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Sosialdemokrat

ZENTRALORGAN

DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI

IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK

ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TÄGLICH FRUH. REDAKTION   UND VERWALTUNG PRAG   XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR  : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG  .

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14. Jahrgang

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und Henleinfront

Merkwürdige Beziehungen

Samstag, 8. September 1934

Einzelpreis 70 Heller

_( einschließlich 5 Heller Porto)

Nr. 210

Ratstagung eröffnet| Klarheit tut not!

Zweldrittelmehrheit für Rußland   gesichert

fönnte.

III. Der Weg zur Klärung

In der letzten Zeit wurde das Thema mehr- Paris  , 7. September. Die Herbsttagung, daß hier Beratungen über die östrreichische von tschechischer Seite zu wenig Vertrauen ent­fach erörtert, inwieweit die Schreibweise einer ge- des Völkerbundes wurde heute vormittag durch Frage stattfinden werden. In Genf   heißt es, wissen Schriftleiterpresse zur fascistischen Vergif  - eine vertrauliche Sitzung des Völkerbundrates daß der Versuch gemacht werden wird, die Inter­tung der deutschen   Bevölkerung beiträgt. Dazu unter Vorsitz des tschechoslowakischen Außenmini- essen der Nachbarn Desterreichs und Desterreichs ist der Hinweis geboten, daß manche der im Saa- fters Dr. Beneš eröffnet. Diese Sitzung galt selbst so zu koordinieren, daß das endgültige Ab­zer Staatsverlag erscheinenden Wolf- der ersten Fühlungnahme der Vertreter der Nats fommen nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch Blätter an offenen oder versteckten Sympa mächte über das Arbeitsprogramm und einigen die politische Unabhängigkeit Desterreichs sichern thien für die Henleinfront der deutsch  - Verwaltungsfragen. völfifchen Preffe keineswegs nachstehen. Uns liegt In der anschließenden öffentlichen Sizung wur­eine solche briefliche Sympathieerkläden eine Reihe von Berichten besonderer Ausschüsse rung der Schriftleitung eines im Staatsverlage und Kommissionen entgegengenommen. erscheinenden Tagblattes in Original vor. Wo die betreffenden Herren sitzen, ließe sich an der Schreibweise der einzelnen Wolfblätter, ind­besondere an ihrer Haltung gegenüber den deut­

fchen Sozialdemokraten leicht feststellen.

Lieber im Gefängnis als in Hitlers SA! Massenrückkehr von Nazis aus dem braunen Paradies

Die politischen Hauptfragen werden vorläufig nur in in offiziellen Besprechungen der Staatsmänner beraten. Das Problem des Ein­tritts Nußlands in den Völkerbund   wird in der Geheimfihung des Völferbundrates gelöst werden, die wahrscheinlich erst anfangs nächster Wo che, frühestens aber am Sonntag stattfinden wird.

Polen   macht keine

Schwierigkeiten

Minister Barthou   empfing heute den

Polnischen Miniſter für auswärtige Angelegenhei­ten Bed zu einer längeren Beratung, die einer feits der Frage des Eintrittes Ruf lends in den Völkerbund und andererseits dem Ostpakt ge widmet war. Es scheint, daß Polen   weder formale noch grundfähliche Einwände gegen die Aufnahme Rußlands   in den Völkerbund und die Errichtung eines ständigen Ratssites für Rußland   machen

wird.

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Kleine Entente berät

Man glaubt, die russische Frage am besten in der Weise erledigen zu können, daß die­jenigen Delegationen, die mit dem Eintritt Ruß­ lands   in den Völkerbund einverstanden sind, die russische   Regierung mit einem besonderen, inoffi In Schlesien   kehren in der jüngsten Zeit, wie ziellen Aft nach Genfeinladen und gleich- Heute traf auch der rumänische Außen­tschechische Blätter melden, scharenweise ehemalige zeitig die Völkerbundversammlung mit der Durch minister Titulescu   in Genf   ein. Kurz nach SA  - Leute, die seinerzeit über die Grenze gegan- führung der Frage betrauen, ob Rußland   in den seiner Ankunft fand eine Sigung der Diplomaten gen und in Hitlers   Sturmischaren eingetreten sind. Böllerbund aufgenommen werden lann. Damit der Kleinen Entente   bei Minister Dr. Beneš wieder in die Republik   zurück. Bor allem find es würde erzielt, daß die Versammlung lediglich vor statt. junge Leute. Obwohl fic wiffen, baf die Entscheidung gestellt wird, ob sie Nukland als Die erste offizielle Zusammenkunft der ihrer in der Heimat das Gefängnis Mitglied aufnehmen wolle oder nicht. Darüber. Staatsmänner der Kleinen Entente   in Genf  harrt, ziehen fices vor, hier gefan- daß eine Zweidrittelmehrheit für die Aufnahme wurde auf Anfang nächster Woche festgesetzt. gen zu fiten, als in den braunen Bataillonen Rußlands   stimmen wird, bestehen heute schon weiterzudienen. Das Troppauer Gefängnis ist teine 3 weife I mehr.

von diesen Hitlermüden schon überfüllt. In den letzten Tagen sind ihrer wieder 14 Mann cin= geliefert worden.

Auf einmal

kein Beweismaterial gegen Rintelen?

Wien  , 7. September, Nus Breifen, die dem nabeftchen, verlautet, daß der Fall intelen

früheren österreichischen Gesandten Dr. Rintelen

nicht zur Anklageerhebung gedeihen wird, da der Staatsanwalt in den bisherigen Verhören die Verteidigung Dr. Rintelens, er habe mit dem Juliputsch nicht das geringste zu tun, nicht zu widerlegen vermochte. Dr. Rintelen behaup tet, daß er am 25. Juli dienstlich in Wien   weilte. Er wollte zu einer Audienz beim Bundeskanzler erscheinen, was ihm aber den ganzen Tag über nicht gelungen sei.

Nach der wahrscheinlich am Montag erfol­genden Ankunft des österreichischen Bundestanz­lers Dr. Schuschnigg in Genf   erwartet man,

Im Hotel Beau Rivage" hatte heute Dr. Beneš mit dem französischen   Außenminister Barthou   eine Aussprache über sämtliche Pro­bleme, die auf der gegenwärtigen Session der bei­den Hauptorgane des Völkerbundes gelöst werden sellen.

Gewisse Doktrinen

von jenseits der Alpen  

Scharfer Seitenhleb Mussolinis gegen das Dritte Reich

Henlein beklagt sich in seiner Presse, daß ihm gegengebracht wird und daß die Tschechen mit ihm nicht diskutieren wollen. Damit offenbart er die Ziveideutigkeit seiner Politik. Den Tschechen ge= mokratie ist Diskussion" und in der genüber beruft er sich auf den Grundsatz De= sudetendeutschen Politik tritt er mit den Allüren des kommenden Diktators auf. In den Versamm lungen der Heimatfront gibt es keine Diskussions. freiheit. Wenn die sozialdemokratischen Arbeiter 3. B. in solchen Versammlungen Aufklärung ver langen wollen über das politische und soziale Pro­gramm dieser Erneuerungsbewegung", scheut fich die Heimatfront nicht, sie mit Gendarmerie­Aufgebot fernzuhalten. Die politischen Behörden dulden leider in der Regel diesen Weißbrauch unseres demokratischen Versammlungsrechtes und sie stellen sich zumeist auf den Standpunkt, daß die Henleinleute in ihre Versammlung hineinlassen tönnen, wen sie wollen. Nur ein Bezirkshaupt­mann, der von Trautenau  , hat bisher soviel demokratische Einsicht aufgebracht, eine öffentliche Versammlung der Heimatfront nur unter der Be­dingung zu bewilligen, daß sie tatsächlich öffentlich durchgeführt werde, d. H. auch den Vertretern einer anderen politischen Anschauung die Möglich­feit biete, sich durchzuseßen.

In diesem Zusammenhange muß mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden, daß wir von den politischen Behörden keine Gunstbeweise er­warten, sondern eine objektive demotra= tische Haltung. Eine Patronisierung der Heimatfront, über deren fascistischen Tendenzen fein Zweifel mehr besteht, durch die Behörden eines demokratisch- republikanischen Staatswesens ist allerdings unerträglich und fordert zu schärfster Bekämpfung dieser Einstellung heraus. Daß diese Patronisierung, wo sie besteht, aufhöre, ist eine der ersten Voraussetzungen einer Klärung!

Die zweite Vorausseßung muß innerhalb des deutschen   attivistischen Lagers geschaffen wer den. Die Agitation der Heimatfront stüßt sich ent= scheidend auf die Patronisierung durch eine deutsche Regierungspartei. Der Tatbestand ist bekannt. Das Bestehen fester Vereinbarungen zwischen der deutschen   Agrarpar te: und der Heimatfront tann nach den jüngsten Enthüllungen des Führers der deutschen   Gewerbe­Bari, 7. September. Ministerpräsident Mus- 3 um gut Teil Nachkommen jener partei, des Abgeordneten Stenzl, nicht län= folini sprach gestern vom Balkon des Präfet- germanischen Langobarden sind, ger zweifelhaft sein. Der organisatorische Inhalt turpalais zu einer 300.000 Köpfe starken Men- die noch um 600 n. Chr. nicht lesen und schreiben dieses Paktes ist nur von mäßigem Interesse, um schenmenge. In seiner Rede sagte er u. a.: fonnten, und man fönnte einwenden, daß Italien   so mehr, als Beweise vorliegen, daß die Henlein­   Die italienische Nation lieferte im Verlaufe feine heutige zweifelhafte Kultur leute troß anderslautender Zusicherungen Das flingt wenig glaubwürdig. Viel cher ist ihrer dreitausendjährigen Entwidlung herrliche lieber nicht an der Epoche Cäsars messen sollte. auch der Partei Spinas in den Dörfern den Boden anzunehmen, daß Rintelen so viel über die ande- Beweise der Organisation auf rechtlichem, politi- Man würde dann nämlich keine Zunahme abgraben. Maßgebend ist die politische Wir ren Hintermänner des Putsches a Feh weiß, schem und sozialem Gebiete. An den Küsten des tung dieses Bündnisverhältnisses. Sie besteht daß die Regierung zu viel risfierte, wenn sie mittelmeeres entstanden große philosophische Sh­nun darin, daß die Unterführer der deutschen  Rintelen die Möglichkeit böte, diese unangenehmen steme, große Religionen, eine große Poesie und ein Agrarpartei im Lande draußen von der Politit Dinge im Gerichtsjaal auszupaden. Imperium, das unauslöschliche Spuren in der Ge­davonlaufen, die sie in Prag   machen. Diese schichte aller Völker hinterließ. schwächliche und zumeist von Mandatsangst dif­Alpine- Direktor tierte Haltung diskretiert die deutsche Regierungs­teilnahme vor der Bevölkerung, sie ermutigt die antidemokratischen Strömungen.

Im Konzentrationslager

Die Alpine- Montangesellschaft   hat neuer­dings eine größere Zahl von Beamten wegen Be­teiligung an der nationalsozialistischen Bewegung entlassen. Insgesamt wurden bisher 360 Ange­stellte entlassen. Der technische Direktor der Alpine A.-G. Ing. 3ahlbruckner befindet sid, im Konzentrationslager in Wöllersdorf  . Ultimatum an Michailow

feststellen.

Für Hitler aber ist die Frozzelei, die ihm ſein Vorbild und Kollege antut, ein weiteres Sig nal, daß er sich mit seiner italophilen Außenpoli­tit und mit dem Kopieren fascistischer Sitten we­niger auf antite Lorbeeren, als indie Disteln Dreißig Jahrhunderte unserer Geschichte gesetzt hat, die in jener Gegend ja auch ge­gestatten uns, mit abfoluter Ruhe auf gedeihen! wiffe Dottrinen hinzusehen, die je nt= feits der Alpen von den Nachkommen von Völkern gepflegt werden, denen die Schrift noch unbekannt war, so daß sie keine Urkunden über ihre Existenz zu einer Zeit erbringen vermögen, da Nom bereits einen Cäfar und einen Augu­

stus besaß."

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,, Romanische Entente" tivismus nur ein Profitgeſchäft" ſchen. Die

noch gar nicht so sicher

Barthou   hat gestern abends erklärt, die Mel­Paris, 7. September. Außenminister dung, wornach Italien   und Frankreich   eine Allianz, bezw. eine Vereinbarung über die Pari­tät zur See, die militärische und politische Zu­fammenarbeit sowie die Bildung einer Einheits­front gegen Deutschland   erreicht hätten, sei un­zutreffend.

Die Henleinpresse wettert gegen jene, die im sozialpolitischen Ergebnisse der sozialdemokratischen Regierungsteilnahme wird man schwer als Profit­Vorwurf des Profitgeſchäftes trifft also die deut­geschäft" bezeichnen können. Der diffamierende schen Agrarier. Haben sie überhaupt noch den Mut, ihre Politik gegen die eigenen Bundesgenossen zu berteidigen? Ste pet hat jedenfalls dem Aftivis mus eine andere Auslegung gegeben. Lassen sich seine Nachfolger das opfervolle Wert einer viels jährigen deutschen   Mitarbeit in der Stegierung widerspruchslos besudeln und verächtlich machen bon politischen Dilettanten, die noch keine einzige deutsche Schulklasse gesichert haben, die deutsche Existenzen unausgeeßt in Gefahr bringen, statt fie zu beschützen?

So albern Mussolinis Römerstolz innerhalb einer ernsthaften Auseinandersetzung über Kultur­Sofia, 7. September. Ivan Michailow und werte anmuten müßte, so lebhaft ist dem rassestol­weitere neun Führer der mazedonischen revolutio zen Ariogermanentum der Goebbels   und Hitler nären Organisation wurden aufgefordert, sich die talte Dusche zu gönnen, die ihnen ihr ange Diese auch in Rom   bereits dementierte Mel­innerhalb zehn Tagen der Polizei zu ergeben. beteter und in allen Details von ihnen nachgeäff- dung wurde, als sie in London   eintraf, in den ter Freund erteilt. Dem Duce könnte man ant- britischen Regierungstreisen mit Verwunde= Rohstoffsperre gegen Deutschland   worten, daß es zwischen Cäsar und der Gegen- rung aufgenommen, obwohl in der letzten Beit wart ein Jahrtausend gegeben hat, in dem die zahlreiche Anzeichen vorhanden waren, die auf London  , 7. September. In der Sißung der germanischen Stämme eine neue abendländische eine Zusammenarbeit der französischen   und der Diese schwächliche Haltung wird sich an der Garnerporteure und Spinnereibesizer in Bradford   Kultur aufgebaut haben, und daß zwischen den italienischen Regierung hätten schließen lassen kön- Partei Spinas noch bitter rächen. Nur das männ in England wurde eine Resolution angenommen, Jahren 1000 und 1400 oder wieder 1600 und nen. Jedenfalls wurde die britische   Regierung liche Bekenntnis zum eigenen Tun und Lassen wonach vom heutigen Tage an kein Abkommen 1900 die deutschen   Kulturleistungen die italieni  - von einem neuen spezifischen Abkommen in imponiert den Menschen. In Zeiten, da das Be­über direkte oder indirekte Garnlieferungen nach schen bei weitem überragt haben. Es gibt eben formiert. Die britischen diplomatischen Kreise sind tenntnis zur Demokratie und zur nationalen Bu Deutschland   abgeschlossen werden wird, solange in der Geschichte jeder Nation Epochen des Aus- der Ansicht, daß die französische   und die italie- fammenarbeit doppelt und dreifach notwendig feine Regelung der Frage der Liquidierung der ruhens und solche der Produktivität. Man könnte nische Regierung eine Militärallianz ist, kann Schweigen nur als fleinmütiges Zurüd­alten Schulden erfolgt ist. ihm auch sagen, daß die modernen Italiener abzuschließen beabsichtigen. weichen, als Anfang der Kapitulation gedeutet