- 264-Nkenceragen), Bellini(Norma), Spontini(Vestalin).Wagner für die deutsche Kunst bedeutete, daS war für ItalienGiuseppe Berdi(Traviata, Troubadour, Ernani, Rigoletto,Don Carlos, Aida, Othello, Falstaff), der populärste und nationalsteOpernkomponist des neuen Italien bis zu dem Zeilpunkte, wo aucher von dem Koloß Wagners unterjocht zu werden beginnt, also vonOthello an.Die hochstrebende deutsche Komponistengeneration im letztenDrittel des vorigen Jahrhunderts stand unter dem zwingendenEinfluß der Taten Wagners. Ein mehr lähmender, wie bcfmchtenderEinfluß. Das Mißverständnis WagnerS in seinen künstlerischen Er-folgen ist eines der traurigsten Kapitel der deutschen Kunstgeschichte.Wieviel Talent, wieviel Erfindung und Phantasie ist verpufft worden,wieviel anders geartete Neigung ist in da? Prokrustesbett deSPathos, der Mythologie und des Symbolismus gezwängt worden,um da?..Kunstwerk der Zukunft- zu kopieren. das doch nichtnachzuschasfen oder auszubauen war, sondern nur äußerlichnachzuahmen ging. Nie ist die dramatische Musik zeitftemder, nieunproduktiver geloesen als in der Periode nach dem Genie. In demsogenannten„Weimarer Kreis-, der teilweise noch zu LebzeitenWagners seine Ideen mit fanattscher Einseitigkeit verfocht, ragtneben Franz Liszt der schwärmerische Johanneskopf des MainzerDläiterkomponisten Peter Cornelius hervor. Das zarte,lyrische Talent Cornelius' litt tief und schmerzlich unter dem über-ragenden Bayreuther Koloß. In der Entfaltung und im Erfolg.Was Cornelius zu leisten imstande war. wenn er sich von demromantischen Pathos der Lohengrin- Sphäre(Cid. Gunlöd) be-freien konnte, beweist sein Barbier von Bagdad, diesesköstliche, feinziselierte Juwel echten musikalischen Humors,das unbilligerweise in den Theaterarchiven immer mehr verstaubt.Ein begeisterter Wagnerianer aus dem Weimarer Kreise war auchder Anfang der neunziger Jahre in München gestorbene Deutsch-Russe Alexander Ritter. Seine beiden komischen Opern:Der faule HanS und Wem d i e Krone(München 188S.Weimar, Berlin) sind typische Zeugen für die unselbständige Art undWeise, mit der die echten Gralsjiinger zu komponieren pflegten. Hier-her gehören auch August Bungert(mit seinen ebenso Iveit-schweifigen wie gefühlsarmen und inhnltsleeren klassischen Tragödien-Zyklen: Jlias und Odysiee), August Klughardt- Desiau,Edmund Kretschme r-Dresden, Wendelin Weißheime r-Mainz, Präsecke- Dresden. Der auch als Schaffender begabtePianist Eugen d'Slbert befreite sich nach drei Jugendopfernaus Wagners Altären(Ghismonde, Der Rubin, Gernot) von demgefährlichen Einfluß der Bayreuther Rattenfänger wider Willen undschwenkte mit glücklichem Erfolg zur leichten Lustspieloper über. Wirverdanken ihm. Die Abreise, den Improvisator und Flento solo.Mit seiner neuesten Erfolgoper Tiefland geht er leider wieder vomrichtigen Wege ab und liebäugelt mit den italienischen Veristen.Mit größter Prätention treten die sogenannten konsequentenWagnerianer auf, die Schillings, Pfitzner und Klose. Ge-meinsam ist ihnen da» schwülstige Pathos, die Neberwucherungdes Orchesters über die nach Wagners Prinzipien hilflos über demLärn, der Instrumente„deklamierenden- Singstimme und ein großestechnisches Können. Gemeinsam auch das dichterische Versagen ihrerTexte. Das beweist Schillings mit Jngwelde(von den Fortschritt�lichen als„Konsequenz Wagners" vor 14 Jahren begrüßt), mit demPfeifertag und dem Moloch; Hans Pfitzner, dem ein ideales, dasErreichbare ignorierendes Streben zuzusprechen ist, mit dem ArmenHeinrich und der Rose vom Liebesgarten und Klose mit seinerdramatischen Sinfonie: Jlsebill.Ganz abseits als Opernkompomst steht der hochbegabte, vonLiSzt, Wagner und Berlioz kommende Richard Strauß. Erist einer der ganz seltenen Musiker, die das soziale Moment in ihrerKunst zum Ausdrucke zu bringen suchten. In seinem von Parsifalstark beeinflußten Musikdrama: Guntram tritt er als warmerFürsprech der Elenden und Enterbten des Lebens auf, er fand fürden Aufschrei:„Rur Zeit, nur Zeit" in DehmelS Gedicht„DerArbeitSmann" wie für den tragischen Hohn des„für'S BaterlandSteine klopfenden" Proletariers(in HenkellS: Steinklopferlied) er-schütlcrnde Töne. Seitdem fteilich sucht Sttauß nur noch indi-vidualistische Herrentöne auf seiner Leyer. Seine Salome, dieihr« blutlüsterne Existenz nur dem snobistischen Oskar Wilde-Kultverdankt, wird ebenso wenig in die Musikgeschichte über-gehen wie die Elektra, die mit ihrem Rachegeheulda» Musikjahr IlM zweifelsohne ganz ausfüllen wird. DennRichard Sttauß ist heute ein Bildungsfaktor im Leben der oberenBierhundert geworden. Und nach deren Laune tanzen unsere Theater-direktoren mit Vergnügen Cancan!Richard Wagners Einfluß in Frankreich ist nicht zu leugnen.Die französische große Oper ging ganz andere Bahnen, als Wagnersie beschritt, aber der Stern von Bayreuth gewann eben inter-nattonale Leuchtkraft. Die beiden bedeutendsten Franzosen, dieÜjrer Rasse Eigenart mit der wesensftemden Art WagnerS zu ver-kuppeln versuchten. waren Emanuel Chebrier(indem Mufikdrama Gwendoline 1836) und der intelligentereVincent d'Jndh(Fervaal). Seitdem und nicht zuletzt durchfast chauvinistische Warnungsrufe der beiden Akademiker S t. S a l n Slmd Massenet beschleunigt, ist eine merkbare Abkühlung, ja einemnere Abkehr neufranzöfischer Tonkunst vom deutschen Wagnertumzu bemerken, wenn auch dank Lamoureux, Catulle Mendos undColonne Wagner» Opern heute Mode in Pari» find. Dem mufika»lischen Realismus näherten sich wieder zuerst Charpentier undBruneau(Messtdor nach Zola). Gustav CharpentierS inDeutschland eine Zeitlang gespielte Oper: Louise mutz alStapferer Versuch, die Opernbühne modernen Problemen, der evolutto»nistischen Frauenbewegung kann man fast sagen, zu erschließen,im Gedächtnis behalten werden. In bezug auf die Klein- und nichtimmer feingliedrige Mosaik seiner Melodien ging CharpentierSchulter an Schulter mit den Anhängern des italienischen Verismo,jener stürmischen Bewegung des musikalischen Realismus, ja Radi-kalismus, über die sich noch der alternde Verdi entsetzen mußte.Jbre Hauptführer und ihr verhängnisvoller Einfluß an der deutschenOpernbühne ist im Geburtsort des Leoncavallofchen Rolandvon Berlin zu bekannt, um hier noch eingehender behandelt zuwerden.Soweit die moderne Oper vom Pathos zum MeloS genesenkann, kennzeichnet ein talentvoller Halbitaliener eine neue, wenn auchim Grunde rückläufige Entwickelungsstufe der deutschen heiteren Oper.W o l f-Fe rrari. dessen feinkomische Opern Die neugierigen Frauenund Die vier Grobiane in Berlin svohlbekannt find, ist viel mehrals eine bloße Rcaftionserscheinung gegen die gewaltsamen undrohen Orchestereffekle der wagnerisierenden AuSdrucksmusiker unddie unmelodischen Wiederkäuer der„ewigen Melodie'. WaS demschwerblütigen Angelsachsen d'AIbert dunkel vorschwebte, der insinnlich froher Schönheit, in breirem echten Melodienfluß sich er«gießende Wolf-Ferrari hat es erreicht: Mozart- Melodien durchMozart- Sänger und ein Mozart-Orchester l So geht die wichtigsteEmwickelungSlinie der deutschen Oper von Mozart au» und aufMozart wieder zurück._ m.Kleines femlleton«Aus dem Pflanzenlebeu.Das Innenleben der Pflanzen. Im Aprilheft der„Neuen Rundschau" spricht R. Francö von den Hoffnungen undMöglichkeiten, denen die Erforscher des Innenlebens der Pflanze in»Auge schauen. ES wintt ihnen die Hoffnung, durch Vergleiche»mdBehnlichkeiten die stumme Pflanze doch beredt zu machen. Sie ist janicht ohne Sprache, nur wir sind so ungeschickt in ihrem Ver»ständnis. Die Pflanze bewegt sich und das gibt uuS die Möglichkeit. uns mit ihr zu verständigen, so wie man es mit Taubstummengelernt hat. Sie bewegt ihre Blätter, sie regt leise ihr»Blumen und die vielgestaltigen Organe darin, sie steht mit denWurzeln nicht still für den Geduldigen, der sich ebensoviel Zeit nimmt, wie die ruhig zuwartende Pflanze hat. So wiedie Landschaft eine andere ist gegenüber dem Duft und den kühlen,zarten Unirissen des Morgens, wenn wir sie im satten, überreifen,wannen Licht deS Spätnachmittags durchwandern, so ändert sich auchan der Pflanze trotz ihrer scheinbaren Unbeweglichkeit schon innerhalbeines Tage? so viel, daß sie den Forscher verwirrt mit dem Ucbermaßdessen, was ihre leisen Bewegungen ihm sagen. DaS ist seineMethodik: an das Gewächs Fragen stellen durch Ungewohntes, daSer ihr antut, durch Lebensgefahr, in die er sie bringt, und dannihre Bewegungen, durch die sie sich der Drohung erwehrt, demTode entgeht, vergleichen mit denen von Tieren und Menschen ingleicher Lage. Sind sie im Wesen gleich, schließt er auf gleicheUrsachen. Es ist eine barbarische, rohe Methode, aber wir habenkeine andere. So ist in den letzten Jahren eine Vivisektionan Pflanzen entstanden. Durch sie wurde eine Summe vonEigenschaften erkannt, die wir Menschen mit den Pflanzen gemein-sam haben. DaS klingt wie ein barocker Scherz, aber der Ernst de»Leben? ist nicht anders. Die Naturforscher sind also unter die Dichtergegangen und vergleichen die Blume mit dem schönen Kind, deffen Busensie schmückt. Rur ist ihre Redeweise unpoetisch, denn sie blicken unter dieHaut. Nicht das Liebliche vergleichen sie, sondern die Tatsache, daßbeide aus gleichem Stoff bestehen. Daß beide in Organe gegliedert,im Wesen gleich atmen, sich ernähren, sich vermehren, tm Wesengleich durch Sinnestätigkeit mit Sinnesorganen erregt, ihre Er»regung in Handlungen von wesensgleicher Nützlichkeit umsetzen. Derunhöfliche Naturforscher gibt uns Einzelheiten preis, die jede Dameabscheulich finden wird, die aber wie mächtige Blitze das Dunkelunserer Frage durchleuchten. Die Nerventätigkeit deSMenschen ist an Zeit gebunden und von elektrischen Strömen be«gleitet. Der Erregungsvorgang der Pflanze ist an Zeit gebundenund verläuft unter elektrischen Erscheinungen. Alkohol lahmt dieZwecktätigkeit des Menschen, Chloroform macht ihn bewußtlos.Alkohol hat Pflanzen zu unzweckmäßigen Bewegungen ge»bracht; mit Chloroform kann man sie narlottfieren. Die Ge«Hirn- und Nervenzellen der Menschen können schwache Reize sum-mieren. Die Pflanze hat die gleiche Eigenschaft. Der Mensch istfür Reize empfindlich, die nur Bruchteile einer Sekunde dauern.Die Pflanze antwortete auf Reizung, die nur Vi«» Sekunde anhielt.Die Pflanze kann ermüden, die Pflanze kann Farben unterscheiden,sie kann sich an Reize gelvöhnen, sie kann„lernen", die wichtigstenGesetze der Menschenseele sind auch für sie gültig. Da hat man inUmriffen die Möglichkeit solcher Vergleiche und einige? Wesentliche,wa» die neueren Pflanzenforscher mit unsäglicher Geduld und fabel«Haft scharfsinnigen und feinen Methoden aus dem Innenleben derPflanze sicherstellten.verantwortl. Redakteur: Hau» Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwärt« Buchdruckerei u.V-rl«a»anitalt«aul Smaer ärCo.. Berlin LW.