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Schatten find. Bei Ibsen wandern wir durch eine ein urwüchsiger Gutsbesitzer. In Frau Rubeck ist das fleine sinnliche dunkle Nacht im Herbst. Der Sturm treibt mächtige Wolfen am Wesen, das im Grunde ihren Mann verachtet, mit großer Kraft Mond vorbei. Fern, wo der Wald fich lichtet, schimmert eine lebendig gemacht. Der Gutsbefizer ist recht plump und äußerlich alte Burg durch die Stämme. Die ungewisse Beleuchtung läßt sie ausgefallen. Wir bemerken hier gleich, daß außer diesem nicht deutlich erkennen, mitunter verschlingt die Nacht sie ganz, aber Mann uns auch manches andere im Stück mißfällt. Nur daß dann taucht sie wieder in der silbernen Dämmerung auf und den wir an dieser Stelle die fleinen Maniriertheiten hinter das große Umrissen sieht man es an, daß es eine feste Burg ist, die den Jahr- Problem zurücktreten lassen wollen. Außerdem überwiegt auch in hunderten trott. den Einzelheiten schließlich doch das Gute. Der Dialog ist Ibsen hat seine neue Dichtung selbst einen Epilog" genannt,( wenigftens im Norwegischen ) von eherner Festigkeit und was nur als ein Nachwort zu seinem ganzen dramatischen Schaffen ehernem Klang. Die Symbolik ist oft von einer wunder­verstanden werden kann. Er hat damit selbst dem Buch den baren dunklen Bracht, und die Kunst, mit der hier Charakter einer Beichte gegeben, nicht in dem allgemeinen Sinne, in tiefe Psychologie in ergreifende Scenen umgesetzt ift, dem jede Dichtung eine Beichte ist, sondern in dem besondern, daß ist geradezu staunenswert. Alles in allem: wenn auch in es ein Bekenntnis ist, für das man ihn persönlich in Anspruch der speciellen Diskussion vieles zu sagen sein wird nehmen darf. Sehen wir uns daher zuerst den Mann Buch macht mit Recht seinen Weg durch Europa . Der alte an, der hier beichtet. Er beichtet und das eben Bergadler wird wohl kaum wieder die Schwingen spannen, um von kennzeichnet ihn vor der ganzen Welt. Die norwegische Aus- Norden her über die Welt zu fliegen. Mit um so größerer Ehrfurcht gabe, die vor mir liegt, teilt mit, daß gleichzeitig mit den wollen wenigstens wir diesem letzten dramatischen Fluge zuschauen. beiden Originalausgaben( der norwegischen und der deutschen ) eng­Erich Schlaikjer. lische, französische und russische Ueberseßungen erscheinen, die vom Dichter autorisiert sind. Etwas später folgen dann holländische, ungarische, böhmische, polnische und italienische liebersetzungen. Das ist eine Weltstellung, soweit ein Dichter eine solche überhaupt er­ringen kann. Ibsen hat die Gewissen wachgerüttelt, wie mir ein Dramatiker sie wachrütteln kann. Er hat den Blick für die mensch liche Psyche verschärft, er hat Gräber aufgerissen, er hat moderne Lügen verlacht und hat an moderne Institutionen das talte Messer seiner Kritik gelegt; und das alles hat er unter den Augen und dem Beifall der ganzen civilisierten Welt gethan. Als er seinen 70. Geburtstag feierte, erschienen von allen Kulturnationen angesehene Vertreter, um ihm zu huldigen. Was hat nun dieser Mann zu beichten? Er bekennt, daß er erst jetzt zum Sehen er­wacht ist. Und was ist es, das er nun sieht? Er sieht, daß er nie gelebt hat.

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Kleines Feuilleton.

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Nur wenige Menschen wagen mit uns diese Wald­wanderung am Vormittag des zweiten Feiertages. Ein Esel­schlitten gleitet gemächlich an uns vorüber, die Grantiere lassen sich Beit. Ueber die Felder, die dem Walde vorlagern, huschen Hafen, Krähen bringen tiefschwarze Schatten in die lichte Luft, eine stille, übersonnte Windmühle ragt am Horizonte. Drinnen im Walde taucht jetzt das Wild auf. Rudel von Hirschen und Rehen kommen hervor, in dem Schnee scharrend. Die Tiere drängen sich dicht an die Wildgatter und suchen die Nähe der von Menschen belebten Straßen in der Erwartung, daß ihnen von ihren Todfeinden Nahrung kommen möchte. Drei stattliche Hirsche schreiten langsam über unseren Weg, die zwei kleineren verschwinden bei unserem Nahen auf der anderen Seite des Waldes, der dritte, der stattlichste, ein Vierzehnender, bleibt in der Mitte des Weges stehen und erwartet uns. Er läßt sich ruhig von uns berühren. Da gedenken wir unseres Pfefferkuchenvorrats in unseren Manteltaschen. Wir wisseit zwar nicht, ob das Wild solche Weihnachtsnahrung zu würdigen versteht. Indessen wir versuchen es. Begierig und an mutig zugleich nimnit uns der Hirsch das erste angebotene Stüd aus der Hand, und so verfüttern wir allmählich alles, was wir be­fizen. Dann wandern wir weiter. Der Hirsch aber bleibt auf dem Wege stehen und schaut mit seinen schönen innigen Augen in die Richtung, aus der wir kamen. Er schließt von uns auf andere Spaziergänger und auf weitere süße Nahrung- der König unserer Wälder durch Schnee und Frost gebändigt zum Bettler am Wege...

ce. Weihnachtsbescherung im Walde. An den Kiefern des Grunewalds blüht der Schnee; in der Mittagssonne taut er in leisen Tropfen herab und malt dunkle narbenartige Tupfen in die weiße Decke, die sich über den Boden breitet. Ein paar dürftige Halme erheben sich über den Schnee, der auf den Heerstraßen von Menschenfüßen zerwühlt ist, während er weiter im Innern nur von den zierlichen Fährten des Wildes gemustert ist. Das ist föstlich, in dieser milden Winterfrische durch den verschneiten Wald zu waten, da giebt es für die tiefeinsinkenden Füße erfrischenden Widerstand zu überwinden. Die Ermattung von den Zimmerfreuden des heiligen Abends und des ersten Weihnachtsfeiertages beginnt in den Mühen der Schneewanderung zu schwinden, und übermütig wälze In diesem Bekenntnis, das kurz und hart ausgesprochen ist, ich mich mit meinem Buben in den fühlen Flocken bis das liegt eine ergreifende Tragik. Die menschlich- persönliche Wirkung Tauwaffer am Hals die warme Haut hinabgleitet ist in diesem Fall tiefer, als die eigentlich dichterische. Da der Man darf wieder einmal hell lachen und sich am Thörichten wortfarge Jbsen aber sein Drama ausdrücklich als einen Epilog" freuen bezeichnet hat, liegt in diesem Umstand nichts, das ästhetisch zu rügen wäre. Das menschliche Moment muß fogar mehr hinein spielen, als es sonst bei Dichtungen Brauch ist. Wenn man die Tragödie unabhängig von ihrem Dichter betrachtet, könnte es auf den ersten Blick scheinen, als enthielte sie wenig Besonderes. Freilich 11r auf den ersten Blick. Eine oberflächliche Betrachtung könnte in dem Ganzen nur eine Behandlung des alten Konflikts zwischen Pflicht und Neigung sehn, was ungefähr dasselbe wäre, als wenn man im Hamlet nur eine Darstellung von unglück feligen Familienverhältnissen sehen würde. In der That handelt es sich um ein Problem, das einem alten Jbsen- Problem nahe ver­wandt ist, ohne ihm doch wiederum gleich zu sein. Wer Jbsen fennt, tennt auch die Hamletnaturen, die ihr Glück nicht zu um arment wagen, weil das Gewissen fie feige macht. Ju dem neuen Drama Wenn wir Toten erwachen", handelt es sich um etwas Aehnliches. Professor Rubeck, ein Bildhauer, hat für sein Meisterwerf, das weltberühmt geworden ist, ein junges schönes Weib als Modell gehabt. Er hat in seinem ganzen Leben eigentlich nur dieses eine Modell gehabt; sie war im Grunde mehr Ursprung als Modell seiner Kunst. Als sie ihm bis zur Vollendung seines Werkes in voller freudiger Nacktheit" gedient hat, verläßt sie ihn eines Tages und verschwindet spurlos. Nach Jahren erst sehen fie einander wieder, als beide inzwischen durch das Schicksal gebrochen sind, das sie zu tragen hatten. Warum", fragt Nubed, " gingst Du damals fort von mir?" Und sie antwortete: Weil Du ein Verbrechen an mir begangen hast. Ich stellte mich vor Dich hin, nackt und bloß, damit Du mich beschautest und nicht ein einziges Theater. gud des Mal berührtest Du mich." Rubeck sagt: Ich war Künstler", worauf Weihnachten in den Theatern.( Berliner sie mit einem Anstrich von Hohn erwidert:" Das ist es eben. Erst Theater. Lessing Theater. Schauspielhaus.) das Kunstwerk dann das Menschenkind." Hier stehen wir vor dem Das Präludium hieß Flottenmanöver" und wurde von den Problem: Rubeck hat sein Glück nicht umarmt, aber nicht aus Herren Kraay und Stobiger gespielt. Es sollte ein lustiges sittlichen Bedenken, sondern weil er e8 nicht fah. Er Bräludium sein, glaube ich. Wenigstens stand" Schwank" auf dem war Künstler oder besser, sagt seine Dame Dichter, Bettel und es ist ja eine weitverbreitete Anschauung, das Schwänke denn in dem Wort liegt so etwas Schonendes und Mit- lustig sind. In der That lachte das Publikum auch und somit ist- leidiges. Etwas bon der Schonung, mit der man Menschen für die Autoren wenigstens die Frage in aller Form erledigt. behandelt, die seelisch nicht ganz normal sind. Das Leben hat in Das Stück ist in seiner besonderen Art eine Reklame für die Sonnenglanz und Schönheit vor dem Dichter dagelegen; aber er neue Flottenvorlage. Es liegt mir sehr fern, den beiden Dramatikern mußte bis an das Ende seiner Tage in einem falten, feuchten Loch nachzusagen, daß sie eine Satire auf die Flottengegner schreiben sigen und mußte sich mit Lehmklumpen und Steinblöcken todmüde wollten. Zu einer Satire gehört Verstand, und bei unseren Dichtern arbeiten. Hier sehen wir in die Tiefe der Dichtung und in das wundert man sich geradezu, wie es möglich war, eine so kleine Schicksal der Menschen, die in der Idee leben, während andere Portion dieses Artikels noch auf zwei Menschen zu verteilen. Die ihnen das frische, pochende Leben rauben. Es handelt sich ganze Sache ist ein Gemengsel der ältesten und schalsten Possen hier gar nicht um die individuelle Seele Rubecs, auch nicht einmal scherze. Ein sächsischer Philister, der gegen die Flotte ist, weil um die des Künstlers im allgemeinen, es handelt sich um einen Sachsen teine Küsten hat, reist nach Helgoland, um seine Tochter ganzen Typus. Dieser Typus hat allerdings im Künstler Rubed an einer Heirat mit einem mittellosen Journalisten mit brennender Anschaulichkeit und tiefer Psychologie Gestalt ge- hindern. Da bor Helgoland Flottenmanöver abgehalten wonnen und ein Künstler, ein Dichter, war auch am geeignetsten, werden, laufen auf der Insel allerlei schmucke" See- Offiziere und ihn zu vertreten. Man sieht bei einem so tiefen Problem Seekadetten herum. Die hübschen Uniformen stiften natürlich Liebes­bedurfte es gar nicht der menschlichen Erinnerung an Ibsen, erklärungen, Verlobungen usw. und schließlich wird auch der sächsische um ergriffen zu werden. Daß man aber trotzdem immer an den Philister von der allgemeinen Backfisch- Begeisterung ergriffen. Von der alten Meister denken muß, giebt dem Buch allerdings einen ganz Flottenvorlage, die in dem Stück diskutiert wird, verstehen die besondern Wert. Autoren etwa soviel wie Schweinburg. Sie haben begriffen, daß sich mit der Sache Geld verdienen läßt.

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Mit Rubeck und seiner Geliebten kontrastieren Frau Rubeck und

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