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nu, Altea , zehn Jahre her, nu is et ja bald jar nich mehr Individuums, das eifersüchtig seine Einzigkeit vor allem Fremden wahr!" bewahren will, teibt ihn aus den Schranken der socialen und politischen Wirklichkeit zu anarchistischer Phantastit. Das, womit fich die Parteien abgeben, das sei nur das Aeußerliche, das Bürgersein zulassen. Denn es ist durchaus teine Vernunftnotwendigkeit für des Individuums. Schon darum lohne es nicht, sich mit ihnen ein­das Individuum, Bürger zu sein. Im Gegenteil, der Staat ist der Fluch des Individuums.... Der Staat muß fort. Die Revolution will ich mitmachen." Manches in jenen Briefen, die Brandes mit teilt, gemahnt direkt an Stirners Jdeologie:" Der Einzige und sein Eigentum "

Un wenn et hundert her wäre, det verjäße ik nich, o nee!" Die Frau hob abwehrend die Hand. Ik wollte mir irade wie heute, so um viere' rum, Kaffee tochen, it hatte so ' n Jieper drauf, da jing' t los. Jrade noch, daß if bis iebern Flur fam- weeßte, Du warst damals noch in de Werkstelle bei Stiller, un wir wohnten in de Alte- Jakob, fünf Treppen links un if floppte bei den Krawattenfrigen drieben an und sagte: Ach, sein Se doch so jut," sagte it, schicken Se man fir Ihre Kleene bei die Wadlern, Spittelmarcht zehne, die weeß schon"-au weih, war mich schlecht! Un if fiel uf'n nächsten Stuhl; se hatten alle Mühe, det se mir noch' rieber friegten. Un nun jing det los, if fonnte nich an mir halten, bei'n besten Willen nich; if iloobe, se haben mir drei Häuser weit schreien jehört. Un det dauerte, det dauerte et wurde Abend Du famit zu Hause et wurde Mitternacht morjens fünfe, fechse, sieben da endlich um neune sagte de Wadlern: det Kind, det is an'n Ende"-"

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Mutter", unterbrach sie der Mann und zwinkerte nach den Kindern hin, die ganz still am Tisch saßen und mit weit­geöffneten, neugierigen Augen lauschten, nu laß't man jut find! Det is ja nu allens lange vorbei, de Jöhre is da, un is Tich ja soweit janz jut jeraten!"

( Fortsetzung folgt.)

Jbsen.

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Wie Jbsen frei sein will von den realen Mächten, die den Menschen binden, so will er frei sein von dem Zwange einer zu abhängigkeit des Einzelnen zu wahren, das was zu Feftem werden will, immerer Autorität fich firierenden Idee. Auch hier gilt es die Un­durch Zweifel immer wieder aufzulösen. Und darüber hinaus ist etwas wie eine Scheu in ihm, zu viel von seinem eignen Innern zu vers raten; er liebt das Nätselvolle, nicht bloß als tünstlerischen Stimmungsreiz, auch als Umhüllung, die ihn vor fremden Bliden bergen soll. Wenn irgendwo, so hatte man im Epilog" ein Be­kenntnis, das rückwärts über das Ganze seines Lebenswertes helles Licht verbreitet, erwartet. Aber je mehr man sich in Wenn wir Toten erwachen" hineinversenkt, um so ungewisser wird die Deutung der Symbole. Ist es Versöhnung, Resignation oder trostlose Verzweiflung ertönt? Leben, was aus diesem lezten Sang Sollen wir aus des Bildhauers Rubed Wort, er habe nach dem Verfalle seiner eigentlichen Künstlerkraft heimlich Tierfragen in die Menschengesichter des Monuments hineingebildet, ein Urteil Jbfens über seine eigene naturalistische Kunst heraushören? Klingt in der Rede die Sehnsucht nach einer völlig andren Art des fünstlerischen Schaffens durch? Ist der Epilog" nur als Künstler­drama gedacht, oder meint Jbsen, daß sich in dem Lose Rubecks die dealismus wiederspiegele? Er löst nicht, er reiht neue Rätsel an Tragit wie des künstlerischen so überhaupt alles menschlichen die alten.

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Von den drei Großen, deren Ruhm im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts alle andern Dichternamen überstrahlte, ist nun, nachdem ein jäher Zufallstod Bola mitten im rüstigsten Schaffen niederivarf, der Zweite dahingegangen: Jbsen, dem es gleich Tolstoj zugeteilt Indes bei allem Schwebenden, Ungewissen, Wechselnden, ein war, des Lebens volle Bahn zu durchmessen. Ein Siebenundsiebzig­Zug tritt doch, nicht sowohl als Charaktermerkmal des jähriger starb er, lange vorbereitet, den stillen Tod des Alters. Die Ganzen, wohl aber jener Dramengruppe, die ein Erzeugnis Ernte ist in der Scheuer. Vollendet und beschlossen in dem Epilog: seiner höchsten Schöpferkraft, Ibsens Weltruhm begründet haben, Leben Wenn wir Toten erwachen", läßt er das Werk feines Lebens zurück. bor allen andren hervor. diesen Wahlspruch hat er seinen Gedichten vorangesetzt Oft hat er es ausgesprochen: was er geschaffen, bilde eine heißt dunkler Gewalten Sput innere Einheit, nur im Zusammenhange, als Glied des Ganzen sein eigenes Ich." Und die sich selber Nichtenden", die den Maß­bekämpfen in fich.- Dichten, Gerichtstag halten über sei jedes seiner Dramen völlig verständlich. viele Fäden hinüber und herüber spinnen, daß Lebensverhältniffe ftab ihres Richtens nicht von außen her aus dem gesellschaftlich­und Probleme, die im Hintergrunde früherer Stüde auftauchen, traditionellen Fürwahrhalten entnehmen, deren sich Richten zugleich dann in vertiefender Behandlung als dominierender Mittelpunkt in ein sich Aufrichten gegen all' dies Aeußere fremde Unter späteren Dramen wiederkehren, das freilich mußte jeder, der den werfung heifchende ist fie, die kühnen Frager und Kreis dieser Schöpfungen nachdenksam durchwandert, sehen. Auch Zweifler in dem Prozesse ihrer Selbstbefreiung ziehen ihn heben sich durch enge innere Verwandtschaft mit einander verbundene mit tiefster Wahlverwandtschaft an. Nora, Frau Alwing Gruppen ab. Aber noch ist eine über alles Ginzelne hinüber- Rosmer und Rebekka sind solche Typen, Menschen, die in einer zu­greifende, es umfassende und gliedernde lebendige Jdee, die in jeder sammenstürzenden Welt des Scheines und der Lüge zum innern Phase feines Schaffens den Dichter geleitet hätte, nicht aufgezeigt einer Idee ausdeuten läßt, ist es die der Autonomie, der Selbst Richteramt erwachen. Soweit sich Jbsen überhaupt als Dichter Und auch in Zukunft wird das sicher nicht gelingen. Ibsen ist ein proteusartig sich Verwandelnder. Jener methodische Hang, herrlichkeit des Individuums. Wagt es Euch selbst zu richten, wagt der für Zola und teilweise auch für Tolstoj so charakteristisch ist, es frei zu sein! Der Mut zur Freiheit ist der Mut zur Wahrheit. geht ihm, wie begeistert er in einigen seiner größten Dramen die Darin liegt das unvergeßlich Aufrüttelnde, das Revolutionäre feiner Konsequenz des Dentens feiert, völlig ab. Biel eher ließe sich von größten Werke, das gottlos Nihilistische, das die konservativen Geister diesen beiden sagen, daß alle ihre Schriften eine Einheit bilden. seit je mit richtigem Instinkt in ihm gewittert und gefürchtet haben. Gebunden an gewisse allgemeine Gedankenrichtungen, denen sie mit Langsam ist 3bfen zur fünstlerischen Meisterschaft herangereift. nur geringen Modifikationen bis zum Lebensende treu bleiben, läßt Als Dreiundzwanzigjähriger im Jahre 1851 übernahm er, der früh fich ihre Stellung in dem geistigen Leben unsrer Zeit, also vor allem auf seine eigne Kraft Gestellte, die Leitung des Theaters in Bergen. auch ihre Stellung gegenüber dem in dem modernen Socialismus Nach einer Reihe romantischer und vaterländischer Dramen, die in fich manifestierenden Ideenkomplex verhältnismäßig leicht und sicher dem überkommenen idealistischen Stil gehalten sind, erschien im bestimmen. Man hat Schlagworte, um dieses ihnen Wesentliche Jahre 1862 das erste große Mergernis aus seiner Feder, " Die durch ihr Lebenswerk hindurchgehende Denken andeutend zu be- Komödie der Ehe". In klingenden Versen ergießt sich sein Hohn zeichnen man spricht von Tolstojs urchristlichen Tendenzen", von über das landesübliche Philisterideal. Mag das bürgerliche Institut der Bolas Pofitivismus". Jbsen bleibt, wenn man den Blick aufs Ehe notwendig sein, als Institut, als Bindendes nimmt es der Liebe ihre Ganze seiner Lebensarbeit richtet, untlalifizierbar. Freiheit, ihren Glanz und Schwung. Es ist das letzte Stück, das Er war ein Einsamer, wie in seinem Leben, so in seinem er im Mannesalter auf norvegischem Boden geschrieben. Denken, und er wollte es sein. Es ist mein Amt," so hat er von Ein staatliches Reisestipendium, das ihm in der Mitte der sich selbst gesagt, zu fragen, nicht zu antworten". Antworten" sechziger Jahre zufiel, öffnete ihm den Weg aus dieser engen heißt bekennen, und der Bekenner schließt sich einem Allgemeinen, Welt. Die Jahrzehnte der reichsten poetischen Produktion hat er einem Gedanken, der für ihn bindend sein soll, einer Gruppe Gleich draußen im Auslande verlebt, in Rom , in München , oder wo sonst strebender, womöglich einer Partei an, die die erkannte Wahrheit die Fahrt ihn hintrieb. Das Losgelöstsein von dem Vaterlande in dem Leben realisieren will. Alles aber, was als ein erst als Greis fehrte er dauernd zur Heimat zurüc ist ein Bindendes dem Individuum gegenübertritt, war seinem Geiste charakteristischer Zug im Lebensbilde dieses Mannes, dem der instinktiv verhaßt. Das Wort, mit dem der Volksfeind" schließt: Gedanke der Freiheit mit dem der Einsamkeit verschmilzt, und der Der stärkste Mann in der Welt ist der, der allein steht", ist aus im Solidarischen schlechthin schon eine drohende Gefahr individueller Ibsens eigner Seele gesprochen. Er hat oft über die Parteien ge- Freiheit sieht. Es folgt die Reihe der großzügigen Gedankendramen: höhnt, nicht etwa nur, weil ihm ihre Ziele verkehrt oder nichtig," Brand "," Peer Gynt "," Kaiser und Galiläer"." Brand" ist das sondern weil ihm die Formen des Parteilebens selbst als ein größte der drei, ein machtvoller Protest wider die Halbheit Hemmnis für die freie Entwickelung der Individualität erschienen. und Heuchelei des offiziellen Christentums. Anscheinend das " Für das Solidarische" schrieb er, und zwar als Vierziger, nicht Klarste, birgt es, temt man näher zusieht, nicht weniger Sätjelvolles als junger Bursch, an einen seiner Freunde habe ich als die beiden andren Werke in sich. Wenn Brand, jeden Kompromiß eigentlich niemals ein startes Gefühl gehabt, ich nahm ich nahm es verwerfend, hierin ein echt Jbsenscher Held, Ernst macht mit dem nur so mit als überlieferte Glaubenssatzung; und hätte man Mut, es ganz und gar außer Betrachtung zu lassen, so würde man vielleicht des Ballastes los, welcher am schwersten auf die Persönlich feit drückt 1" Selbst die freiesten Arten des Zusammenschlusses im privaten Leben dünken ihm von diesem Standpunkt aus noch ver­ächtig. Freunde sind ein kostspieliger Lurus." Der Kultus des

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christlichen Gedanken, daß Eines und nur Eines not thut, daß niemand zweien Herren dienen kann, wenn er sein Alles oder Nichts" der Welt entgegenschleudert, wie haben wir sein Handeln und sein Schicksal uns zu deuten? Das Drama, das in des Dichters Heimat als Verherrlichung des wahren christlichen Opfermutes aufgefaßt wurde, tami ebenso wohl als