-
924
-
Humoristisches.
Enten:
Wir journalisieren und redigieren,
Wir geben den Wolkenkuckudsheimer Anzeiger heraus, Wir Enten.
Wir erzählen den Lesern, daß Preußen Immer noch munter in der Welt voran,
Wir Enten.
Wir berichten, daß Witte wieder eine Milliarde Gepumpt bekommt auf westlichen Börsen, Wir Enten,
Und daß der ewige Friede
Geschüßt ist durch ewige Rüstung,
Wir Enten;
Dazu braucht man wirklich als Journalist Kein Examen gemacht zu haben.
Gattin Nummer givei des biel älteren Rentiers ist Frauenrechtlerin, hängt die Wirtschaft an den Nagel und reist zu einem Kongreß, wo sie einen bestellten Vortrag halten will. Für ihren Gatten hat sie auf vierzehn Tage eine Wirtschafterin beschafft. Die trifft alsbald ein. Es ist Reimers erste Gattin, die von ihn vor längerer Zeit geschieden wurde und deren Aufenthaltsort dem Rentier unbekannt geblieben war. Sein Rechtsanwalt soll sie ausfindig machen. Weit drunten in Ungarn hat ein reicher Paprikaonkel das Töchterlein Ludwig Reimers aus erster Ehe zur Universalerbin eingesetzt. Beide: die verflossene Frau Rentiere und Tochter sind nun da. Unerwartet trifft nun aber auch der reiche Onkel aus der Bußta mit seinem Neffen ein, den er Ludwig Reimers Tochter zum fünftigen Gatten auserkoren hat. Währenddessen ist Reimers Gattin rascher als beabsichtigt war, vom Frauenfongreß zur gekehrt, und auch der Lysoldichter begegnet hier nicht bloß seiner jeggen, sondern gleichzeitig auch seiner ersten Frau. Dieser Rattenkönig von Bu fällen muß ja über kurz oder lang zu einer furchtbaren Explosion führen. Kurt Kraah hat hierfür reichlich gesorgt. An komischen Verwechselungen und Situationen ist wahrlich kein Mangel. Sie haben den Vorzug, weder neu, noch besonders geistreich zu sein; aber sie wirbeln so toll durcheinander, daß man aus dem Lachen nicht heraustommt obwohl alles glatter Blödsinn ist. Am Schluß stehen die üblichen drei glüdlichen Liebespaare auf dem Plan. Nur die beiden Gullaschleute gehen leer aus. Dafür gibts Zigeunermusik, Das 56. Jugendkonzert in Berlin findet Sonnabend, Czardastänze usw. Die Gesangsterte hat Alfred Schönfeld auf den 1. Dezember, nachmittags 4 Uhr, in der Singakademie statt. dem Gewissen, und Paul Linde gab die Musik her. Sie stroßzt In diesem Konzert soll zum erstenmal der Versuch gemacht werden, nicht gerade von Originalität, ist aber einschmeichelnd melodiös, den jungen Zuhörern einige Werke der Kammermusik näher zu prickelnd und flott. Die Leiermänner Berlins fönnen sich freuen: bringen. Die Garderobe ist für alle Besucher frei. Einlaßkarten es gibt ein paar neue Walzen. Und die Direktoren des Thalia- werden durch die Schulleiter und durch den Leiter der Jugendtheaters dürfen sich ebenfalls zu ihrem Kassenzugstüd gratulieren. fonzerte, Max Battle, Charlottenburg , Hardenbergstraße 38, ausDie Herren Ried( Dichter Müller), Thielscher( Rentier gegeben. Reimers), Emil Sondermann ( Férenz Porkanh) und die Damen Helene Ballot( Blanka Reimers), Else Wannovius( Charlotte Müller) und Lisa Weise( Gertrud) werden schon für den Dauererfolg nach Kräften zu sorgen wissen.
--
Literarisches.
e. k.
Das Elend der Kritik. Jm„ Literarischen Echo" wendet fich Ferdinand Gregori gegen das ungerechte Lob, das neuen Büchern mit übervollen Händen gespendet wird und unterzicht die Methoden, wie neue Dichter förmlich gezüchtet werden, berechtigter Kritit. Er spricht von" Dichterfabriken" und weist auf die lächerliche Ueberschätzung der Ausstattung hin. Unsere Verleger leben jetzt zum Teil von den Zeichnern und den Papierfabrikanten, nicht von den Dichtern( es sei denn, daß diese auch noch die Kosten der Drudlegung tragen)."
" Es ist natürlich viel leichter, mit Zuhülfenahme gutgekannter Namen und Eigenheiten um das Wert eines noch unbekannten herum zuschreiben, als diesen Unbekannten für sich zu erfassen und mit ein paar Worten bekannt zu machen. Wer sich aber nach der Lektüre eines jeden Buches ernsthaft fragt, ob der neue Mann überhaupt was zu sagen hat oder ob er nur reimt und erzählt, weil tausend andere das tun; wer sich weiter fragt, ob einige feiner Metaphern die Kraft persönlichen Schauens ausströmen, ob er nach eigener Form ringt, und schließlich, ob er die MutterSprache mit Liebe und Ehrfurcht behandelt, der wird Stoff genug haben für ein paar Säße, die dem Dichter nüßen und das Bublifum nicht irre führen. Es liegt nicht in der Dekonomie der Schöpfung, daß jeden Monat ein großer Dichter geboren werde ( und die Geschichte weist uns ja deutlich darauf hin); wer aber naib die Bücherbesprechungen der meisten Zeitungen durchgeht, muß glauben, daß jede Woche drei Genies erstehen."
Die Versicherung auf Gegenseitigkeit, die geschäftlichen Beziehungen der Kritiker mit den Verlegern und noch manches andere hätten in diesem Zusammenhange gleichfalls als Ursachen angeführt werden können. Vor allem aber wäre zu untersuchen, warum es so wenig ernsthafte Kritiker gibt und in dem Getriebe der Literatur von heute geben kann.
Kulturgeschichtliches.
-
bat Notizen.
( ,, Lustige Blätter.")
Der Goethe- Verein veranstaltet seinen zweiten öffentlichen Kunstnachmittag zu volkstümlichen Preisen am Sonntag, den 2. Dezember, nachmittags 4 Uhr, im Saale der Secession, Kur fürstendamm 208/9. Der Nachmittag ist Rembrandt gewidmet. Dr. Richard Hamann hält den Vortrag über Rembrandt , dessen Hauptwerke durch Lichtbilder vorgeführt werden. Eintrittskarten zu 50 und 30 Pf.( Dauerkarte 6 M.) find bei Wertheim , Leipzigerstraße , Blothow, Kantstr. 21, Reinike, Ließenburgerstr. 11, in der Buchhandlung des Westens, Tauenzienstr. 12a, sowie in den mit Plakaten belegten Handlungen und Sonntags an der Kasse von 2 Uhr ab erhältlich. Bruno Paul wird nun doch trop der Opposition der reaktionären Presse, die es unerhört fand, daß der„ Simplicissimus "- Zeichner in Berlin eine beamtete Stellung einnehme, zum Direktor der Berliner Kunstgewerbeschule berufen werden. Paul hat sowohl als Raritaturist wie als kunstgewerblicher Zeichner und Organisator seine Bedeutung längst erwiesen. In München soll noch zuletzt versucht worden sein, das starke Talent in einer staatlichen Stellung München zu erhalten. Jedenfalls wird der erst 34jährige Künstler frische Anregungen genug in die Berliner Kunstgewerbeschule mit bringen. Als Mitglied der Münchener Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk hat Paul Treffliches geleistet und in seinen Entwürfen für Möbel und Innendekoration Sachlichkeit und Stilgefühl bewiesen. Hoffentlich läßt er sich seine weitere Mitarbeit am " Simpliciffimus" nicht als königlich preußischer Direktor verbieten. Von J. J. Davids Schriften wird durch einen engeren Freundeskreis eine Gesamtausgabe vorbereitet.
-
-
"
Suzanne Desprès , die beste Vertreterin moderner Schauspielkunst in Frankreich , erzielte in Köln als Nora einen starken Eindruck. Der Eindringling", ein antifleritales Drama von Blasco Ibanez , wurde in Madrid mit starkem Erfolge aufs geführt. Der amerikanische Danksagungstag. Alljährlich um die Zeit, wenn wir in Preußen unseren Bußtag haben, feiern die Amerikaner ihren Danksagungstag, der diesmal auf den 29. November fällt. Der Präsident erläßt regelmäßig eine Botschaft an das Volt, in welcher der Tag festgesezt wird, der Tag des Dankes dafür, daß es der liebe Herrgott mit den Amerikanern wieder mal recht gut gemeint habe. Die Arbeit ruht im allgemeinen, alle Geschäfte sind geschlossen; Ueber die Entstehung der Saiteninftrubie Gläubigen laufen in die Kirchen, Spiel und Sport und Festmente. Auf der britischen Naturforscherversammlung, die in mähler find überall an der Tagesordnung. Man preist die Prosperität New York tagte, sprach Prof. Ridgeway über den Ursprung von im ganzen Lande mit Tausenden von schönen Reden und richtet Guitarre und Geige. Es stehe fest, daß fie, wie alle Caiten- allerorten Armenspeisungen her. Am Danksagungstage findet instrumente, aus dem Bogen hervorgegangen feien, aber die Form sich am leichtesten eine Gelegenheit für arme Teufel, an einer sei noch nicht erklärt und der Resonanzboden sei eine spätere Butat wohlbesetzten Tafel sich einmal fatt zu effent. Manchmal zu der einfachen Harfe oder Guitarre, den ursprünglichen Saiten- ist sogar Nachfrage nach würdigen" armen Leuten für die Teilinstrumenten. Nach der griechischen Sage habe Hermes den er- nahme an Festmählern, die von Kirchengemeinschaften und frommen zürnten Apollo dadurch besänftigt, daß er ihm eine Chelys geschenkt Bereinigungen veranstaltet werden. Im Notfalle holt man auch habe, ein Instrument, das er selbst aus einer Schildkrötenplatte" Unwürdige" von der Straße herein, damit die christliche Liebe gemacht habe, über das er dann Saiten spannte. Daß die In- damit prunten kann. Die Heilsarmee bettelt schon wochenlang vorher strumente nicht nur in der Sage existierten, wissen wir aus an allen Straßenecken und prahlt dann mit den Tausenden, die sie Pausanias , der berichtet, daß man in Arkadien Schildkrötenpanzer am Danksagungstage gespeist habe. Der allgemeine Festbraten ist zur Herstellung der Lyras benußte, und noch heute kommen ähn- Roast Turkey"; auf feiner Tafel darf der gebratene Truthahn liche Guitarren in den Mittelländern vor. In Afrika benutte man fehlen, dazu kommen Basteten und Pudding und andere Herrlichals Resonanz Kürbisse bei der Herstellung der Saiteninstrumente. feiten. Alle großen Zeitungen veranstalten Festausgaben und erIn nördlicheren Ländern, wo es keine Schildkrötenschalen gab, griff zählen ihren Lesern mit Stolz, daß es nirgends in der Welt sich so man zum Holze als Ersatz, und so entstanden Violinen, Guitarren gut leben lasse wie in den Vereinigten Staaten . und Mandolinen. Namentlich lettere gehen noch auf die Form des
Schildkrötenpanzers zurück.
-
Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin . Drud u. Verlag: Borwärts Buchbruderei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.
-