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Kleines feuilleton.
Der Backofen. Eine„ Ahnfrau" habe ich noch nicht geschrieben,
Aus dieser seltsamen Ehe geht Similde hervor. Die Mutter trennt sich von ihrem Vater seitdem sie sich Mutter fühlt, will auch die Erziehung des Kindes allein leiten, doch der Tod, der sie in ihrem Beruf trifft, nimmt ihr die Zügel aus der Hand. Der Baron erzieht sein Kind auf seine Weise. Es gelingt ihm auch, seinen aber über einen Bäckerofen habe ich schon gewohnt, länger als ein Plan wenigstens insoweit zu verwirklichen, als er den reichen Malte halbes Jahr. Damals war's, als ich nach dem Vorbild des Georg von Spard als Schwiegersohn gewinnt. Nun ist er und seine Tochter Michael Conrad in München der deutschen Litteratur auf die Strümpfe auch nach seiner Meinung geborgen. Es hat sich alles aufs helfen wollte. Gründe dazu gab's ein Schock. Es mußte etwas herrlichste erfüllt, was fann er mehr wünschen? Leben kann er wie geschehen. Teils darum, teils deshalb. So ein junger Anfänger ist er will, und seine Schulden bezahlt, wenn auch widerwillig, der ia verlassener als ein armes Waiserl. Kein Redakteur schaut seine reiche Malte. Wie sich seine Tochter in der Ehe und mit dem Mann Schreibereien auch nur an. Aber wenn man selbst die kritische Geisel abfindet, ist ihm gleich, denn im Grunde ist er nichts weiter als ichwang, he Peter, han! Aber da kam es wieder auf so einen Redakteur an, ob der einen auch schimpfen ließ. ein großer Egoist.
Der erste Teil des Beyerleinschen Romans schließt mit Simildens Heirat und ist eine Scherzählung; der junge Frizz Hegereuter, der Sohn vom Nachbargut, erzählt sie nach langen Jahren und nachdem er schon erfahren, wie Simildens Ehe und Mutterschaft aus gegangen. Der erste Teil sekt etwas schwerfällig und breit ein, wird dann aber in gutem Sinn amüsant und interessant. Die Jugendfreundschaft der Alumnatsschüler Guido und Frizz ist sehr hübsch, man sicht die beiden, bis zu einem gewissen Grade ähnlich und doch im Innersten ganz verschieden, dabei treue Freunde, die alles teilen. Auch Frizens Vater und Guidos Bruder Malte sind fest, sicher und humorvoll gezeichnet. Ein elender Kerl, dieser Maite, aber eine lebensfrische Figur! Und Similde, das heranwachsende Mädchen, halb Badfisch, halb Dame, wie fein und sicher hingestellt. Ihr Schwanken zwischen ihren Verehrern Guido und Friß, ihre reigende Launenhaftigkeit, ihr Mädchentum, das unbewußt und reizvoll imer wieder sich bekundet, ihr tastendes Liebessehnen, ihre innere Hülflosigkeit, das ist alles trefflich und von einem Dichter gezeigt. Und dies Mädchen nimmt halb freiwillig, halb gezwungen, einen Mann wie Malte, der ihr in eitler Selbsttäuschung wie ein St. Georg erschienen ist und der ihr die Tore des Lebens weit öffnen soll. Dieser Malte, ein Mensch, der wegen Falschspiels nicht Reserveoffizier geworden ist, trob seines alten Adels und seines Reichtums, der die Gutstauben mit Hasenschrot schießt und am liebsten auf die Fasanenjagd geht, der unheimliche Angst vor Wasserfahrten hat, ist der denkbar ungeeignetste Mann für Similde.
Es ist flar, daß die Ehe unglücklich wird. Malte, der über seine Frau mit derselben sinnlichen Gier herfallen will, wie über die Mädchen seines Guts und seine sonstigen Liebsten, findet aber seine Frau gewappnet und in ihr einen überlegenen Gegner. Er hält sich von ihr fern, er muß es vielmehr, da gelingt es ihm in einem Augenblick, da sie sich im millenlosen förperlichen Zustande und in geistiger Erniedrigung befand, seine ehelichen Rechte auszuüben. Sie wird Mutter. Sie haßt das werdende Kind, weil es von Malte ist, und erst als dieser an einer vergifteten Auster stirbt, erwachen in ihr die mütterlichen Gefühle.
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Sie will das Kind erziehen für sich und ihm eine wahre Mutter werden; da erwacht die Weltlust in ihr. Alle Fesseln sind von ihr abgefallen, sie will das Leben genießen, sie genießt es auch, sie überläßt das Kind einer Erzieherin, dann einem Erzieher, geht ihrem Vergnügen nach, lebt ein geräuschvolles im letzten Grunde inhaltleeres Leben. Da erfährt fie zu ihrem Schrecken, Malte der Sohn schlage Malte dem Vater nach. Sie muß es glauben, denn die beiden, denen Maltes Erziehung anvertraut tvar, jagen es, und sie muß sich selbst davon überzeugen.
Sie sucht Rettung bei Aerzten, überall wird ihr abweisender Bescheid. Von einem Sohn, der einen solchen Vater gehabt und so empfangen worden, kann sie nichts anderes erwarten. Nun beginnt für sie das duldende, trauervolle Elend, wo ihr die Mutterschaft ein Graufen ist, wo sie sich ohne Hülfe und Nat dem Schrecklichen gegenüber sieht, daß Malte der Vater noch einmal in Malte dem Sohn aufersteht, wo sie an göttlicher Gerechtigkeit zweifelt und veratveifelt.
Endlich stirbt Malte an einer Kinderkrankheit, und sie muß sich freuen, daß er tot ist. Nun endlich ist sie ganz frei. Und jetzt be ginnt für sie ein neues Leben, ein Leben voller Arbeit. Sie nimmt fich des Werkes ihrer Mutter an, des Asyls für uneheliche Kinder, fie wird ein tätiges Glied in den Reihen derer, die am sozialen FortSchritt arbeiten. Und diese Arbeit fühnt, was das Leben an ihr und fie an ihrem Leben verbrochen hat.
Der zweite Teil des Romans enthält Simildens Beichte. Sie erzählt dem Jugendfreunde Frik Hegereuter, den sein Weg nach Zürich führt, die Leidenszeit ihrer Che und Mutterschaft. Und um das Haupt der Vierzigjährigen, die in der sozialen Arbeit ihren Lohn gefunden hat, sieht Hegereuter die unsichtbare Krone, die er auf dem Haupt der heimlich von ihm geliebten Märchenprinzessin Similde Hegewalt sah; jetzt hat sie sich sie wirklich erobert. Diese Figur der Similde, die durchaus den Roman beherrscht, ist psychologisch sehr interessant: wie sich aus dem gedankenlosen leichtsinnigen Ding die charakterbolle, arbeitende Frau enwickelt, hat Beherlein lückenlos wiedergegeben. Man sieht Similde allmählich werden zu dem; als was fie uns zuletzt erscheint. Dieser zweite Roman ist meinem Gefühl nach besser und gehaltvoller als der erste Beherleins, wenn ihm auch wohl nicht die vielen Auflagen von Jena oder Sedan?" zu teil werden und er auch kaum irgend welche Sensation machen wird. d. s.
Da mußte ein Blatt her! Auf der Stell! Und ich ging hin und gründete. Hab' mich damals vor feinem Kerl geforchten, ob er noch springlebendig war oder schon tange tot. Und wenn ich heute in die vergilbten Blätter blice, muß ich sagen: Haft die Posaune gar nicht schlecht geblasen, Bürschl, hast ja auch gewußt, daß man imt Wald schreien muß, wenn man gehört werden will.
Blut
Und das Ding kam zustande. Mitarbeiter meldeten sich. junge. Selbstverständlich. Die Briefe flogen nur so her und hin. voll anfeuernder Worte, voll Ratschläge, voll Anerkennung, Loli Kleine Sachen." Selbstlob. Auch Beiträge kamen. Ab und zu. wurden gern genommen, aber damit ließ sich das Blatt nicht füllen. So schrieb ich denn, schrieb und schrieb: Novellen und Stizzen, Artikel und Abhandlungen, Gedichte, Kritiken und Notizen. Hat mir nichts geschadet, war ja immer so eine Art Schweizerdegen". Schweiß hat's freilich geloftet und Biergeld. Besonders wenn ein warmer Sommer einfiel.
Es ging dem Winter zu. Sagte mir einer, beim frommen Bäck stehe eine Stube leer. Die Frömmigkeit des Hörndlmacher tannte ich. Wußte, wie er die Bauern drosselte. Und ich in meiner Dummheit ging trotzdem hin. Ein Loch. Und finster. Gleich tat der Christ. den Mund auf; „ Heller tönnt' la das Zimmer etwas sein. Aber wissen S' was, Herr Dofta? Im Winter brauchen S' feine Feuerung net: Gleich drunter ist der Backofen. So was Schönes.
Und ich in meiner Dummheit nahm das Loch. Seine Schön Heiten wurden bald offenbar. Finster und heiß: das waren seine zwei Haupttugenden. Es hatte noch andere, aber das waren mehr Schönheitsfehler. Den ganzen Tag mußte ich das Fenster offenstehen lassen. Meine zahme Kohlmeis' ward bald so tückisch, daß sie mich nicht mehr anjah.
Ich weiß nicht, war es gleich die erste oder die zweite Nacht. Plötzlich wurde ich wach. Ich hatte das Gefühl, als läge einer von zwei Zentnern auf mir und wolle mich tot drücken. Ich schnappte und schnappte. Ja, war ich denn in eine Mehitiste gefallen? Mehlstaub war es, was ich da einsog! Kehle und Bunge waren salztrocken. Pfui Teufel!
Schon ging's unter mir los. Ein Gefrach, als schmettere einer eine große Holztrücke über scharf gebrannte Ziegelsteine, Holzscheite Dann ein Geflatsch, immer polterten nach. Ach ja, der Backofen! und immer wieder: Die Stube, in der man den Teig Inetete, fonnte nicht weit sein. Ich starrte in die Finsternis, und in mir schrie es:„ Esel, und Du willst die Literatur reformieren? Rafimir pad ein!
Keine
Etwas mochte ich gedrusselt haben, da riß es mich wieder. Die Beine fam's herauf wie Ameisen. Bald glühte der ganze Störper. Aber kein Tropfen Schweiß. Die Decke flog ins Zimmer. Erleichterung. Die Bettpfosten, selbst das Betttuch, fühlten sich heiß an. Auf einmal fiel mir etwas ins Gesicht. Ich griff zu. duetwas Lebendiges! Schon flammte die Lampe auf. Da hatte ich noch eine Bescherung! An allen Wänden wimmelte es: Kleine, blonde Preußen und fette, schwarze Schwaben
In dieser Nacht erlosch die Lampe nicht mehr. Und auch in feiner der folgenden Nächte. Was ich an Feuerung ersparte, ging in Petroleum drauf. Und trotzdem wohnte ich über ein halbes Jahr über dem Bäckerofen: Der Muß ist ein strenger Herr.
Einmal ging ich durch die Gasse, auf die mein Fenster schaute. Aus einem Laden trat ein Mädchen und hielt mir etwas hin. Ich sah dreiviertel zur Seite: Das Ding hatte einmal verlauten lassen, fie werde mich heiraten, kost' es, was es wolle. Da begann sie zu reden:„ Es ist auskommen g'wesen, und da hab' ich's Jhnen fangen wollen, hab's aber in der Schnelligkeit mit der Ladentür erdrückt... Sein S' mir net bös!"
Jetzt riß ich ordentlich die Augen auf. Es war meine arme Kohlmeise. Wenn die es nicht mehr ausgehalten hatte. Noch an demselben Tage nahm ich das leere Vogelhäusel und zog.
Miete hat der Kerl noch haben wollen!-
-Dialektik eines Kutschers. In der„ Wiener Arbeiter- Beitung" lesen wir: Ein Bachmann beanstandete vor einigen Tagen einen Seutscher deshalb, weil er angeblich jemand belästigt hatte. Bei dieser Gelegenheit entwickelte fich folgende Diskussion: achmann:„ Ich muß Sie arretieren." Kutscher:" Wen, mi?"
Wachmann:„ Natürlich."
Kutscher: Haha!"
Bachmann( streng):
Warum lachen Sie?"