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Wachmann: Wenn Sie feinen Ausweis haben, muß ich Sie wegführen. Haben Sie einen Ausweis?"

Kutscher: Na."

Wachmann( amtlich): Dann arretiere ich Sie im.. Kutscher( höhnisch):" Halt! Wer sagt Ihnen denn, daß i kan Ausweis hob'?" Wachmann( aufbrausend): Sie haben es doch selber ge­Rutscher( gemütlich):" kann ja sagen, was i will!" Wachmann( fassungslos): Also geben S' her!" Kutscher( den Bettel in der Hand haltend): Herr Wach­mann, fönnen S' lesen und schreiben?"

fagt."

Bachmann: Sie, ich rate Ihnen, sich anständig zu be­

nehmen."

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Seutscher( mit ironischer Devotion): h gewiß. Ehre wem Ehre gebührt, Herr Wachmann, alle Achtung!" Bachmann( fann beim Laternenlicht den Namen nicht ent­ziffern): Wie heißen S'?"

Kutscher:' s steht ja drauf. Lesen S'es. I hab' Ihna   ja g'fragt, ob' lefen können."

Bachmann( notierend):" So ein..." Kutscher( harmlos):" Ah, Herr Wachmann wollen mir ein Kompliment machen."

Wachmann( im Fortgehen): So. Ich verständige Sie von der Anzeige."

Kutscher: Uje, Herr Wachmann.( Jronisch:) Na... net. Tuan S' das net!"

Wachmann: Ruhe!"

Kutscher( ruft dem Wachmann nach): Herr Wachmann, meine ergebene...! Herr Wachmann, meine besondere...!" Wachmann: Was soll denn das.?"

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Kutscher( sanft): Meine Hochachtung mein ich nur, Herr Wachmann."

Bachmann( drohend): Sie!"

Kutscher: D bitte, bitte, Ehre wem Ehre gebührt."

Wegen dieser Szene hatte sich der Kutscher vor dem Bezirks­gerichte Leopoldstadt   zu verantworten, da eine Anzeige wegen Wach­beleidigung erstattet worden war. Der Richter ging aber mit einem Freispruch vor, da lediglich Unfug vorliege, der kein Delikt des Strafprozesses bilde.-

Kunft.

e. s. Die bereinigten Berliner   Klubs stellen im Künstlerhause aus. Eine Kunstausstellung im kleinen, so viel Namen und noch viel mehr Bilder. Alles Künstler und Künst­Terinnen, die entweder sich den bestehenden beiden Richtungen, die sich in der Kunst des Lehrter Bahnhof   und der Sezession, kurz ge= fagt, nicht angliedern können oder es nicht wollen, die vielleicht auch abseits, allein stehen wollen und nun vom Regen in die Traufe kommen, da hier eine gleiche Fülle von Namen jede eingehende Einzelbetrachtung hindert.

Soviel fann im allgemeinen gesagt werden, daß durchschnitt­lich das Niveau respektabel ist, die Anekdote, das aufdringliche Genre, die literarische Unkunst, die sonst im Künstlerhause gar zu gern ihr Wesen treibt, tritt zurück und macht einer mehr malerischen, farbigen Umwertung der Dinge Play. Das heißt: wir bekommen hier wirklich ein können, ein Streben danach zu sehen.

Dies sei zugegeben. Jedoch ergibt sich da auf der anderen Seite wieder ein Einwand. Denn viel mehr als eben dies technische, beachtungswerte Nönnen sehen wir nicht. Es fehlt jene Verfeinerung und Vertiefung, die dem Künstler erst eigentlich die Berechtigung gibt, jenes hinreißende, das nicht in dröhnendem Pathos, nicht in forciertem Unterstreichen und exaltiertem Uebertreiben besteht, sondern uns entzückt und überwältigt durch die sichere und suggestive Gewalt, mit der innere Wahrheiten des Sehens irgend ein besonderer An­blick bor   uns hingestellt werden und uns so von der tausend­farbig wechselnden Welt ein neues, reines und überzeugendes Abbild geboten wird, das uns allein durch seine farbige Erscheinung be­fundet, daß es wert ist, lange betrachtet zu werden.

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Dieses Junge und Barte, sozusagen Neufichtige finde ich hier mur bei Kloh, einem Maler, dem man in legter Zeit öfters be gegnete. Er hat ein äußerst eindrudsempfängliches Natursehen und Scheut sich, der Schablone seine Gesinnung zu opfern. Die grüne Wiese mit dem Fluß, den hinten ein Dorf mit roten Dächern säumt, ist noch etwas monoton und die Flächen vielfach leer und ohne eigenes Leben und Licht. Ein" Winter  " und" Vorfrühling" dagegen haben etwas von dem ewig neuen Reiz, den der Wechsel der Jahreszeiten bringt. Und es ist dem Maler gelungen, nicht nur das Abbild eines Eindrucks zu geben, sondern auch das Werdegefühl der Natur in die Farbe mit einströmen zu lassen. Wir spüren und sehen in der Art, wie die Farben fich ergänzen, etwas, das sich hintasten möchte zu jenem tieferen Sehen der Dinge. Und dieses Tasten ist im Hinblick auf so viel progiges, selbstsicheres Können, das wir allenthalben er blicken, eine gute Gewähr.

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Ihm nähert sich Desteriz, dessen Wintermorgen" sich durch seine starke Gegensäglichkeit und den freien Ausschnitt aus dem Ganzen der Natur, der im Kleinen doch Größe behält tiefblaues Wasser gegen weiße, beschneite Abhänge. Eigentümlich groß und frei wirken die Kiefern, die fnorrig nur mit ihren Kronen, die beinahe grotest geformt sind, in das Bild hineinragen.

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Arthur Kampf   gibt ein lebendiges Bild eines Musikers, ein Bild, dessen Räumlichkeit sich schön nach hinten zu vertieft, th zeigt uns diesmal das Leben der Sonne, auf der Landstraße, wo es an fleinen Dorfhäusern vorbeibufcht nud zwischen Bäumen herunterriefelt, im Wasser, wo es glitzernd wie Gold über der Fläche tanzt. Hamacher versteht es, seinen Seebildern einen farbigen Reiz mitzugeben, er bringt die Wasseratmosphäre mit hinein, die wie ein grünlicher Nebel alles umlagert. In einer Strandszene"( Kinder am Strande) und Sonne nach dem Regen" paart Engel einen breiten Strich, der die Gegenstände flar hinstellt, mit einer hellen, lichten Farbe. Julie Wolf stellt zwei Damenporträts aus, von denen das eine, das Borträt der alten Dame, fein zusammengestimmt ist. Diese Neigung wird ihr leicht zum Fehler, indem sie diese sanften Nuancen über­treibt und, da jeder kräftige Ton fehlt, leicht ins Süßliche über­gleitet, wo jede kante, jedes Persönliche in einer wehleidigen Empfindsamkeit der Farbe untergeht. Dagegen befleißigt sich Müller Schönefeld einer herben und festen Zeichnung, die ihn, besonders da, wo er seiner eigenen Farbe treu bleibt, auf einen besonderen Platz stellt. Das Damenporträt ist am wenigsten ge­lungen, der Hintergrund ist hier noch farbig am lebendigsten. Das gegen ist der weibliche Aft in dem trüben, gelben Fleisch­ton und der eingehenden Struktur des Zeichnerischen ebenso wie das Porträt der alten Frau eine tüchtige Leistung. Von den drei Bildern Stassens, dessen Farben so eigentümlich, manchmal aufdringlich leuchten, ist die Kastanienallee", in die die Sonne scheint, am besten gelungen. Das Paradies" ist im Anekdotischen stecken geblieben, es ist nicht persönlich mehr und noch nicht allgemein, auch ist die farbige Mache etwas theatralisch. Da gegen lebt wieder in den symbolischen Menschenaltern" ein strahlendes Sehen der Dinge, eine feine Natürlichkeit der Linien, mit der die Jünglinge, Greise, Kinder in einen zwanglos natür­lichen Rahmen vor einem schönen, freien Hintergrund hingestellt find, jedenfalls die Möglichkeit einer eigenfräftigen Entwickelung. Doch muß fich Stassen hüten, sich selbst zu forcieren, er neigt schon genug dazu, zu unterstreichen.

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Humoristisches.

b. bis dahin

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Münchener   Gemütlichkeit. Gast: Eine Omelette! Aber etwas schnell! Ich will mir die Stadt ansehen, ich bleibe nur zwei Tage hier." Kellnerin:" Oh, bis dahin is's schoo firti!" - Bauernhöflichkeit. Pfarrer: Sigt, Michel, dös g'fallt mir von Dir, daß D' mich rechts gehen läßt. Bauer: Ja schaug, Hochwürden, sunst waar ja i eini

tappt.-

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In Berlin  .... Was hat Ihr Kleiner als sein erstes Wort denn gesprochen, Papa oder Mama?" Berliner  :" Dentmal!"

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Notizen.

( Jugend".)

- Die diesjährigen Bauernfeldpreise( je tausend Kronen= 800 m) wurden verliehen: Hermann Bahr   für das Schauspiel Der Meister", Joseph Werkmann für das Drama Liebesfünden", Marie Herafeld für ihre gesamte literarische Tätigkeit, Hermann Hesse   für den Roman Peter Camenzind  ", Wilhelm Hegeler   für den Roman Pastor Klinghammer", Thomas Mann für den Roman Die Budenbrods", Kart Spitteler für das Werk Olympischer Frühling".

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Hartleben   liegt in einem Wiener   Hotel schwer frant

danieder. - Erfolg hatten bei der Erstaufführung: Fulda   mit seinem neuen Stück, Maskerade" im Burg- Theater und in Frank­ furt   a. M.; Raoul Auernheimer   mit dem Drama Die große Leidenschaft" im Deutschen   Schauspielhause zu Ham­ burg  ; Bayer mit der Operette Der Polizeichef" in München  ( Gärtnerplay- Theater) und Delar Strauß mit der Operette " Die lustigen Nibelungen  " im Wiener Karl- Theater. - Felir Dörmann hat ein neues Stück geschrieben: Der stumme Sieger". Die Hauptrolle ist Matkowsky zugedacht.- Der Moloch" heißt eine neue, abendfüllende Oper, die May Schillings soeben vollendet hat.

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Die Nationalgalerie hat das Brustbild einer jungen Dame" von Adolf Menzel  , ein Werk aus dem Jahre 1845, erworben.

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- Die große Dresdener Kunstausstellung dieses Sommers hat einen Ueberschuß von 10 000 m. ergeben.

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Grobe Menschen. In der letzten Zeit wurde eine große Schar von weiblichen Mitgliedern des Wiener Hofopern balletts zur Steuerbehörde zitiert. Sie sollten Aufklärung darüber geben, wieso sie bei ihren geringen Gagen teuere und elegant möblierte Wohnungen haben könnten. Natürlich verweigerten die Tänzerinnen die Antwort. Da wurden die Steuerleute noch gröber und teilten den Damen mit, daß von nun an nicht mehr die Biffern des amtlichen Gagebogens der Hofoper, sondern das Bier­fache ihrer Wohnungsmiete als Grundlage der Steuerbemessung genommen würde.

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Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner  , Berlin.- Druck und Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.