- 32- literarisch" zu schreiben, zu schildern, anzudeuten. Und doch wie viel Farbe. Glut, soziale« Gewissen, tiefste« menich licke« Fühlen in diesen scheinbar halben, kurzen Sätzen I Die Perle aller Novellen ist vielleicht Chmlot Dupont, die Geitnchte eine« musikalischen Wunderkindes. Ein überlegener, sarkastisch lächelnder Ton de« resignierten Genutzkünstlers und Lebensphilo» sophen Bang wird hier laut. Wie nackt und niedrig stehen sie alle vor uns, die verschiedenen Ausbeuter de« armen, um seine Jug nd geprellten, ewig schlafenden, ewig Zigaretten rauchenden, ewig sieben Jahre alt bleibenden Wunderkindes im Spitzenkragen und viel zu kurzen Hosen: der saubere Bater, der Impresario, dus würdige Publikum, die Journalisten, die da« Ltunstgeschäft machen oder schmeißen. Der Autor gibt scheinbar nur Skizzen. Schattenrisse, und doch bekommen in seiner Gestaltung alle die Entgleisten. Hochstapler, Abenteurer, Exzentrischen und Unglücklichen Fleisch und Blut, der Dichter macht ihre Geschichte nickt zu Tinte und Papier, er hauckt ihnen Leben ein mit einem Schöpferaiem, den die kleinste Skizze Hermann Bangs verrät. Georg Hermann : Die Nacht des Dr. Herzfeld. (Egon Fleische! u. Co., Berlin .) Etwas vom Scköpferatem spürt man auch in diesem Buch, das uuS in einer Nacht die Großstadt und ein Menschenherz bis in seine geheimsten Regungen zeigt. Beides gezeigt in einer neuen Art, nicht geschildert, sondern gestaltet. Der Ver- fasier gibt wieder einmal das Bild Berlin », aber das ist nicht, trotz aller Wahrscheinlichkeitstreue, eine tote Kopie, ein Abklatsch des Seins. das ist eine Durckgeistigung und Beseelung, wie die Zustands sckilderung der Empfindungen de« Dr. Herzfeld eine neue konzentrierte Kunst bedeutet, die sozusagen den„unterirdischen Dialog" mitreden läßt. Dr. Herzseld durchwandert eine Nacht Berlin und der Leser sieht es vor sich dieses Babel in seinen Lastern und seinen Schönheiten. Wie oft sind wir schon von Autoren so durch eine Großstadt geführt worden. Aber ihre Ar» war die beschreibende, Hermann läßt die Dinge. den Ort, die Personen selbst sprechen, sie wachsen vor uns heraus. durchsichtig, hell beleuchtet, das Geistige, das Lebendige jeden Dinges herausgeholt. ES ist eine Art Pantheismus literarischer Art. der hier das Tote mit einem Hauch der Lebendigkeit, und ich möchte sagen des Göttlichen erfüllt, und wie das Empfindungsleben de« nächtlichen Wanderers, der sich am Ende der Wanderung tötet, hier zusammengepreßt ist, durchflutet von Geistigkeit, das hebt das Buch hoch über die traditionellen Schilderungsbücker. eS ist ein„Bildung« buch" in jenem Goetheschen Sinne, daß es vom Autor nicht geschrieben, fondern gebildet wurde._ J-V. Kleines f cuilleton. Da« Stillsitzen der Kinder. Der Schularzt Dr. Samosch in Breslau weift die Eltern darauf bin, daß sie ja nickt glauben tollten. den Kindern das spätere Stillsitzen in der Sckule zu erleichtern, wenn man sie schon vor Schulantritt zum Stillsitzen gewöhne. Im Interesse der Disziplin mag das reckt willkommen sein, im Jnteresie der Gesundheit sicher nicht. Man lasie die ganz kleinen Kinder sich soviel wie möglick in der Luft tummeln. Wenn sie müde sind, sorgt man dafür, daß sie sich legen können. Eine Sitzhaltung, etwa mit ermüdender, schlaffer Haltung, ist eine rech» unzweckmäßige Ruhe- läge. Man beobachte nur cinmc.l die Kinder beim sog. Stillsitzen und man wird sehen, daß die kleinen Körper dabei fortwährend in Bewegung sind. Zum wirklichen Stillsitzen kommen die Kinder beim Schulantrilt noch frühe genug. Da« zirpenfreundliche Japan . Die Japaner sind begeisterte Verehrer der Jnsektenmufik. Seit alterSher lasten sich die Dichter Japans vom Zikadengesang inspirieren. Aber auch die Nickt- poeten im Lande der aufgehenden Sonne lieben in hohem Maße die von diesen Insekten hervorgerufenen, melodischen Töne. Damm ward es Sitte, daß an Orten, an denen besonders kunst- begnadete Zirpen konzertierten, ihre Verehrer sich versammelten. um die Nackt in verzücktem Lauschen zu verbringen. Sie brockten sich dann Matten mit, um sich den Aufenthalt im Freien behaglich zu gestalten. In neuerer Zeit beweist nun der Japaner seine Sympathie für die Nemen Musikanten dadurch, daß er sie zu sich ins Haus nimmt, sich also eine Zirpe hält, wie wir uns einen Kanarienvogel halten. Die Zirpenbaitung ist natürlich ein äußerst billiges Vergnügen, und darum kann sich diesen harmlosen Spaß auch der Unbegüterte leisten. So ist es denn namentlich auch der arme, hartringende japanische Student, der sick ein Grillchen an- schafft, damit er eine kleine Trösterin und Sängerin vorfindet, wenn er nach harter, anstrengender Tagesarbeit in sein düritiges Asyl zurücklehrt. Glücklich dünlt er sich, wenn er gar den kleinen Halbflügler„Zurumulhi" in seiner Klause hat. Der Zurumushi ist Japans bester Sänger auS dem Jnieltenreich. Er ruft wunderbar melodische Töne hervor, die an den süßen, silbemen Klang eines GlöckckenS erinnern, das irgendwo in der Ferne schwingt.' Aber zufrieden ist auch, wer sick einen„Matiumusbi" eingefangen oder erworben bat. Wenn dieses Insekt Proben seiner Tonkunst hören läßt, meint man. es„briuse der Wind durch den Fichten- Wald". Mit Wohlgefallen lauscht der Japaner schließlich auch einer „Kuisuwa-mushi" genannten Grillenart. Ihre„Musik", die sie durch Anemanderreiben der Flügeldecken erzeugt, soll genau so klingen wie das Geräu'ch. daS ein Pferd hervorruft, wenn es an dem Mund- stück seines Zaumes hcrumkaul l Schach* Unter Leitung von S. A l a p i n. Klett f Alaplns Eröffnung Korrelpondenzpartie vor Jahren gespielt.(Dr. Max Lange fit der bekannte Analytiker und tdeoretlker der 70er Jahre.) bringen die Partie, weil wir bis jetzt keine Gelegenheit hatten, ein demonstrierendes Beispiel auch dieser Eröstnungsart unseren Lesern vor- zusuhren.* S. Alapin, Dr. Max Lange j- 1. e2—©4©7—©5 2. Sgl—©2..... Natürlich ist Sßl Der Texizug beabsichtigt das Königsgambit mit 52— k4 ohne Bauernverliist vorzu- bereiten. Der Zug wurde zuerst 185« von Mayerhoser gespielt, jedoch später von Alapin theoretisch und analytisch ausführlich in der Fach. presse behandelt, weShalb die Er- östnung auch„Mayerhoser- Alapin" genannt wird. Die nachstehende Partie wurde eben zur Eruierung de« theoretischen Wertes gespielt. 2...... Sb8— c6 Oder 1...... Sg8— 561; 3. 52—54, 8kSX©4(3...... e5; 4. SX54, SX©«?: 5. De2, De?; 6. 865. De5; 7. Sbc3, c6; 8. 64! 2t und gewinnt): 4«i2— ii3, I)d8— h4t(am besten ist Rubinsteins Zug: 8c5!); 5. g2— g3 Weiß kommt in Vorteil: b..... SXg3: 6. 3X8. et: 7. Dh5l, Del; 8. Se2 2c. 8. d2— d4..... Sluch 3. SM— c3, 8-8—5«; 4. 52- 54 kann mit gutem Spiel geschehen. Hingegen würde jetzt 3. 54,<15 l; 4.©d. DXdä; 5. Sbc3, Da5; 6. 5e, Lg4; 7. d4, 0—0—0 sür Weiß bedenklich sein. 3...... Dd8— h4 3...... ed; 4. 8X64 ergibt die Schottische Partie", was sür Schwaiz wohl am besten war. De, Terlzug sieht nur angriffsreich auS. verliert aber Tempi und Weiß bemächtigt sich schließlich des Angriffs. 4. 64— ckS 1,58— co B. 8©2— gS Sc6—©7 6. SM— d2 Dh4—(6 6...... 856?; 7. 853, Dg4; 8. h3, Dg6; 9. Sh4 mit Damengewinn. 7. 12— 13 1 DI6-h4 7...... Db6; 8. Sc4, 1,12t; Ke2, Dd4; 10. DXD, LXD; 11. c3 jc. verliert einen Bauer. 8. 862— b3 Lc5— b6 9. 65—66 Se7— 06 10. c2— c4 c7X66 11. D41X66 Sg8— 56 12.«©1—61!..... Droht Sg3— 55Xg7t 12...... 856— h5 13. Sg3—£3 Dh4— 68 Slus dem plausiblen Zug 13...... D52 V entscheidet die problemartiae Wendung: 14. DaZ l I, l.c7(nur so 24=(29—68(3 l> ist Sd6t zu parieren), IS.. 1�3 mit Damengewinn. 14. g2— g4 g7— g6 15. 855—©3 Dd8— 56 Vielleicht war 15.... Lc7 nebst 854 verhältnismäßig vorzuziehen. 16. 1)66X56 8b5Xk6 17. c3— c4. Lb6— 68 Aus Lo7 folgte 865. 18. Se3— c4 67—651 Folgende fast nie vorkommende. originelle Kombination ist hierzu beachtenswert: 19.... Le7; 20. Sdef. LXS: 21. cXd6, b6?; 22. Lh6. Tg6; 23. Lg5 JC. 19. Sc4— 66t Ke8—©7 20. g4— g5 856—67 21.©4X65 Sc6Xb4 22. L51— c4!..... DIeS ist stärker als mit SXI-t nebst 65— d6t den Bauer zu retten. Die Originalität der Partie Witt hier besonders zum Vorschein, indem die weißen Türme und Läuser, die bis jetzt als stumme Zeugen der Be- gebenheiten säst nur die weißen Springer und Bauern arbeiten ließen, e r st j e tz t im 22. Zuge(1) in Aktion treten. Dies kommt sonst nirgends vor!...* 22...... Sd7Xc5 23. Sb3Xc5«©7X66 24. ScB—-©4t K66—©7 25. Lei— 62 a7— a5 26. a2— a3 Sb4— a6 27. 65— 66t«©7—58 28. L62— c3 h7— h6 ES gibt nichts Besseres. 29. Lc3Xe5 Th8— h7 30. Se4— 56 Ld8Xf6 31. g5Xl6 Lc8— 67 32. Tal— cl Sa6— b8 ES drohte LXS nebst Tc7. Aus 32.... Lc6 solgt 33. LXS, I-XkSt: 34.«62, bXa6; 35. 67 nebst Tc8. 33. Lc4— b5! Sb8— c6 Es ist klar, daß aus 33.... LXL? Weiß mit 34. Tc8t, Le8; 35. Tel entscheidet. 34. Tbl—©1 Th7— h8 Etwas besser war T68. 35. Lb5Xc6 Ld7Xc6 36. TclXcöl b7Xc6 37. 66—67 Ta8— 68 38. Le5— 66t«58— g8 39. Tel—©7 g6— g6 40.«61— c2••••, Zum Schluß noch ein origineller Königsmarsch, der die Entscheidung herbeisührt. 40. 41. Kc2— c3! 42. Kc3— c4I 43. Kc4— c6 44. Kc5Xc6 46. 53Xg4 46. Te7—©2 47. Ld6— c7 48. b2— b4 Kg8— h7 Kh7— g6 Kg6-16 h6— h5 g5-rg4 h6Xg4 «56— g« Td8— a8 Aufgegeben. verantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.— Druck m Verlag: VorwärtSBuchdruckerer u.VerlagSanfti:ltPaulSlngerä!Eo..BerlinLW.