-
114
-
Daß zu diesem seltenen Erfolg der Klub N. Q." fein gutes Teil beigetragen hatte, darüber wurden sich Georg und feine jezt vor Glück weinende Emma erst am nächsten Abend flar, als fremde, an ihrem Schicksal uninteressierte Menschen auf den beiden ersten Bänken saßen.
rollenden Zentners, und Mr. Georges mußte feine Biece erst mal feine eigenen Sitten beibringen wollte. Er flog so zur immer und immer wiederholen. Zür heraus, daß er sich die ganze Treppe herabfollern ließ, unten feine verschiedenen Gliedmaßen zusammensuchte und in vier Säßen die Haustür erreichte. Die Leute in Kvitne wußten es nicht beffer, als daß die Gesetze, die vom Storthing ausgingen, ihnen vom Pfarrer gegeben würden. So wollten sie ihm zum Beispiel die Ausführung des Schulgesetes bersalzen; fie boten meinent Bater Trok, fie versammelten sich vollzählig im Schulratszimmer, um die Geschichte mit Gewalt zu hintertreiben. Trotz Mutters inständigen Flehens war Water doch hingegangen, und da ihm niemand bei der Einteilung der Schulbezirke und den anderen Arbeiten zu helfen wagte, tat er es selbst nach bestem Wissen unter dem drohenden Murren der Menge; aber als er mit dem Protokolle unterm arme hinausging, wichen sie alle zur Seite, und feiner tastete ihn . Man denke fich Mutters Jubel, als sie ihn, ruhig wie immer, wieder auf den Hof zufahren sah.
Heute war alles eitel Jubel. Und Georgs Freunde konnten kaum den Schluß der Vorstellung erwarten, an die sich, wie in diesem Lokal fast jeden Abend, ein Tanzfränzchen anschloß.
Natürlich hatte Georg seine sämtlichen Kollegen zu der nachfolgenden Feier seines Debüts eingeladen. Er hatte ja noch Geld, und er wie auch Emma fanden es selbstverständlich, daß er sich nicht lumpen ließ, bei einer Gelegenheit, die über sein ferneres Schicksal mit so glänzenden Aussichten entschieden hatte.
In der Ecke neben der Bühne wurden Tische zusammengesetzt, und eine bunte Gesellschaft ließ sich dort nieder.
( Fortsetzung folgt.)
Blacken.)
( Nachdruck berboten.)
an.
In diesen Verhältnissen und Umgebungen wurde Bladen ge boren! Seine Mutter war eine große Fuchsstute aus dem Gudbrandsdal, die Wonne aller, die sie sahen; sein Vater war ein Wildfang von einem schwarzen Fjordhengit, der an einem ganz fremden Ort, als man sorglos mit der Stute vorüberzog, wiehernd aus dem Walde hervorgebrochen, über Heden und Gräben gesetzt tam und es mit dem Recht der Liebe nahm, was sein war. Bon Bladen wurde schon früh gesagt: das wird das stärkste Pferd werden, das je ein Mensch hier im Norden gesehen hat, und ich, der ich mit Geschichten von Riesen und Schlägereien aufgezogen war, betrachtete das kleine Fohlen wie einen begabten Kameraden. Er war übrigens gar nicht immer lieb gegen mich; ich trage noch heute eine Narbe von seinem Huf über dem rechten Auge; aber froßdem begleitete ich Stute und Füllen getreulich überall hin, Schlief mit ihnen auf dem Felde und wälzte mich zwischen den Beinen der Stute umher, wenn sie graste. Aber einmal war ich zu weit mitgelaufen. Der Tag war warm gewesen, ich war in einer offenen Waldscheuer, in der wir wohl alle drei Schatten gesucht hatten, eingeschlafen; Stute und Füllen waren weiter gegangen, ich aber war liegen geblieben. Es war schon spät am Tage, als die Leute, die mich vergebens gerufen und gesucht hatten, mit der Nachricht heimkehrten, ich sei nirgends zu finden. Man nun mußte alles hinaus denke sich den Schrecken meiner Eltern auf die Suche, Feld und Wald wurden durchrufen, Bäche und Abgründe durchsucht, bis endlich jemand aus der Scheune heraus ein Kind weinen hört und mich im Heu fihend entdeckt. Ich war so berängstigt, daß ich lange nicht reden konnte, denn ein großes Tier war dagewesen und hatte mich mit feurigen Augen angeblidt. Ob ich das nun geträumt oder wirklich erlebt hatte, ist nicht festzustellen, aber sicher ist, daß ich noch bis vor wenigen Jahren im Schlaf aufschraf, wenn ich dieses Tier über mir stehen sah.
-
Von Björnstjerne Björnson . Björgan war vormaleinst Pfarrhof der Gemeinde Kvikne im Dobregebirge. Das Gehöft liegt hoch oben, ganz für sich allein; da stand ich als kleines Bübchen im Wohnzimmer auf dem Tische und sah sehnsüchtig ins Tal hinunter, wie sie da im Winter auf ihren Schlittschuhen den Fluß entlang liefen oder im Sommer auf den Wiesen spielten. Björgan lag so hoch, daß kein Korn dort gedieh, weshalb man das Gehöft jetzt auch an einen Schweizer verfauft und einen Pfarrhof im Tale angetauft hat, wo es doch ein bißchen angenehmer ist. Der Winter stellte sich auf Björgan gräßlich früh ein! Ein Acker, den mein Vater in einem warmen und frühen Frühling versuchsweise bebaut hatte, lag eines Morgens unterm Schnee begraben. Das gemähte Heu friegte oft statt eines Regen schauers ein Schneegestöber, und wenn der Winter nun gar erst ivuchs..! Die Kälte war so arg, daß ich die Klinke der Haustür nicht anzufassen wagte, weil mir die Finger am Eisen festfroren. Mein Vater, der aus Land am Randsfjord stammte und also tüchtig abgehärtet war, mußte nach der entlegenen Filiale doch oft mit der Maste vorm Gesicht fahren. Wenn jemand daherkam, * narrte und knirschte es auf dem Wege, und famen mehrere, so machte es einen Höllenlärm. Der Schnee lag oft bis zum ersten Stockwerke des mächtigen Hauses hinauf, kleinere Nebengebäude schneiten ganz ein, Hügel, Büsche und Hecken wurden nivelliert, und ein Schneemeer dehnte fich aus, auf dem die Spitzen der Birken schwammen und wogten nach dem Sturm, der hier aufgetürmt, dort ausgehöhlt hatte. Da stand ich also auf dem Tische und sah die Stiläufer von uns ins Tal hinabgleiten, ich sah die Finnen aus den Roröswäldern mit ihren Renntieren die Berghänge hinab und wieder zu uns herauf sausen. Die Pulke**) schlenkerten hin und her, und nie werde ich den Anblick vergessen, wenn dann der Zug endlich auf dem Hofe hielt und aus jedem Pulf eine Pelzball herauskrabbelte und sich als fleines freuzfideles, geschäftiges das heißt den filbernen Löffel felbst. Wenn ich mit meinen Menschlein entpuppte, das Renntierfleisch verkaufen wollte.
Die Kviknetaler sollen sich in späteren Zeiten zu einem intelligenten und fräftigen Bölfchen entwickelt haben, allein zu jener Zeit war die Pfarrei Kvikne eine der berüchtigsten im ganzen Lande. Noch vor ganz kurzer Zeit hatte ein Pfarrer immer Pistolen mit fich in die Kirche nehmen müssen; ein anderer kam von der Kirche nach Hause und fand all sein Hab und Gut zerstört und vernichtet von Männern mit geschwärzten Gefichtern, die die Frau Pfarrerin, die allein zu Hause gewesen war, fast zu Tode erschreckt hatten. Der letzte Pfarrer war geflohen und hatte sich aufs energischste geweigert, zurückzukehren. Lange Jahre war das Amt ohne Pfarrer geblieben, als mein Vater vielleicht gerade deshalb es erhielt; denn man traute ihm zu, daß er imstande sei, ein Boot gegen Sturm und Strömung zu steuern.
-
Jch entsinne mich noch ganz deutlich, wie ich an einem Sonnabendmorgen eben im Begriff war, auf allen Bieren die Treppe zur Studierstube hinaufzukrabbeln, die nach dem„ Sonnabendreinmachen" ganz eisbedeckt war; ich war noch nicht viele Stufen emporgekommen, als mich plötzlich von der Studierstube her ein Krachen und Boltern schleunigst und entsetzt wieder hinunterjagte. Dort oben hatte nämlich der Hüne der Bygde( des Kirchspiels) dem widerhaarigen Pfarrer die Voltsfitten beibringen wollen, fand aber zu seiner größten Ueberraschung, daß der Herr Pastor ihm
*) Diese Erzählung des nordischen Dichters, die im Jahre 1868 geschrieben wurde, gibt ein anschauliches Bild seiner Jugend und eine plastische Schilderung seiner Heimat. Das Dovregebirge ift ein hohes, fahles unfruchtbares Gebirge im südlichen Norwegen . Bladen heißt überseht der Falbe
**) Bultinnenschlitten
-
und wenn
Blacken und ich, wir bekamen bald Kameraden: erst ein Hündchen, das mich Zucker stehlen lehrte, dann eine Kaze, die eines Ich hatte noch nie in Tages unerwartet in der Küche eintrat. meinem Leben eine Kaze gesehen; leichenblaß stürzte ich ins Bimmer hinein und schrie, aus dem Keller sei eine riesige Maus heraufgekommen. Im nächsten Frühling wurden wir unser noch mehr, denn da gefellte sich ein Schweinchen hinzu, Blacken mit seiner Mutter zur Arbeit hinaus mußte, hielten wir, Hund, Kaze, Ferkel und ich, stets zusammen. Wir vertrieben uns die Zeit ganz nett, besonders mit gemeinsamem Schlafen. Ich gab diesen Kameraden ja alles, was ich selbst gern hatte; so brachte ich dem Schwein einmal meinen filbernen Eklöffel mit hinaus, damit es hübscher essen lernte; es versuchte auch wirklich zu efsen, Eltern ins Tal hinunter durfte, tamen Hund, Katze und Ferkel auch mit. Die beiden ersten durften mit in die Fähre hinein, die uns über den Fluß seßen sollte; das Schweinchen grunzte ein bißchen Dann wurden wir mit allerlei und schwamm dann hinterher. Gutem bewirtet, jedes nach seinem Geschmack, und abends zogen wir in demselben Aufzuge wieder heim.
Doch bald sollte ich diese Kameraden verlieren und nur Blacken behalten, denn mein Vater bekam das Amt Neffet im Romsdal . Es war ein merkwürdiger Tag, als wir fortzogen, wir Kinder mit dem Kindermädchen in einem kleinen Hause, das auf einen Langschlitten gefeßt war, so daß weder Wind noch Schnee uns etwas anhaben konnten, Vater und Mutter voraus in einem Breitschlitten; und ringsum standen alle, die uns wieder und wieder Lebewohl sagen wollten. Ich kann nicht behaupten, daß mir sonderlich traurig zumute gewesen wäre, ich war ja erst sechs Jahre alt, und außerdem wußte ich, daß in Trondhjem ein neuer Hut, ein Rock und neue Hosen für mich gekauft waren, was ich alles anziehen sollte bei unserer Ankunft. Und dort, in der neuen Heimat, sollte ich zum erstenmal das Meer sehen! Und außerdem- Bladen war ja bei uns!
Hier auf dem Pfarrhofe von Nesset, einem der schönsten Gehöfte im Lande, das breitbrüstig zwischen zwei sich vereinenden Meeresarmen daliegt, über sich das grüne Gebirge, am anderen Ufer Wasserfälle und Gehöfte, unten im Talgrund wogende Felder und reges Leben, und weit hinaus den Fiord entlang Berge, die fich Zunge an Zunge ins Meer hineinschieben, jede mit einem großen Gehöft auf ihrer äußersten Spitze, hier auf dem Pfarrhofe von Reffet, wo ich des Abends am Fenster stand und dem Spiele der Sonnenstrahlen auf Fjord und Bergen zuschauen konnte, folange, bis mir die Tränen tamen, als ob ich etwas Böses getan hätte,
-