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schwemmt war. Mit bebenden Händen umflammerte ihn der Fried!,| Gleichmut ist, der mit Gemütswallungen zum Banalen herab­und gleich darauf troch er ans Land, mehr tot als lebendig.

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Meier, Du Hund Du, Du räubiger!" schrie er wütend, als er noch in derselben Nacht vor das Stelett wantte. Balst am End mi g'meint haft i stirb no lang net."

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Troh seiner Erschlaffung hatte er sich bei diesen Worten hoch vor ihm aufgerichtet und grimmig die Fäuste geballt. Niemals hatte er starrer am Leben gehangen als in diesem Augenblide, wo ihm die rasende Erregung und alle Schauer des Todes noch durch Adern und Muskeln tobten. Denn eben war er nach Hause ge­kommen auf einem langen Jrrweg über das ganze Dorf, schauernd und triefend von Nässe.

" Du elender Hund, Du," brummte er noch einmal. ( Fortsetzung folgt.)

Neue Belletristik.

zufteigen meint. Hier wird man an Hamsun   erinnert, der die Bäume, die Sterne anspricht und mit dem Mond auf Du und Du steht. Brod   nimmt das Leben nicht eigentlich schwer und einst, doch steht er verwundert davor, bestaunt fte und entdeckt täglich neue Schön­heiten. Oft genug lösen fie fich ihm in Dichterisches, in Mufit auf, fleine Baradore, Aphorismen funkeln dabei. Man spürt den Atem des Lebendigen und daß der Dichter fein Schreibtischerfinder, sondern ein Schauender, ein Fühlender ist. Das Dunkelrote, das Purpurne bedeutet ihm unedle Leidenschaft, Pathetit, Trivialität. Die Geschichte zeigt einen Menschen mit Erregungen, Empfindungen bioletter" Farbe, d. h. Kühl- unpathetischen Gefühlen, die nicht das Blut, aber dennoch das Glück steigern und aus dem Trivialen ins Reich ver­geistigter Freuden führen oder hin zum Urquell aller Seligkeit: Natur und Einsamkeit.

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Lulu von Strauß und Torney: Sieger und Be­siegte, Novellen.( E. Fleischel u. Co., Berlin  .) Nietzsche   zählt einmal zu den wertvollsten Eristensen die großen Erleichterer und Vereinfacher des Lebens. Man fönnte mit einigem Scherz von tieferer Bedeutung ebenso richtig sagen, die wertvollsten Eriftenzen Max Brod  : Die Erziehung zur Hetäre.( Arel( unter den Dichtern und Schriftstellern) sind die großen Erleichterer Junders Verlag, Stuttgart  .) Mag man es deplaciert finden, daß und Vereinfacher des Lesens. Sollen wir sie wirklich als zu der Kritiker den noch relativ unbekannten jungen Desterreicher Mag leichte Naturen ansprechen, die zur Erleichterung ihres Selbst und Brod   mit dem beängstigend schnell bekannt und berühmt gewordenen des Lesers ins Glizernde, ins Spielerische, Tändelnde flüchten? anderen Desterreicher Rud. Hans Bartsch   zusammenstellt. Jedoch, Auch der Weise, der Mensch mit Gedanken kann das Tänzerische wenn hinter Brods Erzählungen die Silhouette Prags  , von der( um wieder ein Wort von Nietzsche   zu gebrauchen) haben und den Moldau umrauscht, aufsteigt, gedenkt man des Dichterwerts Bartschs, Inhalt seiner Seele in die schwingende, zwingende, in die funkelnde, hinter dem das grüne, märchenumsponnene Graz hervorleuchtet. flingende Form der Leichtigkeit gießen. Muß es immer Oberfläche Bald stoßen wir auch bei Brod   auf ein bißchen Wolferversöhnungs- fein, wenn ein Autor in den leichtfüßigen Rhythmus verliebt ist propaganda wie bei Bartsch, und gerade wie bei diesem ohne die und Blütenfloden streut, statt daß er Quadern wälzt in feuchender moralische, die diktatorische oder politische Gebärde. Bleibt der Schwerfälligkeit? Aber der Deutsche übersetzt Größe und Gehalt undifferenzierbare Bartsch ohne Abschweifungen der Natur treu, noch immer mit Schwere, und unter den Deutschen   will findet Brod   gleichfalls zulegt über alle geheimen Umtvege und psycho- besonders die schreibende Frau ihre Tiefe beweisen, indem Logischen Arabesten die Heimkehr zur mütterlichen Erde. Für die fie δαπ Bleigewicht literarischer Worte an die Säge Bolasche Kunftdefinition: Kunst ist die Schilderung eines Ausschnittes hängt und das Stoffliche mit Pathetik und jenem Ernst" tränkt, des Lebens, gefehen durch ein Temperament, geben diese beiden der der Langenweile zum Verwechseln ähnlich fieht. Die Novelle Defterreicher wieder einmal ein fonsequentes Beispiel. Uebersezen selbst erhält unproportionierte Dimensionen, daß fie ächzt unter der wir Temperament noch weiter mit Lebensanschauung, Stil, Persön- Laft von Geist", der sich als Schwergewicht gibt und doch nur Be lichkeit, so bekommt wiederum der noch im Schatten weilende Brod   schwerden verursacht. Lulu von Strauß ist auf dem Wege, die neben dem bereits in der Sonne stehenden Bartsch um so eher Lese- Berdrossenheit zu stüßen, statt die Lese- Freudigkeit zu heben. sein spezifisches Gewicht. Vielleicht gibt es keine größeren Gegen- Wenn sie bäuerliche Novellen schreibt, schwebt über ihr noch das fäge als den frohgemuten, kinderfeelischen, wiesenfrischen Bartsch Gesetz der Vereinfachung, aber in ihren historischen Erzählungen und den reflektierenden, manchmal auch experimentierenden, kultur- verwechselt fie, wie die meisten weiblichen Federn, Kraft mit Breite, gestuzten Brod  . Der eine ganz Naturkind, mit Lächeln und Sonnen- Jdeen mit Wortanhäufung. Sie schielt nach Ricarda Huch   hinüber fchein im Herzen, mit Mufit und Waldesrauschen; der andere ein und bleibt doch im Aeußerlichen stecken. Durch ihre legten Novellen zusammengesetter Geist, weltmännisch gefärbt, dem ein gewisses muß man sich buchstäblich durcharbeiten. In Auge um Auge will Aesthetentum über den Weg läuft. Horcht man aber tiefer, so ent- die Verfasserin einen Aufrechten vom Bauernstamm schildern, der dect man auch bei Brod   die Sehnsucht nach dem Reinmenschlichen unter dem Martyrium der Franzosenwirtschaft in Westfalen um 1807 am Ende unter den gelegentlichen Künsteleianfällen, findet einen feine Habe, sein Weib und seinen Sohn verliert. Sie überschüttet Menschen mit der Hellsichtigkeit der primitiven Seelen. Und wie den Leser dabei mit epischer Mosaik und gelangt doch zu feiner Bartsch ist er ein bezauberter Verkünder des Heimatlichen oder fage Geschlossenheit, der große Bug und die Motivierung mangelt den ich lieber ein bezaubernder Verkünder? Obgleich er noch ringt, Erzählungen, die am Berlängerungstrieb franken. Der Ver zuweilen wie junger Most ungebärdig schäumt, die ausgegorene längerungstrieb erstickt bald das Interesse an der Fabel und man Klarheit eines Bartsch vor der Hand noch nicht aufweist, hat er doch kommt ebenso gemartert zu Ende, wie bei der Legende von der schon seine eigene Melodie gefunden, befizt schon ganz und gar, wie Felsenstadt, bei der man abermals nach Verkürzung schmachtet. Die ich oben sagte, das spezifische Gewicht der Persönlichkeit. Hat seinen Geschehnisse wirken tot, wie sehr man auch Seite um Seite dem individuellen Stil. Bon wieviel Dichtern läßt sich das sagen? ernsthaften Quellenstudium der Verfasserin begegnet. Aber was Schauen wir auf den von der öffentlichen Meinung getrönten Ger- nügt alle Stimmigkeit der Chronit, alle rechtgetroffene Milieu­hart Hauptmann, wie er profillos in der Literatur herumgependelt schilderung( der Autorin stärkste Seite), wenn der Nerv, das Herz, ist. Wer getraut sich ohne Titelblatt einen unbekannten Haupt- furz das Lebendige unter dem Ballast von Schwerfälligkeit, mann als Hauptmann zu erkennen? Nach ein paar Seiten Gründlichkeit und Literatentum verschüttet liegt? Eine gewollte aber schon erkenne ich Bartsch und will auch Mar Männlichkeit ist's, die hier ein schönes Talent irreführt. Zurück zur Brod   erkennen. Zuweilen fönnen solche Merkmale Manier sein, es Einfachheit! Meinetwegen auch zum Weiblichen, wenn es Innerlich­ist nicht immer leicht, sie als Wahrzeichen einer starken Natur, einer feit bedeutet. Im Tanzliedchen will die Autorin zwischen den beiden unbeirrten Persönlichkeit zu bestimmen. Doch was mir von Brod   kraftvollen" Novellen das Heitere kultivieren. Doch die leichten bis jetzt vorgelegen, deutet darauf hin, daß seine bestimmte ton- Füße fand sie auch hier nicht. Die Historie von dem kleinen Pariser turierte Physiognomie echt und keine Modemaste ist. Um so betrüb- Mädel, das ihrem ungetreuen Liebsten nach London   nachläuft und licher muß es auffallen, daß er das Büchlein mit der feinen Novelle: vor der Königin ihr Recht sucht, ist von einer Psychologie, die ich Ausflüge ins Dunkelrote nach dem zugkräftigeren Titel der Kulissenpsychologie nenne. In jedem neuen Aft, hier Phase der Ge­schwächeren Erzählung: Die Erziehung zur Hetäre benannte und schichte, ist die Entwickelung fig und fertig da. Die Zusammenhänge damit nach einem ebenso sinnlosen wie geschäftsgeistigen Vor- sind unterschlagen. Die falsche dichterische Perspektive, die des Spiegelungsprinzip Konzessionen machte, die weiter noch durch die äußeren Effekts willen an der inneren Wahrheit vorbeisieht, ist's, Umschlagzeichnung im ödesten Reznicef- oder Reiselektürestil übertroffen die ich bediene mich des Stils der Verfasserindeß schuld hat". wurden. Der Autor müßte seine Bücher selbst höher einschäßen, als fie zur Schaufensterware degradieren und kostümieren zu lassen. Daß ein Autor von bestimmten Themen nicht los tommt, sollte man Sophus Michaelis  : Totentanz  . Verlag von Erich ihm nicht immer als Armut anrechnen. In dieser Beschränkung Reiß, Berlin- Westend  . Sophus Michaelis  , der erfolgreiche Verfaffer vermag fich des Dichters Tiefftes, das Wesentliche zu kristallisieren. der Revolutionshochzeit", bemüht sich abseits der Biel zu vielen im In der ersten Novelle vorliegenden Bandes haben wir wieder wie Buchschreiberhandwerk zu wandeln. Es fällt ihm noch etwas ein, er in Brods   großem Roman Schloß Nornepygge den typischen Kreis hantiert nicht mit Mätzchen und Finessen wie die Kleinen im Geiste der Differenzierten"; hier sind die Cerebral- Jünglinge amüsant- und Großen im Schaumschlagen, er nährt seinen Ruhm mit ehrlicher ironisch gloffiert, die einen Durchschnittsbackfisch zur freuden- Arbeit und strenger Zucht. Wie ein Gedanke in fünstlerische Form spendenden Hetäre erziehen wollen und mit ihrer dionysischen gebracht werden kann, zeigt der Zyklus dieser Novellen. Jede wirkt Kur nichts anders erreichen als ein unerwartetes Durch wie ein Bild. Man kennt die Totentänze in der Malerei, es ist brennen der moralbefreiten höheren Tochter. Die Geschichte nicht allzu schwer, sie ins Poetische, ins Dichterische zu übertragen. ist von einem liebenswürdigen Humor umspielt, Gedanken- Aber Michaelis verrichtet eigene Arbeit. Mit bildnerischer Gewalt splitter, teine aufregenden, aber hübsche und vernünftige sind da- gibt er dem Tode Gestalt nach seinem Willen. Nicht als Erlöser zwischengestreut. In der zweiten, wertvolleren Novelle taucht aber- und Freund, noch als Richter und Rächer, sondern als das Schicksal mals wie in vorgenanntem Roman der Indifferente" auf. Aber selbst, als blinder Vollstrecker erscheint er hier. In jeder der Novellen gar bald weiß man, wie voll von innerem Erleben dieser kultivierte vom Papst, Kaiser  , König, Ritter, Bauern, Kezer trägt der Knochen­

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