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Die Bestrebungen zur Kalender- Außerdem würde man fich dann vielleicht allgemein dahin einigen,

Reform.

Seit Jahrhunderten ist nicht soviel an den Mängeln des Kalenders herumgerüttelt worden wie im Laufe des lezten Jahres. Es handelt sich dabei nicht allein um die Unstimmigkeit der in den verschiedenen Erdgegenden gebrauchten Zeitrechnungen und so namentlich um die Festhaltung des veralteten Julianischen Ka­Tenders im Russischen Reich. Es herrscht überhaupt eine weitgehende Unzufriedenheit aud; mit dem verbesserten Gregorianischen   Ka­Yender, die sich in allerhand Reformvorschlägen Luft macht. Auf der anderen Seite steht freilich eine feste Phalanx von Zufriedenen, bie mit der jetzt üblichen Zeitrechnung ganz einverstanden sind und fie jedenfalls lieber beibehalten, als sich der Umwälzung durch einen neuen Kalender unterziehen wollen. Eine Umwälzung würde es in ber Tat werden, wenn der Plan angenommen würde, den Carlos Hesse vor etwa einem Jahr dem Ersten Panamerikanischen Wissenschaftlichen Kongreß vorlegte. Danach sollte das Jahr in 13 Monate zu je 28 Tagen geteilt werden, der dreizehnte Monat den Namen Trezember und das ganze Jahr dann, damit immer dasselbe Datum auf denselben Wochentag fällt, einen Extratag unter dem Namen Nulltag" erhalten. In den Schaltjahren würde dann noch ein Doppelnulltag hinzukommen. Daß dies Schema seine praktischen Vorzüge hat, wird niemand leugnen, und es ist auch in ähnlicher Weise schon mehrfach aufgetaucht. Man stelle sich aber bor, wie große Aenderungen im gesamten wirtschaftlichen Leben stattfinden müßten, wenn sich das Jahr nicht mehr in vier Quartale teilen ließe, was bei dreizehn Monaten doch nicht möglich ist. Auch die Verkürzung der Monate auf 28 Tage würde wesentliche Folgen haben. Dagegen kann der Vorzug, daß jeder Jahres- und Monats­tag immer auf denselben Wochentag fällt, da jeder Monat genau bier Wochen lang ist, kaum in Betracht kommen. Herr Carlos Heffe hat aber die Erörterung über die Kalenderreform wieder ein­mal in Schwung gebracht, und es hat im letzten Jahre Vorschläge zur Kalenderreform geradezu geregnet.

die 24 Stunden des Tages durchzuzählen, wie es jetzt schon in Belgien   und Italien   geschieht, um die Zusäße vor. mittags und nachmittags bei den Stundenzahlen zu erübrigen, was namentlich für Eisenbahnfahrpläne empfehlenswert wäre. Es wird nun an weiteren guten Ratschlägen jedenfalls nicht fehlen. Es ist mittlerweile g. B. gerade das geschehen, was oben als eine logische Konsequenz bezeichnet wurde. Der Astronom Chamberlin hat nämlich den dreizehnten Monat tatsächlich auf vier Wochen verteilen wollen. Die erste soll als Osterwoche dem März, die letzte als Weihnachtswoche dem Dezember folgen, während die mittleren beiden sich als Julianische   beziehungsweise Gregorianische dem Juni und September anschließen sollen. Dieser Vorschlag er­scheint denn auch als weitaus der vernünftigste, weil dadurch die Umwälzung der Jahreseinteilung, namentlich auch mit Bezug auf die Lage von Ostern und Weihnachten verringert und doch eine Reihe wesentlicher Verbesserungen eingeführt würde. Es wird nun abzuwarten sein, was aus der Internationalen Konferenz für die Kalenderreform herauskommen wird, zu deren Einberufung sich im lekten November der Schweizer Bundesrat entschlossen hat. Die Beratungen sollen freilich an andere Vorschläge anknüpfen, indem die Zahl der Monate von je 30 Tagen erhalten bleiben und nur jedes Vierteljahr gleichmäßig aus givei Monaten von je 30 und aus einem Monat von 31 Tagen bestehen soll. Danach würde jeder letzte Monat des Vierteljahre fünf Sonntage haben. Der überschüssig verbleibende Tag soll dann wie in jenem Schema als Neujahrstag ohne bestimmtes Datum gefeiert und bezeichnet werden, in Schalt­jahren der zweite Uebertag zwischen den 31. Juni und den 1. Juli eingeschoben werden.

Kleines feuilleton.

Kunst.

Lucas Cranach.  ( Zur Ausstellung im Kupferstichkabinett.) Lucas Cranach  : ein Schulmeister aus Wittenberg  , ein Feldwebel der Zunächst sind Verbesserungen des Hesseschen Planes versucht Reformation, ein Philister der Behaglichkeit, einer, der das Ethische worden. So wollte man den dreizehnten Monat nicht ans Ende, an den Fingern abzählt und die Natur mit der Botanisiertrommel sondern in die Mitte des Jahres sehen und ihn als Sonnenmonat fängt, ein fächsischer Hofmaler. Man denkt an hochgeschossene, bezeichnen. Professor Reininghaus hat den weiteren Rat gegeben, pugig geschweifte, tänzelnde, naďte Mädchen, an eine brave Venus, diesen Monat in zwei Teile zu teilen und die erste Hälfte als eine fanfte Judith, eine ängstliche Lucretia  . Man denkt Sommerhalbmonat auf den Juni und die andere Hälfte als an hahnebüchene Bildnisse vornehmer Männer, an vieredige, Winterhalbmonat auf den Dezember folgen zu lassen. Dadurch pausbädige, rotsaftige Gesichter, an aufgeschwemmte Leiber und würden sich aber die Einwände gegen den dreizehnten Monat nicht fette Hände. Man denkt aber auch an dichte, buschreiche Wald­beheben lassen, und es ist nicht einzusehen, warum denn nicht landschaften, an zweigschwere, sturmzerfauste Tannen... Das war jemand die logische Folgerung ziehen sollte, den dreizehnten Monat der junge Cranach  , der die deutsche Landschaft belauschte, die Birken in vier Teile zu teilen und diese Viertel als je eine Zusagwoche im Winde, die Quellen, die aus dem Gestein fpringen, die Bäche, den einzelnen Vierteljahren anzugliedern, wodurch dann wenigstens die unter verwitterten Felsbrocken sich hindurchzwängen und im die Quartalsrechnung erhalten bleiben würde. Jedenfalls hat es schwellenden Moos verrinnen, das Reh auf der Heide, den Hasen im sich herausgestellt, daß die Beschäftigung mit dem Kalender jeht Kraut, den Fasan und den Biber. Diesen jungen, naturkundigen, noch immer ebensoviel Anziehungskraft auf die Leute befibt, als in weltfreudigen Jünger eines Geschlechtes, das des römischen Himmels früheren Jahren, wo freilich der Kalender in anderem Sinne, näm- vergaß und die Erde entdeckte, lernen wir aufs neue und besser lich in der Verkörperung eines Buches als fast einzige Lektüre für denn je in einer wohl bereiteten Ausstellung des Kupferstich­das Volk eine eigenartige Rolle als Bildungsmittel spielte. Aus tabinetts tennen. Welch eine Gesundheit in diesen Blättern, den Schriften Frib Reuters   ist es bekannt, was man in Mecklen- welche Lebenslust. welch reiches Empfinden, welch behendes burg flennern"( kalendern) nennt oder nannte. Heute scheinen Können. Und: seunst des Voltes. Diese Holzschnitte wurden gerade Vertreter der gelehrten Welt den Reiz zu empfinden, sich von allen verstanden, konnten von jedermann gekauft werden. mit dem Kalender zu beschäftigen, und besonders ist die Wochen- Flugblätter, Hilfsmittel für des Lesens unkundige Leute, Beleber schrift Science  " zum Mittelpunkt der Erörterungen über die neue der Schrift. Köstliche Freunde für die Unterhaltung an langen Kalenderreform geworden. Für das Jahr von dreizehn Monaten Winterabenden. Wie mögen sich da Männlein und Weiblein an ist dort fernerhin Professor Patterson eingetreten. Er will folchen Bildern ereifert und um sie gestritten haben. Die Neu­den dreizehnten Monat auch zwischen Juni und Juli legen, ihm gierigen und Leichtgläubigen, sie liebten diese Figur und haßten aber nicht den Namen Sonnenmonat( Sol) geben, weil er auf fene, fie erkannten den Nachbar in der einen, den bösen Wucherer in der südlichen Halbfugel gerade in den Winter fallen würde, sondern der anderen. Was gab es doch alles zu sehen an interessanten und Rom   oder Roma zur Erinnerung daran, daß in dieser Stadt sowohl merkwürdigen Dingen: den Wirtschaftsbeutel und das Küchen­der Julianische   wie der Gregorianische Kalender geboren wurde; messer am Gürtel der Hausfrau, die Schabraken der Pferde, auch die einfache Bezeichnung Mittjahr wäre vielleicht zu empfehlen. die Kiefel des Fluffes, Hellebarden und Spieße, die Berfägung Als Grund für diese Verlegung des dreizehnten Monats wird eines Apostels, die Häutung eines Propheten, Wildschweine geltend gemacht, daß sonst das Weihnachtsfest, wenn es auf dem und gehezte Hirsche.. Cranachs Schaubude: Ein Menschen­25. Dezember belassen bleiben und nicht etwa in den Trezember" freffer, ein erschrödliches Begebnis, grotest und brutal; auf allen berlegt werden würde, nicht um eine Woche, sondern um deren fünf Vieren friecht das bärtige Untier, ein Kind im Maul, rings­bom Neujahrstag getrennt wäre. Außerdem würde es fast vier umber grinsen abgenagte Stelette. Brrr... Ein Liebespaar in Wochen vor Winters Anfang fallen, so daß weiße Weihnachten" einer Landschaft. Das ist schon netter. Ich bin din und du bist in der gemäßigten Bone eine seltene Erscheinung sein würden. Den min. Es lacht die Au; der Klee blüht weich. Die Luft ist erfüllt Extratag will Patterson nicht mit dem etwas verächtlich klingenden von Düften und Vogellärm. Ecce homo. Die Ruten peitschen und Namen Nulltag, sondern als Neujahrstag bezeichnen. Nicht be- das Blut gerinnt Ein Turnier mit Spießen. Die Trompeten sonders erfreulich wird auf abergläubische Gemüter der weitere freischen. In blanken Rüstungen rennen fie gegen einander. Worschlag wirken, jeden Monat mit einem Montag beginnen zu Lanzen splittern.. Wie, das sei nicht genug des Blutes? Ei, laffen. Der zweite Extratag, der alle vier Jahre nötig wird, nur geduldig; Cranachs Schaubude birgt auch solcherlei. Die Ent­soll mit Anlehnung an den bisherigen Gebrauch den Namen Schalt- hauptung des Täufers, von links und von rechts. Wie der Stopf tag erhalten und auf den Neujahrstag folgen. Natürlich wäre es poltert und die rote Flut hervorstürzt und der Henker behäbig das unvermeidlich, daß sich die mit astronomischen Verhältnissen zu- Schwert fortstedt.... Das sind die Entdeckerfahrten des jungen sammenhängenden Termine bei Annahme eines solchen Kalenders Cranach  ; bevor er Hofmaler und ledern wurde. Das gibt es im verschieben. Beispielsweise würde der Anfang der Jahreszeiten Kupferstichkabinett( Eintritt frei; auch am Sonntag von 12 bis 3) nicht wie bisher auf den 21. März usw. zu liegen kommen. zu sehen. Und obendrein: drei Bildnisse in Deckfarben. Zwei

Die

R. B.

Allerdings würde, menn ernstlich an eine solche Umwandlung Männer, eine Frau, drei unsterbliche Dokumente der Seelenkunde gedacht wird, ohne Zweifel alles dafür sein, damit auch andere und der Fleischlichkeit. Reformen zu verbinden, namentlich die Erfüllung des schon oft ausgesprochenen Wunsches nach einer Festlegung des Osterfestes.

Berantwortl. Redakteur: Hans Weber, Be lin- Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.