Mädchen einige zwanzig Jahre alt ist und eine gute Anstellung hat, sei es nun als Gouvernante oder als Kassiererin auf einem Kontor, so ist sie über die Romangrillen hinaus; dergleichen ist ganz einfach weit unter ihrer Würde. Hat sie irgendwelche Illusionen gehabt, so ist eS damit auf alle Fälle vorbei. Das einzige, was mich stören würde, sind diese ewigen Milchspeisen, die man auf so einem Pfarrhof bekommt!" »Pfui, Kind, Dein Scherzen hört sich häßlich an" Dann adieu, liebste, beste Mutter! Setze Dich auch nicht ans offene Fenster--" Sölvi eilte zu ihr hinüber und küßte sie heftig auf die Wänge, ehe sie aus der Tür verschwand. lFortsetzung folgt.) Demi ßecqucreU Henri Becquerel , dessen plötzlich und überraschend erfolgten Tod wir vorgestern meldeten, entstammte einer berühmten Physikerfamilie. Sein Großvater, der erst vor dreißig Jahren im hohen Alter von neunzig Jahren gestorben ist, sowie sein Vater, der ein Alter von 71 Jahren erreichte, waren wegen ihrer Ver- dienste um die Ausbreitung physikalischen Wissens als Hochschul- lehrer und um die Erweiterung der physikalischen Kenntnisse als Forscher geschätzt. Henri Becquerel hat nur ein Alter von Jahren erreicht; doch stehen seine Leistungen denen seiner unmittel- baren Vorfahren nicht nach; sie wurden durch große Anerkennung in wissenschaftlichen Kreisen belohnt: im Jahre 1903 wurde Becquerel durch Verleihung des Nobelpreises ausgezeichnet, er war Mitglied der Akademien der Wissenschaften von Paris , Berlin , Göttingen und viele andere gelehrte.Gesellschaften ehrten ihn durch die Verleihung der Mitgliedschaft. Der Name Becquerels ist erst in den letzten zwölf Jahren über die engeren Grenzen des Kreises seiner Fachgenossen hinaus bekannt geworden, und zwar durch die Untersuchunge, welche sich an die Entdeckung Röntgens anschlössen. Diese Entdeckung bestand bekanntlich darin, daß die in einer Vakuumröhre erzeugten Kathodenstrahlen bei ihrem Auftreffen auf die Glaswand eine neue, bis dahin unbekannte Art von Strahlen erzeugen, welche un» durchsichtige Körper durchdringen und auf die photographische Platte einwirken. Ihr Entdecker gab ihnen den Namen X-Strahlen, während man sie heute allgemein nach ihrem Entdecker als Röntgen- strahlen bezeichnet. Die Entdeckung Röntgens gab den Anstoß zu zahlreichen Unter- suchungen, die zum Teil die Erzeugung der Röntgenstrahlen und die Erforschung ihrer Eigenschaften betrafen, zum Teil zu weiteren Entdeckungen neuer Strahlen führten. Da die Glaswand an der Stelle, wo sie von den Kathodenstrahlen getroffen wird und von der die Röntgenstrahlen ausgehen, in den Zustand lebhafter Fluoreszenz gerät, so vermutete man, daß vielleicht die Entstehung von Röntgenstrahlen mit der Fluoreszenz oder der wesensgleichen Phosphoreszenz zusammenhänge. Diese Vermutung, welche sich übrigens nicht bestätigt hat, gab Anlaß zu weitgehenden Versuchen mit fluoreszierenden und phosphoreszierenden Substanzen, und in der Tat glaubten verschiedene Forscher, hierbei Strahlen gefunden 8u haben, welche gleich den Röntgenstrahlen durch schwarzes Papier indurch Einwirkungen auf die photographische Platte ausüben. Bestätigt haben sich von diesen angeblichen Entdeckungen aber nur die Becquerels, welcher mit fluoreszierenden Uransalzen experi- mentierte. Zunächst glaubte Becquerel natürlich, daß diese Versuche eine Bestätigung der Vermutung ergaben, die den Anlaß zu ihnen ge- geben hatte, daß also die von ihm gefundenen Strahlen in engem Zusammenhang mit der Fluoreszenz der Uransalze stehen. Es zeigte sich aber bald, daß die beobachtete Erscheinung mit der Fluoreszenz gar nichts zu tun hatte. Das Uran und alle seine Verbindungen, auch die nicht fluoreszierenden, wirken in ganz gleicher Weise strahlenaussendend, das metallische Uran sogar am stärksten. Auch wenn man die Uranverbindungen jahrelang in voll- kommener Dunkelheit aufbewahrt, so daß von einer Fluoreszenz aar kein« Rede mehr sein kann, fahren sie trotzdem andauernd fort, auf die photographische Platte wirksame Strahlen in unver- minderter Stärke auszusenden. Diese von ihrem Entdecker als Uranstrahlen bezeichneten Strahlen, die heute allgemein Becquerelstrahlen genannt werden, bilden den Ausgangspunkt für einen ganz neuen wichtigen Zweig der Physik, der unter der tätigen Mitwirkung Becquerels bereits stark entwickelt ist und unsere Kenntnis von dem Zusammenhang aller Naturerscheinungen wesentlich bereichert hat. Becquerel und andere, unter denen vor allen das Ehepaar Curie zu nennen ist, haben festgestellt, daß die von Becquerel beim Uran gefundene Eigenschaft eine sehr weit verbreitete ist, nicht nur Uran und seine Verbindungen sind radioaktiv diese Bezeichnung für die strahlen- aussendenden Körper rührt von Frau Curie her, sondern die­selbe Eigenschaft wurde bei den Verbindungen des Elementes Thor gefunden sowie bei Mineralien, in denen die Radio-Aktivität auf neuen, bisher unbekannten Elementen beruht, die dann als Radium, Polonium, Aktinium bezeichnet wurden. Kleine Mengen radio- aktiver Materie zeigen sich überall in der Erdrinde und in der Atmosphäre, es scheint sogar, daß in geringem Maße alle Materie radio-aktive Eigenschaft hat. Das weitere Studium der radio-aktiven Erscheinungen führt« zu ungeahnten Ergebnissen und Zusammenhängen. Die Becquerel» strahlen erwiesen sich als ein Gemisch dreier Arten von Strahlen, die in enger Beziehung zu bestimmten, bei elektrischen Entladungen erzeugten Strahlengattungen stehen, deren Erforschung sehr wesent- lich zu dem Ausbau und der Umgestaltung unserer Anschauungen über die elektrischen Erscheinungen überhaupt beigetragen hat. Darüber hinaus zeigte speziell das Radium neue wunderbare Eigenschaften in chemischer Beziehung: Das Atom dieses Elementes erwies sich im Gegensatz zu allen bisherigen Erfahrungen der Chemiker als etwas Unbeständiges, es zerfällt und liefert als ein Zerfallsprodukt ein anderes Element von merkwürdigen Eigen- schaften, das Helium. Vielleicht ist die Tatsache der Umwandlung von Elementen, die auf unsere chemischen Anschauungen von Grund aus umwälzend einwirken müßte, eine sehr allgemeine wenigstens glaubt der hervorragende englische Chemiker Ramsay weitere Anhaltspunkte für solche Umwandlungen erhalten zu haben; doch sind diese Er» gebnisse keineswegs bereits ganz sicher und allgemein anerkannt, der Streit der Meinungen, aus welchem schließlich der feste geistige Besitz sich ergeben wird, ist noch in vollem Gange. Mitten aus dieser verheißungsvollen EntWickelung, an welcher er als einer der hervorragendsten Kämpfer und Pfadfinder mitarbeitete, ist Becquerel plötzlich und überraschend dahingerafft. Die EntWicke- lung selbst wird deshalb nicht stille stehen die Menschheit ist reich genug an schöpferischen Geistern, um jede Lücke, die der unerbitt- liche Tod reißt, rasch wieder auszufüllen; aber der Name Becquerels wird fortleben als der eines der hervorragendsten Förderer der menschlichen Erkenntnis, und wenn in einem späteren, glücklicheren Zeitalter Wissen und Bildung in weit höherem Maße als in unserer barbarischen kapitalistischen Epoche Gemeingut aller Menschen sein werden, wird auch sein Name weit mehr, als das jetzt möglich ist, in dankbarer Erinnerung gehalten werden,.. iL. Indien ein Scblangenparadies. Von D r. I. W i e s e. Gewitterschwüle Tage und feuchtheiße Lust bilden das Enst zücken der Schlangen. Solche Tage sind denn aber auch zugleich die gefährlichsten, weil an ihnen gewöhnlich die Kinoer beim Beerenpflücken gebissen werden. Allerdings ist bei uns die Gefahr, durch Schlangengift verwundet oder getötet zu werden, nur gering, da ja die Zahl der wirklich giftigen Schlangen nur eine kleine ist. Selbst Bisse von der so sehr gefürchteten Kreuzotter sind äußerst selten. Tritt man die Kreuzotter nicht gerade auf eine empfindliche Stelle, so beißt sie nicht einmal. Gefährlicher ist die Sandviper, die alle Mittelmeerländer bewohnt, aber auch schon in dem süd» lichen Bayern vorkommt. Eine weniger giftige Schlange, die ge- wöhnlich mit der Kreuzotter verwechselt wird, kommt besonders in der Gegend von Metz vor. ES ist die AspiSviper, deren Verbrei- tungsgebiet daS südwestliche Europa umfaßt. In anderen Erd- teilen, besonders in den Tropen, ist allerdings die Gefahr, von Schlangen gebissen zu werden und den Tod zu finden, eine sehr große, und unter ihnen nimmt die erste Stelle Indien ein, das man geradezu, wenigstens vom Standpunkte der Schlangen. Schlangeneldorado nennen kann. Neuere Forscher wollen he- haupten, daß in Indien die Zahl der Giftschlangen trotz aller Ver» folgungen und Prämien seitens der Regierung, immer mehr zu- nimmt, und da? erscheint begreiflich, wenn man erfährt, daß nach amtlicher Berechnung mindestens LbdOO Menschen jährlich in Indien durch Schlangengift ihr Leben verlieren. Wenn Europäer und Weihe überhaupt seltener ein Opfer des Schlangenbisses werden, so liegt der Grund davon in ihrer größeren Vorsicht und Umsicht, in ihrer besseren Kleidung und vielleicht in dem Umstanoe, daß sie nicht so viel im Freien sind. Allein auch unter den Europäern gibt eS nur wenige, die nach einem mehr, jährigen Aufenthalte in den indischen Ebenen in die Heimat zurück» kehren, ohne eine lebhaste Erinnerung an eine oder mehrere Rettungen vor dem Schlangenbiß mitzunehmen. Selbst in großen Städten wie Bombay oder Kalkutta sind Schlangen nicht unbekannt; dagegen kommen sie in und bei den BungaloS oder Landhäusern auf allen ober den meisten ländlichen Stationen ganz gewöhnlich vor und machen diesen Behausungen in ungewöhnlich kurzen Zwischenräumen ihren Besuch. ES gibt wenige BungaloS, deren Stroh- oder Schilfdach nicht der gelegentliche Aufenthalt eine« besonders gefährlichen Schlangenart, der Sankor oder der Dachs,. schlänge ist, währeno rings umher in den Höhlungen alter Bäume, unter den Fußböden der Zimmer, in den Kellern oder daneben- liegenden Gärten von Zeit zu Zeit Exemplare von anderen Arten! vorkommen, die für das menschliche Leben nicht weniger gefährlich sind. Die Eingeborenen, Hindu wie Muslimen und Buddhisten, sind gegenüber den Schlangen unendlich sorgloser und gleichgültiger als die Europäer. Barfuß, mit nackten Beinen und mit jenem fatalistischen Glauben an das Kismet, das der Hindu mit dem Mohammedaner teilt, betritt der Hindu mit seinen dunkelhäutigen Beinen ohne Bedenken Orte, die von Schlangen wimmeln, und eS ist daher nur zufällig, ob er mit einer solchen in Berührung kommt oder nicht. Mit jener erhabenen Gleichgültigkeit gegen di« Ge?