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Drama.

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Literarisches.

Kinder mitzunehmen, geht fort, geradeswegs ins Wasser. Ms Tote wird sie kurz darauf zurückgebracht. Hugo überhäuft seine Mutter mit heftigen Vorwürfen und Anklagen, daß sie es sei, die Elisabeth krebs erlegen. Unter den Vertretern des literarischen Jung- Defter­Jakob David ist in Wien am legten Dienstag dem Lungen­zum Selbstmord getrieben habe. Dann nimmt er das vorhandene reichs ist er an erster Stelle mit zu nennen. Die spezielle Wiener Geld und geht, zum erstenmal nach langen Monaten, ins Wirts Note besitzt seine dichterische Produktion nicht, obwohl er seit seiner haus. Wilhelm folgt ihm Beide werden Trinker. So schließt das Universitätszeit, nunmehr also seit etwa dreißig Jahren in Wien Eigentlich ist der Inhalt dürftig. Und so dürftig ist auch die 1859 zu Weißkirchen ( Mähren ) als Sohn armer Juden geboren. seinen festen Wohnsitz hatte. Jakob Julius David war am 6. Februar Handlung. Erst im fünften Aft wird sie dramatisch, erregt sie Seine erste Jugend verlebte er aber in Fulnek , dem Hauptort des unsere Teilnahme. Aber der Schluß befriedigt wieder nicht ganz. sogenannten Kuhländchens", wo einst die mährischen Brüder ihr Es müßte, so erwartet man, anders kommen. Freilich, in dem Bistum gehabt hatten. Der Knabe war viel von Krankheit geplagt. Wort Wilhelms: daß nicht die Mutter, sondern er Schuld am tragi Eigentlich ist David niemals gesund gewefen. Seit seinem vier­schen Ende seines Weibes habe, liegt die Lösung. Mutter Mews ist zehnten Jahre trat, als Folge eines Kopftyphus, Schwerhörig­im Grunde eine brave gute Frau, sie hat nur schlechte Gewohnheiten. feit Würde ihr Verstorbener ihr energisch entgegengetreten sein, so wäre stetiger Schwermut breitete und ihm den Lebensweg nur noch bitterer die über des hinzu, Dichters Gemüt den Schleier alles besser gewefen. Aber er war nicht Mann genug. Wilhelm machte. 1866 verlor David seinen Vater, der ein Mann von gewalt war's ebenso wenig. Er durfte die Mutter niemals gegen seine tätigem Sinne gewesen war. Nach seinem Tode zerfiel der Wohl­Frau Oberwaffer gewinnen lassen. In der lebenswahren Zeichnung stand, und gänzliche Verarmung zog ein. David hatte also von dieser Frau hat Frizz Stavenhagen sein unleugbares Talent früher Jugend an mit Not und Entbehrungen aller Art zu kämpfen bewiesen. Das ganze Milieu ist nicht minder echt, und auch die gehabt. Trotzdem brachte er seine philosophischen Studien an der anderen Personen sind keine blutlosen Schemen. Nur für ein fünf Wiener Universität zum Abschluß. Dann hieß es sich im Leben zu attiges Drama ist das alles doch ein bißchen zu wenig. Gespielt wurde vorzüglich. Auguste Schönfeldt bot als Mutter Mews ohnehin verschlossen. So betrat er die Laufbahn des Journalisten behaupten. Das Lehrfach war ihm ja infolge seines Gehör fehlers eine glänzende Leistung. Neben ihr standen Hedwig Wangel und Schriftstellers. Er mußte in der kapitalistischen Bresse fronen. ( Elisabeth), Grete Berger ( Liesbeth Nibbe), Albert Steinrück ( Wilhelm Mews), der auch die Regie führte und Tagespolitik und die Theaterkritik zu behandeln, obwohl er alles Jm Neuen Wiener Journal" hatte er unter Ingrimm ausländische Paul Biensfeldt ( Hugo). Den ausgezeichneten Darstellern andere denn ein Journalist war. Dazu war er zu schwer, zu ernst galt wohl zunächst der lebhafte Beifall. Aber doch darf man sagen, und zu daß in Frizz Stavenhagen ein schönes Talent allzu früh dahin- unter dem Ministerium Stoerber erhielt er eine Eineture an der aufrecht. Zuletzt lächelte ihm noch ein wenig das Glück; gegangen ist, bevor es Zeit hatte, sein Bestes zu geben. offiziösen Abendpost". Eine poetische Natur war er. Schauspielhaus: Das Glashaus", Lustspiel in Aber ihr ging die grazile Leichtigkeit der Wiener ab; drei Aufzügen von Oskar Blumenthal . Seitdem Blumen- fie besaß Erdenschwere. David war ein einsamer Mensch, thal sich die amüsanten Einfälle, die manchen seiner früheren konnte fich nie so recht mitteilen. Dies Merkmal durchzieht Schwänke zu verdientem Lacherfolg verhalfen, abgewöhnt hat, ist auch seine Schriften. Er schrieb sehr schwer unter starten er reif geworden für das Königl. Schauspielhaus. Seine leere Wehen ". Er trug feine Stoffe, nach eigenem Geständnis, Rembrandtsche Kostüm- und Verskomödie, mit der er in der vorigen ins Endlose" mit sich, ehe er sich entschließen konnte, sie, abzustoßen". Saison das moderne Repertoire dieses offiziellen Kunstinstitutes Anfangs staud er unter dem Einfluß der Dichtungen des Schweizers verzierte, zeigte bei aller trübseligen Dede der Erfindung wenig Konrad Ferdinand Meyer. Es tostete ihn Mühe, jene Einwirkung stens im leichten wechselvollen Fluß der Reime noch eine an zu überwinden; aber er überwand sie, weil es ihn immer zur beffere Zeiten erinnernde Gewandtheit; sein neuestes Schauspiel- Totalität drängte. David hat eine reiche Produktivität entfaltet. Hausprodukt ist Langeweile schlechthin unter konsequentem Verzicht In seinen Erzählungen( Höferecht"," Die Wiedergeborenen"," Pro­auf Buzz und Ablenkungsmittel. Mühselig und verdrossen, wie die bleme"," Frühschein"," Troika" usw.) bevorzugt er Stoffe aus dem Szenenführung, schleppt die geschwäßige Konverfation sich hin, die deutschen Mittelalter. Seine Personen tragen tiefen Ernst und Re­lehten Lichterstümpfchen sind erloschen. Man muß bedauern, daß fignation zur Schau. Soziale Probleme werden wohl meistens der Autor die Warnungen vor dem Glashause der Oeffentlichkeit angeschlagen; fie bilden aber nicht die Hauptsache. Das das Leitmotiv der Komödie so wenig beachtet hat. Den ist jedoch der Fall in Davids Roman Am Wege jungen Leuten, denen hier so eindringlich die menschenfreundliche sterben". E3 wird darin δας Zigeunertum unter der Weisheit gepredigt wird: Male und dichte, wenn Du es einmal Wiener Studentenschaft geschildert." Helden" sind aber alle, nicht lassen kannst, zu Hause, aber verschone das Publikum mit die da am Wege sterben". Dies ist übrigens das einzige Werk, das Stümpereien, gibt er das schlechteste Beispiel. Gedichten bewährt. Da kommt seine schwermütige Art, fein Ein­auf Wiener Boden spielt. Als spezifischer Lyriker hat sich David in famfeitsleben am reinsten zur Geltung. Und auch sein Notleben. Die Sorge war ja sein getreuester Begleiter" geblieben- bis and Ende:

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e. k.

Die malenden und dichtenden Personen, die hier von ihrem Ehrgeize geheilt werden, sind für ihren Mangel an Geist durch einen Ueberfluß von Renten aufs angenehmste entschädigt. Und die splendide Gebelaune des Dichters macht selbst vor dem simplen Jurnalisten, der den Warner zu spielen und am Schlusse die fällige Verlobung zu erekutieren hat, nicht halt. Noch bevor er feinen Antrag ausspricht, hat der Mann der Feder durch Freunde als würdige Stätte seines künftioen Glückes eine hochherrschaftliche Billenwohnung im Grunewald für sich mieten lassen. Noblesse Steckt an. Seine Erwählte ist ein Agrarierfräulein, das in der Unschuld ihrer achtzehn Jahre ein Drama verbrochen hat und diese Schreckenstat durch die Vermittelung eines Spekulanten, der die Ausbeutung der kommenden, noch unbekannten, aber zahlungs­fähigen Genies als lukratives Geschäft betreibt, auf einer Berliner Versuchsbühne zur Aufführung bringen will. Die zwei ersten Afte lang glaubt sie, troß der Beredsamkeit des Doktors, an ihr Drama, im dritten an die Liebe, was beides gleichmäßig wenig unterhaltend wirkt. Ein Rentier Guhl und Gemahlin, die beide den Pinsel schwingen, werden bereits im zweiten Aft furiert. Um die Gattin über den Spott zu trösten, den ihr Gemälde in der Aus­stellung erregte, fauft er es heimlich mit einem Tausendmarkschein an, und sie benutzt den braunen Lappen dazu, seinem Malerherzen dieselbe Freude zu bereiten. Entdeckung und Belehrung, schleuniger Entschluß zur Flucht aus der Deffentlichkeit. Der Bersuch einer Satire auf das moderne lebermenschtum- Getue in der Literatur bleibt in mageren, unverarbeiteten Ansätzen stecken. Wie blaß nimmt sich die Figur des individualitätsbegeisterten Dachpappen­fabrikanten- Söhnchens, das dem Spekulanten in die Neze geht und dann durch Sperre der mütterlichen Gelder ins Kontor zurückge­trieben wird, gegenüber dem Original, dem Edelanarchisten- Jünge ling im Bahrschen Meister" aus! Aehnlich ist es um die betagte Gutsbesitzerdame, die bei dem Verleger ihre Sehnsüchte" und " Dränge" in Buchform erscheinen läßt, bestellt. Die Satire be­gnügt sich mit dem, was zu beliebigem Gebrauche am allernächsten liegt. Auch der Gestalt des Spekulanten in Genie gewinnt der Autor nur äußerst dürftige, in einigen Schlagworten sich, resümie­rende Komit ab.

Die Darstellung, wie es Regel in solchen Stücken, war sehr ge­schickt. Was irgend möglich, holten die Schauspieler, darunter erste Kräfte des Hauses, aus ihren Rollen heraus. Das Publikum gefiel sich in dem üblichen Premierenbeifall. dt.

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" Ich hab' kein Haus, ich hab' fein Nest, Ich hab' kein' Hochzeit und fein Fest; Ich hab' fein Hof, ich hab' fein Feld, Ich hab' kein' Heimat auf der Welt. Am Himmel felbst der Schauerstrich, Den fürchten sie nicht so wie mich;

Mir gehts nicht gut, mir gehts nicht schlecht­Und so gerade so ists recht"

mit

David hat auch mehrere Dramen geschrieben. Sein Schauspiel Neigung" ist hier vor mehreren Jahren im Verein der Neuen freien Bolksbühne" Giampietro spielte die Hauptrolle schönem Erfolge zur Aufführung gekommen. Ein anderes Stild: " Ein Regentag" entbehrt zwar des eigentlichen dramatischen Nervs; doch ist es dadurch für David charakteristisch, daß hier, in Kitty, ein urwienerisches leichtsinniges Mädel mit genialen Strichen gezeichnet wird. Der große Erfolg ist dem Schaffen Davids versagt geblieben. Er beugte sich eben niemals der Mode des Tages. Das spricht mehr als alles andere für seinen hohen schriftstellerischen Charakter. hn hielt die Zustimmung Wiffender" aufrecht. Und aufrecht wäre David auch ferner durchs Leben gegangen beschieden gewesen wäre. wenn ihm ein solches

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Unserem Leserkreise ist David vertraut. Sowohl im Unter­haltungsblatte wie in der Neuen Welt" haben sie ihn kennen und Schäßen gelernt und sich seiner Gaben gefreut. Im Unterhaltungs­blatt erschienen u. a. von ihm die Erzählungen Das Blut"( Jahr­gang 1899) fowie" Das Ungeborene"( Jahrgang 1905). Die Neue Welt" brachte den Roman" Am Wege sterben"( 1901) und die Er­zählungen" Die Troika"( 1902)," Der Uebergang"," Die Hanna" ( 1904). Auch während seiner letzten Krankheit hörte Jakob David nicht auf zu schaffen. Seine Krankheit selbst nahm er zum Gegen stande einer Schilderung, die in der Neuen Rundschau" erschien. Ein Band Essays" Vom Schaffen" wird bei Diederichs in furzem erscheinen.

Verantw. Redakt.: Carl Wermuth, Berlin - Rigdorf.- Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.