Hat gesagt bleibt's nicht dabei.
Mein Vater hat gesagt,
Ich soll das Kindlein wiegen, Er will mir auf den Abend Drei Gaggefeier sieden; Sied't er mir drei,
Tht er mir zwei,
And ich mag nicht wiegen Um ein einziges Ei.
Meine Muffer hat gesagt, Ich soll die Mägdlein verrathen, Sie wollt mir auf den Abend Drei Vöglein braten;
Brät sie mir drei,
Tht sie mir zwei,
Am ein einziges Vöglein Treib' ich kein' Verrätherei.
Mein Schählein hat gesagt, Ich soll sein gedenken,
Er wöllt mir auf den Abend Drei Küßlein auch schenken; Schenkt er mir drei, Bleibt's nicht dabei, Was kümmert mich's Vöglein, Was schiert mich das Ei.
Zu unseren Bildern ist wenig mehr zu bemerken. Nur die ganz großen Glashütten richten den Kies selbst bor. Die fleineren Unternehmungen kaufen die Nohmaterialien in gebrauchsfähigem Zustande. Die feuerfesten Schmelzhäfen und die Ziegel für den Schmelzofen werden in den Hütten selbst hergestellt. Sie halten nur einige Brände aus, und ihre schnelle Abnutzung stört wohl ab und zu den Betrieb. Feine Gläser werden hier und da auch noch geschnitten, gravirt oder geäßt. Der Raffineur hat an seinem Wohnorte stets einige Leute zur Hand, die diese Kunst verstehen. Auch in den Weltkurorten und in den großen Städten trifft man diese Kunsthandwerker. Böhmisches Glas geht sehr viel nach Amerika . Vor einiger Zeit ließ ein Haidaer Exporteur ein Service für 40 Personen anfertigen. Er erhielt dafür 4000 Frks. Ein Vanderbilt war der Auftraggeber. Und die Bestellung fam, wie so oft, wenn es sich um theuere Sachen handelt, über Murano .
Der Begriff des Unbewußten ist in der Psychologie hart umstritten. Während die Einen behaupten, es wäre unmöglich, irgend eine scharf umrissene Vorstellung mit diesem Worte zu verbinden, geschweige denn Ereignisse des Seelenlebens damit zu erklären, erscheint anderen Forschern das Unbewußte als die allgemeine Basis des Seelenlebens. Das seelische Leben eines Augenblicks, so sagt z. B. Lipps, ist wie ein im Meer versunkenes weites Gebirge, aus dem nur wenige höchste Gipfel über die Wasseroberfläche emporragen. Aus einer flaren und übersichtlichen Zusammenfassung des weitschichtigen Stoffes, die Ebbinghaus in seinen„ Grundzügen der Psychologie" ( Leipzig , Veit& Co.) gegeben hat, sezen wir Folgendes hierher: Die Thatsachen zunächst, die zu der Ansehung unbewußten Seelenlebens Veranlassung geben, lassen sich in drei Gruppen bringen. Befindet man sich in einem Zimmer, in dem eine Uhr schlägt, so hört man die Schläge im Allgemeinen. Bisweilen aber hört man sie nicht. Eine Wirkung des Schalles auf die Ohren und damit auf das Nervensystem hat auch dann unzweifelhaft stattgefunden; wie sollte man sich ihr entziehen können? Ja, bisweilen hat augenscheinlich noch mehr stattgefunden. Man ftugt manchmal, wenn die Schläge in Wirklichkeit aufgehört haben, und erhascht gleichsam noch einige von ihnen in der Erinnerung. Aber gehört, d. h. in Empfindungen mit Bewußtsein erlebt, hat man gleichwohl nichts. Wo mag der seelische Effekt in solchen Fällen wohl hingekommen sein? Wir antworten einstweilen: ein seelischer Effekt ist freilich auch hier vorhanden, aber er ist unbewußt geblieben. Oder ich stehe in einem Laden, vor einem Schaufenster u. dgl., Dußende von Gegenständen bilden sich auf meiner Nezhaut ab, mit genügender Deutlichkeit, um gesehen werden zu können, aber ich bemerke davon nur einige wenige, eine größere Anzahl mit sozusagen halbem Bewußtsein und sehr viele ganz und gar nicht. Aeußerlich ist kein Grund vorhanden, weshalb nicht auch sie wahrgenommen werden könnten. So wie die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt wird, bemerkt man sie ja. Vorher aber blieb ihre Wirkung unbewußt.Bei einer zweiten Gattung von Fällen findet sozusagen das Umgekehrte statt. Man lernt z. B. eine fremde Sprache durch Regeln und Grammatik. Wenn man anfängt, sich in ihr auszudrücken, so beherrscht die Erinnerung an die gelernten Formen und Regeln jeden Schritt und
-
Feuilleton.
ermöglicht ihn. Allmälig aber tritt das Bewußtsein von diesen Dingen zurück, man spricht und schreibt geläufig, ohne an die maßgebenden Vorschriften weiter zu denken, ja oft ohne überhaupt mehr im Stande zu sein, sie noch bewußt zu formuliren. Die Regeln wirken dann unbewußt, wie man sagt. Wie vieler Ueberlegungen und wie vielen Probirens bedarf es nicht für den angehenden Künstler, um ein den verwöhnten Geschmack befriedigendes Werk zu schaffen! Der Meister kennt die Regeln auch, aber er braucht nicht ausdrücklich an sie zu denken; ohne bewußte Ueberlegung und vielfaches Herumtaften trifft er instinktiv das Richtige. Ja, das Genie spottet aller herkömmlichen Vorschriften. Im Gegensatz gegen ihren oft falschen Zwang verwirklicht es frei aus sich heraus das Höchste; unbewußt ist es gleichsam besseren und richtigeren Regeln gefolgt. Die dritte Gruppe von Fällen endlich zeigt die beiden vorerwähnten gewissermaßen vereinigt. So z. B. bei allen langsam erlernten und nach entsprechender Uebung von selbst" ablaufenden Bewegungsfertigkeiten. Schreiben, Stricken, Schlittschuhlaufen, Schwimmen, Klavierspielen usw. sind Bewegungsreaktionen auf gewisse sinnliche Reize, die ursprünglich in langsam aufeinander folgenden einzelnen Schritten, durch die Vermittelung von mannigfachen Vorstellungen und Entschlüssen und meist mit vieler Pein zu Stande kommen. Nach einer gewissen Zeit der Uebung wird der Strumpf in die Hand genommen, der Faden um den Finger gelegt, oder der Schlittschuh angeschnallt und der Fuß auf's Eis gesetzt, und auf diese sinnlichen Eindrücke hin laufen die entsprechenden Bewegungen ohne Weiteres ab; alle die Zwischenglieder sind unbewußt geworden.
-
Die Deutung dieser Thatsachen schwankt zwischen zwei Extremen. An Vorstellungen, Empfindungen usw., behaupten die Einen, ist zu unterscheiden der Inhalt und die veränderliche Daseinsform. Die gleichen Inhalte treten nun in verschiedenen Formen auf. Wie etwa Schauspieler auf der Bühne und hinter den Koulissen, so sind auch bewußte und unbewußte Vorstellungen eigentlich dasselbe. Nur befinden sie sich, wenn sie bewußt sind, in einer Art Erregtheit oder gleichsam in einer Art Beleuchtung, die ihnen für gewöhnlich( d. h. im unbewußten Zustand) abgeht, ohne daß fie deshalb doch aufhörten zu eristiren oder auch nur in ihrem Inhalt anders wären. Demgegenüber behaupten namentlich neuere Psychologen, daß unbewußte Vorstellungen etwas eigenartig Psychologisches überhaupt nicht wären. Da, wo man von ihnen spreche, sei entweder eine gewöhnliche bewußte Vorstellung vorhanden gewesen und nur sehr schnell vergessen worden, oder es liege lediglich etwas Physiologisches vor, d. h. dauernde Nachwirkungen früherer nervöser Prozesse oder schwache nervöse Erregungen, die zwar unter anderen Umständen zu geistigen Vorgängen führen können, aber unter den vorhandenen nicht mit ihnen verbunden seien.
-
Ebbinghaus findet, aus phyfiologischen Erwägungen, die hier anzuführen zu weit führen würde, daß die erste Deutung zu viel und zu spezielles, die zweite aber zu wenig von den seelischen Dingen wissen wolle. Er ge= langt zu dem Resultat: Unbewußte Vorstellungen sind zwar nichts den bewußten und uns bekannten Vorstellungen direkt Aehnliches, aber sie sind trotzdem etwas Psychisches. Wie sie in ihrer wahren Gestalt aussehen, fönnen wir garnicht näher beschreiben. Aber wir sind gezwungen, sie als Ursache und Wirkung zu den direkt wahrnehmbaren und bewußten Vorstellungen voraus= zusehen, weil sonst das seelische Leben in den früher beschriebenen Thatsachen belanglos erscheinen würde. Mit ähnlich gebildeten Vorstellungen hantiren wir auf dem Gebiet der materiellen Dinge fortwährend und ungezwungen. Niemand zweifelt, daß er ein Gehirn hat oder daß die Bäume im Walde Wurzeln haben und die Anlagen zu fünftigen Bäumen in ihren Früchten tragen. Man hat das Alles nicht direkt gesehen, aber man denkt es sich so, weil man sich gezwungen findet, es auf Grund bestimmter Erfahrungen als Ursache und Wirkung zu dem direkt Sichtbaren vorauszusetzen.
-
Der erste Güterverkehr mit der Bahn in Deutsch land . Als die Kunde von den Eisenbahnen aus England nach Deutschland drang, regte fich frühzeitig der Wunsch, auch hier die Dampfwagen für den Transport von Kohlen zu benutzen. 1815 ging das Kohlengebiet der Saar mit dem Fürstenthum Nassau- Saarbrücken an Preußen über, und alsbald gab der preußische Fiskus eine Lokomotive in Bestellung, die auf der Gießerei in Berlin angefertigt werden sollte und für den Transport von Kohlen von der Zeche Bauernwald nach der Saar bestimmt war. Die Maschine wurde zwar 1818 vollendet und langte 1819 an ihrem Bestimmungsort an, aber sie ist niemals in Gebrauch genommen worden, und der mißglückte Versuch schreckte zunächst von weiteren Unternehmungen in derselben Richtung ab. Die im Dezember 1835 eröffnete erste deutsche Bahn zwischen Nürnberg und Fürth diente ausschließlich dem Personenverkehr. Dem Frachtverkehr diente fie nach mehr als halbjährigem Bestehen zum ersten Male am 11. Juli 1836 und zwar nur versuchsweise und aus besonderer Gefälligkeit. Diese erste Fracht bestand aus zwei Fäßchen Bier, die der Eisenbahnwirth in Fürth bei dem Nürnberger Bierbrauer Lederer bestellt hatte. Nach wiederholten und dringenden Bitten Beider wurde von der Verwaltung gestattet, daß
täglich der erste von Nürnberg nach Fürth gehende Zug zwei Fässer Bier gegen eine Vergütung von 12 Kreuzern mitnehmen dürfe; Bedingung war jedoch, daß der Wirth in Fürth stets persönlich zur Stelle wäre, um die Fässer sofort in Empfang zu nehmen. Den Beamten wurde gehörige Ordnung eingeschärft, damit dieser kleine Anfang der Güterbeförderung späterhin vielleicht ausgedehnt b. werden könne.
Beim Glückshafen. Von allen Seiten strömt die Menge zu der offenen Halle herbei. Vor und in derselben, dort, wo der Boden wie besäet ist mit gelbbraunen Nohrstückchen, den Hülsen der Loose, kleinere und größere Gruppen; Alle stehen mit gesenktem Halse und stecken die Köpfe zusammen, und überall sind die Finger krampfhaft bemüht, die kleinen, runden Hülsen zu sprengen und dann die Zettel aufzurollen. Auf fast allen Gefichtern ruht ein Lächeln der Neugier, der Enttäuschung, der Freude, der Neckerei oder auch der Selbstironie, daß man noch auf Glück hat hoffen können. Die Nietenzettel mit dem kleinen Hanswurst werden hier mit nervösem Rucke fortgeschleudert, dort mit erzwungener Luftigkeit in die Höhe geworfen, aber fie finfen wie schwere Schneeflocken langsam zu Boden, wo zahlreiche barfüßige Kinder sie aufsammeln als Spielzeug, vielleicht auch in der Hoffnung, noch einen übersehenen Treffer zu finden. Und dort an den mit Loosen gefüllten Schüsseln schiebt und drängt fich's von Glückhoffenden.
Ein alter Bauer mit ernsten, wettergefurchten Zügen, den kleinen runden Filzhut auf dem Kopfe, in hohen steifen Kanonenstiefeln, violetter Sammetweste und kurzem Lodenjacket naht schweren Trittes mit seinem bunt herausgeputzten Töchterlein mit der grünen Seidenschürze und bem filbermünzengeschmückten Mieder dem Glückshafen. Langsam, mit bedächtiger Miene, die aber von guter Laune zeugt, öffnet er den Geldbeutel und legt vierzig Pfennige auf den Teller. Verlegen die Hand hervorbringend, nimmt die Tochter zwei Loose.
Nichts.
" Ha, ha", lacht der Alte und holt weitere vierzig Pfennige hervor. Diesmal wählt er die Loose selbst. Nichts.
Er fraßt sich den Kopf.
,, Sirt, Vota, die schön'n Uhren da. Wenn man die g'winna that."
" Jo, jo," brummt er und holt ein Markstück hervor, das er mit kräftiger Bewegung in einen anderen Teller wirft. Er läßt wieder die Tochter wählen.
Neugierig stehen einige Leute herum.
Nir!"
" Da soll doch glei der Teuft' neinfahren," schimpft der Bauer, aber g'winna will i' was. Geben's mia halt no fünf Loos."
Diesmal greift er selbst hastig in die Schüssel, seine Augen sind größer geworden und funkeln, und die Falten über der Nase haben sich dichter zusammen gezogen. Die Tochter hat die Loose geöffnet, während der Alte sie auswählte; auch sie ist lebhafter geworden
Der Alte steht nun und kauft Loos um Loos, während die Tochter kaum nachkommen kann mit dem Oeffnen. Seinen Hut hat er in den Nacken geschoben, dicke Schweißtropfen stehen ihm auf der Stirn, und die schwieligen, braungebrannten Hände beginnen zu beben. Ein merkwürdiges Unglück scheint ihn zu verfolgen, denn er zieht mur Nieten. Der Zuschauerkreis um ihn herum ist immer größer geworden und verfolgt die Oeffnung jeder Niete mit lautem Lachen.
Das ärgert den Alten immer mehr. Die ganze Bauernenergie hat sich bei ihm in den Vorsatz konzentrirt: er will einen Gewinn ziehen. Vergeblich zupft thn die Tochter am Aermel und sucht ihn wegzubringen.
" Sakradi, Diandl , i sog Dir, an G'winnst muß i hob'n und soll's met' legt's Geld kosten," schreit der Bauer, der soeben das fünfte Markstück hinlegt.
Auch diesmal nichts.
Die Loosverkäufer lachen. Ein solcher Fall ist noch garnicht vorgekommen. Sie suchen den Alten selbst vom weiteren Loosekaufen abzuhalten und reden ihm zu, er möge später noch einmal sein Glück versuchen.
" Jezt kauf ich glei' die ganz' Schüssel," sagt der alte Bauer plößlich mit tiefer Ruhe,„ do muß dann doch oan G'winnst drinna sei. Was kost's?"
Und er legt die verlangten achtzehn Mark und achtzig Pfennige auf den Tisch, ohne eine Miene zu verziehen, und läßt die Loose der Tochter in die Schürze schütten. Seine gute Laune ist plöglich wiedergekehrt, und es zuckt schmunzelnd um seine Mundwinkel.
,, Na fauf'n m'r uns a Maßl un schaug'n, was m'r g'wunna hob'n," sagt er dann mit lautem Lachen, aber dös sag' i Dir, wenn koa G'winnst dabei is, dann können ' s mi mit ihrer ganzen Bud'n gern hob'n."
Sprach's und schritt durch die lachende Menge Ernst Brausewetter .
davon.
-
Nachdruck des Inhalts verboten!
Alle für die Redaktion der Neuen Welt" bestimmten Sendungen sind nach Berlin , SW 19, Beuthstraße 2, zu richten.
-