Greta Morgan« In weiter Fern« lockt und sei schwindet, um wieder aufzuleuchten, zu beg«fftern, Willen und Tatkraft zu entzünden. Die Umgestaltung der Erde und des Menschen ist jene ungeheure und einzig« Revolution, deren Zeug« noch alle Geschlechter waren und sein werden. An ihr ist die Technik in hervorragendem Maße beteiligt, und wenn hochstrebend« Geister die Technik ablehnen, weil sie ihnen zu materiell, zu mechanisch erscheint, während sie ein« von aller Erdenschwere befreite Gcistigkcit erstreben, so mag darin eine Ahnung vom höchsten Menschentum, ja vom Göttlichen liegen. Und doch liegt in dieser Kritik der Technik ein Armutszeugnis für die Kritiker, denn dieses Streben berücksichtigt nicht den Umstand, daß alles Geistige wieder in irgendeiner Weise mittelbar oder unmittel- bar von irgendwelchen materiellen Dingen beeinflußt wird. Diese Wechselwirkung muß begriffen werden, wenn technisches Schaffen Verständnis finden soll. Durch technische Arbeit ist die Landschaft umgewandelt worden. Wer sieht nicht unwillkürlich bei den Worten„Technik und Land- schaft jene gewaltigen Pyramiden am Rande des ägyptischen Kul- turlandes vor seinem geistigen Aug« austauchen, jene großen Stein- ufen, die in mühsamer Arbeit von Tausenden von Menschen in illionen von Arbeitsstunden erbaut wurden und die über Jahr- taufende hinweg ein Gruß aus der Vergangenheit an die Gegen- wart find. Hochwertige technische Leistungen waren es, die die weite Ebene des Euphrat und Tigris in ein fruchtbares Kulturland umgestalteten In geradezu übermenschlicher Arbeit wurde das lebenspendende Wasser In zahlreichen Kanälen mit den primi- tivsten Hilfsmitteln, aber auch durch gut angelegte Staudämme über das Land geleitet. Schleusen waren neck unbekannt und an mo- torischer Kraft hatte man nur die der Menschen und Tiere zur Verfügung. Solange die in das weich« Erdreich gewühlten Ka- nöl« erhalten blieben, blühte das Land in schier unerschöpflicher Fruchtbarkeit. Als die technische Arbeit eingestellt wurde, verfielen die Kanäle, und wo einst die hängenden Gärten der Semiramis blühten, dehnt sich heute trostlose Verlassenheit. Durch die Mittel neuzeitlicher Technik gelänge es, in oerhällnismäßig kurzer Zeit «ine Wiedergeburt der einstigen Kulturlandschaft herbeizuführen. Die geographischen Verhältnisse haben die Lebensgewohnheiten des Menschen bestimmt uird in engstem Zusammenhang damit steht die Bearbeitung und Ausnutzung des Bodens. So ist die einstige Urwald-, Sumpf- und Moonantschast der deutschen Tiesebene zu» näck 'st i" eine weite Ackeel�ndschaft nnraestaltet worden, so sind jene großen Jndnstrielandichaften am Rhein , in Westfalen und Ober- schlesien entstanden, die heute als das Herz des industriellen Deutsch- land erscheinen, jene Landschaft mit Städten, die überlagert sind vom Qualm zahlloser Schlote und von der der Dichter singt: „Schwarze Stadt am schwarzen Gewässer, steil aufgebaut— grünbeliderte Fenster funkeleln: aus dem gespenstigen Schieserdachdlmkein, schnellen Schornstein«, von Dampf und Dunst umbraust. Hellwild rattert und knattert die Pendelbahn lieber Brücken und hagere Alleen. Fabrik dort unten, mo Spindeln sich kreisend drehen, ist grau wie ein müder vermorschter Kahn." Das Graue, Trübe, Enge war und ist auch heute noch fiir viel« Menschen das Merkmal der Industrie in der Landschaft. Diele hassen die Technik ob dieser Farblosigkeit, weil sie glauben, daß sie unab- Lnderlich mit ihr verbunden sei, und weil ihnen die Augen für den eigenen Reiz technischer Bauwerke noch nicht ausgegangen sind. vnd doch ist diese Anschauung konservativer Glaube. Gerade die Technik ist es, die. nachdem sich ihre Jünger freigemacht haben von iiberlieserten Anschaungen und Formen, unzufrieden ist mit vielem, was früher geschaffen wurde. Neue Industriebauten entstehen, die hell und luftig sind, deren äußer« Gestaltung nichts mehr gemein hat mit jenen niedrigen, engen Bauten, die in früheren Jahrzehnten als selbstverständlich galten. Man brnnüht sich, die technischen Barr- werke so zu sonnen, daß sie in der Landschaft nicht mehr stören, sondern harmonisch empsunden werden. Mit der Zweckmäßigkeit wird eine Schönheit verbunden, die in vergangenen Zeiten nur wenige Geister ahnten. Noch freilich stehen viele Bauten der Tech- nik als abschreckende» BeispitJ in der Landschaft: in einigen Jahr- zehnten folgerichtigen Schaffens aber werden sie verschwunden sein. So, wie die Technik gezwungen ist, den Ansorderunqen der Land- schaft Rechnung zu tragen, so muß sie auch den Bedürfnisien der Menschen entsprechen, die tagaus, tagein im Dienste der Industrie arbeiten. In lichtvollen Räumen schaffen keine gedrückten Sklaven mehr, sondern Menschen, die, ihres Wertes bewußt, sich nicht als Knechte, sondern als Freie suhlen und ihre eigene Verantwortlich- keit haben. Landschaft, Mensch und Technik werden so zu unlös- barer, harmonievoller Einheit verbunden. Zur Gesthichte öes Gasthauses. Von August Aldringer. In einer Schilderung der Hölle, die Aristophanes in seinen „Fröschen" gibt, läßt er einmal Varchus an Herkules die Frage richten, welches in der Hölle das beste Gasthaus sc!, und nlto es auch gleichzeitig die wenigsten Wanzen gebe. Vor mehr als zwei Jahr- taufenden also gehörte der Gasthof schon zu den Begriffen, ohne die man sich das Kulturleben nicht denken konnte, und sowohl im alten A t h e n wie in S p a r t a gab es Gasthäuser, in denen man sich traf, aß und trank und, wenn die Sitzung gar zu lange gedauert hatte, sogar übernachten konnte. Zur Ausnahme von Reisenden waren diese Gasthäuser allerdings noch nicht eingerichtet. Erst später entstanden in den größeren griechischen Städten Gasthöfe, die auch dem Durch- reisenden Unterkunft boten. Es war übrigens vorher auch gar kein Bedürfnis nach solchen Gasthöfen vorhanden gewesen. Wer in ein« fremde Stadt reiste, hatte gewöhnlich irgendwelche Beziehungen zu dieser Stadt, besaß Verwandte, Bekannte oder Geschäftsfreund«, und es verstand sich von selbst, daß er bei diesen Wohnung nahm. Anders bei den Römern. Hier gab es schon Reisewege und Straßen, und. so hatte sich sehr früh die Notwendigkeit zur Errichtung von Raststellen an den vielbenutzten Straßen ergeben, Orten, an denen die reisenden Beamten und Soldaten, daneben aber auch alle anderen Reisenden gute Unterkunft für sich und ihre Pferde fanden. Diese altrömischen Unterkunfishäuser, die in der Regel von Sklaven geführt wurden, trugen richtige Wirtshausnamen: es gab da einen großen und kleinen„Adler", einen„Hahn" und einen„Schwan ", ganz wie noch heute in unseren Städten und Dörfern. Gelegenheit, außer dem Hause zu essen, bot sich in Rom allerorten. Wer nicht viel bezahlen tonnte, ging in die einfache Gastküche, wo man für wenig Geld ein gutes und reichliche» Mahl bekam. Daneben gab es auch bessere Gaststätten, die, mit Bädern ausgestattet, den Römern das heimische Behagen zu ersetzen suchten und auch viel Zuspruch fanden, zumal es da immer lustig herging. In Deutschland kannte man um jene frühe Zeit weder Wirtshäuser noch Herbergen. Der Reiftnde war einzig und allein auf Gastfreundschaft angewiesen. Die fand er aber auch, wohin er kam; denn durchreisende Fremd« bei sich aufzunehmen war eine Pflicht, die jedem Bürger durch das Gesetz des Volksrechts auferlegt war Wo ein Kloster in der Nähe war, da kam die Gastfreundschaft des Bürgers freilich nicht in Betracht, weil der Reisende in jedem Kloster ohne weiteres gute Unterkunft fand. Erst im Mittelalter entstanden allmählich auch bei uns Gasthäuser, die aber zunächst in jeder Hinsicht viel zu wünschen übrig ließen. Es waren dunkle und dumpfige Räumlichkeiten, in denen sich oft auch allerhand recht zweifelhaftes Volk herumtrieb, Abenteurer und galante Damen, so daß der ehrbare Bürger sie lieber mied, während der Fremde, der gezwungen war, in einer solchen Herberg« Unterkunft zu suchen, froh war, wenn er mit heiler Haut davonkam. Geistlichen war der Besuch von Gasthäu'ern jahrhundertelang überhaupt verboten. Solche Wirtshäuser gab es nun im g. und IL. Jahrhundert schon eine ganze Menge, aber der immer mehr fortschreitenden Kultur genügten diese mehr al» einfachen Herbergen bald nicht mehr. In numchen Städten errichtete daher der Rat der Stadt eigene Trink- stubeN oder Keller für die Bürger, und diese gemütlichen Ratstrink- stuben und Ratskeller haben sich ja bis auf den heutigen Tag erhalten. Da sie verhältnismäßig gut gehalten und viel besser ausgestattet waren als die Herbergen, so fanden sie viel Zuspruch und reizten vor allem zur Nachahmung. So entstanden nach und nach auch Gast- Häuser, die ihren Gästen einen gemütlicheren Aufenthalt boten als die alten Herbergen. Eine dieser guten mittelalterlichen Wirtschaften hat sich bis in die Neuzeit erhalten: es ist der„Riese " in dem alter- tümlichen Mainstädtchen Miltenberg . Die Gründung dieses alten Gasthofes soll in da» Jahr I1<50 zurückreichen, also in die früheste Zeit des deuffchen Gasthausleben». Diese alten deutschen Gasthäuser waren natürlich keine Hotels in unserem heutigen Sinn. Vor allem waren sie keineswegs aus- schließlich für die Unterkunft und Bequemlichkeit der Reisenden be» stimmt. Sie waren in erster Linie als gemütliche Eß- und Trink- gelegenheit für die einheimischen Bürger gedacht. Erst gegen das Ende des 17. Jahrhunderts begann man die- Gasthäuser mehr und mehr dem Fremdenverkehr anzupasien, und um diese Zeit entstanden auch die ersten deuffchen„Hotels, eine Bezeichnung, die aber danials im internationalen Verkehr noch nicht so gebräuchlich war�wie heut«: man nannte dos Fremdengasthaus lieber gut deutsch „Hof" unb fügte dann irgendeinen Städlenamen bei, wie„Augsburger Hof",„Nürn- berger Hof" usw. Ilm die Wende des 18. Jahrhunderts taucht endlich auch das „Restaurant" aus, die Gaststätte vornehmen Stils und für verwöhnt« Esser bestimmt. Ebenso wie hundert Jahre vorher das Hotelwesen in Frankreich seinen Ursprung genommen hatte, war auch jetzt Paris der Ort, wo dos erste Restaurant— es war im Jahre 1738— eröffnet wurde. Ueber seiner Tür prangte der von dem Besitzer sehr sinnvoll abgeänderte biblische Spruch:„Kommt zu mir, alle, die ihr Hunger habt, und ich werde euch speisen." Der Mann hatte denn auch großen Zulauf, und die Folge war, daß sich nun jeder kleine Gastwirt„Restaurateur" nannte, nicht nur in Paris , sondern auch in Deuffchland. Kurze Zeit noch der französischen Revolution kam auch der Brauch auf, nach der Karte zu speisen: vorher war es üblich gewesen, für jeden Gast diejenigen Gerichte eigens zu kochen, die er sich bestellt hatte. Einen außerordentlichen Einfluß auf die Erweiterung ünd den Aufbau der Gastwirffchasten hatte natürlich die Einführung der Eisenbahnen und der damit einsetzende lehr bald gewaltig wachsende Reiseverkehr. Heute gibt es in den Kulturländern wirklich kaum mehr ein Fleckchen, wo sich nicht eine Wirtschaft, von der biederen Dorsschenkc bis zum„Restaurant ersten Ranges" aufgctan hat. Oft hat man darüber gespottet, daß gerade Deutschland im Derbältnis zu semer Einwohnerzahl die meisten Gasthäuser besäße. Aber in dieser Hinsicht ist uns in Wahrheit Belgien weit über. Dort kommt nämlich auf jeden 24. Einwohner eine Trinkgelegenheit. Nimmt man nur an, daß sich unter diesen 24 Einwohnern etwa 15 Erwachsene befinden und unter diesen nur 7 Männer, so kommt auf jeden siebenten Belgier eine Kneip«.
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