Voigt in Zeitz vom dasigen Kreisgericht zu je 25 M. verur-theilt worden, weil dieselben ihre Eigenschaft als Vorstandsmit-glieder des neugegründeten Zeitungsvereins nicht rechtzeitig an-gemeldet hatten. Und als Letzter im Bund: fimirirt Parteigenosse Kokosky in Braunschweig, der wegen Beleidigungeines Gemeindevorstandes durch den„Braimfchweiger Volks-freund" zu 6 Wochen Gefängniß verurtheilt wurde.Die Sozial-Korrespondenz im Dienste dessozialistischen Prinzips.Die neueste Nummer der Sozial- Torrespondenz(Böhmert)bringt an erster Stelle einen Artikel über„hohe Löhne unddie Sozialdemokratie." Derselbe beginnt mit den inhaltlosen,phrasenklingenden Sätzen:„Welcher Menschenfreund, ja welcher Mensch überhaupt solltenicht wünschen, daß die Arbeitslöhne stets so hoch sein möchten,als nur irgend möglich, d. h. als der Produktionsaufwand unddie Kaufkraft der Abnehmer gestattet? Auch die Arbeitgeber,wenn sie anders ihr Interesse richtig verstehen, müssen diesenWunsch theilen, denn in einem Lande mit Freizügigkeit, Coa>litionsfteiheit u. s. w. zieht ein flottes Geschäft das Steigen derLöhne ebenso nothwendlg nach sich, wie ein Sommerregen dasWachsthum der Pflanzen. Jndeß der Satz: keine Regel ohneAusnahme, gilt auch für die Ersprießlichkeit der Lohnsteigerungen.Wie allzu reichlicher Regen, besonders auf morastigem Boden,leicht ein geiles Aufschießen, ja sogar Faulen der Gewächse zurFolge hat, so ist es auch mit den höheren Löhnen, wenn dersittliche Boden nicht entsprechend, nicht gleichsam auffaugungs-fähig genug ist. Insbesondere ist ein langsames Wachsen undstetiges Festhalten der Löhne dem plötzlichen Aufschnellen unddem dann unvermeidlichen Zurückgehen der Löhne vorzuziehen.Plötzlich und unvermittelt eintretende hohe Löhne wirken wieLotteriegewinne, von denen das Sprichwort:„Wie gewonnen, sozerronnen" gilt."Also: Die Löhne müssen so hoch steigen, wie es der Pro-duktionsaufwand und die Kaufkraft der Abnehmer gestattet.Was heißt denn das?! Produktionsaufwand soll doch wohl die-jenige Summe sein, welche die Produktion kostet? Kaufkraft das-jenige, was der Consument für das Produtt der Arbeit imgünstigsten Falle ausgeben kann? Der Consument ist aber inden zahlreichsten Fällen zugleich auch Produzent und die Höheseines Lohnes hängt also von seiner eigenen Kauflraft ab, under mag sich drehen und wenden wie er will, aus diesem Ber-hältniß, in welchem er wie in einem unlösbaren Banne steht,kommt er nicht heraus. Aber dieser Beweis wird uns nochleichter gemacht werden. Hohe Löhne liegen ferner auch imInteresse der Arbeitgeber— d. h. wenn mit dem Lohne auchder Unternehmergewinn sich verdoppelt—, sind sodann in einemLande der verschiedenen wirthschaftlichen Freiheiten— Concur-renz drückt aber bekanntlich die Preise herunter— eine Folgedes flotten Geschäfts, überfördern schließlich wie ein Sommer-regen das Wachsthum der Pflanzen. Aber— keine Regel ohneAusnahme: Nicht allzureichlich, nicht zu plötzlich dürfensie steigen. Als ob die große Klasse des arbeitenden und des«rbeitsuchenden Volkes unter der Höhe seiner Löhne seufzte, alsob das Berhältniß zwischen den Löhnen und der Kaufkraft einanderes werden könnte, wenn es sich langsam, als wenn es sichschnell veränderte. Der Satz von dem„sittlichen Boden", vonder„Aufsaugungsfähigkeit" ist eine hohle Phrase. Wo ist dennder sittlichere Boden? etwa da, wo die allerdings unbestreitbaregrößere Amfsaugungsfähigkeit sich findet. Wenn man sichdoch nur nicht immer auf die Sittlichkeit beriefe, wo man vorlauter Prangern und Schandsäulen kaum noch die Unsittlichkeitzu sehen vermag.Das Blatt bringt nun für seine oben citirten Sätze Belegeherbei, und beruft sich behufs dessen auf den„Jahresbericht fürdie Fabrikinspettoren für das Jahr 1876", und da besondersauf den„belehrendsten und sorgfältigsten des Fabriks-inspettors für den Regierungsbezirk Düsseldorf", aus demer zunächst einige anerkennenswerthe Berichte für den„arbeiterfreundlichen Sinn des Verfassers" herbei-bringt.„Besonders eingehend, heißt es sodann wört-lich, verbreitet sich derselbe auch über die sittlichen(!) Zu-stände der dortigen Arbeiterbeoölkerung, namentlich das Kost-oder Quarttergängerwesen der ledigen Arbeiter und dessen demo-ralisirende, das Familienleben der Kostgeber im tiefsten Grundeverheerende Wirkungen. Und hier ist es nun, wo er auf diegegen 1872 eingetretene Erniedrigung der Löhne und Accord-sähe jugendlicher Arbeiter in der Eisenindusttie und den ver-macht— das werden Sie selbst von Ihren Parteigenossen hören— den Eindruck einer Reklame für die betteffenden Waaren,fumal Sie ja Adresse, Preis und Waare vollständig angeben,o daß die Bestellung erfolgen kann! Ihr Publikum wird dasGeeignete ja entnehmen. Sie sprechen so viel von der Verderb-niß der besseren Klassen. Sprechen Sie doch auch von demneuesten Berliner Mörder Lack und erzählen Sie, wo er— derBräutigam, der zwei Tage darauf Heirathen wollte!— in derNacht nach dem Morde gewesen ist! Er hat, in allen Zeitungenkönnen Sie es lesen, die Nacht mit einer Dirne zugebracht.Sollte wohl Lack ein„Bourgeois"(wie Sie es geschmackvollerWeise nennen!) sein? Ich glaube, vor acht Tagen hätten Sieihn als Sozialdemokraten reklamirt, als Mitglied des„werkthä-tigen" Volks. Mit Thürolf und wie die Mörder neuen undalten Datums heißen, ist es dieselbe Sache— lauter Sozial-demokraten! Hören Sie auf, die Stände der Verbrechen schuldigzu erklären! Wollen Sie es aber, so kommt auf Ihr Conto dochdie nngcheure Mehrzahl und das ist auch Ihren Gummi- Artikelnzu danken. Mit sozialdemokratischem GrußIhr ergebensterM. M. B.,früher Sozialdemokrat, jetzt„Bourgeois"."Die Handschrift des Schreibers ist eine flüssige und correcte,die den„gebildeten" Flegel erkennen läßt. Der frühere„Sozialdemokrat", jetzt„Bourgeois", auf dessen Renegatenthumsich unsere Gegner viel einbilden mögen und den wir dem HerrnVictor Böhmert wiederum herzlich gern zur Ausbeute überlassen,hängt uns den Lack und den Thürolf— zwei Raubmörder ausdem Arbeiterstande— an; nun gut: wir dienen mit dem Tho-mas und mit dem jetzt zu 18 Jahren Kerker begnadigten Herrnvon Tourville, den Massen- und Gattinnen-Mörder! Doch wassollen wir uns den Thürolf und den Lack aufbürden lassen;diese Leute haben aus Egoismus und Roth geraubt und gemordet— Egoismus und Roth aber werden in der heutigenGesellschaft groß gezogen! Dann aber auch, um in der Sprachedes Briefstellers zu reden, haben jene Mörder aus dem Prole-tarierst ande Bourgeois g es innung.— Daß wir in unsererNotiz Adresse, Preis und Waare vollständig angaben, geschahdeshalb, um die Staatsanwaltschaft in Bewegung zu setzen!wandten Branchen zu sprechen kommt und dieselbe als eineMaßregel bezeichnet, welche unbedingt nothwendig war, wennnicht die körperliche und sittliche Kraft der jüngerenArbeitergeneration unbedingt vernichtet werden sollte.Dieses auf den ersten Blick überraschende Urtheil wird durcheine große Reihe von Thassachen und amtlichen Schilderungenbelegt, die hier jedoch wiederzugeben zu weit führen würde; wirverweisen auf pna. 270—275 des Buches."Diese Entdeckung, daß niedrige Löhne die sittliche undkörperliche Kraft der jüngeren Arbeitergeneration erhalten, istganz einzig! Während man so ziemlich allgemein zuzugeben sichgezwungen sieht, daß die Löhne vor 1870 allerdings zu niedrigwaren, daß sie nicht einmal mehr den„nothwendigen Lebens-unterhalt" zu decken vermochten, während man den jammervollenProzeß tagtäglich sich vollziehen sieht, daß zu niedrige Löhnenamenloses Elend zur Folge haben, und daß dieses die Brut-stätte der Vernichtung der physischen wie der sittlichen Kraft ist,während man auf der anderen Seite sehr gut weiß, daß die Lüder-lichkeit von oben herab„gegründet" wurde und wird, dieoberen Schichten der Gesellschaft tief durchfressen hat und da-her naturnothwendig— wenn auch nicht in gleichem Maße wiein den Wein- und Austernkellern und in den Boudoirs derfeinen Gesellschaft und in den Corpskneipen unserer Hochschulen— auch nach unten hin ihre wuchernden Wurzeln schlagen mußte;während hier alle Thatsachen diametral entgegenstehen, wagtman es, diesen ins Gesicht schlagend, die endliche Aufbesserungunserer Arbeiterverhältnisse für eine hier und da vielleicht größereLüderlichkeit verantwortlich zu machen. Das ist allerdings ein„überraschendes Urtheil"!Und jetzt zu dem Dienste, den die„Sozial-Correspondenz"dem Sozialismus in ganz eklatanter Weise leistet. Das Blattschließt seinen Artikel:„Nur Eines führen wir noch an. Der Bericht constatirt,daß die sämmtlichen Löhne sich immerhin noch über dem Standder Jahre vor 1870 gehalten haben, die Lebenslage der Ar-beiter aber hierdurch um nichts besser als 1869, sondernschlechter geworden sei, da die Steigerung des Einkom-mens in keinem Verhältnisse stehe zu derjenigen derAusgaben. Diese letztere aber wiederum sei bedingt theilsdurch die höheren Lebenspreise, theils aber„durch die größerenAnsprüche der Arbeiter auf wirkliche oder vermeintliche Bedürfnisse, hervorgerufen durch die zügellose, verdienstreiche Glanzzeitder 70er Jahre und durch die alle edleren Beziehungenund Bedürfnisse des Familienlebens ruinirenden Ein-flüsse der sozialdemokratischen Anschauungen, die inden Arbeiterkreisen weite Verbreitung gefunden haben".„Ein solches und so motioirtes Verdict über die Sozial-demokratie ist weder neu, noch vereinzelt, aber aus einem socompetenten und arbeiterfreundlichen Munde gewinnt es ver-stärkte Bedeutung. Und den Organen der Partei wird es zwarsicher nicht an Phrasen und Schimpfreden wider dasselbe fehlen,aber Thatsächliches zu seiner Entkräftöng wird sie ebenso sichernicht vorzubringen wissen."Mit oer wieder nnd wieder ohne Beweis beigebrachten Be-schuldigung über die Einflüsse der Sozialdemokratie haben wirhier nichts zu thun, uns interessirt nur der Satz, daß die Auf-besserung der Löhne die Lebenslage der Arbeiter nurverschlechtert hat. Das heißt also mit andern Worten nichtsanderes, als, daß dem Arbeiter durch Steigen seines Lohnesnicht zu helfen ist, daß der letztere doch ewig nur„für dennothwendigen Lebensunterhalt" ausreicht, und leider beider großen Mehrzahl— man sehe in die Fabriks-, Bergwerks-und namentlich in die Weberdistrikte— auch das noch nicht ein-mal. Geholfen muß aber der großen Masse des arbeitendenVolkes werden, das verlangen sogar die Fabrikinspektoren; denErtrag ihrer Arbeit muß sie erhalten, wenn nicht wirklich ihresittlichen und physischen Kräfte vollständig ruinirt werden sollen.Das ist aber nur möglich, wenn das herrschende Wirthschafts-system der Privatwirthschaft, das eben zugestandenermaßenkeine Hilfe zu gewähren vermag, durch ein besseres er-setzt wird, und als solch besseres erscheint der sozialdemokratischenPartei eben das System der Staats- und Collectivwirth-schaft, in welchem dieses Mißverhältniß zwischen Kaufkraft undProduktionsaufwand total beseitigt und ersetzt wird durch einrichtiges Berhältniß zwischen Arbeit und Consum. I-.Correspondenzen.Uraunschweig.(Situationsbericht). Da schon seit geraumerZeit über die hiesigen Verhältnisse im„Vorwärts" nicht berichtetworden ist, so sehe ich mich veranlaßt, selber daran zu gehen.Zunächst muß ich da des Unistandes erwähnen, daß sich unsere gutenBraunschweiger Genossen zwar herzlich freuen über jeden Sieg,der anderswo errungen wird, aber sie thun herzlich wenige dafür,daß solcher Siege mehr werden. Man lese nur die Berichteüber eingehende Gelder an das Central-Wahl-Comitä und manwird sofort erkennen, daß-ch Recht habe— unsere allgemeineLiebe geht hart bis an den allgemeinen Geldbeutel, aber nichtweiter. Da unsere wöchentlichen Arbeiterversammlungen in derletzten Zeit schwach besucht waren, so haben wir, um die Be-wegung wieder in Fluß zu bringen, uns daran gemacht undsind, wer es noch nicht war, Mitglieder des hiesigen demotta-tischen Wahlvereins geworden. Die Sache hat freilich auf denersten Blick einen„etwas blauen" Anstrich, aber weit davonentfernt, sind wir entschieden„roth" gesinnt. Nenne man esmeinetwegen blau-roth, das schadet nicht. Ein echter, ein wah-rer Demokrat, ist nur Der, welcher sozialische Gesinnnng hat, undda wir die haben, so haben wir auch das Recht, einem Vereinebeizutreten, der statutarisch verpflichtet ist, darnach zu streben,daß im Braunschweiger Lande demokratische Kandidaten bei denStadt-, Land- und Reichstagswahlen durchgebracht werden. Dain den Versammlungen des Wahlvereins auch lokale Angelegen-heiten zur Besprechung gelangen, so kommt es dann und wannauch vor, daß diese Elemente mit den Bestrebungen der Sozial-demokratie vertraut gemacht werden können, und daß sie die„Vernichter" der Ehe, des Eigenthums zc. zc. von Angesicht zuAngesicht kennen lernen. Im Großen und Ganzen sei noch er-wähnt, daß die Gegner durch ihre bodenlose Charatterlosigkeitvieles dazn beitragen, daß die Sozialdemottatte in Braunschweigmehr und mehr an Anhängern gewinnt.Schönebeck, 1. Dezember. Der Kasfirer des hiesigen Vor-schuß- und Sparkassen- Vereins(Schulze-Delitzsch) hat sich eineUnterschlagung von, wie man sich erzählt, nahezu 210,000 Markzu Schulden kommen lassen. Darob herrscht natürlich großeAuftegung unter der hiesigen Bevölkerung, da die vielen Spar-einleger, unter denen alle Kategorien der Bewohner vertretenfind, um ihre Ersparnisse zu kommen befürchten. Bei der Höheder unterschlagenen Summe ist diese Befürchtung nicht ganz un-begründet, obgleich die Vereinsmitglieder gesetzlich verpflichtetfind, mit ihrem gesammten Vermögen für den Ausfall zu haften.Daß der betrügerische Kasfirer inzwischen dingfest gemacht ist,und daß man den Controleur als Complicen des Kasfirers eben-falls hinter Schlaß und Riegel gebracht hat, ändert an der Sachewenig. Das Geld ist hin und die Sparer können von Glückreden, wenn sie ihre Einlagen zurückerhalten. So wäre dennwieder einmal eine Schulze- Delitzsche Gründung durch die Un-rcdlichkeit ihrer Beamten in Frage gestellt. Es muß doch etwas„faul sein im Staate Dänemark", da das Unterschlagen undFlüchten der Kasfirer der Schulze-Delitzschen Gründungen form-lich epidemisch auftritt.Isrankfnrt a. M., 1. Dezember.(Liberaler Fortbil-dungssch windel.) In der„Deutschen Reichspost" vom 24. Mo-vember finden wir einen längeren Artikel„Aus württembergischFranken", 21. November, der die Winter-Abendschule be-handelt. Die darin niedergelegten Ansichten sind zwar von uns,den Sozialisten, schon vor Jahr und Tag ausgesprochen worden;allein gerade zum Beweise, daß auch aus einem gewiß unver-dächtigen conservativen Hirne sozialistisch angehauchte— Pardon,mit den Ansichten der Sozialisten übereinstimmende— Gedankenentspringen können, mag oer Artikel hier folgen, umsomehr. daßsich diese handgreiflichen— wir wollen einmal recht anständigsein— Uebelstände nicht auf württemb. Franken beschränkendürften. Der Artikel lautet also:„Der„Staatsanzeiger" vom 20. November berichtet, daß dieZahl der Winterabendschulen von 579 auf 546 gefallen ist—wirklich eine erfreuliche Nachricht. Es scheint sich also doch all-mählig die Erkenntniß Bahn zu brechen, daß man mit diesemSchooßkind liberaler Residenz- und Regierungsmänner, die esliebten, einen Streifzug ins Gebiet der Schule zu machen, häufigSchwindel getrieben hat. Denn diese Winter-Abendschule warerstens eine schwere Plage für die Lehrer, die meist anüberfüllten Schulen arbeiten. Solche großen Schulen kostenZeit zur Vorbereitung und zur Durchsicht der schriftlichen Ar-betten. Kaum ist der Lehrer damit fertig geworden, so wartetseiner die Abendschule, die schwere Anforderungen an die didaktischeund pädagogische Tüchtigkeit des Lehrers macht. In einer Zeit,wo des Lehrers Geist und Nerven der Ruhe und der Sammlungbedürfen, muß er sie, sie mögen noch so abgearbeitet sein, wiederanstrengen, bis— die Kräfte versagen, die Elastizität erlahmt,der Lehrer durch Ueberanstrengung zum bloßen Stundentzaltenherabgesetzt wird. Es wäre sehr zu wünschen, daß solche Herren,die am grünen Tisch sich für die Winter-Abendschule erhitzen,selbst einmal die Last eines Winterschuttages von Morgens 8 bisAbends 9 Uhr über sich nehmen. Daß manche Lehrer trotz dervielen schlaflosen Nächte, welche die Winter-Abendschule ihnenbringt, sich dennoch alljährlich dazu hergeben, ist einerseits einsehr ehrenvolles Zeugniß für ihren Diensteifer, andererseits sehrnatürlich. Den schönen Nebenverdienst, den diese Schule giebt,läßt man nicht gerne neben hinaus. Auch für unsere Jugendist diese Winterabendschule keineswegs so segensreich, als mandenkt. Wenn man die müden, abgearbeiteten jungen Leute sieht,die man an den Winterabende» in der Schule sitzen sieht, wieihnen die Augen unwillkürlich zufallen und sie zusammenknickenwie ein Schnappmesser, da möchte man wünschen, unsere schul-dilettanten, die so sehr für diese Schule gewesen und sie mitallen Mittelchen der Bureaukratie beförderten, sollten auch ein-mal von Morgens 5 Uhr an den Dreschflegel schwingen oderauf der Stör sitzen oder an der Feueresse stehen müssen unddann Abends um 7 Uhr— zum Nachtesien reichts oft kaum—laufen müssen und geistig arbeiten. Sicher wäre dann dieWinterabendschule schon nach 14 Tagen wieder aufgehoben worden.Ja wer einmal eine Stunde in der Winter-Abendschule gesessenbei meist spärlicher Beleuchtung, dumpfer Lust und ziemlicherWärme, und hat Lehrer und Schüler beobachtet, dem ist dieFrage sicher gekommen: Warum giebts nicht auch Menschenschutz-vereine? Man sagt, die Winterabendschule soll dem verderblichenEinfluß der Fechtstuben des Wirthshauses ic. entgegenwirken. Als ob sie das wirklich könnte, als ob unsere hoffnungs-volle Jugend nicht jetzt erst recht den Drang fühlte, sich aus demZwang in die wilde Freiheit, aus der Schulstube in die Wirths-Hausstube zu stürzen, das durch die Ueberanstrengung hervor-gerufene Bedürfniß der Stärkung jetzt erst recht durch Unmaßim Trinken zu befriedigen! Die Winterabendschule, welche dieLeute aus dem Haus auf die Gasse nöthigt und ihr Nerven-system überreizt, ist das trefflichste Beförderungsmittel des jugend-lichen Wirthshausbesuches. Dagegen hilft kein Einfluß desLehrers, kein Einfluß des Geistlichen, keine Macht der Polizei.Endlich aber an den Früchten sollt ihr sie erkennen. Was finddenn die llnterrichtserfolge der Winterabendschule? Wereinmal die Prüfungsarbeiten der Winterabendschüler aus einemganzen Bezirk genau durchgesehen hat, wie der Einsender, derbekommt wahrhaftig Mitleid mit den Lehrern, die ihre gute Zeit,ihre Kraft, ihre Gesundheit daran wenden und am Schluß desKurses sich aufs bitterste enttäuscht sehen müssen, wenn sie sehen,wie in den Prüfungsarbeiten oft der haarsträubendste Unsinnzu Tage tritt und zwar oft in wirklich sonst guten Schulen mittüchtigen Lehrern. Will man mit der Fortbildung unserer con-firmirten Jugend Ernst machen, so muß man sich nicht mit demunglücklichen Institut der Winterabendschule zufrieden geben,sondern auch den Muth haben, eine wöchentliche Halbtagschulezu fordern, aber nicht am Sonntag, der so oft die willkommeneBeute liberaler Experimente ist."Sollen wir dem noch was hinzufügen? Nun, wir dächtenes wäre überflüssig!— o—Göppingen.(Agitationsbericht.) In Nachstehendem erlaubenwir uns, den Parteigenossen in möglichster Kürze einen Berichtüber unsere Thätigkcit zu geben. Das hiesige Organ für Metzel-suppen und Langenbrezeln hatte den Einfall, gelegentlich desGenter Congresses uns Eins anzuhängen, zu wessen Vortheildas zeigte sich gar bald. Schrieb da irgend ein Waschzettel-fabrikant, daß die Sozialdemokraten nächstens ihre Wünsche undForderungen prattisch in Scene setzen würden, wobei natürlichdie bösen Absichten auf das Eigenthum der Bauern so grell ge-schildert wurden, daß es selbst den Leichtgläubigsten zu arg lvurde.Flugs wurde dieses Machwerk von allen Amts- und sonstigenBlättchen nachgedruckt und selbstredend durfte auch unser hiesigesPhilisterorgan nicht nachstehen. Für uns war das die beste Ge-legektheit, eine Reihe von Volksversammlungen in den umliegen-den Ortschaften abzuhalten; zuerst jedoch forderten wir den Re-dakteur des„Göppinger Wochenblattes" auf, uns hier in öffent-sicher Versammlung Rede zu stehen, was derselbe natürlich vor-sorglich unterließ, war es ihm ja doch nur ums Verläumden zuthun, eingedenk des Spruches:„Verläumde nur kühn, es bleibtdoch stets was hängen." Es fanden Versammlungen statt: inAlbershausen, Heiningen, Faurndau, Zebenhausen, welche sämmt-lich gut besucht waren, und in welchen unsere Forderungen, wiesie unser Progamm aufstellt, klargelegt wurden.Ein nicht geringes Quantum von Brochüren wurde bei dieserGelegenheit abgesetzt und werden dieselben ihre Wirkung nichtverfeylen, deß sind wir sicher. Heber uns waren haarsträubendeBorurtheile verbreitet, und man sagte uns nicht selten, daß manvon gegnerischer Seite, wie es sich jetzt zeige, blos das von unsgesagt hätte, was wir nicht wollen, und das was wlr wollen,