Redaktion und Verlag: Karlsbad , HausGraphia" Tel. MSI Preis der Klnzelnummer j 4Q �Im Ausland Kd 2�) Auslandspreise Argentinien .. Belgien .... Bulgarien.,. Danzi�.... Deutschland .. Estl nd.... Finnland ... Frankreich .. Großbritannien , Holland .... Italien ..... Jugoslawien .. Lettland .., lltltf Nr. IS Sonntag, IS. Oktober 1933 Bexugtprei. Ina({iiartal 1/ v i Q (Im Amland Kd 24.-i IV C L O." AasUndspreise tinzeinumin rierteljäbrl. Litauen ... Luxemburg , Norwegen .. Oesterreich. Palästina., Polen .... Portugal .. RuraSnlen. Saar gebiet, Schweden .. Schweiz .. Spanien .. Ungarn .., USA .... . L1L .B. Frs. .Kr . S.h . Mir» . Zloty . Esc. . Lei . F.Ft. . Kr . Frs. . Pes. . Pengd . Dollar 055 2.- 0.35 0.40 18.- 0.50 2.- 10.- 1.50 0.55 0.30 0.70 0.35 0.08 LH. 6.60 B.Ft. 24.- Kr. 4 20 Schill. 4.80 Müs 216. Zloty 6. Esc 24 Lei 120. F. Fr 18. Kr» 4 20 Frs 3.60 Pes. 8.4t» PengB 4.20 Dollar 0.90 Sozialdemokratisches Wochenblatt Blnlgesetz in Kraft! Aus Mördern werden Minister aus Ministern Mörder! Die Blutphantasien G ö r i n g s, in Mor­phiumräuschen und heißen Julinächten ge­zeugt, sind im OktoberGesetz" gewor­den. Das Reichskabinett hat beschlossen, daß getötet oder für unabsehbare Zeit ins Zuchthaus gesperrt werden soll, wer hoch­verräterische Schriften im Ausland her­stellt oder im Ausland hergestellte im In­land verbreitet. Als hochverräterisch wird aber jede Schrift betrachtet werden, die über deutsche Zustände die Wahrheit sagt. Richter, denen ihre Partei oder die Sorge um die eigene Haut über die Pflicht ihres Amtes geht, werden Bluturteile spre­chen, Urteile des Fanatismus oder der Angst Aber wenn diese Gesellen schon Angst haben, so sollen sie sie haben nicht nur vor dem, was jetzt ist sondern auch vor dem. was nachher kommt! Mö­gen sie wissen, daß nichts vergessen wird! Mögen sie wissen, daß ihnen nichts ge­schenkt werden wird! Was man jetzt im Dritten Reich Ge­setz nennt, ist nichts anderes als ein Be­fehl zum Mord, Verantwortlich für ihn sind nicht nur die alten Nationalsozialisten hn Kabinett wie Göring , Hitler, Frick und Göbbels , sondern auch die Neuzugezoge­nen wie Neurath , Blomberg , Schwerin-Krosigk, Schmitt, Seldte, Gürtner und E 1 1 z- R fl- b e n a c h. Die alten Nationalsozialisten bleiben, wenn sie weiter morden lassen. Wenigstens In einem Fhinkt ihrem Pro­gramm treu. Die Neuzugezogenen haben alle verleugnet und verraten, was sie früher einmal mit dem zivilisierten und an­ständig denkenden Teil der Menschheit verbunden hat S 1 e sind weder Fanatiker "och Geisteskranke, sie sind nurdeutsche Männer**, daß Gott erbarm! Man kann als Gefangener die Latrinen im Konzcntra- tionslager reinigen und dabei sauber sein. Man kann auch täglich in Marmorwannen baden und dreckig bleiben von oben bis unten und von innen bis außen. Diese fei­ge, entwürdigte, entmannte Gesellschaft der Neuzugezogenen, sie bleibt trotz allem dieschlimmste Schande, die über das deutsche Volk gekommen istl Was ist denn In Deutschland Recht? Was ist in Deutschland Verfassung? Bei dem Juristenaufmarsch in Leipzig hat der ytaatsgelehrte des Dritten Reiches , Pro- 'essor Carl Schmitt , die Lehre verkün­det, vorläufige Verfassung des Deutschen Meiches sei das Ermäcbtigungsge- setz vom 24. März. Diesevorläufige Verfassung" besteht aus fünf Artikeln, von 1 denen der kürzeste vier, der längste sechs i feilen lang ist. und legt das Recht zur Gesetzgebung, auch zur verfassungsän- 1 dernden, in die Hand der Reichsregierung. 'e trittaußer Kraft, wenn die gegen­wärtige Reichsregierung durch eine an­dere abgelöst wird." SchöneVerfassung", die nur solange 'ebt wie die Regierung, der sie als Rechts- "undlage dient! Aber was Recht und was Jorfassung!Recht ist was dem putschen Volke nützt!" ver- 'oherte Frick auf demselben Juristen- Da die Hitlerregierung sich anmaßt. deutsche Volk in sich zu verkörpern, hätte Frick ebensogut, nur noch um einen �ad aufrichtiger, sagen können:Recht lsf' was uns nützt!" Und so ist es in der Tat! Es gibt in Deutschland kein Recht mehr. Maßgebend ist einzig und allein das Interesseder augenblicklichen Machthaber, die Befriedigung ihrer Despotenlüste, der ungestörte Genuß des Futters. aus den Hunderttausenden von Futterkrippen, die Herrschaft zu festigen, ist der Mordbefehl der lex Göring erlassen worden. Recht ist, was uns nützt! Gesetz ist, was uns gefällt! In Genf , wo die deutschen Vertreter für hungrige Parteibuchbeamte und An­gestellte errichtet worden sind- Um diese Herrschaft zu festigen, wer­den Zehntausende ehrlicher, recht- und vaterlandliebender Menschen ihrer Frei­heit beraubt, aus dem Lande gejagt, für rechtlos erklärt, werden wehrlose Gefan­gene in Gefängnissen und Konzentrations­lagern gefoltert und ermordet Um diese sitzen, wie Pestkranke oder Aussätzige gemieden und isoliert in Genf bat man auf Umwegen, zu denen deutscher Wider­spruch zwang, die Einrichtung eines F 1 ü c h 1 1 i n g s k o m m i s s a r s für deut­ sche Flüchtlinge in Aussicht genommen. Der Flüchtlingskommissar soll nicht nur die Ausgestoßenen und Vertriebenen des Dritten Reiches schützen, sondern auch die Interessen der Staaten wahrneh­men, die durch den Ausbruch der braunen Barbarenherrschaft in Mitleidenschaft ge­zogen sind. Arbeitslos gewordene, ihrer Habe und ihrer Unterstützungsansprüche beraubte Arbeiter und Angestellte, gewalt­sam ruinierte und bis aufs Hemd ausge­plünderte Geschäftsleute überschreiten auf den verschiedensten Wegen unter den abenteuerlichsten Umständen die Grenze und schreien im fremden Lande nach Ar­beit und Brot! Fremde Regierungen sollen durch Menschlichkeit wieder gut machen, was die eigene Regierung an ihren Staatsbürgern grausam gefrevelt hat! Es ist schön, wenn diese fremden Regie­rungen der Pflicht der Menschlichkeit ge­nügen, aber es ist auch nur recht, wenn sie die Frage aufwerfen, wer für diese Be­lastung und Beunruhigung, unter der sie leiden, verantwortlich ist Die Theo­rie, daß keine Regierung das angeht, was die andere treibt läßt sich nicht mehr aufrecht erhalten, wenn die eine Regie­rung den Schaden bezahlen soll, den die andere anrichtet! Es gibt aber noch eine andere Frage, die in Genf aufgeworfen zu werden ver­dient Das ist die Frage nach dem Schick­sal der Menschen, die in Deutsch­ land selbst als Juden oder Marxisten nach einem kaltausgeklügelten System planmäßig ausgerottet werden. Was ge­schieht mit den Frauen und den Kindern, denen durch Mord oder Freiheitsberau­bung der Ernährer genommen worden ist? Was geschieht, um die Ernährung in den Gefängnissen und in den Konzentrationslagern zu si­chern, In denen der Winter ein qualvolles Sterben Ungezähl- t e r bringen wird, wenn die rettende Tat ausbleibt? Alles Gerede von menschlicher Solidarität ist ohne Sinn, wenn die Welt tatenlos bleibt angesichts des Furchtbaren, das in Deutschland geschieht! Man will In Genf über Abrüstung ver­handeln, während niemand an etwas an­deres als Aufrüstung denkt Man will ein positives Ergebnis der Abrüstungskonfe­renz erzwingen, aber ein solchespositi­ves Ergebnis" kann erhandelt, beschworen und besiegelt werden es wird Betrug und Lüge bleiben, solange nicht die gei­stige Abrüstung vollzogen ist! Ohne radi­kale Aenderung der Zustände in Deutsch­ land schlittert Europa In ein neues Völker­morden. kein Viererpakt und kein Abrü­stungsabkommen kann das verhindern. Das deutsche Volk hat auf allen Gebieten, auch auf dem der Rüstungen Anspruch auf gleiches Recht, aber jetzt hat das deutsche Volk weder ein gleiches noch ein unglei­ches Recht sondern überhaupt keines. An seiner Stelle präsentiert sich eine Verbre­chergesellschaft, die dem deutschen Volk jedes Recht genommen hat. um es für sich allein in Anspruch zu nehmen. Keine Re­gierung der Welt denkt daran, die Hitler­bande als etwas ihr Gleichberechtigtes und Gleichwertiges zu betrachten, von keiner kann verlangt werden, daß sie das tut Vielmehr muß man von den Staatsmän­nern, denen es ehrlich um den Frieden geht, verlangen, daß sie sich nicht hinter leere Redensarten verkriechen, sondern ganz offen sagen, warum sie jetzt nicht abrüsten können. Denn nurdieWahrheitkanndenFrie- den retten, die Lüge führt zum Krieg.