ist schlecht löschen und gleich ein Heidenschaden dabei. Zudem dasAnsehen mitsamt dem Zutrauen fort.So ein Kohlenbrenner mutz so leicht schlafen tvi« ein HäSlein,all« Augenblicke beim Zeug sein. Ist er eS nicht, geht ihm auchnoch sein Nebenprofit, der Holzgeist, den er beim Brennen mitherauszieht, zum Teufel. Den verkauft er an die Apotheken undan die Bauern. Ein echtes Hausmittel, hilft der, richtig verdünnt,gegen Rheumatismus so gut wie gegen Bauchweh u»id sonstigenWehdam. Auch beim Bich. Nur nimmt's der Bauer für gewöhn-lich ein bisserl schwächer, wie er'S dem Ochsen gegen Kolik gibt.Seine Verköstigung kriegt der Kohlenbrenner vom Bauernheraufgeschickt, und zwar meist wöchentlich. Viel Topfensuppenund wenig Schmalz, ein Sackl Mehl zum Schmarren, Brot, Kar-toffeln und Sonntags ein Schweinernes. Ist der Brand fertig,dann geht der Köhler mit Sack und Pack anderswo hin. DieKohlenbrenner sind durchwegs arme Teufel, und den Wenigengelingt eS, einen eigenen Hausstand zu gründen. Sie erhaltenneben der Zehrung für jeden Brand noch ein paar kärgliche Markan Lohn und müssen davon ihr Werkzeug noch selber stellen. Hateiner Glück und bei einer Reihe von Bauern gleich hintereinanderzu tun, so kann er ein paar Mark auf die Seite legen, die jedochsicher wieder draufgehen, wenn er zwischen hinein eine Zeitlangnichts zu brennen findet.Der Thomerl konnte davon erzählen. Die 62 Jahre, die erhinter sich hatte, waren ein Klumpen harter Arbeit und kargesLeben. Dazu wußte er noch nicht einmal, wo er herstamme.Eine» Tages war er einfach da. Ein Findelkind, den irgend jemandin einige Lumpen eingewickelt am Gemeiniiehause ausgesetzt hatte.Die Bauern schimpften mächtig, konnten es aber nicht ändern; dennwem er gehörte, das kam nie heraus. Sie taten ihn dann zu einemin die Kost, der schier selber kein« hatte. Zum Steinanger Anderl,bei dem schon sechs Bälger da waren. Wollte ihn aber kein andererfür das bitzchen Geld haben, und der Anderl hat später sein ehrlichTeil Arbeit aus dem Buben herausgeschunden.Und eine Schul«, das Gott erbarm! Einen früheren Artillerie-korporal hatten die Bauern als Lehrer angestellt. Der hatte SVund mehr Kinder zu unterrichten. Was da herauskam, kann mansich denken.(Schlutz folgt.)I�oie erzablungeUtcratur,»Der Künstler hat nicht da» Recht, zu leben wie die anderenMenschen", schrieb Gustave Flaubert, der sich selber den letzten derKirchenväter nannte, und dem die Poesie Gottesdienst, Religionwar, um derentwillen er ein Dasein voller Selbstkasteiung und im-erbittlicher Härte gegen die eigene Natur auf sicki nahm. Auf welch'gefährlichem Boden das Gebäude der Flaubertschen Kunst enistand,hat jüngst ein Freud-Schüler Th. Reich in einer bei Bruns inMinden erschienenen Schrift zu zeigen versucht, die vom„HeiligenAntonius" aus auf psychoanalytischem Wege iu die PersönlichkeitElauberts einzudringen sucht. Aber dieser Mensch, der vielleicht einabyrinth in sich beherbergte, zwang da» Leben in sich hinunter umdes Werkes willen. Nichts gab es für ihn außer der Leistung.Etwas von diesem höchsten sittlichen Willen zur Kunst, der nichtsneben sich aufkommen läßt, was ihn beirren könnte, lebt auch inThomas Mann, wenn auch der Wesensgrund, aus dem diesesWollen keimt, bei ihm ein anderes ist. Mann hat nichts von demFurchtbaren, Kolosialischen, daS man in dem Normannensproß ahnt.Er ist bürgerlicher in seiner Artung. Einen verirrten Bürgernennt sich sein Tonio Kröger, und er ist im Grunde einSchwächling, ein Aesthct, der sich in das Kristallgehäuseseines Stils einschließt, um das Leben nicht zu nah an sichherankommen zu lassen. Jung war er nie, und sein jüngstesWerk, das doch ein noch nicht Vierzigjähriger schuf, trägt denCharakter eines Alterswerkes in seiner kühlen, beherrschten Distan-zierung. Wie aber Mann mit seiner Natur rang, wie er ihrLeistungen abzwang, die von bleibender Art sind, das erinnert anden Dichter der Madame Bovary. ES ist das ßtapfer Sittliche inihm; diese Selbstzucht, die dem Schwachen die Haltung einesHeldischen gibt, was die Erscheinung wert macht, selbst wenn mannicht übersieht, daß seinem Ideal eine gewisse bürgerliche Enge un-vertilgbar anhängt.Sein neuestes Buch, die Novelle«Der Tod in Venedig"lS. Fischer, Berlin) stellt er auf den Gegensatz Werk und Leben, derja nicht zum erstenmal in seinen dichterischen Konzeptionen austaucht.Der Held, der Dichter Gustav Aschenbach, der unverkennbar eigenePorträtzüge Manns trägt, hat im nie nachlassenden Kampfe mitfeiner schwächlichen Natur ein LebenStverk geschaffen, das in monu-mentaler Größe das Vorbild einer ganzen Jugend wurde. Er hatein neues Ideal in die Zeit gestellt: den Sebastian-Typus, denHelden, der noch Haltung bewahrt, wenn die Pfeile und Speereihm durch den Leib gehen. Moralstche Entschlossenheit jenseits desWissens und der auflösenden Erkenntnis ist das Gesetz seines Lebensund seiner Kunst. Er ist der»Dichter aller derer, die am Randeder Erschöpfung arbeiten, der Ueberbnrdetcn, schon Slus-geriebenen, sich noch aufrecht Haltenden, all dieser Moralistender Leistung, die, schmächtig von Wuchs und spröde von Miiteln.durch Willcnsverzncknngen und kluge Verwaltung, sich wenigstenseine Zeitlang die Wirkungen der Größe abgewinnen". Sein eignesWerk ist die Wirkung solcher Willenszucht, die jede andere Neigungund Leidenschaft ausschließt und dem Dichter die Askese als strengeVerpflichtung auferlegt. Durch rege Verknüpfung von Eindrückenund Erinnerungen erwacht in Aschenbach eines Tages, während erin seiner Arbeit an einem gefährlichen Widerstande angelangt ist,»inseltsamer Ferntrieb, dem er in ungewohnter Nachgiebigkeit Folgeleistet. Dieser Aufbruch wie die Ereigniffe der Reise haben etwasMerkwürdiges, in den Beziehungen Gelockerte», fast gespenstischGroteskes, als ob sich Unheimliches vorbereitete. Das Reiseziel istdie Adria; erst Pola, aber als dieser Aufenthalt sich als unerfreulicherweist, Venedig. Hier lernt der Dichter einen hübschen polnischenKnaben kennen und es vollzieht sich in ihm etwas, das ihm dieFäden seines Seins verwirrt und ihn umstrickt, bis er ausdemLabyrinthseines Innern nicht mehr herauskommt. In gewisser Hinsicht stehtdieses Ereignis in tiefer Beziehung zu seiner Natur. DaS heroischeIdeal, das er sich schuf, nannte ein Kritiker die Konzeption einerintellektuellen und jünglinghaften Männlichkeit, und er war von jeherein Anbeter der vollendeten Schönheit der Form. In diesem Zknaben,den er an einem Abend im Speisesaal und dann Tag um Tag sieht,ist ihm das platonische Ideal de» Schönen Wirklichkeit geworden.Sein ganzes Wesen fühlt sich vom Anblick dieser Gestalt ergriffen,und es geschieht, daß, wie Goethe es zur Erklärung der päderastischenNeigungen Winckelmanns einmal ausführt, die ästhetische Bewunde-rung zur finnlichen Leidenschaft wird. Der unbekannte Gott,Dionysos, der Leidenschaftliche, nimmt ganz Besitz von AschenbachsSeele und verdrängt Apollo, den Maßvollen, verdrängt das Werk.Freilich behält Aschenbach soviel Beherrschung, daß er dem Knabendurch keine persönliche Berührung nahe kommt. Aber die Leiden-schaft unterwühlt ihn; zerbricht die stolzen Säulen seinessittlichen Lebenswerkes, und es ist nur wie ein geheimniS-voller Bollzug eines inneren Schicksalsbefehls, wenn dersinnliche Zusammenbruch auch nach außen hin sich voll-endet. Die ostafiatische Seuche kommt nach Venedig. Aschen-bach trotzt ihr, obgleich er darum weiß; denn er fürchtet, den Anblickdes Schönen zu verlieren. An einem Morgen schaut er am Strandwieder dem Spiel TadziuS zu. Ihm ist nicht wohl; er fiebert. Nochsieht er, wie Tadziu ins Wasser geht; wie er, auf einer LandzungeHalt machend, gegen Meer und Himmel sich abhebt.„Und noch des-selben Tages empfing eine respektvoll erschütterte Welt die Nachrichtvon seinem Tode."Künstlerisch ist diese Novelle eine unglaubliche Leistung. Es istetwas unbegreiflich Gelockerte», unfaßbar Schicksalhaftes in denganzen Vorgängen. Dabei ist das Ganze in eine edle, kühl distan-zierte Form gekleidet, die wirklich an einer der vollendetsten Statuender Aniike abgelesen zu sein scheint. Vielleicht ist sogar diese stilistischePräzisionsarbeit ei» wenig zu weit getrieben. Bon wunderbarerSchönheit ist die Gestalt des Knaben, an dessen Schultern Aschenbachseine letzten Träume hängt, an denen Charmides und die Jünglingeder platonischen Dialoge wieder erwachen. Und wie Mann dasKünstlerproblem anfaßt, ist bewunderungswürdig. Letzte Kompliziert-heiten, schamhaft oder klug verschwiegene Kompliziertheiten derKünstlerseele müsien an» Licht. Man sieht die Kämpfe zwischenmenschlicher und schöpferischer Leidenschaft. Die Doppelseitigkeit imWesen des Künstlers, das Empfangende und Zeugende, die mann-weibliche Grundnatur wird nicht umgangen; und man begreift, wiegut es ist, daß die Welt die EnlstehungSursache manchen Werkes nichtkennt.Steht da» Kunstwerk an sich schon aus gefährlich schwankemBoden, so ist das bei dem Inden Jakob Wassermann doppeltder Fall.„Der Fels ist morsch, auf dem ich stehe", bekennt dieherrliche Vistonärin Else Lasker-Schüler, die eine Stammesgenosfindieses Dichters ist. Wurzellosigkeit: daS ist da» Stigma Wafler«mannS; aber seine Sehnsucht ist: Wurzel zu fassen; den Anschlußzu finden an eine umfassende Weltidee; aus der individualistischenRomantik zum großen tätigen Leben zu finden, und nie war dieserWille stärker als in seinem neuen Roman»Der Mann vonvierzig Jahren" sS. Fischer. Berlin). Vollkommen geglücktist dieses Werk nicht bei all' seiner Schönheit und künstlerischenDurchdachtheit. ES bleibt ein Rest von Absicht, der nicht rein inKunst aufgegangen ist. Ueberhaupt ist Waflermann nureinmal ein volle», menschlich großes Kunstwerk gelungen: inseinen herrlichen Roman„Kaspar Hauser oder die Trägheit derHerzen". Aber man wird sein Wollen achten müsien, auch wo manein gewisses Versagen feststellen muß, und schließlich ist auch seinneuer Roman das Zeugnis eine» Kunstvermögens, da» nicht alltäg«lich ist und zum Höchsten: zur großen Durchdringung des Leben»hinsteuert. Und in der Führung der Geschichte, in der Auflösung de»isolierten Jchwillens in die bedeutenden, überpersönlichen Weltverhält-nisse wird man deutliche zeitsymbolische Beziehungen herausfühlen.Es ist in der Zeit vor. dem siebziger Krieg. Deutschland ist wederinnerlich noch äußerlich ein Ganzes. Der Partikularismus derKleinstaaten widerstrebt der Reichsidce, und das Gefühl, Deutscheroder überhaupt das Glied einer großen Gemeinschaft zu sein, ist denDeutschen noch ftemd. Auf seinem süddeutschen Gute lebt der Herrvon Eifft und Dudsloch. Er ist ein Manu von bedeutenden aktivenFähigkeiten, die sich in der Bewirtschaftung seines Gute» kaum auS-wirken können; aber außer sich kein Ziel finden. Seine Ehe ist glück-lich. Aber in dem Vierzigjährigen gehen merkwürdige Veränderungenvor sich. ES ist wie eine Angst einzurosten; nicht genug Leben bekommenzu können. Er verläßt Frau und Kind und geht auf Abenteuer aus.Weiber findet er genug. In England aber fesselt ihn ein Erlebnis,das ihm entscheidend zu sein dünkt. Er kehrt nach Hause zurück, um