— 436— «Vi rsm Jid Kleines Feuilleton. SiNtmatograph tmb Schattenspiel. Der unaufhaltsame SiexeS izuff des Kinematographen dürste im Orient über kurz und lang die beliebteste Volksbelustigung. daS Schattenspiel völlig von der Bild- fläche verdrängen. Wer in Kairo bisher die Lust verspürte, die Eingeborenen in ihrem eigentlichen Elemente zu beobachten, der pflegte ein kleines Cafö in der Nähe des FischmarkteS aufzusuchen, in dem er, eingepfercht unter dem schlimmsten Gesindel der ägyptischen Mettopole, einem echten orientalischen Schattenspiele beiwohnen konnte. Die Bühne dieses primitiven Volkstheaters besteht aus einem straffgespannten, durchscheinenden weihen Stoff, an den »nit Hilfe von kurzen Stäbchen die Figuren gepreßt werden. Diese selbst werden aus getrockneter durchscheinender Haut, die auS Indien gekommen fein soll, hergestellt; sie sind bunt bemalt und gewöhnlich sehr sorgfältig ausgeschnitten. Wenn die Figuren von den ganz nahe an den Borhang herangerückten Oellampen grell beleuchtet werden, erscheinen sie dem Zuschauer, der davor sitzt, in den natürlichen Farben. Da in dem finsteren Räume eine richtige Abschätzung der Entfernung nur schwer möglich ist, glaubt man oft bei einem solchen Schattenspiel Personen in Lebensgröße vor fich zu sehen. In ihrer Wirkung sind diese uralten orientalischen Spiele also ein rechtes Gegenstück zu dem modernen Kinemato- graphen. Der Leiter des Spiels läßt die einzelnen auf- tretenden Figuren ihre Rolle sprechen, und wenn er nur einigermaßen imstande ist, verschiedene Stimmen zu markieren, so kann er einen recht bedeutenden Grad von Illusion erwecken. Die zur Aufführung gelangenden Stücke sind volkstümliche Possen; einige von ihnen sind höchst phantastisch und grotesk, andere be- weisen dagegen eine erstaunlich realistische Beobachtung des täglichen Lebens. Mehrere stehende Figuren pflegen, wie in jeder Volks- komödie, stets wiederzukehren; so vor allem der derbe Spaßmacher. im Türkischen KarogöS genannt, und fein Gegenstück, der vornehme und höfliche Effendi. Neben ihnen tteten abwechselnd alle Völker- schaften und Berufsklassen des Orients auf. Es ist begreiflich, baß die Schattenspiele auch die Aufmerksamkeit der Gelehrten in hohem Grade erregt haben, beim die schönen alten Figuren sind oft ganz hervorragende Produkte der volkstümlichen Malerei, und die Texte stellen eine unerschöpfliche Fundgrube für den Sprachforscher unh. Kulturhistoriker dar. Der Berliner Anthropologe Professor v. Luschan zum Beispiel hat sich eingehend mit den türkischen Schattenspielen beschäftigt und besitzt eine hervorragende Sammlung von seltenen antiken Figuren. Da solche Schattenspiele im ganzen mohammedanischen Orient verbreitet sind, sich aber auch in Ostasien und in Java finden, hat man die Frage eifrig diskutiert, wo die Heimat dieser originellen Volkskunst zu suchen sei. Am plausibelsten scheint die Annahme LuschanS zu fein, der China als Heimat der Schattenspiele betrachtet und vernmtet, daß sie durch die Mongolen- züge in den nahen Orient gebracht worden sind. Natürlich stammt nur die Technik des Schattenspiels aus Ostafien; die Stücke sind überall von einheimischen Dichtern verfaßt. Bei dem vielfachen Interesse, das die Schattenspiele erwecken, ist eS überaus bedauerlich, daß sie jetzt allenthalben im Verschwinden begriffen find. Hoffentlich gelingt es wenigstens, die wichtigsten Texte aufzuzeichnen und mög- kichst viele von den alten Figuren für die europäischen Sammlungen zu sichern. Volkswirtschaft. Der Fortschritt der Stahlgetvinnung der Erde. Der neue Präsident des Eisen- und Stahlinstituts bat bei der letzten FrühjahrSsitzung eine Uebersicht über die Entwickelung der Stahl- industrie in den einzelnen Ländern gegeben. Im Jahr 1870 wurden auf der ganzen Erde erst rund 600000 Tonnen an Stahlbarren er- zeugt, wovon auf England 250 000, auf Deutschland 170000, auf Frankreich nicht ganz 100000, auf die Vereinigten Staaten gar erst 39 000 und auf Oesterreich-Ungarn 22 000 Tonnen entfielen. Im folgenden Jahrzehnt erat bereits ein ungeheuerer Auf- schwung und eine vollständige Veränderung auch in der Reihenfolge der Ziffern ein. Der mächtige Antrieb wurde durch die Entdeckung und Benutzung des basischen Verfahrens gegeben. 1880 belief sich die Ausbeute auf rund 4 Millionen Tonnen. England stand mit 1230000 Tonnen eben noch an der Spitze, schon aber dicht gefolgt von den Vereinigten Staaten mit fast 1200000 Tonnen, während Deutschland mit 760000 Tonnen an die dritte Stelle zurückgefallen war. Im nächsten Jahrzehnt wurde die Stahlerzeugung verdreifacht, nämlich bis auf 12 Millionen Tonnen. Dann traten im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts wieder wichtige Erfindungen und Ver- lbefferuugen ein, und der dadurch bedingte Fortschritt zeigte sich namentlich in den Bereinigten Staaten und in Deutschland . Jene steigerten ihre Stählgewinnung von 4 auf 10, dieses von 2 auf S'/z Millionen Tonnen, und jetzt wurde England ins Hintertteffeu gedrängt. Die Benutzung der beiden Hauptverfahreir lvaren in den drei Ländern sehr verschieden. Bis zum Jahre 1910 stieg in den Vereinigten Staaten die Herstellung von saurem Beffemerstahl von 6Vs auf 9V2, dagegen die von basischem Stahl von 2l/2 auf 15 Millionen Tonnen. Deutschland hat das Bessemerstahl am stärksten entwickelt, nämlich bis zu 8 Millionen Tonnen, während die Gewinnung von basischem Flammofenstahl(im SiemenS-Martin- Ofen) von 2 auf 5 Millionen Tonnen stieg. Das zweite Verfahren war in England da» einzige, das einen beträchtlichen Aufschwung erfuhr, nämlich von 300000 auf l1/» Millionen Tonnen. DaS basische Verfahren bringt jetzt schpa mehr als die Hälfte der ge« samten Stahlerzeugung. Scbacb* Unter Leitung von S. Alaptn. Holm. d» d o t n t» d• I g Weiß zieht und gewinnt. Lösung. 1. 06, KXaß; 2. Le5, Kb5; 3. 67, Ta8t; 4. KXg7. Kc6; B. Kf7, Kd7; 6. b4, To8; 7. Lf6, Tb8; 8. bB und gewinnt. Im folgenden bringen wir einige Partien aus dem inter- P i st h a n: Droht 2ch mittels SgZsi was nur rn nationalen Turnier Dameubauerneröfinung. A. Rubinstein. R. Spielmann. 1. 62— cl4 c7— cB Nicht sonderlich empfehlenswert. 2. 64—65..... Mit e2— e4 kommt man zur „Sizilianischen". Mit 2. Sk3, 65 zun„Daneengambit-' in der Rück- Hand. Beide Fälle ergeben für Weiß ein sehr gutes Spiel; auch der Text- zug ist gut. 2...... 67— 66 3. c2— c4 g7— g6 4. e2—©4..... In Bettacht kommt das Manöver Lei— 62— oZ. 4...... Lf8— g7 5. Dkl— 63 67-66 6. Sbl— o3 Sg8— 67 7. Sgl—«2 66X65 8. e4X65..... Der Länferbauer konnte mit gutem Spiel wiedevxrhmen. 8...... Sb3— 67 9£2_£4? Der Keim de» Verlustes. Besser war b2— b3 nebst event. Lei— b2. 9. 10. S62— g3 11. 0-0 12. Sg3— e4 13. L63Xe4 14. Kgl-hl S67— f6 h7— h5 h5— h.4 Sf6Xo4 Lg7— 64t So7— 15 eine Folge des schwachen 9. Zuge» von Weiß ist. 15. Ls4Xkö Le8XkS 16. Dkl— elf Ke8-f3 17. 1)61— kS..... Verhältnismäßig besser war Le3. 17...... h.4— h3 18. g2— g3..... g2— g4 geht nicht wegen vb4. 13...... 1)63-67 19. Lei-62 L£5-g4 20. D£3— fl..... 20.£>63, DfD; 20...... 21. Tal— cl 22. Ld2-e3 23. b2— b3 24. Le3— f2?? Der entscheidende Fehler. Mit vk2 war noch Widerstand zu 21. VXV?, Lt3ch. 1)67—15 Kf8—©8 Ld4— fö Th8-e8 Lg4— fSf Lf3-g2 Lg2Xfl Df5— 63 D63— f3 I Df3— hlf Dhl -g2t Dg2Xglt DglXb2t Bierspringerspiek. (Schwarz). 1. o2— e4,©7— c5; Sg8—£6; 4. Lfl— bB, Lf8-b4 4...... aß; 5. LXS, dcß; 8. 0-0, DXe5; 9. Tel, Le6; leisten. 24...... 25. Khl-gl 26. TelXeS 27. Te8Xa8 28. Ta8— 68 29. KglXfl 30. Le3— gl 31, Kfi-el 32. Kel-62 Aufgegeben. E. Cohn(Weiß). Johner 2. Sgl—£3, Sb8— c6; 3. Sbl— c3, (Salwe spielte gegen Spielmann 6. SXeB, SXe4; 7. SXS, Dd4; 10. 63, 0—0—0; 11. Sg5, Df5; 12. SXI-, fe6; 13. De2, Te8 und Spielmann bot Remis an, was auch akzepfiert wurde), 5.0—0, 0-0; 6. 62—63, 67—66; 7. Lei— gö, Sc6— e7(7...... LXS; 8. bc3, L67 nebst event. Sc6— e7 gibt ein gleiches Spiel); 8. Sk3— h4, c7— c6; 9. Lb5— c4# So?— g6; 10. Sh4Xg6, h7Xg6: 11. 12—£4. D68— b6; 12. Kgl— hl. Sf6-g4; 13. 1)61—13, Lb4Xo3; 14. b2Xc3, Sg4-e3; 15.£4—151, Se3Xc4; 16. 15-16 1, g7X16; 17. D13Xf6, Db6— 68<hat nichts Besseres); 1«.£>16X68. T18X68: 19. LgäXdS, Sc4— eS; 20.TH-13, Se3Xc2; 21. Tal— cl, Sc2— aä; 22. Ld8-e7, Lo8-e6; 23. c3— c4. Schwarz gab auf, da er noch den Sa3 verliert. Russisch. Johner(Weiß), Ma r s h a l l(Schwarz). 1. 64, 65; 2. 813. 816; 3. SXeb. 66; 4. 813, SXe4; 5. 64. dB; 6. L63. Ld6; 7. 0-0, Lg4; 8. c4, 0-0; 9. cdB, 15; 10. h3, Lh5; 11. So3 , 867; 12. 3X64, 1Xe4; 13. LXe4, 316; 14. L15, Kh8; 15. Db3, 8X65; 16. Lgö , Le7; 17. LXL, SXL; 18. Le4, LXS; 19. LXL, 815; 20. LXb7?, Tb8; 21.£>65. D16; 22. Tacl?, 8X64; 23. Tc4, o5; 24. Kh2, T168; 25.£>64. Te8; 26. Dd5, Te5. Weiß gab auf. VerantwortsiNedakteur: Albert Wachs, Berlin.— Druck u. VerlagtvorwartsBuchdruckereiu.VerlagSanstnltPaulSingeräCo., Berlin 81V.
Ausgabe
29 (8.6.1912) 109
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten