erscheinung. Etwas aus tausend Faktoren Gewordenes und Gewachsenes, daS eher zu bedauern als zum Has; hindrängt. Und wie er der Struktur dieses Gebildes nachgeht, wie er den Organismus der Gesellschaft seziert, nnkroskopisch untersucht und in Präparaten vorlegt, bor allem nicht nur mit dem Sozialen, sondern auch mit der menschlichen Natur rechnet, das gibt den Bildern Galsworthys gleichsam ihre vierte Dimension. Uneinfangbares, Ewiges, Rätselhaftes flackert über die Schilderungen sozialer Ober- schichten, und der Autor selbst schaut vom Postament einesWelt- geistes', nicht vom Richterstuhl, in die Klassenivclt und ihre Un- stimmigkeiten. Daß eine spezifisch englische KlassciUvelt im Brenn- spiegel eingefangen, machen die Standes- und Sittengemälde vom kulturellen Standpunkt aus noch interessanter. L V. Kleines feuilleton» Der Mensch als Vernichter. Oede und traurig die Heide. Kaum das Zirpen einer Meise, der schüchterne Gesang eines Laub- Vogels am Seeufer. Gerade Baumreihen, wie abgesteckter Zäune Stangen, nur hier und da ein kümmerlicher Busch, dem Beile des nimmermüden Försters entgangen. Kein hohler, alter Ueberständer, kein Bruchholz. Leer   und traurig: Der moderne deutsche Wald. Ueber   dieser Holzkammer schwebt kein stolzer Raubvogel, längst verschwanden Hohltaube, Wiedehopf und Schwarzspecht. Die letzten Wanderfalken fielen dem Forstgehilfen für gutes Schubgeld zum Opfer, der letzte Habicht ward am Horst niedergeknallt, seine hilflosen Dunenjungen verhungerten... Die beiden kleinen Taucher auf dem See sind lange schon dem Tode geweiht täglich lauert der Rcbiersörster auf die Gelegenheit, ihnen das Lebenslicht auszublasen, versprach ihm doch der Seepächter klingenden Lohn, wenn er die bösen Fischräuber vertilgte. Auch des bunten Eisvogels Tage sind gezählt, und wehe dem letzten Reiherpaare, sollte es im Forste horsten wollen. Leer   und öde die Flur, der Wald.   Was welsche Mordbuben übrig lieben, fing der Vogelhändler mit der Leimrute, im Garn, der Förster mit Sprenkel und Schlinge. Er schlug die wertlosen Büsche, die Weichhölzer, keinen Nistplatz lieb er übrig. Holz I ist die Losung, Profit! daS Feldgeschret.... Es gab einmal einen Wald, einen deutschen   Wald.... Da grohnte die Schnepfe, da sang der UrHahn, da schlugen Fink und Sprosser. Da kreiste der mächtige Adler im Himmels- blau, der Falke rief, die Tauber gurrten. Da schwebte der Fischaar über dem Waldsee, da rauschten der Enten bunte Geschwader, da rief der Kranich  , fischte der Reiher, da brüllte die Rohrdommel in traumschwerer FrühlingSnacht und der Uhu mahnte im Tann. Dahin.... Ich kenne sie nock, die s-böne, frohe Heide, den lebendigen Wald. Von drüben her, vom Osten. Dort jubelt's und singt'S zur Heckzeit in allen Büschen, dort ruft der grobe Specht seinen Einsamkeitsschrei, dort rodelt und faucht der Spielhahn, der llrhahn wetzt, und der wilde Jä�er jagt in wilden Nächten. All­vater gab Raum dem Habicht wie der Taube, dem Adler wie dem Fink, der Eule wie dem Naben. Nur dem Menschen nicht. Der will allein sein. Wie arm ist unser Land an Arten, wie räumte menschlicher Un- verstand unter den Schätzen unserer Welt auf! Blättern wir im Buche der Erdgeschichte.'Er ist der Jüngste der Erdgeschichte. Er verstand eS, dem Mammut, dem Mastodon, dem wollhaarigen Ras- hon, Fallen zu stellen, und hat sicherlich mit zur Vernichtung dieser Tiere beigetragen. Er half beim Niedergang des Höhlen­bären, des Wildbären. Er rottete die Wildpferde aus, die zur späteren Eiszeit in riefigen Herden die Steppe bevölkerten, schlachtete da? Renntier   in Massen, vennchtete den Riesenhirsch, den Breitstirnelch, rottete den Urbison und den Urochsen aus. Je vervollkommneter die Waffen wurden, desto mehr litt die Tierwelt: Der Mensch rottete den Wisent bis ans wenige Reste aus, ver- nichtcte in sinnlosem Wüten die gewaltigen Bisonherden Amerikas  , brachte das Wildkamel fast zum Aussterben.   Er brachte eS fertig, in wenigen Jahrzehnten den asiatischen Edelhirsch auf den Aussterbeetat zu bringen, den Davidschcn Schwanzhirsch in Nord- china so gut wie zu vernichten, den Uak in unzugängliche Teile Tibets zu verdrängen,, den Moschusochsen in den wildesten Polar- gegenden in seiner kläglichen Existenz zu bedrohen. Er rottete auf Madagaskar   die Riesenstraube aus, die Moas auf Neuseeland  , das Grpptotherium in Patagonien, die Riesenfaultiere, die Riesen« gürteltierc. Er vernichtete den prächtigenWaldrapp  ", den europäischen   Ibis, schlachtete die letzten hilflosen Dronten, den Dodo  " und denEinsiedler" auf Mauritius  , Neunion und Ro- driguez, vernichtete den Riesenalk, rottete Stellers Seekuh aus, verfolgt die letzten Borkentiere um ihres Fleisches willen, hat die Labradorente ausgerottet und vernichtete die Massen der Wander« taube. Er löschte den Walliser   Alpensieinbock von der Liste un- serer Wildarten, brachte den Piemonteser Steinbock an den Rand der Vernichtung, hat den Biber in Europa   und Asien   fast ver- »lichtet, nur noch wenige Saigaantilopen und Wildpferde in Asien  übriggelassen, die Rieseuschildkröten verschwinden lassen bis auf wenige Reste. Er vernichtet die Paradiesvögel und Edelreiher, um die Hüte seiner Weiber niit deren Federn zu schmücken, hat den Elch, das sibirische Reh, den Elefanten, das weiße Nashorn dezi- miert, daS Quagga ausgerottet, das Johnstongnu bis auf wenige Veraniw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln. Druck u, Verlag: Stücke vernichtet, das südafrikanische Wei�schwanzgnn, da? Vurchell« zebra ausgerottet, die Elenantilope und das grobe Kudu an den Rand des Unterganges gebracht. Er hat die Gorillas und Schimpansen reduziert, daß man um ihr Fortbestehen besorgt sein muß, hat den freilebenden afrikanischen Strauß zum großen Teile vernichtet, hat den Pampashirsch, die Gürteltiere fast ausgerottet, den Zobel selten gemacht, die amerikanischen Biber und Biber­ratten zum großen Teile vernichtet. Der Seeelefant ist selten geworden, das Walroß gefährdet, der Grönlandwal so gut wie ausgerottet, der Seebär zum großen Teil vernichtet, ebenso der Seelöwe, der Schweifbiber, der Seeotter, der Chinchilla  -und andere Pelztiere. Lauter harmlose, zum Teil nützliche Tiere! Nun erst die Raubvögel und die sogenanntenschädlichen" Säugerl Der herrliche Bartgeier ist in den Alpen   vernichtet, gröbere Adler, Raben, Kormorane, Schwarzstorch. Bär, Luchs und Wildkatze sind in Deutschland   fast zu sagenhaften Tieren gewordem... Egon v. Kap-Herr. Literarisches. Vom Urbild des Tartarin. DcrudetsTartarin  " in Reclams   llniversalbibliothek kauft man diese Dichtung echten Humors für 20 Pf. soll in Paris   auf der Bühne vorgeführt werden. Aus diesem Grunde hat ein Vertreter einer Pariser Monatsschrift die Witwe des Schöpfers der berühmten komische» Figur aufgesucht, um aus ihr herauszubekommen, wieviel Wahres und wieviel Erfundenes am Tartarin sei.Mein Mann hat beim Schreiben seines Tartarinromanes wenigstens ebensoviel Genuß gehabt, wie die Leser bei der Lektüre", so meinte Frau Daudet  , ich habe ihn oft lachen hören, wem» er in seinem Arbeitszimmer neue Heldentaten Tartarin? erfand." Die Leser des Romans haben zwar alle gelacht, erzählte Frau Daudet   weiter, nur die Leute von Tarascon   lachten nicht von Herzen; im Gegenteil, der Roman machte in Tarascon   zunächst böses Blut. Schmähbriefe, ja selbst Drohungen mußte Alfons Daudet   einstecken; seit langem aber steht er glänzend gerechtfertigt da, denn in Tarascon   hat man mittler- weile eingesehen, welch große Dienste Daudet   dem Lande geleistet hat, indem er den Fremdenstrom dort hinlenkte, und man hat ihn daher durch ein Denkmal geehrt, ja man zeigt in Tarascon   sogar das Haus Tartarins mit einem Affenbrotbaum in einem Blumen- topf! Hat es nun wirklich ein Urbild Tartarins gegeben? Gewiß. ivenn es mit dem Tartarinhause in Tarascon   auch nicht seine Richtigkeit hat, der gewaltige Löwenjägcr und Bergsteiger ist keine freie Schöpfung der Daudetschen Phantasie, sondern der Dichter hat wirklich mit seinem Tartarin zusammen in Algier   Jagd auf den Löwen   gemacht(wenn er ihn auch nicht erlegt hat) und manche» guten Humpen geleert. Der Humor der Sache aber ist, daß der berühmteTartarin aus Tarascon  " gar nicht aus Tarascon   ist. sondern aus der Heimatstadt Daudets, aus dem benachbarten Ninies stammt. Aus Achtung für seine Heimat wollte Daudet Nimes nicht mit dem Fluche der Lächerlichkeit beladen und wählte daher Taras- con. Gleich beim Beginne der Veröffentlichung(derTartarin  " erschien zuerst imFigaro") nmßte Daudet   seinen Helden um- taufen. Tartarin hieß nämlich ursprünglich Barbarin. Sol>ald derFigaro" die ersten Nummern mit dem neuen RomanBar- barin von Tarascon  " herausgebracht hatte, ging von einer ehrsamen Familie Barbarin, die wirklich in Tarascon   lebte, ein Schreiben ein, sie fühlte sich durch den Roman beleidigt, und sie zwang auf gerichtlichem Wege den Dichter und die Zeitung, das gefährliche B zweimal durch ein T zu ersetzen. Wenn die Familie Barbarin nun auch besänftigt war, TaraSco» war es noch nicht, um so inehr, als Tartarin in den Alpen" die Tarasconesen mit neuer Lächerlichkeit überhäufte. Man drohte, den Dichter Daudet   in der Rhone   zu er- säufen, bis sich allmählich doch die Gemüter beruhigten und man im Süden Frankreichs   einsah, daß dieses-wirklich ein dummer Streich sein würde. So schlug die Stimmung um, und seitdem ist Tartarin der anerkannte Nationalheld von Tarascon  . Hauswirtschast. Hat der Spargel Nährwert? Die Gepflogenheit unserer Köchinnen, das Spargelwasser ioegzugießen, beruht auf einem Irrtum. Denn wie die Analysen unwiderleglich zeigen, enthält das Wasser die eigentlichen Nährwerte des Spargels, während dieser selbst nichts weiter als einen angenehmen Gaumenkitzel darstellt. Der Nährwert des Spargels als solcher ist sehr niedrig einzu schätzen, au« dem einfachen Grunde, weil das, was die Pflanze al-Z- Nährsubstanzen enthält, durch den Kochprozeß. ja selbst schon im kalten Wasser rasch extrahiert wird. Nur der zehnte Teil der rohen Spargelstange ist feste Substanz und von dieser sind 70 Proz. in kalten und 80 Proz. in lochendem Wasser löslich. Daraus folgt, daß der Kochprozeß einen beträchtlichen Teil des Rohmaterials dem Wasser, in dem der Spargel gekocht wird, zuführt. Da diese Rückstände sich aus Zucker, Eiweibstoffen und allen phosphorsauren Salzen zusammensetzen, so ergibt sich der hohe Nährwert der Spargelbrllhe von selbst. Der Zuckergehalt des Spargels beträgt im Durchschnitt 3,6 Proz., die Eiweißeinheiten 3.8 Proz., die Zellulose 1 Proz.»md die Mineralstoffe 0,80 Proz. Die beste Varietät enthält im übrigen viel weniger Zelluloseteile als die weiße und scheidet beim Kochen auch mehr wasserlösliche Stoffe aus als die fleischige weiße Stange. Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagS�nstali Paul Srnger LcEo.. Berlin   S W,