-

902

Hermine unbändig gehangen und fah kein Frauenzimmer[ rühren. Dann begannen fle zusammen zu flüstern. Die ganze mehr an. In dem öden Stübchen packte ihn ein Grausen. Gruppe hatte etwas feltsam Versteinertes an fich, als ob diese Wollte er nicht dem Wahnsinn verfallen, mußte er fein Bündel Menschen sich unter einer schweren Bürde dudten. Schnüren. Sein Prinzipal, der Herr Schulte, gab ihm die besten Worte, er solle bleiben. Es litt ihn nicht länger in der Stadt.

Er stand auf. Die Erinnerung übermannte ihn. Um seine Lippen lief ein schmerzliches Zucken. Die Zeit, so sagte man, heilt alle Wunden. Die ihm geschlagen war, würde fein Trost beträufeln. Und doch! Seit ein paar Tagen war eine Hoffnung in ihm, stärker denn je, daß ihm die Verlorene wiedergegeben werde. Dem Rühladam sein Enkelsohn, der Den Rühladam sein Enkelsohn, der Thomas, war aus Amerika   angekommen. Der hatte in Buffalo   als Weißbinder gearbeitet und erzählte, drüben jähe es sehr traurig aus. Aus allen Ecken und Enden der Ver­ einigten Staaten   fämen die Nachrichten von Bankrotten. Eine große Eisenbahngesellschaft hätte ihre Zahlungen eingestellt. Auf dem Schiff, das den Thomas nach Bremen   brachte, waren Hessen   und Württemberger und Westfälinger. Ihm, dent Karl, lag's auf der Zunge, daß er den Weißbinder fragte: Hast du nicht mein Druschelchen, die Hermine, gesehen?" Zorenspiel! Der Thomas kannte sie ja nicht. Nichtsdesto­weniger fonnte sie dabei gewesen sein. Sie konnte morgen, die andere Woche kommen. Und er hatte noch nichts getan, sie gebührlich zu empfangen. Gleich wollte er an den Löb nach Dirlammen   schreiben. Der sollte ihm eine Nähmaschine be­jorgen. Das Eckstübchen droben war noch kahl und leer. Die Kaffe verschlang halt alle seine Gedanken. Nun, in ein paar Zagen ließ sich viel schaffen.

Die Hände auf dem Rücken, das schmale Gesicht wie im Fieber gerötet, lief er in der Stube auf und ab. Wonach er brünstig begehrte, das spiegelte ihm seine Phantasterei als Wirklichkeit vor. Da hielt ein Wagen vor dem Ritter". Neu­gierig stand der Schorsch an der Tür. Eine Frau stieg ab. Nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt. Und Hübsch wie nur eine. Die fragte:" Wo wohnt der Krämerskarl?" Auf dem Kirchweg," gab ihr der Schorsch Bescheid. Und redsprächig, wie er war, ſette er hinzu: Der Krämersfarl is et auch Rendant. Das Geld regnet ihm nur so zum Dach herein. Man spricht schon, er wird Gemeinderat. Und soll auch in den Kreisausschuß fommen." Die Frau machte Augen so groß wie ein Teller. Jemand wies ihr den Weg. Er hatte gerade die Kasse aufgenommen, hatte die Goldstücke hinge­zählt. Die funkelten,' s war eine Lust. Nun trat sie herein. Er tat ganz fühl: Ei, Hermine, da bist Du ja!" Sie ge­traute sich nicht von der Stelle. Sie sah gar nicht abgezehrt aus. Eher war sie ein bißchen dicker geworden. Er streckte ihr die Hand entgegen. Auf einmal hing sie an seinem Hals. Und schluchzte, daß es ihm das Herz zerriß. Und er strich ihr das wirre Haar aus der Stirn. Wahrhaftig! Da gligerte es weiß und grau. Sie mußte doch viel gelitten haben. Sei stät!" sprach er ihr zu. Ich bin so froh, daß ich Dich wieder hab. All die Jahre, das war ein einzig Warten auf Dich. Ich wußt's daß Du kommst. Und jetzt das Glück. Guck Dich doch um, wie gut mir's geht. Mir und Dir. Du brauchst Dich Dein Lebtag nicht mehr zu sorgen.' langt für uns zwei. Und so Gott   will, für drei!"

( Fortsetzung folgt.)

Ann' Maries Reife.

Es war

das noch ganz dunkel war, und dann zur gegenüberliegenden Ede. Ich ging im Warteraum auf und ab zu dem Schalterloch hin, Die beiden Männer flüsterten über die steifen, getrennten Knie der Frau hinweg und schielten heimlich zu mir hinüber. Schließlich stand der ältere der beiden auf und kam zaghaft auf mich zu.

,, Mit Verlaub, willst Du nach Kopenhagen  ?" fragte er still, mit gespanntem Gesichtsausdruck.

Ja, dahin wollte ich."

Nun kam Leben in sein betrübtes Geficht: Das trifft sich großartig, dann fannst Du ja unsere Mutter mitnehmen- fie muß in die Klinif." Er sprach sehr vorsichtig, wahrscheinlich um die Schlafende nicht zu weden; ich merfte aber seiner Stimme an, wie erfreut er war. Dann nickte er dem Sohne zu, er solle auch herüber tommen.

"

Diefer gute Mann hier fährt auch nach Kopenhagen  , und er will sich der Mutter annehmen, Hans. Sieh, nun sind wir über den Berg weg!" Er atmete bei dieser Mitteilung förmlich auf. Daß ich mich etwa weigern fönnte, fiel ihnen nicht ein; ich reifte ja den­felben Weg wie die Frau, damit verstand sich die Antwort von felbst! Wie bezeichnend erichien mir dieser Zug; man muß hart verständlich zu halten, daß der eine dem anderen hilft, wo er tann. gegen übermächtige Verhältnisse gekämpft haben, um es für selbst­Es waren Hüfnersleute von der jütländischen Heide um Verbasse herum, wahrscheinlich stammten sie von einem jener trübseligen fleinen Bauergehöfte, die der Heide durch endlosen Fleiß abgerungen worden sind, und die wieder zu Heideland werden, sobald die Hände einen Augenblick müde in den Schoß sinken. Ja, ich fannte diese ejen wohl, die nichts anderes besaßen als ihre nackten Fäuste und unerschöpfliche Selbstaufopferung, und die daher an die Beripherie gejagt wurden, um den Sand umzuschaffen in Erdreich für die Gutsbefizer der Zukunft.

von ihrer Heimat hatten entfernen müssen; so waren ihnen ihre Diese Leute waren ganz unglücklich, weil sie sich die paar Meilen taufend Pflichten in Fleisch und Blut übergegangen. Krankheit war erträglich für fie, wenn sie auf das Heim beschränkt blieb; aber eine Reise nach Kopenhagen   türmte sich für sie zu einem schweren Schick­sal auf, das den Fleiß und die Arbeit mehrerer Jahre zu vernichten drohte. Wie oft hatte diese Reise sie gequält, wie hatten sie hin und her gegrübelt, nach all der Jahre langen Not und Sorge lag weil jetzt so einigermaßen eine Lösung gefunden zu sein schien. Nun nun auf ihren Gesichtern ein leichter Schimmer der Befriedigung, konnte Mutter nach Kopenhagen   reisen, ohne daß dadurch zu viel zerstört wurde,

"

-

"

Es mußte ja übrigens recht ernst sein mit der Krankheit, wenn sie den ungewöhnlichen Entschluß faßten, in der Hauptstadt ärztlichen Rat zu suchen. Ich fragte danach. Es ist Krebs," erwiderte der Sohn. Sie soll operiert werden. Der Doftor wollte sie schon vor Jahren hinüberschicken, aber sie und wir hätten sie die Zeit über, die ihr noch bleibt, gern zu hat sich bisher immer dagegen gefträubt. Es geht ihr sehr schlecht, Hause behalten; aber nun hat fie Mut gekriegt und will den legten Ausweg versuchen." Die Stimme des Sohnes wurde heiser und versagte. ,, Wir sind ja nur zu dritt und haben uns immer gut vertragen," sagte der Vater, wie um die Rührung des Sohnes zu entschuldigen. Die Frau war inzwischen erwacht, und ich ging zu ihr, um sie zu begrüßen," Sieh' mal, was für einen feinen Reisebegleiter wir für Dich gefunden haben, Ann' Marie!" sagte der Mann scherzend, indem er ihr half, fich aufzurichten. Sei nur ein bißchen freund­lich zu ihm. Es ist nämlich Mutters erste Reise," sagte er, zu mir gewendet, darum ist sie ziemlich gespannt." Ann' Marie lächelte mich an, sagte jedoch nichts. Die Augen hatten ein märchenhaftes Leben, doch sonst sah sie recht angegriffen aus: in all den Jahren hatte die Krankheit Zeit gefunden, sich durch ihren Körper hindurchzufressen.

wühlte.

Hinter dem kleinen Billettschalter wurde Licht angezündet und Von Martin Andersen Nerö.( Berechtigte Uebersetzung von H. Kih.) ich ging hin, um mir eine Fahrkarte zu lösen. Doch der Mann Spät an einem Winterabend langte ich zu Fuß auf einer fleinen fam eilig hinter mir her, wobei er in der einen Westentasche herum­Station Westjütlands an; ich wollte den Nachtzug nach Kopenhagen  benutzen, um von dort weiter nach dem Süden zu reisen. Vielleicht würdest Du auch diese Fahrkarte übernehmen," sagte recht unbehagliches Wetter, dunstig und stockfinster. Auch im Warte- er und hielt mir ein Billett dritter Klasse hin. Wir hatten es für raum war es düster, man hatte den Docht der Hängelampe ganz Hans gekauft. Es hat uns fünf Kronen dreißig Dere gekostet, Du niedrig geschraubt wohl um zu sparen. Aber wenigstens war es tannst es hier ja selber sehn; aber Du brauchst mir nur rund fünf warm da drinnen. Kronen dafür zu geben. Und dann bekommst Du Mutters Billett noch als Zugabe!" fügte er mit pfiffigem Lächeln hinzu.

-

In der Ecke neben dem verrosteten Ofen hatte sich eine kleine Bauernfamilie niedergelassen: Mann, Frau und ein Bursche von siebzehn bis achtzehn Jahren. Es waren unterießte, fräftige Ge­stalten, wie sie auf dem mageren Lande zwischen Sandhügeln ge­deihen, wo die Verhältnisse kein überflüssiges Gepäck gestatten; die Gesichter hatten einen festen, verschlossenen Ausdruck, und über den fnorrigen Gestalten lag jenes zwergartige Gepräge; man sah, hier war auf fleinem Raume viel zusammengedrängt.

Die Frau lag an die Wand gelehnt da, ihre Augen waren ge­schlossen und um ihren Mund hatte sie einen scharfen Zug, wie von gewaltsam unterdrücktem Schmerz; ihr Gesicht war leichengelb; zu beiden Seiten jaßen die Männer, vorgebeugt, die Ellbogen auf den Knien. Als ich eintrat, guckten sie scheu auf, doch ohne sich zu

"

Ich war ein wenig verwundert darüber, daß die Leute schon Billette hatten, aber die Erklärung war ganz einfach. Sie waren gleich nach dem Mittagsschlaf fortgefahren, um nur ja den Zug nicht zu verpassen. Einen Fahrplan hatten sie nicht, so mußten sie es darauf ankommen lassen, zur rechten Zeit zu kommen. Es ging auch wirklich gerade ein Zug, als sie auf dem Bahnhof eintrafen, aber nach der verkehrten Richtung. So erzählten sie mir. " Da haben wir uns dann doch gleich Fahrkarten genommen, damit das erledigt wäre."

Mich fröstelte bei dem Gedanken, daß die alte franke Frau sechs bis sieben Stunden hier im Wartesaal zugebracht hatte und nun in der dritten Klasse die ganze Nacht im Zuge sigen sollte; doch sie