Juristen marschieren auf

8154

Gerechtigkeit marschiert ab

Richter Lachmund

Ein Mörder im Talar

Am zehnten Februar dieses Jahres, mit­ten im Wahlkampf, hielt die NSDAP   in Braunschweig   eine ihrer damals üblichen Aber, keine Sorge: die in Leipzig   einexer- Hetzversammlungen ab. Nach dieser Ver­Der Deutsche Juristentag hat sich die andere Ansichten äußern, als sie der Pro­in genau den gleichen Formen abgespielt, wie pagandachef Göbbels seiner gleichgeschalteten zierte Juristenschaft wird auch diese Blutver- sammlung zogen die aufgepeitschten SA­gestattet. Auf hochverräterische ordnung als geltendes Recht" gelassen hin- Leute, wie es damals ebenfalls üblich ge­all die ungeistigen Veranstaltungen des Dritten Presse Reiches: als ein leeres Schaugepräge, oder Druckschriften" wird die Todesstrafe gesetzt, nehmen und kein Gefühl in ihren Reihen auf- worden war, in einige Arbeiterstraßen, um genauer gesagt als ein militärischer was etwa der Gesetzgebung der von Casa- kommen lassen, daß sie Morde begeht, wenn Strafexpeditionen vorzunehmen. Man nannte das damals: ,, die Kommune Aufmarsch. Das ist nicht die abfällige Kri- renwahn befallenen römischen Despoten, der sie diese Tyrannengebote handhabt. Und jener verschrobene Universitätsprofes- ausräuchern." Als die braune Abteilung tik eines grundsätzlichen Gegners des Hitler  - Gesetzgebung eines Nero   und Caligula systems, es ist vielmehr das eigene Urteil der entspricht, die jede Anfeindung oder Verspot- sor, der vor anderthalb Jahrhunderten das nachts in die Straße einrückte, gab es Nationalsozialisten. Wörtlich schreibt der ,, Völ- tung ihrer geheiligten Person als crimen lae- große Wort aussprach, daß dort, wo es keine richtig einen Zusammenstoß, bei dem zwei kische Beobachter" yom 4. Oktober: sae majestatis" mit der Auslöschung von Men- Gerechtigkeit gibt, das Leben seinen Zweck ver- SA- Leute verletzt wurden. schenleben ahndeten. Der Aberwitz eines sich loren hat, auch er würde heute in Deutschland  

Das war das grandioseste am diesjährigen

Deutschen   Juristentag: daß er... Gelegen­heit bot, die zu Zehntausenden an­wesenden deutschen   Juristen auf­marschieren zu lassen"... Der sol­datische Charakter des diesjährigen Juristenaufmarsches ist der äußerliche Aus­druck der neuen inneren Haltung der deut­ schen   Juristen.

Dieser Fall wurde jetzt vor dem Braun­für sakrosankt erklärenden Systems enthüllt keine Lebensluit mehr finden, obwohl man ihn schweigischen Sondergericht abgeurteilt. sich in schauerlicher Rechtsschändung, ein Ge- den Philosoph des Preußentums genannt hat. Es wurden verurteilt: misch von Größenwahn und feiger Tyrannen- Denn es ist das Zeitalter des Oswald Spengler  angst, von Blutsadismus und schlechtem Ge- in Deutschland   und längst nicht mehr das der wissen tut sich hier als Afterrecht, als Anti-| Immanuel Kant  ! recht kund!

6'1

Justinian  .

An der Schwelle der

Der Angeklagte Arbeiter Heinrich Wolf zum Tode, der Angeklagte Arbeiter Ha­gemann zu sechs Jahren Zuchthaus und die Angeklagten Flentge, Holzmann und Donath zu je fünf Jahren Gefängnis. Der Richter Lachmund war den Anträ­gen des Staatsanwalts Ahrens gefolgt. Er gab eine Urteilsbegründung von so abgrundtiefer Bestialität, daß man ihren Inhalt in alle Welt hinausschreien muß: ,, Wenn das Gericht gegen Wolf die Todes­

fal novia usbitadonde adom odol is bribetusstrafe verhängt hat, so braucht sich niemand,

Freiheit ermordet

101 Smugibation sib

am allerwenigsten der Angeklagte selbst dar­über aufzuregen.

die Justiz, nachdem der Gesetzgeber Ihr

Auf früheren Juristentagen wurde das Für und Wider der großen brennenden Streitfragen, wurden die wissenschaftlichen und sozialen Probleme des Rechtsgebietes von erlesenen Geistern diskutiert. Damit ist es nun aus. Lelp­zig zeigt die deutsche Juristenschaft als mili­tärisch gedrillte, exerzierende und gehorsam einschwenkende Masse Wahrlich, den an­192 Wer so mit dem Leben seiner Mitmenschen geblichen Bekämpfern der Vermassung" des spiele wie der Angeklagte, der soll sich nicht Volkes ist es geglückt, mit geradezu beängsti- Der Redakteur des Lübecker   ,, Volks- September in dem Osnabrücker Konzen- wundern, wenn man auch mit ihm wenig Fe­gender Geschwindigkeit einen geistigen Beruf boten", Genosse Dr. Solmitz, be- trationslager zu einer schweren Schlägerei derlesens macht. Die Verhängung der Todes­zu entindividualisieren! beidaray neb Jus endete an einem der letzten September- zwischen schlesischer und rheinischer SA strafe ist aber auch deshalb erforderlich, damit ex Von der wissenschaftlichen Tiefe und Gründ- tage in geheimnisvoller Weise sein Leben. kam. Diese Gelegenheit haben anscheinend die Volksgenossen die Gewißheit haben, daß lichkeit früherer Juristentage, von dem Feuer Amtlich wurde gemeldet, er habe sich in schlesische SA- Banditen, die sich an dem der Debatten zwischen rückschrittlich- starrer seiner Zelle erhängt. Heute wissen wir, Genossen Alexander noch für seine Bres­und modern humanitärer Rechtsauffassung ist daß dies gelogen war. Dr. Solmitz ist lauer Tätigkeit rächen wollten, benutzt, uichts geblieben. Referenten, bar jeder juristi- im Gefängnis ermordet wor- um den ,, Marxisten" auf neudeutsche Wei­schen Sach- und Fachkenntnis, hielten vor den, und zwar vollzog sich die Bluttat se zu erledigen. Zuhörern, unter denen so mancher saß, von unter so ungeheuerlichen Umständen, daß dem der Sprecher unendlich viel hätte lernen man trotz aller Abhärtung, die diese Zeit können, anmaßende Vorträge darüber, wie die mit sich bringt, nur mit Erschütterung da- ger die Leiche in einem verlöte- Die heute ergangenen Verurteilungen sind eine ten Sarg, so daß die unmittelbare Ur- Warnung für alle, die es angeht. sc Justiz sich künftig zu verhalten hätte. Diskus- von sprechen kann. Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Be­sionen durften selbstverständlich nicht statt- Solmitz sollte aus dem Gefäng- sache seines Todes vielleicht niemals ge­finden. Hitler und seine jungen Leute verstehen, nis entlassen werden. Seine Frau au festgestellt werden kann. Genosse stehen des Sondergerichts und seine Urteile wie von allem, so natürlich auch von der hatte bereits von der Gefängnisverwaltung der hatte bereits von der Gefängnisverwaltung Alexander war ein aktiver, begeisterter überaus erzieherisch und abschreckend gewirkt Rechtswissenschaft viel mehr als jeder ergraute die Mittellung, daß die Entlassung am Kämpfer für die Sache der Freiheit und haben. Wenn trotzdem noch kommunistische Universitätsprofessor. In einer Reihe von Re- nächsten Tage zu erwarten sei. Sie hatte des Sozialismus. Er hat jetzt seine Treue Wühler hier und da in allernächster Zeit ver­feraten, deren Inhalte in tödlicher Monotonie auf zum Empfang ihres Mannes die Wohnung zur Bewegung mit dem Leben bezahlt. Mit suchen, ihre volksfeindlichen Treibereien fort­den gleichen Grundgedanken zugeschnitten wa- festlich mit Blumen geschmückt. ihm ist wieder einer der Besten dahin- zusetzen, so sei ihnen in aller Deutlich­ren, kommandierten sie, daß fortab An Stelle des Erwarteten kam die Nach- gezogen, ein Mann, der im Krieg sein Le- keit gesagt, daß das Sondergericht richt von seinem angeblichen Selbstmord. ben für Deutschland einsetzte er besaß in allen diesen Fällen rücksichts­und los die Höchststrafen gegen diese Offenbar hat gegenüber der Instanz, mehrere Kriegsauszeichnungen

101

das Recht sich der Rassenlehre unterzu­birtos msh dordnen habe. 12) 2G Jusib

Die Angehörigen erhielten aus dem La­

-

die nötigen Gesetze gegeben hat, mit den schärfsten Mitteln gegen alle vorgeht, die es wagen, ihre Hand gegen irgendeinen Kämpfer der nationalen Bewegung zu er­1900 20 heben.

Da die Rassenlehre wie feststeht, ein unwissen- die die Entlassung beschlossen hatte, eine dessen politisches Wirken nach dem Krieg Verbrecher festsetzen und da, wo kein anderes Ziel hatte als die Wohlfahrt es das Gesetz überhaupt zuläßt, auf die To­braune schaftlicher Nonsens ist, so heißt das, daß die höhere eingegriffen: der und die Freiheit seiner Volksgenossen. desstrafe erkennen wird, um diese Schädlinge gesamte Rechtsentwicklung fortab im Zeichen Mord, der durch Gefängniskorridore und auf gesetzlichem Wege für immer auszumer­zen." eines Unsinns vor sich gehen soll. Aus der Lagerbaracken schleicht, um sich die Be­xoslenobia asti o Rechtswissenschaft wird Rechtswahnsinn, aus sten zum Opfer zu holen. Er hat Solmitz Der Richter Lachmund weiß, daß dem Recht schreiendes Unrecht. loob nanob geholt wie wenige Wochen zuvor Fe­die Ermordung politischer Gegner zu den chenbach. So Ist während die Juristen aufmarschler­Grundsätzen des Systems gehört, dem er ten, die Gerechtigkeit abmarschiert.

Die Breslauer Arbeiter ehrten das An­denken dieses Kämpfers trotz Terror und Verfolgung. 2000 Mann standen an seinem Grabe, und viele Tausende werden an dem Tag bereitstehen, wenn es gilt, den Tod des Genossen Alexander und der vie­

Wir geben dabei ohne weiteres die Und Hans Alexander  ! len, die vor ihm unter den Händen der

Wahrscheinlichkeit zu, daß von den zwölf­

dient.

605

allo

Der Richter Lachmund weiß, daß braunen Mordbanditen verbluteten, zu dieses System Mörder belohnt oder be­straft, je nachdem zu wessen Gunsten der Mord geschah. ele estado

Verhaftung

bis dreizehntausend in Leipzig   konzen- Unter den Schutzhaftgefangenen, die rächen. trierten Juristen nur zwel- bis dreitau- bei der Auflösung des Breslauer Konzen­send dies bemerkt und nur einige hun- trationslagers in das neue Konzentrations­Der Richter Lachmund hat zu­dert darüber Wehmut empfunden haben dürften. lager bei Osnabrück   gebracht wurden, be­gunsten dieses Systems die Tötung eines Denn bei der großen Masse der Talarträger hat fand sich auch der Breslauer Ortssekre- im Reichswehrministerium Menschen angeordnet.lule der nationalistische Fanatismus längst jedes tär des Reichsbanners, Genosse Hans Der Richter Lachmund ist ein Mör­Streben nach Gerechtigkeit getilgt und der Alexander. Jetzt ist Hans Alexander   Im Reichswehrministerium wurde ein der im Talar. Es wird die Zeit kommen, blinde Haß gegen den Emanzipationskampf der ebenfalls den braunen Mordbanditen zum Abteilungsleiter, der bereits 10 sich dieses Namens zu erinnern, Vergeßt Arbeiterklasse längst die anima candida judi- Opfer gefallen. Die näheren Umstände sei- Jahre angestellt war, verhaftet, angeblich cis", die spiegelblanke Seele des Richters er- nes Todes sind uns noch nicht bekannt. weil er sich abfällig über das jetzige Re­blinden lassen. Ihr innerer Drang zur Unge- Es steht jedoch fest, daß es etwa Mitte gime geäußert habe. rechtigkeit treibt sie einer Lehre in die Arme - mag diese noch so unwissenschaftlich, noch so barbarisch- oberflächlich sein, die Ihnen ihre bisher nur mit schlechtem Gewissen und unter kläglichen Ausreden begangenen Rechts­verletzungen jetzt hinstellt als das eigentliche früher verkannte Volksrecht.nobne sis

So werden diese Richter auch nicht prote­stieren gegen jene barbarische Gesetzgebung,

Proletarische Heldinnen

Man schreibt uns aus Deutschland  :

Die gesamte SA.- und SS  - Mannschaft einer die sich jetzt an den Aufmarsch der Juristen" süddeutschen Stadt wurde aufgeboten, ähnlich anschließt wie der Raub des Gewerk- um eine große Razzia nach Marxisten durchzu­schaftsvermögens an den Aufmarsch vom 1. Mai. führen. Das Ergebnis der Razzia war die Ver­Genau wie damals die zu Feuerwerk und Luft- haftung von 300 Arbeitern. Sie wurden akrobatik aufs Tempelhofer Feld kommandier- in die SA.- Kaserne geschleppt und dort ein­

ten Massen nicht ahnten, was unter dem Deck- gesperrt.

disid ale

ihn nicht! nasmins Durch Druckfehler

entlarvt!

Vor einigen Tagen berichtete das braune ,,&- Uhr- Abendblatt" über eine grundsätzliche und programmatische Rede" des Reichslagen­ministers. Und es geschah in diesem Bericht stadt. Erst als die Verstärkung in sechs Last- etwas Fürchterliches, well die Setzmaschine autos eingetroffen war, wurde mit Gummi- offenbar sich geweigert haben muß, alle Lügen knüppeln und anderen Schlag- und Verdrehungen widerspruchslos zu wieder­werkzeugen der Angriff gegen die holen. Denn zwei Tage darauf war im, 8- Uhr­mutigen Frauen eröffnet. Eine Stun- Abendblatt" folgende Berichtigung dick de währte der ungleiche Kampf. Eine Stunde und fett in angsterfüllt großen Lettern zu lesen: stand die Front der Frauen für ihre Männer und Söhne gegen die Brutalität der Hitler­Soldaten. Liebe, Angst und Verzweiflung lieB mantel dieses Schauspiels geplant war, genau Den SA.- Mannen trat jedoch sehr bald ein sie ihr eigenes Schicksal vergessen. so wenig wußten wohl die in Leipzig   zusammen- Gegner entgegen, von dem sie sich bis jetzt Noch während draußen die Frauen mit getrommelten Juristen, daß der wahre Abschluß nichts hatten träumen lassen. Mit Windeseile ihrem Leben für die Männer stritten, trans­ihrer sogenannten Tagung ein jeder Zivilisation durchflog die Nachricht von der schmählichen portierten ortsfremde SA. die gefangenen Ar­hohnsprechendes Gesetz sein würde: die Ver- Inhaftierung ehrlicher und unbescholtener Ar- beiter durch ein rückwärtiges Tor ab und ent­wirklichung der sadistischen Blutphantasien beiter die Stadt. Mit Windeselle machten die führten sie in die benachbarte Großstadt. eines Morphinisten, der schon vor drei Monaten Frauen der Gefangenen mobil. Mütter, Ehe- Aber die mutigen Frauen ruhten im Juli die Todesstrafe gegen Worte frauen und Bräute der verhafteten Marxisten nicht und gaben nicht nach. Eine Abord­für immer mit dem Parla­und Gedanken verlangt hatte. demie zogen in geschlossenem Zuge vor die SA.- nung erschien bei dem Polizeipräsidenten der mentarismus vorbel... Dieses Gesetz zum Schutz des Rechts­Kaserne, schickten sich an, das Tor aufzubre- Großstadt, in welche die Männer entführt wor­Das Blatt hätte nur noch hinzuzufügen friedens" egnahovchen und riefen ohne Unterbrechung im den waren. Die Abordnung verlangte die brauchen:" Unsere Leser werden ohnedles er­sadistischer Hohn selbst noch in der Ueber- Sprechchor: Heraus mit unseren Herausgabe der zu Unrecht verhafteten Män- kannt haben, daß es sich um einen Druckfehler schrift- ist nun da! Um den Rechtsfrieden", Männern! Wir wollen unsere Männer. Der Polizeipräsident war ein human den- gehandelt hat" Denn es bedurfte, weiß Wotan, o welche Pazifisten sind doch Hitler  , Göring   ner wieder haben!" Gegen die aufge- kender Mensch.( Inzwischen ist er eben des- nicht erst der Entlarvung durch diese Berichti­um den stillen, lieblichen brachten Frauen wagten die rauhen Kämpfer wegen entlassen worden.) Die 300 gefangenen gung. Von des Arbeiter- Führer" unabänder Rechtsfrieden des Dritten Reiches   nicht in keinen Ausfall, sie verbarrikadierten Marxisten wurden auf seine Anordnung der lichen Programm" ist nicht mehr als eine Be­holdem Schlummer erschrecken zu lassen, sol- die Tore der Kaserne und telephonierten um Gewalt der braunen Miliz entzogen und nach richtigung übrig geblieben. len alle Menschen hingerichtet werden, schleunigste Hilfe in eine benachbarte Groß- kurzer Inhaftierung alle auf freien Fuß gesetzt. Aber die spricht Bände!

und Konsorten,

In unserem Bericht in der Sonnabend­Ausgabe über die große Rede des Reichs­ministers Dr. Göbbels   hat sich bedauerlicher­weise ein sinnentstellender Druckfehler ein­geschlichen. Reichsminister Dr. Göbbels   hat in seiner Rede nicht( wie es in unserem Bericht fälschlich hieß) gesagt:... In Deutschland   ist es für immer mit dem Ka­pltallsmus vorbel...", sondern diese Stelle hatte selbstverständlich richtig zu lauten: