doch menschlich warmen Pfarrhaus. tomödie" von Heinrich Lautensad naturwahr gezeichnet.
Von den Qualen der mönchischen Abstinenz zeugen die peinigenden Visionen und phantastisch greuelvollen Bilder von den Versuchungen der Heiligen. Aber auch eine positive sittliche Wirkung ist von der Aszese ausgegangen. Der wahllos rohe Geschlechtstrieb wurde in der Weißalut des Entbehrens umgeschmiedet zur pergelftigten Erotit. Aus ihr erblübten Mabonnentult und ritterlicher Frauendienst; er schuf die Boraussetzung zur Sublimierung des Triebes in der romantischen Liebe und der lebendigen Spannung, bie heute zwischen den Geschlechtern waltet.
H. S.
Die Stadtgöttin von Mössel
Die nachfolgende amüsante Schilderung aus dem Spießer leben einer kleinstadt in der Borkriegszeit entnehmen wir mit freundlicher Erlaubnis des Berlages dem Buche„ Die Po wenzbande " von Ernst Penzoldt ( Propyläen- Berlag, Berlin ).
Es gab damals in Mössel rund siebentausend Witwen und unversorgte Töchter. Sie waren alle schwarz gekleidet, wodurch sich das Stabtbild nicht sehr freundlich gestaltete. Ueber alle aber herrschte Jene reiche Witwe Quiebus, eine rofige, sehr forpulente Riesendame. Sie liebte die Wohltätigkeit, aber sie haßte die Bowenzbande. Sie verabscheute fie, vielleicht weil ihr dreimal der wohlgemeinte Bersuch mißlungen war, biefe so schrecklich verwahrloste Familie zu retten". Michts aber fonnte wahrhaftig ble verstockten Bowenze mehr tränken, als wenn jemand sie auf den rechten Weg zurückführen" wollte...
Sie hatte zwei Kinder. Sie hatte ihren Edwin, dessen Gesund. ihre ständige Sorge war, und Carola, thren Sonnenschein, ab gesehen von den Bowenzleuten übrigens das einzige Wesen in Mössel deffen Geheimnis Frau Quiebus nicht fannte. Carola fagt mir alles, sie ist ja auch noch ein solches Kind in derlei Dingen", äußerte Frau fa Quiebus überall und meinte damit die Liebe. Carola war übrigens ein großes hübsches Mädchen, russisch blond, mit einer Haut wie gepudert, unschuldigen Augen und den schönsten Beinen, für die sie fogar einmal, ohne Wissen der Mutter natürlich, einen nicht un bedeutenden Preis bei einem Reflamewettbewerb für Damenstrümpfe trog starfer internationaler Stonfurrenz davongetragen hatte. Diese Carola besaß überhaupt, Frau Qulebus machte tein Hehl daraus, einen ganz wundervollen Körper ähnlich dem ihren, als sie noch jung war
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Wohltätigkeit, Sittenstrenge, Batriotismus, Frömmigkeit waren Frau Quiebus' hervorragendste Eigenschaften. Ihre Armenbälle waren fo berühmt wie ihr Taft in Herzensangelegenheiten. Gle geftand, so daß sie, wie sie sich launig äußerte, eine schon fast nicht mehr tugenb hafte Schwärmerei für den deutschen Kaiser empfinde. Ist er schön, ist er nicht wunderschön!" rief sie aus, wenn sie ihre intereffante Sammlung von Raiserbildern einem Besuch zeigte. Denten Sie", gestand sie unter Tränen ,,, ich träumte fürzlich von ihm, er habe mich auf die Stirn gefüßt in voller Uniform!" Ste hielt auch( wie er) gerne fleine Gottesdienste ab mit ihren Dienstboten...
Strafen für weibliche" Chemänner.
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Wie Pantoffelheldentum im Mittelalter bestraft wurde, bavon geben die Ortsgefeße des Städtchens Blankenburg im ehemali gen Fürstentum Schwarzburg- Rudolstadt aus dem 16. Jahrhundert eine Borstellung. Ein Weib, die ihren Ehemann räuft oder schlägt soll mit Geld oder Gefängnis bestraft werden". Der weibliche Mann aber, der sich eine solche Behandlung gefallen läßt, soll zue Strafe dafür die beiden Ratstnechte mit Wollengewand befleiben oder, wenn er das nicht tann, mit Gefängnis oder sonstwie gestraft und ihm das Dach von seinem Hause abgehoben werden. Im Sinne dieser drastischen Vorschrift wurde auch noch bis 1803 im Städtchen Fulda verfahren, Das fürstliche Hofmarschallamt mußte nachprüfen, ob gegen Pantoffelheldentum zur Eretution gefürstlichen Dienerschaft das Dach abgehoben und bie Biegel wurden schritten werden mußte. Dann wurde dem Verurteilten von der zerschlagen. Währenddessen mußte der Bestrafte blese Beute noch mit Wein bewirten und fonnte höchstens burch beffen Menge und Güte ihren beleidigten Männerftolz ein wenig beschwichtigen.
der
Praktische Wirtschaftsführung.
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König Heinrich IV. von Frankreich fragte einmal einen Bauern, ihn nicht erkannte:„ Was verdienst du benn am Tage?"
"
Bier Sous."
Was machst du mit dem Gelbe?"
" Ich mache vier Teile daraus."
Was machst du mit den vier Teilen?"
" Bom ersten nähre ich mich, von dem zweiten zahle ich Schulden, den dritten lege ich gut an, den vierten werfe ich weg." Was soll das alles heißen?"
Nun für den ersten Teil taufe ich mir Essen und Trinken, um mich zu nähren. Den zwelten gebe ich meinen alten Eltern, ist für meine Kinder, damit sie mir einmal vom ihrigen abgeben, damit sie sich ernähren, wie sie mich ernährt haben. Der dritte Teil wenn sie selber verdienen und ich alt bin. Den vierten Tell muß ich dem Könige geben. Aber der triegt nur wenig davon, und i habe nichts mehr davon- also ist es weggeworfen!"