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Spaten mit dem Laken mußt Du mir jeden Abend zu Händen abliefern."

Hanka rieb sich die Augen.

Gut. Ich bin einverstanden. Gott   lohn's Ihnen. Lassen Sie mir nur gleich einen Spaten geben."

Aber wozu denn gleich einen Spaten? Das wäre ja teine Rechnung. Bis zum Abend kannst Du kaum eine Furche abgraben, und ich müßte Dir ja gleich Kartoffeln geben.."

Hanka machte eine entschlossene Handbewegung. Also, ich verzichte auf die Kartoffel. Ich werde ohne Mittagessen arbeiten."

Das ist was andres! Das ist richtig!" sagte Fabich kopfnickend und befahl dem Mädchen, ihm zu folgen. ( Fortsetzung folgt.)

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Die Radierungen haben etwas merkwürdig Inmittelbares. Der Stimmungszauber, den sie ausströmen, hängt eng mit der Art, wie der Künstler die Frühlingslandschaft zeigt, zusammen. Er giebt das sem ersten Blatt durchs unentwickelte niedere Kraut Einzelne und zugleich ein Ganzes. Da wandelt auf fountäglich altväterisch gekleideter, junger Mann, in dessen Art und Bügen Vogeler selbst unfchiver zu erkennen ist. Hoch oben in der wolkenlosen Luft eine Lerche, die wohl die erste sein mag, die sich emporwagt. Sinnend blickt sein Auge empor. Vogeler  zeichnete die Gestalt so, daß sie in ganzer Höhe, sich flar gegen die Luft abhebend, über den weiten Horizont der dörflichen Niederung aufragt. Aber gerade dadurch leben wir selbst uns in die herrliche frische Höhe der luftigen Landschaft ein, gerade dadurch gewinnt sie ihre Höhe, und zwar ihre belebte Höhe. Unwillkürlich identifiziert

man sich mit der Gestalt.

Indem Vogeler auf diesen Blättern den natürlichen Vordergrund zur Hauptsache macht, giebt er uns den Rahmen, durch den wir in der Wirklichkeit stets, wenn auch meist unbewußt beeinflußt, die Landschaft oder die Scene des Hintergrunds zu ſehen pflegen. So erreicht er den hohen Grad der Lebendigkeit, der diesen Gaben eigen ist. Da liegen wir in Kraut und Gras und die voll­Worpsweder Frühlingskunft." erschlossenen Aurifel- Blütenaugen, an denen dunkle Bienen hängen, Die Veröffentlichungen der Insel", diefes jungen Unternehmens schauen uns aus nächster Nähe staunend ins Geficht; und über die der Schriftsteller O. J. Vierbaum, A. W. Heymel und N. A. Schröder, Blüten hinweg, unter dem an den weißen Birkenstamm ge­haben im Aeußern etwas gemeinsam Charakteristisches. Sie folgen nagelten Querbaum hindurch erblicken wir fern den Bienenstand dem fünstlerischen Grundsay, die Ausstattung, den Buchschmuck, in vor niederem Gehöft. Oder wir schen durch Blattbüschel eines ganz intimer Weise in Beziehung zum Inhalt des jeweiligen Buchs niederhangenden Zweiges mit weißen Obstblüten oder mit knofpenden zu setzen. Der Stift des schmückenden Künstlers soll die Wirkung des Kastanienkerzen auf ein charakteristisches Haus, des Künstlers Geschriebenen vertiefen und erhöhen. Als einer der ersten hat Barkenhof. Oder ein Storch läßt sich dicht vor uns mit gefpreizten O. J. Bierbaum diesen Grundsatz bereits vor einigen Jahren mit Flügeln, während Schnabel und Beine schon herabgesenkt dem Boden Entschiedenheit verfochten und in seinen Stalenderbüchern Der bunte zuspüren, auf den überwässerten Uferfaum nieder und gegenüber Vogel" zu verwirklichen versucht, und der Verlag von Engen Diede- setzt sich das Landschaftsbild im starrenden Röhricht, das den Winter richs in Leipzig   steht an der Spike derjenigen Verlagsunternehmungen, Fichtenwipfel, auf dessen Seiten zwischen den mit ſaftfrischen Trieben überdauerte, und in dem einsamen Gelände fort. Oder ein Stück hoher die eifrig auf gleicher Bahn fortschreiten. Der Verlag der Insel", zu dessen geistigen Helfern Bierbaum befäeten Nadelbüscheln flugängig eine Schwarzamsel throut, schauen gehört, hat nun der Durchführung jenes Grundsatzes ein breites wir im Gefühl erquickender Freiheit weit hinaus ins lichte busch­Feld eröffnet, und wenn es einen Künstler giebt, der jenes durchsetzte Niederland, in dem die charakteristische Mühle ragt, ein Brincip erfaßt hat, so ist es der Worpsweder   Heinrich Vogeler  . Er Blick, wie er vom Worpsweder   Weyerberge aus die Sinne entzückt. ift ingemein empfänglich für die Anregungen, die von dichterischer Oder wir stehen endlich im Zimmer am Fensterbrett, auf dem der Seite gegeben werden. In ganz eigenartiger Weise setzt sich bei Rosenstock im irdenen Topf blüht, und schauen durch den Spalt der ihm das gesprochene und geschriebene Wort in bildnerische Stimmung bellen geblümten Gardinen in den Garten hinaus, wo Bauern um, und da er immer wieder aus einer landschaftlichen Quelle graben und pflanzen, und fern über den Strohdachfirst des Bauerns schöpft, zeigt er zugleich, wie reich an Einzelzügen ein kleines Hauses hinaus zeichnen sich im Gelände lichte Ackerstreifen ab. So Stück Natur fein fann. Jedes Stück Natur gleitet täglich wird alles in die nächste Nähe des Beschauers gerückt, Vordergrund durch eine ganze Folge von Stimmungen. Unter den reichen und hintergrund verschmeizen, indem sie ihre Stimmung einander Veränderungen von Licht und Luft gewinnt es fortwährend mitteilen. neues Leben, und Vogeler   hat eine schier unerschöpfliche Menge dieser Abwandlungen fünstlerisch aufgefangen. Vogeler   ist der am meisten volkstümlich Schaffende unter den Worpswedern. Er ist Romantiker, aber seine Romantik ist in ihren Künstlerischen Mitteln durchaus realistisch. Er ist ganz eins ge­worden mit der Worpsweder   Natur, und indem er für seine tünstlerische Bethätigung feine Gebietsgrenzen anerkennt, durchtränkt er alles, was er schaffend berührt, mit dem Licht und Duft, den Formen und Farben des Worpsweder   Geländes.

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Dem erst fürzlich erschienenen reizvollen Buche mit Zeichnungen, die Vogeler seinen eignen schlichten Verjen( Dir", Verlag der Insel") als schönen Schmuck gewidmet hat, folgt min im gleichen Verlag das Mappemvert: Au den Frühling". Es sind Radierungen, die den Künstler abermals als den Meister der Technik offenbaren, als der er bereits bekannt ist. Wir haben hier eine Probe dessen, was Vogeler unter Buchschmuck versteht.

Dem Frühling gilt die Mappe. Wir werfen einen Blick auf den Umschlag, und die Märzſtimmung, hervorgezaubert von herblindem Wehen der Lüfte, wacht in 11113 auf. Wir schreiten in den noch kahlen Laubholzwald oder an einer der knospenüber­strenten dörflichen Hecken, wie sie vom Worpsweder   Hügel hinab ins Moorwiesenland ziehen, entlang; alles trägt noch winterlichen Cha­rafter, aber plößlich grüßt uns vom Boden her ein grünes Kissen, besät mit weißen weitoffenen Anemonen. Solch einen Blick von oben her hat Vogeler   in seiner Umschlagszeichnung festgehalten. Die Stimmung, in die der Inhalt der Mappe versetzen soll, ist mit der Wahl dieses Anemonen Vorwurfs vorbereitet. Licht ist der ganze Umschlag gehalten, das hauchartige Grün der Pflanzenkonturen, das elfenbeinfarbene Leder des Rückens und der Ecken, alles deutet einheitlich auf die jungfräulich- scheue Zeit, da alles in der Natur in Form und Farbe so zart ist.

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gandes, in tiefster Abenddämmerung von mächtigen, aufstrebenden Die letzte Radierung, ein typisches Bauernhaus des Worpsweder  Buchenstämmen überragt, zwingt den Beschauer in seine Stimming hinein; man hat das Gefühl, selbst unter diesem Baumdunkel über düsterer gehaltenen Nahmen leuchtenden Sterne drängen die den feuchten Grund zu schreiten, und die in dem äußeren, noch Empfindung der schnell hereinsinkenden Nacht unwillkürlich auf. Dieses Blatt gehört zu den besten der Mappe. Gleich hoch schäzen wir auch das Amselbild und ein weiteres für Vogelers Gemütsart besonders bezeichnendes Bild ein, das ein Motiv aus dem Märchen vom Froschkönig andeutet und auf dem der bekannte und namentlich in den Zeichnungen Vogelers zur Versunkenen Glode" verwertete anmutige, findlichzarte Mädchenkopf durch auf­geblähte Weidenfäßchen über den Bachrand hinablugt.

In dieser Radierung gelangt der findliche Zug in Vogelers Wesen so recht innig zum Ausdruck, und wieder kommt die Empfindung über uns, als warte das deutsche Märchen auf seine Mappe aus Vogelers Hand.­Franz Diederich.

Kleines Feuilleton.

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g. Die großen Gärten. Nach dem Kaffee lehnte sich Herr Behrens in die Sofaecke und nahm die Zeitung. Die Frauen räumten das Tassengeschirr zusammen. Nachdem sie auch die Häckel­decke wieder über den Tisch gelegt, folgte Bertha der Base in die Küche. Auf dem gelbgestrichenen Bretterstuhl sigend, sah sie ihr zu: Es gefällt Euch also doch nicht hier? Eigentlich ist es ist es doch aber ganz hübsch". Trude Behrens zog ein Gesicht: Hübsch? na ja­hübscher allerdings als in der Neibelstraße. Ein modernes Haus und am Kurfürstendamm  ; aber sonst na!"... Sie bückte sich und schloß die Diese bei dem ersten Blick erweckte Stimmung verstärkt sich durch Milch in das Luftspind; erst als sie wieder aufstand, sprach sie weiter: die Mappe hin von Blatt zu Blatt, wie echtes Frühlingsweben. Wie Jezt, wo die Sonne vorkommt, geht es ja, im Winteravar es faum auszus drängen auf dem harmonisch abgerundeten Titelblatt die zahllosen halten vor Kälte. Kannst es Dir ja denken, unten der Keller, rechts Knospen des prächtigen frönenden Baumes, der die Schönheit ein Hausflur. links ein Hausflur, und dabei mußte man noch alle früherer ähnlicher Zeichnungen Vogelers erweiternd atimet, zum Licht! Augenblicke die Fenster aufreißen. Even klingelt hier einer und will Noch kann der Blick das Aft- und Zweiggewühl durchdringen, aber Bescheid haben, dann geht es wieder am Herrschaftsanfgang los. alles ist bereits voll von werdendem Leben. Ein echter Frühlings- Naß ist es auch noch. Hinter den Betten läuft das Wasser buch­ baum  ! Quellendes Leben erfüllt die Mappe auf allen Blättern. stäblich die Wände herunter. Franz wird das Neißen gar nicht mehr fos." die Leute auch find, deren Wesen sich hier dem Blick erschließt.

Nichts ist darin starr und tot, so einsam und ſtill das Land und

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*) An den Frühling. Radierungen von Heinrich Bogeler- Worpswede.( Berlin  , Verlag der Insel" bei Schuster u. Löffler.) 1899. Preis der Mayve 25 M.

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" Ja, Franz sieht schlecht aus."

" Sicht er auch, und wie soll er nicht? Ich habe dem Wirt gesagt, er möcht' uns die Wohnung in Ordnung bringen lassen, aber was meinst Du? Das ist ihm zu teuer, wenn es uns nicht paßt, tönnten wir ja gehen."