Nr. 219
Dienstag, 19. September 1988
Internationaler Fabrikarbeiter
Dollfuß' Regierungskünste versagen... kongres beendet.
Landbund und Kunschak- Flügel entschieden für die Demokratie Die Fabritarbeiterinternationale gegen den Krieg
Wien , 18. September. ( Eigenbericht.) Seit dem gestrigen Sonntag, an dem eine Führertagung der Heimwehr in Kufstein , eine Tagung der nationalständischen Front des Landbundminiſters Winkler in Graz und eine Kundgebung der christlichsozialen Gewerkschaffen in Linz stattfanden, hat die politische Spannung in Oestererich ihren Höhepunkt erreicht. Die auf diesen Tagungen gehaltenen Reden haben den Konflikt, der schon lange im Regierungslager gärt, offen zum Ausdruck gebracht. Starhemberg wiederholte in Aufstein seine Forderung nach dem fascistischen Staat, Vizetangler Winkler erklärte sich in Graz ebenso entschieden für die Aufrechterhaltung der Demokratie und auch der gemäßigte Flügel der Chriftlichsozialen sprach fich in Linz durch Kunschak für die Demokratic aus.
Es besteht kein Zweifel darüber, daß die nächsten Tage Entscheidungen von weittragender Bedeutung bringen müffen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es bereits am Mittwoch, für welchen Tag sowohl der Ministerrat wie die Leitung der christlichsozialen Partei einberufen find, zum offenen Konflikt innerhalb der Regierung und damit zu ihrem Zerfall tommt. Was dann kommt, ist auch nicht annähernd abzusehen...
Bei der Heimwehrtagung in Ruf- 1 stein in Tirol erklärte der Führer der Heim wehr ,
Starhemberg:
erklärte:
Das christlichsoziale Arbeitsprogramm be= lennt sich zur Demokratic. Die Demokratie ist zwar heute eine verachtete Dirne und je dümmer ein Lausbub ist, um so mehr Recht glaubt er zu haben, der Demokratic ins Gesicht zu spuden. Es ift bielleicht heute heute gewagt und unflug, von der Demokratie zu reden, aber trotzdem erkläre ich. die Demokratic ift die richtige Grundlage jedes
Staates und jeder Vollsregierung."
und für internationale Solidarität.
Der internationale Kongreß der Fabrik arbeiterverbände, der Sonntag beendigt worden ist, war ein Muster von Einheit und Geschlossenheit. Je heftiger die Gewerf schaften in gewissen Ländern berannt und überrumpelt werden, desto fester scheinen die Arbeiter in anderen Ländern bereit zu sein, die Gewerkschaften, diese wichtige Waffe der kämpfenden Arbeiterschaft zu erhalten und deren Stoßkraft zu stärken.
Von der Sitzung am letzten Verhandlungs tage tragen wir noch folgendes nach:
Bei der Wahl des Sekretärs und der Erekutive fam folgendes Resultat zustande: Robert Nielsen, Dänemark , Vorsitzen der, K. de Jonge, Holland , Sekretär, F. Jurgens, Holland , Ch. Dukes, Großbritannien , Paul Fassin, Belgien , Julius Weiß, Desterreich, Exekutivmitglieder. Als Ersatzmänner der letzteren wurden gewählt: Nadvornik für die Donaustaaten, A. Bratvold für Skandinavien , V. van der Berg, Holland , Lindahl, Schweden , für Skandinavien und 2. Goblet, Belgien .
Der neue Vorsitzende der Internationalen Vereinigung der Fabrikarbeiterverbände Nielsen nahm die Wahl mit Dank an. Der Sekretär dankt ebenfalls für das wiederum geschenkte Vertrauen. Gettoffe de Jonge nimmt die Gelegenheit wahr, von dem langjährigen Vorsitzenden August Brey , Deutschland , Abschied zu nehmen. Die Fabrik Dank schuldig. arbeiter aller Länder sind diesem Manne heißen
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müsse aber in einem Kriege mit der Waffe in der Hand gekämpft werden. Von der einstimmig angenommenen Entschließung heben wir folgendes hervor:
Der V. internationale Kongreß der Fabrikarbeiterverbände ist besorgt deswegen, daß die Abrüstungskonferenz nicht zu positiven Ergebnissen geführt hat. Daß andererseits die Ausbreitung des Fascismus namentlich infolge der Wachtergrei sung Hitlers die Menschheit wiederum unter drohenden Kriegsgefahren steht. Der Rongreß tritt der Resolution bei, die der Internationale Gewerkschaftskongreß in Brüssel zu dieser Frage gefaßt hat. Er fordert die Abrüstungskonferenz des Völkerbundes auf, ihre Arbeiten unverzüglich mit der festen Absicht aufzunehmen, zu einer wirksamen Einschränkung der Rüstungen zu gelangen. Der Kongreß spricht sich zugunsten einer ständigen Abrüstungskommission beim VölTerbunde aus.
Wir stehen in Desterreich unmittelbar an einem Wendepunkt der Ereignisse, das Zeitalter des Liberalismus und der Demokratic ist vorüber, die öffentlichen Vertreter der„ Kors ruptionsdemokratic" werden wir in der Zukunft nicht mehr dulden. Ich begrüße es, daß sich Dr. In dieser Situation, in der deutlich wird, Dollfuß auf den Boden dieser Gedankenwelt gestellt daß die Regierungsgruppen der Heimwehr und hat, es genügt das aber nicht, sondern es ist un- der Nationalständischen Front einander den Der Kongreß beschäftigt sich dann mit den bedingt nötig, daß er eine Säuberung in den Kampf angesagt haben, steht Dollfuk als Anträgen. Ein Antrag des tschechischen Verban außerordentlich zweifelhafte wurde dahin erledigt, daß dies den Landeszentra Fides, auf Errichtung von Einheitsgewerkschaften Reihen seiner Mitarbeiter vornimmt." qur in der Mitte. Man erfährt, daß er geneigt len vorbehalten bleiben soll. Eine längere Aus Diese Worte Starhembergs richten sich deut ist, dem Drängen der Heimwehr nach einem sprache rief ein Antrag der britischen Sektion lich sowohl gegen den nationalständischen Land fascistischen Erperiment nachzugebn und bund, der in der Regierung durch Vizekanzler Nationalständische Front, aber auch seine eigene denwoche mit Lohnausgleich verlangte. hervor, der die Einführung der 40 Stun Winkler vertreten ist, als auch gegen die Partei, die Christlichsozialen, fallen zu lassen. eigentliche Gruppe der chriftlichsozialen Partei, Heute wird belannt, daß die Heimwehr für fatz der Exekutive, daß im Prinzip nicht überall Der Antrag wurde angenommen mit einem Zu die heute vornehmlich durch Herrn Minister diesen 3wed bereits drei genaue Pläne ausge- an einem vollen Lohnausgleich festgehalten wer Baugoin und durch den Führer der christlich arbeitet hat. Der erste Plan sieht die Beset den könne. Die Delegierten der verschiedenen Län sozialen Arbeiter, Kunschaf, vertreten wird. zung des Wiener Rathauses und die Wie ernst dieser Konflikt ist und wie bedeu. Einsetzung eines Regierungskommissärs vor, der der waren der Meinung, daß es vor allen Din tungsvoll die Drohungen Starhembergs find, zweite Plan die Auflösung der sozialgen notwendig sei, eine wesentliche Verkürzung Arbeitszeit in internationalen Maßstabe ging aus der Grazer Tagung der Nationalstände mofratischen Partei und in weiterer durchzuführen. Folge auch die Auflösung und Gleichchaltung der Christlichsozialen Der Kongreß beschäftigte sich in einer AusPartei. Der dritte Plan ist die Auflösung sprache mit der vorliegenden Resolution über die und Gleichschaltung der österreibrüstung, den Krieg und die Kriegsgefahr. Ein chischen Gemertschaften. englischer Delegierter vertrat den Standpunft, Ich stelle fest, der Bundesführer der öster. Man gewinnt den Eindruck, daß Dollfuß daß die Arbeiterklasse aller Länder nicht mehr wie In der Schlußansprache konnte der reichischen Heimwehr hat in der jüngsten Zeit die geneigt ist, zu einem dieser drei Pläne, die be- 1914 überrumpelt werden dürfte. Wir müssen Sekretär der Fabritarbeiterinternationale festfonfrete Forderung erhoben, daß der Auftro reits in nächster Zeit verwirklicht werden follen, gefchloffen gegen jede Kriegsgefahr anfämpfen stellen, daß der Stongreß in feltener Einmütigfeit fascismus in Desterreich eingeführt werden soll, die Hand zu reichen. Einstweilen dürfte Dollfuß und bereit sein, mit allen Mitteln den Krieg zu gefagt und Beschlüsse gefaßt habe, die für die ads heißt zu deutsch , daß der Staat den Heim, allerdings noch bemüht sein, die Gegenfäße berhindern. Demgegenüber vertrat ein belgischer Arbeiterklasse von außerordentlich großer Wich wehren ausgeliefert wird. Die gegen wenigstens äußerlich zu verschleiern und bei fei- Delegierter den Standpunkt, daß man nicht zu- ligkeit sein fönnen. Mit einem Soch auf die wärtige Situation verträgt teine Experiner Reise nach Genf am Samstag die zweiden lassen könne, daß der Hitlerfascismus mit internationale Arbeiterbewegung und insbeson mente und ich erkläre hier vor zehntausenden tige Stellung, die er einnimmt, noch zu ver- allen Mitteln zum Striege rüstet, um gegebenen dere die der Fabrikarbeiter wurde der Kongreß falls vorzustoßen. Gegen den Hitlerfascismus geschlossen. kampfentschloffenen nationalen Republilanern, daß bergen wir uns dieser Forderung niemals beugen werden und daß wir auf das allerentschiedenste für die Aufrechterhaltung einer Demokratie Desterreichs eintreten."
bischen Front hervor, in der
Vizekanzler Winkler ausdrücklich erklärte:
Es ist aber sehr fraglich, ob diese Verschleierung gelingen wird, da in dieser Epoche, 1. zm. Mittwoch, sowohl eine entscheidende Sitzung der Christlichsozialen Partei als auch eine Sigung des Ministerrats stattfinden soll. Es ist Noch bedeutungsvoller vielleicht war eine feineswegs ausgeschlossen, daß es bei einer diehriftlichsoziale Sundgebung, die zur gleichen ser Sigungen bereits zum offenen AusStunde in in; in Deberösterreich abgehalten bruch des Konfliktes und zum Zerfall wurde und bei der Führer der Christlichsozialen, der österreichischen Regierung fommit.
Es wurde beschlossen, den Fonds für die deutschen Flüchtlinge und die Opfer des Fascismus Ke 10.000.überweisen.
Die Sozialdemokratie gerüstet! omiffion für den Reichslagsbrand erklärte der Brande des Reichstages die deutſche politiſche
London , 18. September .( Reuter.) In der Der deutsche dramatische Schriftsteller Ernst heutigen Verhandlung vor der Untersuchungs- Toller sagte als Zeuge aus, daß nach dem ehemalige Sekretär des kommunistischen Klubs Polizei die Verhaftung einiger deutscher AutoDie sozialdemokratische Partei ist sich des] Es wurde auch eine Entschließung im Reichstage Otto Sühne, es sei bollständig ren durchführen wollte. Auch Toller sollte verErnstes der Lage vollkommen bewußt. Es ist ihr veröffentlicht, die besagt, daß die österreichischen ausgeschlossen, daß die Kommunisten den unter haftet werden, doch wiffe er nicht, weffen er be bekannt, daß Dollfuß , der bisher im Ausland Arbeiter gewillt sind, die Selbständigkeit Dester- irdischen Gang, der aus der Wohnung Goerings schuldigt werden sollte. In den Konzentrationsund bei einem Großteil der österreichischen Bereichs gegen jeden Angriff des braunen Fascis in den Reichstag führt, benüßen fonnten, da lagern gäbe es gegenwärtig einige tausend BerGoerings Haus von uniformierten SA.- Abtei fonen, welche nicht die geringste Ahnung haben, bölkerung den Ruf hatte, feinen Kampf vor allem mus zu verteidigen gegen den Nationalsozialismus zu führen, nun Sie haben seit Monaten gegenüber den lungen bewacht wurde. warum fie gefangen gehalten sind und wessen fehr geneigt ist, ftatt des Nationalsozialismus den empfindlichsten Beeinträchtigungen ihrer poli- Beim weiteren Verhör versicherte Kühne, sie beschuldigt werden. Hierauf sagte die KomFascismus iitalienischer Art in tischen Freiheit und ihrer sozialen Rechte die daß sich Torgler in feiner Weise der Polizei zu munistin Schulze, jetzt Witwe, aus, die erDefterreich zu errichten größte Zurüdhaltung geübt, um alles zu ver- entziehen versuchte. Er wurde vom gegenwärtlärt, ihr Mann sei in Königsberg von SA. gemeiden, was dem braunen Fascismus den An- tigen Chef der preußischen Geheimpolizei ver- fangen genommen und solange mit Stöden gegriff gegen Oesterreich erleichtern könnte. Aber hört und sodann verhaftet. Torgler erbrachte ein prügelt worden, bis er mit zerbrochenen Glieder Parteivorstand und der Bundesvorstand flares Alibi durst Angabe des Tages, der deri tot liegen blieb. der Gewerkschaften stellen fest, daß die öster- Stunde und all dessen, was er damals tat.
Angesichts dieser Lage sind sowohl gestern als auch heute der Parteivorstand der Sozial demokratie und der Bundesvorstand der Gewerkfchaften zu einer permanenten gemeinsamen Sit zung zusammengetreten. In dieser Sißung wur den weitgehende Beschlüsse für den Fall eines fascistischen Handstreichs gefaßt. Sowohl die Par. tei, wie auch die Gewerkschaften haben alles zum Entscheidungstampf bereitge ftellt und eine Reihe von notwendigen Maßnahmen und Vorbereitungen, die begreiflicher Beife im Augenblick noch streng geheimgehalten werden, gefaßt.
reichischen Arbeiter diese Selbstüberwindung Der 14jährige Sohn Torglers beschrieb in Die Kommission beendet heute ihre Arbeiim Interesse der Abwehr des braunen Fascis deutscher Sprache mit überraschender Ruhe, was ten. Morgen wird sie einen Bericht und die endmus nicht zu dem Zwede geübt haben, um fich sein Vater am Tage des Brandes tat, sowie gültigen Beschlüsse ausarbeiten, die sie beschleuvon dem österreichischen Heimwehrfascismus alles, was nachher geschah. Er erklärte, daß er nigt in deutscher Sprache nach Leipzig schicken niederwerfen zu laffen. seinem Vater vor bier Monaten im Gefängnis Parteivorstand und Bundesvorstand haben besucht habe. An den Händen des Vaters unter wird, damit sie am 21. September, an dem Erdaher für den Fall eines gewalttätigen Anschied er sehr deutliche Spuren von Hand- öffnungstage des Leipziger Prozesses, dort vorhanden sind. griffes des Heimwehrfascismus alle erforder- fesseln. lichen Maßnahmen getroffen."
Dollfuß bereits für die Putschpläne gewonnen? Mißglückte Giftgasversuche
Durch eine Montag abends veröffentlichte| Sundgebung der Heimwehrführung wird die Annahme, daß in den nächsten Tagen kritische Ereignisse in der österreichischen Regierung eintreten werden, nur noch verstärkt. Die Bundes führung der Seintwehr unter Starhemberg fordert darin die Ausschiffung Wintlers und des Landbundes aus der Regierung. Es heißt darin:
fascistisch - ständischen Staates. Er ist dem Bundeslanzler Dollfuß in der Ueberzeugung gefolgt, daß er diesen Kurs unverändert weitergehen wird. Der Heimatschuß wird in den nächsten Tagen durch Bundesführer Starhemberg mit Dollfuß verhandeln und es besteht ein 3 weifel, bak ber Bundeskanzler die abwegigen zum politischen Bo denkram gehörenden liberalen 3been des Herrn Vizelanzlers Winkler durch die Tat widerlegt.
Es scheint also, daß Starhemberg bereits Vizelanzler Winter hat in der leßten Rede in Graz derart scharfe und unverblümte Angriffe bestimmte Zusagen von Dollfuß begegen den österreichischen Heimatschuß gerichtet, daß fißt, daß dieser unter Preisgabe eines großen bie bersammelten Landesführer nicht daran vor Teils seiner eigenen Partei den fascistischen Kurs übergehen können. Der österreichische Heimatschutz der Heimwehr und die totale Gleichschaltung zu teht nach wie vor auf dem Standpuntt eines jeiner eigenen Sache macht.
müssen Arbeiter mit dem Leben bußen
tungen dürfen über diese Unglücksfälle nicht berichten. Es ist jetzt festgestellt worden, daß seit Uebernahme der Regierung durch Hitler der ganze Betrieb der Firma Schering- Rahlbaum auf die Herstellung von Giftgasen umge Krakau , 18. September. Der Berliner Kor- stellt wurde. Die täglichen Vergiftungen sind respondent des Curier Godzienne" meldet aus eine Folge der Umstellung. Man versuchte in Berlin : Gestern wurden in ein Berliner Spital diesem Betrieb, ein neues Giftgas zu finden, vier Arebiter der chemischen Fabrik Schering- gegen das es weder Schutz noch Heilung gibt. Seah I baum mit schweren Vergiftungserschei Kahlbaum nungen eingeliefert. Die Arbeiter sind wenige Stunden nach ihrer Einlieferung unter furcht beren Qualen verschieden. Als Todesursache wurde Vergiftung durch Koblengase angegeben.
Mostau, 16. September .( Taß.) Der bekannte Aus der Fabrik werden in letzter Zeit faft deutsche Kommunist Mar Hölz ist gestern bei täglich Arbeiter mit Vergiftungserscheinungen in einer Bootsfahrt auf dem Ola- Fluß in der Nähe Berliner Spitäler eingeliefert. Die deutschen Zei- der Stadt Gorfi ertrunken.