wenden". Aber et wird zum zweiten Male gefaxt und kommt in» Zuchtbaus. AIS er lein Strafjabr überstunden, war.seine Leiden­schast durch die Emferining gewachsen und sein Trotz unter dem Gewicht des linglückS g e st i e g e n." Er eilt in seinen Geburtsort:man flieht ihn. Die dringende Not hat endlich seinen Hochmut gebeugt und seine Weichlichkeit überwunden er bietet fich den Reichen des Ortes an und will inr den Taglohn dienen. Der Bauer zuckt über den schwachen Zärtling die Achsel, der derbe Knochenbau seines handfesten Milbewerbers sticht ihn bei diesem sühllosen Gömicr aus. Er wagt seinen letzten Versuch. E i n Amt ist noch ledig, der äußerste verlorene Posten des ehrlichen RamenS er meldet sich zum Hirten des Städtchens, aber der Bauer will seine Schwein« keinem Taugenichts anvertrauen. In allen Entwürfen getäuscht, an allen Orten zurück­gewiesen, wird er zum drittenmal Wilddieb.. Natürlich fällt er dem Jägerburschen wieder in die Hände.Die Richter sahen in das Buch der Gesetze, aber nicht einer in die Gemütsverfassung des Beklagten. " Erward verurteilt, da? Zeichen des Galgens auf den Rücken gebrannt, drei Jahre auf der Festung zu arbeiten.- Nun lägt Schiller den Verbrecher selber sprechen:Ich betrat die Festung... als ein Berirner und verließ sie als ein Loltcr- bube. Ich hatte noch etwas in der Welt gehabt, das mir leuer war, und mein Stolz krümmte sich unter der Schande." Folgt die Schilderung des AusemhaltS und der Mitgefaugenen, die er zuerst voll Entsetzen fliebt, um sich schließlich an sie zu gewöhnen:und im letzten Vierteljahre hatte ich meine Lcbnneister Lbcrtroffcn". Jetzt kennt er nur noch die Begierde nach Freiheit und Rache. Das Werk der .Justiz" ist vollbracht: aus dem.Jagdircvler" bar sie ein Raublier gemacht, das vor nichts mehr zurückschreckt.Alle Menschen hatten mich beleidigt, denn alle waren bester und glücklicher als ich. Ich betrachtete mich als den Märtyrer deS natürlichen Rechts und als ein Schlachiopfer der Gesetze." Er wird frei, eilt in die Vaterstadt und sieht sich von allen scheu gemieden. Niemand würdigt ihn eines Grußes. Seine Geliebte findet er wieder als Soldaten- dirne. Er lacht sie verächtlich aus:.Es tat mir wohl, daß noch ein Grschöps unter mir war im Range der Lebendigen." Dieser Zug beleuchtet grell die Situation. Auch der Verworfene wird sich noch nicht klar über die Pointe seines Lebens. Er ist vom selben Holze wie die, die ihn verdammen und meiden. Er würde handeln wie sie und handelt wie sie gegen- über der noch mehr verachtcleit Dirne. «Alle Welt floh mich wie einen Giftigen, aber ich hatte endlich verlernt, mich zu schämen. Borher hatte ich mich dein Anblick der Menschen entzogen, weil Verachtung mir un- erträglich war. Jetzt drang ich mich auf und ergötzte mich, sie zu verscheuchen. Es war mir wohl, weil ich nichis mehr zu verlieren und nichts mehr zu hüten hatte. Ich brauchte keine gute Eigenschaft mehr, weil man keine ntehr bei mir vermutete. Die ganze Welt stand mir offen, ich hätte vielleicht in einer fremden Provinz für einen ehrlichen Mann gegolten, aber ich hatte den Mut verloren, eS auch nur zu scheinen.... Hätten meine Eitelkeit und mein Stolz meine Erniedrigung erlebt, so hätte ich mich selber entleiben muffen. Wa» ich nunmehr eigentlich beschlosten hatte, war mir selber noch unbekannt. Ich wollte BöjeZ tun, soviel erinnere ich mich nocki dunkel. Ich wollte mein Schicksal verdienen. Die Gesetze, meinte ich, wären Wohltaten für die Welt, also faßte ich den Vorsatz, sie zu verletzen; ehemals hatte ich aus Not- wendigkeit und Leichtsinn gesündigt, jetzt tat ichs auS freier Wahl z u meinem Vergnügen". Den weiteren Verlauf der Geschichte deSVerbrecher? au? der- lorrner Ehre" kann jeder nachlesen. Der Wilddieb erschießt den Jäger mid schließt sich einer Räuberbande an. die in ihm einen Mißhandelten bcgiüßt:.Weil du ein paar Schweine geschosten hast, die der Fürst auf tmieren Aeckern und Feldern füttert, haben sie dich jahrelang im ZuchlbauS und auf der Festung herumgezogen, haben sie dich um Hauö und Wirtschast bestohten, haben sie dich zum Bettler gemacht". Er wird zur Geißel des Landes. Aber nach einem Jahre faßt ihn Reue und Verzweisinng. Der Räuberhaupnnann will sühnen und im siebenjährigen Kriege.seinem Vateriande dielten", er bietet sich seinem Landesvater an. Der ignoriert ihn. Auf dem Wege zum König von Preußen liefert er sich dann selbst in die Hände derGerechtigkeit". ... Wer hat vor Schiller solchen Spürsinn aufgebracht, um in die Seelen.zustände desVerbrechers" einzudringen! Hier spricht der Schiller , der den Räuber Moor zeugte; aber ein wie viel reiferer, wie viel ruhigerer und. gerade darum, wie viel härter an- klagender Schiller! Er konstruiert nicht mehr Verbrechen blutig kolossal. Er zeigt in der satten Tugend und zahlungsfähigen Moral das'blutig kolossale Verbrechen der Gesellschaft. Wie weit ist hier ein bürgerlicher Dichter vor vier Generationen seinen heutigen Klastengenosten voraus, die eben wieder eineReform" des Straf - rechts brauen, ohne nach so phantastischen Dingen wie Seelenknnde und Gemütszuständen, gesckioetge denn nach sozialen und wirtschaft­lichen Ursachen desVerbrechens", die Schiller wenigstens gefühlS- mäßig erkannte und anklagte, viel zu fragen 1 R. Franz. (Nachdruck verdate»! Die prinzelTiii im Theater. <Jm Vorzimmer der Hofloge.) Von Alexander MoSzkowSki . Der Theaterdirektor: Hohe Ehre demütig erfreut~ in Ehrfurcht ersterbend Der Hofmarschall: Schon gut! Alles selbstverständlich; es kommt doch nichts Unanständiges in dem Stück vor? Direktor: Bewahre. Exzellenz, wir geben ja heut' de« Wilhelm Tell , von Schiller. Hof in arschall: Immerhin, die Prinzessin, vor der Sie zu spielen die Hobe Gnade haben, ist jung verlobt, wir müsten da die äußerste Rücksicht walten lasten. Sagen Sie, Herr Direktor, Wilhelm Tell . ganz recht, koimnt da nicht eine Szene vor, wo auf offeiter Bühne gebadet wird? Direktor: Ganz auSgeschkosten, Exzellenz, in meinem Theater wird überhaupt nie gebadet, Sie meinen vielleicht den Auftritt, in dem Baumgarten von seinem Weibe erzählt, der Burgvogt habe ihr anbefohlen, ihm ein Bad zu rüsten... Hosmarschall: Tja, tja, ans mein Gedächtnis kann ich mich verlassen, es wird also doch gebadet! Das muß geändert werden. Direktor: Um Gottes willen, Exzellenz, in zehn Minuten soll der Borhang hochgehen! Hof Marschall: Läßt fich alles machen. Ich Hab' schon einmal in fünf Minuten eilte ganze Tafelordnung geändert, das ist dock wohl komplizierter. Und Sie haben ja mehrere Dramaturgen im Haus. Also das Bad fällt fort, und der Burgvogt läßt sich von der Frau ein Kaffeefrühsiück oder ein Hühnerfrikaffee rüsten. DaS sind wir der Prinzessin schuldig. Und, hören Sie, da ist wohl noch so eine böse Stelle, wo der Dingsda, wie heißt er doch schon, der Melchtal, behauptet, er würde einen hoch droben von der Jungfrau hcrunterholeit. Sie begreifen, das ist höchst unpaffend, das darf er nicht sagen, setzen Sie doch statt der Jungfrau den EHimboraffo... Direktor: Das ist doch unmöglich, die Geschichte spielt doch in der Schweiz ! H o f-n a r s ch a l l: Na ja, Schweiz , das ist überhaupt so eine Sache I Diese Schweizer führen Redensarten, da könne» einem er­wachsenen Manne die Haare zu Berge stehen, geschweige denn einer jungen Prinzessin. Ich besinne mich ganz genau, daß da einer in dem Stück sagt: Schwört nicht zu Oesterreich, wenn ihr'S könnt vermeiden; und die Prinzessin fährt morgen nach Wien I Streichen Sie das also ganz heraus, das ist das Einfachste. Und die Ge- schichte mit dem Hut muß auch geändert werden. Direktor: Aber, weshalb denn, Exzellenz? Hof Marschall: Ganz unter uns, Herr Direktor: die Hof- dame der Prinzessin ist ein bißchen sehr groß und schlank, und gerade heut hat sie einen etwa? merkwürdigen Hut ouf l Wenn die nun auf der Bühne den Hut auf der Stange anöden. Sie be- greifen, da könnten fich indiskrete Blicke nach der Hofloge ver« irren, also bitte, lassen Sie die Szene fort, sicher ist sicher; und die bekannten unflätigen Worte, wo der Mann das Fenster zu- schmeißt... Direktor: Aber das kommt ja im Götz von Berlichingen vor, nicht im Wilhelm Tell ! Hof mar schall: Ich meine ja-anch nur die Gesinnung, die ist identisch, da kann ich mich auf mein Gedächtnis Verlasien. Also kein Widerstand gegen die ReichSordnung, das ist nichts für die Ohren einer jungen Prinzessin. Direktor: Ja, was soll denn da auS der Nütli-Szene werden? Hofmarschall: Da? ist überhaupt eine fatale Angelegen- heit, daß die Leute da nächtlich auf den Bergen herumbummeln und sich nicht um ihr Hauswesen kümmern. Wissen Sie, Herr Direktor. die Rütliszene könnten Sie am besten in die gute Stube bei Tell verlegen, und die biederen Schweizer könnten da über den Winter- spart sprechen, dalür schwärmt die Prinzessin überhaupt so sehr, und was ich hauptsächlich bemerken wollte, geschoffe» darf in dem Stück auch nicht werden, die Prinzessin ist so nervös.... Direktor: Aber Exzellenz, mit der Armbrust I da? knallt doch nicht l Hof Marschall : Knallen oder nicht, daS ist ganz egal. eS ist aufregend, besonders wenn ein Vorgesetzter alS Zielscheibe dient. Die Prinzessin ist Chef cincS Regiments und in dieser Hinsicht besonders empfindlich. Direktor: Bedenken doch Exzellenz, ein Tell ohne Armbrust ist tutdenkbar I Hof in arschall: Gut, ich will Ihnen die Konzession machen, laffeit Sie ihm die Armbrust, aber ersetzen Sie den Gcßler durch einen GcntSbock. Sie sparen da außerdem viel Zeit, und daS ist notwendig, da die Prinzessin gern bis zum Schluß deS Schauspiels bleibt und mn nenn Uhr zum Tee im Schloß erwartet wird. Also beeilen Sie sich ein bißchen mit den paar RegieKndernngen und lassen Sie gleich anfangen, sonst könnte die Prinzessin geruhen, un­ruhig zu werden. Derantw. Redakteur: Richard Barth . Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Vuchdruckerei u.Verl «g»a>tjtaltPauI Singer ö-To..BerlinLV?.