Für unsere Mütter und Hausfrauen
Nr. 23
。。。。。。。° Beilage zur Gleichheit Beilage zur Gleichheit oooooooo
Inhaltsverzeichnis: Ein Bild. Gedicht von F. Hebbel. Vom Würzen Die Mutter als Erzieherin. Notizen. der Speisen. I. Bon M. Kt.- Kirchen und Hauspredigt. Aus Peter Halfet von Olive Schreiner .
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Ein Bild.
Jm Morgenwinde sah ich Blumen wanken und fah, wie sie den Tau der goldnen frühe, Daß jede voller dufte, tiefer glühe, Mit heißem Mund begierig in fich tranken. Gesättigt sah ich bald die meisten schwanken, Als glaubten sie, daß keine nun verblühe, Die Rosen tranken fort mit füßer Mühe, Bis ihre Kelche fast zur Erde sanken. Die andern wiegten sich in Luftgefühlen, Sie wollten eben lauten Spott erheben, Da schoß die Sonne thre flammenpfeile. Die Rosen löschten sie im Tau, dem kühlen, Doch jenen drangen sie in Mark und Leben, Man sah sie hingemelkt nach kurzer Weile.
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Vom Würzen der Speisen.
I.
f. bebbel.
Die richtige Anwendung der Gewürze ist nicht nur eine fulinarische Angelegenheit, nicht nur eine Sache des Gaumenfibels, sondern eine notwendige Vorbedingung der Verdauung der allermeisten Speisen. Die Verdauung beginnt bereits im Munde, wo der Speichel sich mit den getauten Speisen verbindet, ihre stärkemehlhaltigen Bestandteile in Zuder verwandelt und für die weitere Verarbeitung vorbereitet. Schon der angenehme Geruch einer Speise kann eine stärkere Absonderung des Speichels erregen, volkstümlich gesprochen:„ das Wasser läuft einem im Munde zusammen". Der Appetit wird erregt, das heißt die Geschmacksnerven werden belebt und übertragen den von einer gut gewürzten Speise ausgehenden Reiz mittelbar auf die Verdauungsorgane, Noch ehe die appetiterregende Speise in den Magen gelangt ist, steigt die Ausscheidung von Magensaft und ermöglicht so die vollkommenere Ausnutzung der schließlich mit ihm in Verbindung tretenden Nahrung. Diese Tatsache ist erst neuerdings wieder durch zahlreiche Versuche bestätigt worden. Dr. K. Schröder gab bei einer Masttur als Zusatz zur Nahrung eine reichliche Gewürzlösung und erzielte dadurch eine schnellere Gewichtszunahme des Kranken. Es genügte in Fällen von künstlicher Ernährung durch den Darm, die notwendig wird, wenn eine Erkrankung der oberen Verdauungswege die normale Zuführung der Nahrung unmöglich macht, daß man den Kranken etwas Gutschmeckendes kauen ließ, um eine stärkere Absonderung der Verdauungssäfte und eine bessere Ausnüßung der Nahrung zu bewirken. Fehlt diese besondere Anregung der Geschmacksnerven, wie es bei reizloser Kost und sitzender Lebensweise oft der Fall ist, so bleiben die Speisen zu lange im Magen liegen und rufen allerlei Beschwerden hervor. Das Würzen der Speisen ist also eine hygienische Notwendigkeit.
Gin mäßiger Gebrauch der Gewürze wird bei gesunden Menschen niemals schädlich wirken. Anders ist es freilich bei übermäßiger Anwendung oder bei Kranten. Da die Gewürze auf ihrem Wege durch den Körper Leber und Niere passieren, ist es klar, daß große Mengen davon einen zu starken Reiz auf diese empfindlichen Organe ausüben, und daß eine erkrankte Leber oder Niere schon durch kleine Quanten schwer geschädigt werden kann. Am unbedenklichsten ist der Gebrauch der Gewürze im Sommer, wo sie bei startem Schwitzen durch die Haut ausgeschieden werden, noch ehe fie Leber oder Niere reizen können. Übrigens stehen uns in den verschiedenen Kräutern und Fruchtsäuren so viele völlig unschäddie wenn wir wollen liche Würzen zur Verfügung, daß wir wenigen schädlichen, meist Pfefferarten, zur Not entbehren können. Im allgemeinen hat der alte Brauch, sich der Gewürze zur Hebung des Wohlgeschmacks der Speisen zu bedienen, in den letzten Jahrzehnten entschieden abgenommen. Auch Professor Rubner stellt diese Tatsache fest, aber er findet, daß sie nicht zum Vorteil der Kost ge=
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1916
wesen sei. Wo es an richtig gewürzter, reizvoller Kost fehlt, da greift man leicht zum Alkohol, dessen verhängnisvolle Folgen nur zu gut bekannt sind.
Das wichtigste aller Würzmittel ist das Kochsalz. Seit den ältesten Zeiten ist es den Menschen unentbehrlich. Es hat ihnen den reichlichen Genuß von pflanzlicher Nahrung erst möglich gemacht. Die Pflanzenkost enthält fast nur Kalisalze, die ausscheidend auf die im Körper des Menschen vorhandenen Natronsalze wirken. Der Körper würde also an den für ihn unbedingt nötigen Natronsalzen verarmen, wenn ihm nicht mit der Pflanzenkost zugleich Kochfalz zugeführt würde; denn Kochsalz ist Chlornatrium, eine Verbindung von 39% Teilen Natrium mit 60% Teilen Chlor. Der menschliche Körper enthält davon nicht weniger als 1 Pfund. Das Salz ist in der Natur mit etwa 3 Prozent im Meerwasser enthalten. Das zum Kochen verwendete Salz stammt aber gewöhn= lich aus Salzbergwerken, wo es unterirdisch gewonnen wird. Kommt es mit anderen Mineralien gemischt im Erdboden vor, so wird es durch Auslaugen mit Wasser und durch Einkochen der Soole in Salinen erzeugt. In den Sprichwörtern aller Völker ist vom Salz die Rede als von etwas zum Leben unbedingt Notwendigen. Bei uns sagt man: Salz und Brot macht Wangen rot, vergißt aber nicht hinzuzufügen: Doch belegte Butterbröter machen sie noch röter. Gegenwärtig sieht es damit freilich traurig aus, denn durch die Absperrung unserer Lebensmittelzufuhr vom Ausland und die schreienden Mängel der Ernährungsorganisation im Inland ist uns der Brotkorb mit allem was dazu gehört bedenklich hoch gehängt worden. Auf dem Salze ruht eine Steuer von 6 Pfennig auf das Pfund, die von der ärmeren Bevölkerung als sehr drückend empfunden wird, da diese hauptsächlich auf grobe Pflanzennahrung angewiesen ist. Eine große Bedeutung kommt dem Salze als Nonservierungsmittel zu. Es hat die Eigenschaft, die wässerigen Bestandteile der mit ihnen in Berührung kommenden Fleisch oder Gemüsestücke an sich zu ziehen und verhindert so die Bildung von Schimmelpilzen und Bakterien. Freilich gehen dabei wertvolle Bestandteile des mit Salz konservierten Nahrungsmittels verloren. Sie lösen sich in der Salzlake auf und werden gewöhnlich mit dieser weggeschüttet, jedenfalls nicht unmittelbar aur menschlichen Ernährung verwendet.
Uralt ist auch die Verwendung des Essigs als Würze der Speisen. Essig ist ein Gärungsprodukt aus alkoholischen Flüssig keiten wie Wein, Bier, Most, verdünnter Spiritus. Der Essig ist in der Küche nächst dem Salze das unentbehrlichste aller Gewürze. Man denke- nur an seine Verwendung zu Salaten, zu Fleisch- und Fischmarinaden, zu Saucen, einigen Gemüsen und Fruchtkonserven. Aber wie bei allen Gewürzen, so ist auch beim Essig ein Übermaß in der Verwendung vom übel. Ein zu stark gesäuerter Salat ist ebenso ungesund wie eine versalzene Speise. Die mäßige Anwendung der Säure soll dem betreffenden Gericht nur das Fade nehmen und seinen Eigengeschmack heben, nicht aber ihn verdecken. So wirkt der Essig auch anregend auf die Verdauung. Er besitzt außerdem die Eigenschaft, zähe Fleischfasern zu erweichen, während er bei pflanzlichen Stoffen verhärtend auf die Faser wirkt. Deshalb gibt man ihn bei Fleischspeisen beim Beginn des Nochens zu oder mariniert das rohe Fleisch damit, wie zum Beispiel Rindfleisch oder Rinderherz, indem man den Essig kochendheiß darüber gießt. Bei sauren Kohlgemüsen fügt man den Essig erst hinzu, wenn das Gericht fast gar ist.
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Bedenklich ist, daß der Essig so oft verfälscht wird, nicht selten sogar durch Zusatz von Schwefelsäure und Salzsäure. Guter Essig muß hell und klar aussehen und mild sauer, keinesfalls brennend oder stechend schmecken; er darf auch keinen Bodensatz haben. Rahmpilze sind ebenso vom übel wie Essigaale. Obwohl sich Chemiker gefunden haben, die angesichts der Ernährungsschwierigfeiten der Kriegszeit auf den Nährwert der Essigälchen hinwiesen, wird man einstweilen wohl noch auf diese wenig appetitliche Zugabe verzichten und einen trüben Essig aufgekocht, durch ein Tuch gegossen und abgekühlt verwenden. Der beste, aber auch der teuerste Essig ist der Weinessig. Geringer im Geschmack sind Bierund Fruchtessig, und am wenigsten taugt der durch trockene Destil= lation von Laubholz gewonnene Holzessig. Durch Beigaben von Kräutern und Gewürzen gewinnt man verschiedene aromatische Essigsorten, die zu Ragouts und Salaten vorzüglich verwendbar