fichtbar. Und man kann die UeberzeuglmgStraft de» Buche» auchSte noch daraus erschließen, daß der menschliche Wert, der dengen Bendixen zum sozialen Aufstieg berechtigen soll, ein durchauserlebter ist, daß der Dichter in einem echten Heimatgefühl und inder Aneignung der besten dänisJlen Zivilisiert hert sich seine? neuenBaterlandes würdig zeigt, und daß er seinen ganzen Konstikt indiesem nationalen und zwilisierten Geiste ohne Verzerrung und Einseitigkeit durch einen lebensvollen Realismus präzisiert. Dagegenfällt die zweite Hälfte des RomanS künstlerisch wie gedanklich wesent-lich ab. Der Mann des sozialen Uebergang? muß auch hier derliterarischen Vergangenheit noch ihren Tribut zollen. Er schicktseinen Byronschen Weltschmerz, mit dem ihn die verlorene Liebe ver«wundet hat, in eine> omantische Landflucht und läßt seinen Heldensich in Algier und Polen kriegerisch betäuben, eine wenig kurzweiligeExkursion, die die Geschichte ebenso weit von dem glaubwürdigenErlebnis entfernt, wie Jakob Bendixen von seiner Heimat undseinem inneren Berufe.Was an dem Goldschmidtschen Romane heute noch als be-deutungsvoll zu erkennen ist. erinnert immer wieder zwingenddaran, daß die moderne ErzähiungSkunst. Hand in Hand mit denbürgerlichen Freiheitsbestrebungen deS 13. Jahrhunderts, ja oftgeradezu in ihrem Dienste entstanden ist. Das poetische EpoS desMittelalters und der Renaisiance wurde realistiscke Gegenwarts-Prosa von einer fast praktischen Absicht, wie die glänzende, festlicheund luxuriöse Hof- und Adelstracht als solche und inihren Nachäffungen durch den puritanisch-sachlichen AltagS-rock des Bürgers verdrängt wurde, und nahm als Ge-sellschaftSroman, mit der demokratischen Welle, sseinen Wegvon England nach Frankreich, Deutschland und dem Norden.Diese demokratische, sozial orientierte Abstammung dermodernen erzählenden Prosa darf man nie vergessen, wenn eS sichum Scheidung zwischen steriler Atelierkunst und fruchtbringenderNeuschöpfung-handelt. Längst hat das Bürgertum feine politischenund kulrurellen Ideale gegen die Sicherung seiner materiellen Machtin Kauf gegeben, und die zeitgemäße Erneuerung dieser Ideale istnur auf dem völlig umgepflügten Boden möglich, den derSozialismus bestellt. Ringsherum in Europa haben wirführende Geister des Schrifttums, die in bald bewußterer, bald ge-füblsmächtigerer Verbindung mit ihm stehen: in England BernardShaw, tn Frankreich Anatole France, in Rußland Gorki; auchSrrindberg durfte man nach seiner eigenen Erklärung dazu rechnen.Doch nirgends andwS ist loljl eine solche Repräsentation imkünstlerischen Lager so dürftig wie in Deutschland. nirgendsverhältnismäßig so stark wie in dem Zweimillionenlande Däne-«nark.Darum ist aber auch gerade dort da» prinzipienlose Literaten-tum, die gefällige Selstbespiegelung der in Lust und Leid so gemüt-lichen, dabei engen und flachen„Kopenhagenerei" so leicht durchschaut. Eine wurzellose, ja wurzelkranke Begabung wie KarinMichaelis schreibt vielleicht einmal in ihrer unbewußten Eufant-terriblemanier ein an sich unbeträchtliches Bück, wie„Das gefährlicheAlters, das als Sensation die instinktlose Gesetzlichkeit im Ehebettwie ein kaltes Sturzbad überkam. Aber was sie im übrigen vonihresgleichen weiß und wünscht, bleibt ein« Eingebung des Augen-blicks und der Laune, die im besten Falle einem draufgängerischenRawrkinde angehören, häufiger der verschmökerten und verderbtenPhantasie einer unleidlichen Sentimentalen. Man kann ihreGeschichtchen unter dem Sammellitel„Jens Himmel-reich" jRkünchen, Albert Langen) kaum mit M. AndersenR e x ö S äußerlich gleichartiger Auswahl»Die K ü st eder Kindheit"(ebenda) zusammenhalten, ohne dieseschon durch die Parallele zu schädigen. Gewiß sind das auchim Verhältnis zu seinen eigenen großen Arbeiten nur Werkstatt-proben, die bald wie Landschaftäskizzen, bald wie Figurenentmürfeau« Pelles Bornbolmer Welt anmuten, die oft Meisterprobeu, oftnur Um- und Grundrisse ohne Ausfüllung und Ausführung dar-stellen. Dennoch sieht man allenthalben als Erstes die Persönlich-keit am Werke, die ihren Platz hält und ihren Mann steht in Sturmund Wogenruhe de« Erdballs, in den Riederlagen und Triumphender Lebenskämpfer. Hier— wie in dem ganzen bisherigen Zu-sammenbang— ist nicht die Rede von Tendenzdichtung, von einemprogranrmatisch zuirchlgcrücklen Moralichema anstelle lebendigerPsychologie und zur höheren Ehre eines noch unereichten Ideals.Nein, Nexö selbst steht schon mit allen seinen Sinnen.mit seiner klarste» Ueberlegung und seinem vollsten Herzen inmitteneiner Welt von neuentdeckten Kräften: hier spürt man keine tragischenSchranken inehr, die wankende Macht den unterjochten Hirnen undLeibern bereitet hat: hier gewinnt oder verliert das Geschöpf seinSchicksal aus erster Hand der Q h'ipsung selbst; hier steht der Menschvor der Ramr allein und gibc uns ein optimistisches Vorgefühldeffen. daß es trotz Not und Qual„der Mühe wert" ist,„ein Menschzu sein".Jeppe«akiaer und Johan Skjoldborg gehörenwert mehr ihrem rnnersten Geiste nach alS Sozialisten zu Nexö,denn auf Grund ihrer Stoffe alS Jütländer der literarischen„jütischen Belveguns" an, die sich etwa mit Joh. B. Jensen verbinden würde. Jensen entdeckte sich erst den Bauern des jülischeuHimerlandstriches, als er in dem Kopenhagener Klima keinen feitenBoden unter den Füßen gewrnnen kannte und nachdem Nexö, Sljold-borg und Ankjaer bereit« Bauerngeichichleu geschrieben halten: aberBerantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln. Druck u, Verlag:seine gewiß imposante Jongleurkunst, die die Uebermenge sinnlicherEindrücke mit einem wahren Straußenmagen verspeist und zu immerneuen sprachlichen Zellkombinationen verarbeitet, bleibt doch vor demGanzen des Weltbildes so haltlos und klein, daß er— womöglichohne es zu ahnen— heute dieser Macht deS Tages, morgen ihremfeindlichsten Gegenspiel ebenso begeistert dienen würde. Man kannihn selbst Skjaldsborg gegenüber durchaus nicht unbedenklich als denfähigeren Künstler bezeichnen. Denn zu diesem Vermögen der Kam-Position, wie es Skjoldborg in der unseren Lesern bekannten Er-Zählung„Sara"(Leipzig 1912, Verlag Georg Merseburger) er-weist, könnte sich Joh. B. Jensen? flackerndes, in Einzelwirkungenverhrennende« Talent kaum je vor einer so umfangreichen Novellezusammenballen. Skjoldborgs bewundernswert gelassene Stoffverteilung, die ansprechende Sauberkeit der Sprachführung, die ganze mitdiesen Mitteln erzielte, abgeklärte Stimmung dieser ländlichenAlltagStragödie, der in Liebe gefallenen und in Kindesnot zerstörtenHäuslerstochter, verrät gewiß das reifere Alter und den im Lebens-beruf einst den Büchern näher alS dem Leben stehenden Autor undist deShalh für die Herbheit und Unerbittlichkert der Ereigniffe umeinige Grade zu geglättet und zu wohlwollend.Jeppe AakjaerS berühmte Gesindegeschichte von dem un-ehelichen Knecht, deffen erwachte und erprobte Selbständigkeit ihrdaheim niedergehaltenes Recht in Amerika zu finden hofft.»DieKinder des Zorn"(Leipzig 1912, G. Merseburger) ist dazu dasvöllige Gegenstück. Sie hat das Ungestüm, die Empörung, die Zu-verficht der Jugend, die der 43 jährige Aakjaer in seiner Lyrik nochimmer künstlich am reinsten auszumünzen versteht: aber sie vermagmit diesen seltenen Gaben im Formellen nicht Maß zu halten, sie redetoft. statt zu verlebendigen, sachlich belehrend oder agitatorisch daherund spart in ehrlichem Ueberschwang nicht empfindlich an die Sinnegreifende Naturalismen, die nur deswegen und nur dann kraß er-scheinen, weil und wenn sie eben neben solcher grauen Belehrungund sachlichen Agitation stehen. Immerhin sind»Die Kinder desZorn«" in ihrer Schwäche typisch für den R o m a n z i e r Aakjaerund deshalb beachtenswert genug. Aakjaer, noch mehr als Skjoloborg,geht ja in seiner praktischen öffentlichen Wirksamkeit auf die Be-sreiung de« ländlichen Proletariats, der Länder, aus, die von soeminenter Bedeutung für die Erschütterung des dominierenden, bru-talen und kulturfeindlichen Bauernregiments im dänischen Landtagist und— einmal durchgesetzt— im Bunde mit dem vorausgeeiltenErwachen der Industriearbeiter die soziale Demokratie in Dänemarkerrichten helfen wird. Aakjaer ist in diesem Sinne ein kleiner jüt-ländischer Björnson, der stark begeisterte Lyriker und Agitator impolitischen Tageskampf, der darüber manche Gelegenheit zur künst-lerischen Reife in größeren Ausformungen drangeben muß.Bei Johan Falkberget, dem schon genannten norwegischenProletarierdichter, laffen sich ähnliche Einschränkungen keineswegs soeinleuchtend mosivieren: eS läßt sich auch vor feinem neuen Romanaus dem Bergarbeiterleben:„In deräußerstenFinsternis"(Leipzig 1912, Georg Merseburger) noch immer nickt die Zelle er-gründen, aus der ihm der große Wurf und die volle Künsllerschaftder eignen Persönlichkeit erwachsen könnte. Er vermag sich und unsnoch immer nicht von der qualvollen Last des Erlebten zu befteien,das als solches uns wohl seine drückende Wucht mitteilt, insofernwir den Amor als unseren Mitmenschen darunter leiden sehen.Auch seinesgleichen betrachtet er von außen scharf im Detailder Bersklavtheit und deS grenzenlosen PariatumS, daseine harte Natur zu der Gier der Grubenherrcn häuft: abersowie er sozial über die eigene Sphäre hinausstrebt, jasobald er nur der stummen Stimme des Innern Sprache geben will,muß er sich mit merkwürdigen Anleihen bei einem auserlesen, leben?-fremden Schrifttum beHelsen, oder er gibt zwei Zeilen von derSeelenlosigkeit einer Zeitungsnotiz, anstatt das entscheidende Er-lebniS, dem all das gedrängte und gehäufte Aeußere bisher nurVoraussetzung war, nach allen Seiten hin sich ausblühend entfaltenzu lassen. A. F. C.•„Pelle der Eroberer*, der große proletarische Roman vonMartin Andersen Nexö ist jetzt auch in einer deutschen Buch-ausgäbe erschienen. Der Jnsclverlag hat sich das Verdienst er-worden, ihn in zwei starken Bänden herauszubringen(Preis 8 M..geb. 10 M.). Manche unserer Leser, die sich immer wieder un-geduldig erkundigten, ob und wann dieser ihnen liebgewordeneRoinan als Buck vorliegen würde, können ihn nun sckön gedrucktzu dauernder Freude sich erwerben. Vor allem aber sollen unserePartei- und GewerkschaftSbliotheken ihn allen denen zuführen, die ihnnoch nicht kennen. Ein starker Künstler hat hier da- Leben eines modernenProletariers gestaltet, wie er auf dem Lande aufwächst, als Lehrlingin die kleine Stadt kommt und dann m der Großstadt zum Bewußt-sein erwacht und ein Kämpfer und Streiter wird und ein StückNeuland anbaut. Das Einzelschickjal ist zum Symbol der ganzenKlasse erhoben und proletarisches Empfinden und Denken erfülltdiese farbige, lcbenstrotzende Welt. Zum ersten Male hat ein Pro-letarier das Epos seiner Klaffe geschrieben. Und wir sind stolzdarauf, daß«vir hier zuerst den proletarischen Dichter den Leserneiner Klasse zuführen konnten. Heute hat Pelle sich die Proletarieraller Länder zu Leiern erobert: unserem Beispiele sind bereits dieührenden Parteizeitungen Dänemarks, Norwegens, Schwedens undFrankreichs gefolgt._VorwärlsLuchdruckereiu.VerlagsanjtaltPaulSingertCo.,BerlinSVV.