Das Krankheitsbild der Wirtschaft

Das deutsche Wirtschaftswunder in kritischem Licht

müssen von

sorgung nicht gesichert werden kann?

Und die Aussichten sind verdammt trüb. Die Einfuhr aller wichtigen Rohstoffe bleibt zu­nächst unterbunden. Eine Wirkung auf den

Zu der anbefohlenen Schönfärberei der wären; ziffermäßig ausgedrückt, dürfte dies Zu diesen volkswirtschaftlich unproduktiv Devisenbestand der Reichsbank konnte natür­Wirtschaftsberichterstattung im Hitlerreich einen durch den Betrieb an sich nicht ge- Beschäftigten kommen dann die Arbeiter, die lich dadurch zunächst nicht erzielt werden. steht die furchtbare Wahrheit in schreiendem rechtfertigten Mehraufwand von nicht in ,, regulärer" Beschäftigung stehen, In der ersten Maiwoche betrug der Gold­Kontrast. Große entscheidende Wirtschafts- mindestens 72 Millionen RM. im Jahre aus- also die im Arbeitsdienst, als Landhelfer, Not- abgang rund 21 Millionen; die Währungs­zweige harren der Sanierung, die immer wie- machen, wodurch ein wesentlicher Teil des standsarbeiter und Fürsorgearbeiter unter- reserven sind unter die 200- Millionen- Grenze der hinausgeschoben wird, und bei vielen Jahresverlustes seine Erklärung findet". Aber gebracht sind. Ihre Zahl belief sich im März gesunken und betragen nur noch 191 Millio­Die Deckung sank von 5.8 auf 5.4 Pro­geht es um einschneidende Reduzierung auf das stimmt insofern nicht ganz, als die er- auf 1,040.000 Mann und ihr Verdienst nen. Nun ist freilich der von der Reichs­lange Dauer. Dies gilt für die Schiff- höhten Arbeitskosten ja gar nicht von dem erreicht meist nicht die Höhe der zent. Das bank ausgewiesene Gold- und Devisenbestand fahrt und die Werften, die die protektio- Unternehmer, sondern aus der Lohnsenkung Arbeitslosenunterstützung. daß das nicht identisch mit dem Devisenbestand nistische Wirtschaftspolitik in ihrer Wurzel bestritten werden, nicht dem Profit, son- alles erklärt auch ohne weiteres, getroffen hat, dies gilt aber auch für die deut- dern dem Arbeitslohn zur Last fallen. Die Aufkommen an Lohnsteuer im Fi- der deutschen Wirtschaft. Von den Schacht darüber sche Eisenindustrie, die mit% Mil- Kriegskosten der siegreichen Ar- nanzjahr 1933/34 mit 730 Millionen um 18.5 Gläubigern bedrängt, hat liarden Reichszuschuß nach dem Kriege neu beitsschlacht den Millionen hinter dem des Vorjahres zurück- einige Angaben machen müssen. 149 Millio­aufgebaut, überkapitalisiert und überdimensio- bis, her beschäftigten Arbeitern geblieben ist. Zwar wird vom Finanz- nen Auslandsdevisen werden noch unter den aufgebracht ministerium erklärt, daß Angestellten niert wird, mit viel zu hohen Kosten arbeitet und das Aufkommen, Aktiven der Reichsbank selbst verbucht und und nur bei überhohen Preisen im Inland, die werden. Und das ist eine allgemeine Er- wenn nicht die Erhebung geändert und Be- 60 Millionen bei der Golddiskontbank. Die in Verbindung mit den überhohen Agrar- scheinung. freiungen eingeführt worden wären, um 30 ersten sind langfristig und stellen die Reserve dar, aus denen die eigentlichen, auf vierzehn preisen eine unerträgliche Last für die Kon- So ist, um einen ganz anderen Wirtschafts- Millionen höher als im Vorjahre gewesen kurrenzfähigkeit der deutschen Industrie auf zweig heranzuziehen, bei dem Versiche- wäre. Aber die Zahl der Beschäftigten soll Tage und kürzer lautenden Deckungsdevisen den Weltmärkten bedeuten, den Eisenherren rungskonzern ,, Allianz" der ja nach den offiziellen Angaben in der gleichen kommen; den Wechseln der Golddiskontbank Ausland gegen­eine Rente sichern. Geschäftsumfang seit 1923 um 23 Prozent zu- Zeit um 2 Millionen gewachsen sein, also stehen Verpflichtungen ans Aber ca. 215 Millionen Mark Aber auch jene Industrie, die neben der rückgegangen, der Beamtenstand aber ist um bei 14.7 Millionen Beschäftigten um ca. 14 Pro- über. Nach den Behauptungen des Finanz- liegen bei den verschiedenen Staatsbanken, Großchemie einst die stärkste der deut- 24 Prozent gewachsen. Die Unkosten, die zent. Prämieneinnahme ministeriums wäre aber die Lohnsteuer auch und auch die Schiffahrtsgesellschaften und schen Wirtschaft war, in der die enge Ver- 1929 rund 38 Prozent der bindung der Wissenschaft mit hochstehender ausmachten, sind jetzt auf 48 Prozent gestie- bei gleicher Erhebungsart nur um ca. 4 Pro- privaten Exporteure dürften über gewisse Be­gen. Hier geht die Arbeitsbeschaffung" teils zent gestiegen. An der erheblichen stände verfügen. Das alles ändert aber nichts Qualitätsarbeit mit am erfolgreichsten zur auf Kosten der bisher Beschäftigten, teils auf Verminderung des Arbeitsein- daran, daß die deutsche Devisenlage immer Geltung kam und ihr einen ersten Platz am kommens kann aber wirklich nicht kritischer wird, während die Transferkonfe­Weltmarkt sicherte, auch die deutsche Elek­renz mit den Gläubigern irgendeinen Ausweg gezweifelt werden. trizitätsindustrie befindet sich seit noch immer nicht erkennen läßt.

Kosten der Versicherten.

zwar

Fest steht jedenfalls, daß heute auch in die Beginn der Krise in einem Niedergang, der Zweige der deutschen Wirtschaft ein großer

noch immer nicht zum Stillstand kommt.

Die Allgemeine Elektrizitäts­gesellschaft veröffentlicht jetzt ihren Abschluß für das Geschäftsjahr vom 31. Ok­tober 1932 bis 30. September 1933. Der Um­satz, der 1928/29 noch 580 Millionen betrug, 1930/31 sich auf 370 Millionen vermindert hatte, ist jetzt auf 180 Millionen gegen 220 im Vorjahre gesunken. Ja, der Umsatz in der wichtigsten Abteilung, dem Kraftwerks­und Großmaschinenbau, ist auf den zehnten Teil des Höchststandes zurückgegangen. Der Umsatzrückgang der AEG. ist aber fast eben­so groß, wie der von Siemens- Schuk­kert, des anderen führenden Unternehmens der Starkstromindustrie; bei beiden beträgt der Umsatz nur mehr ein Drittel des Um­satzes von 1928/29. Besonders ungünstig hat sich das Auslandsgeschäft entwickelt; namentlich das Russengeschäft, für das sich die Leitung der AEG. als eine der ersten unter den deutschen Unternehmungen einge­setzt hatte und das in guten Jahren 30 Mil­lionen Rmk. brachte, ist zum völligen Still­stand gekommen eine unmittelbare Folge der russenfeindlichen Politik Hitlers . Nur noch 38 Prozent( gegen 45 im Vorjahr) ent­fielen auf den Export, und der Exportanteil geht im laufenden Jahre weiter zurück, ob­wohl die Hälfte der Ausfuhr aus sogenannten Zusatzexporten" besteht, also mit Sperr­marks oder Scrips verbilligtem Dumping­export darstellt. Im Inlandsabsatz hatte die AEG. überdies im Gegensatz zu Siemens mit ..Schwierigkeiten aus außerwirtschaftlichen Gründen zu kämpfen, d. h. sie wurde von den Nationalsozialisten wegen des früheren jüdischen Einschlags bis zur Gleichshaltung der Leitung eine Zeitlang schlechter behandelt als Siemens.

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Der Verlust des Jahres beträgt 26.5 Millionen; er wäre viel größer, wenn nicht Sondergewinne von 29 Millionen ent­standen wären, die hauptsächlich aus Valuta­gewinnen an den kurzfristigen Schulden, aus Tilgungen und Bondsrückkäufen stammen. Im Vorjahre betrug der Verlust 72.8 Millionen, von dem rund 42 Millionen durch Auflösung der Reserve gedeckt wurden; es besteht jetzt also ein Gesamtverlust von 57 Millionen bei einem Aktienkapital von 185 Millionen. Die­sem stehen 198.43 Millionen Reichsmark Schulden gegenüber, obgleich es der AEG. in diesem Jahre teils infolge der Valutaentwer­tung, teils durch Tilgungen gelungen ist, die Schulden um rund 80 Millionen zu verringern. Der Abschluß zeigt also ein trostloses Bild der Aktienkurs von ca. 25 Prozent ist in und auch für Wirklichkeit viel zu günstig das laufende Jahr, in dem die Inlandsaufträge angeblich zunehmen, wird bereits ein neuer Verlust angekündigt.

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Trotz des starken Umsatzrückganges und der gesunkenen Beschäftigung ist aber die Zahl der Arbeiter in den letzten Monaten" um 27.400 auf 30.000 gestiegen. Das deutsche Wirtschaftswunder! Löhne und Soziallasten sanken aber im Berichts­jahr um 79.57 auf 61.26 Millionen!

Die ,, Neue Züricher Zeitung" spricht milde von der Kehrseite der Auswirkungen der Arbeitsbeschaffung insofern, als das Unter­nehmen heute über 10 Prozent mehr Arbeiter und Angestellte beschäftigen muß, als bei Betriebsführung erforderlich rationeller

Teil früherer Arbeitsloser eingestellt wird, deren Produktion nicht zugenommen hat; die vermehrte Zahl der Arbeiter wird mit der gleichen oder einer geringeren Lohn­summe erhalten als früher.

Die Hauptsorge der deutschen Wirtschaft So rundet sich das Bild der deutschen bleibt aber die ganz akute Frage: wie soll Wirtschaft. Es ist ein Patient, der in schwer die Produktion auch nur im bisherigen Um- leidendem Zustand der sorgsamsten Behand­fang fortgeführt, geschweige denn gestel- lung bedürftig, in die Hände unwissender gert werden, wenn die Rohstoffver- Kurpfuscher gefallen ist.

PROBLEME

DES SOZIALISMUS

Sozialdemokratische Schriftenreihe

Reichstagsbrand

Wer ist verurteilt?

Von Justinian

Der Autor, ein hervorragender Jurist, behauptet nichts, was er nicht be­weisen kann. Er verzichtet darauf, aus einzelnen Indizien brüchige Be­weise zu konstruieren, sondern stellt den Komplex der Ereignisse, die mit dem Reichstagsbrand und dem nachfolgenden Prozeß zusammenhängen, mitten in das politische Gesamtbild des nationalsozialistischen Staats­streichs. Dadurch wird seine Beweisführung absolut zwingend. Es ergibt sich: Selbst wenn der Reichstagsbrand nicht von Nationalsozialisten gelegt worden wäre, so würde doch die Art seiner Ausnutzung durch die Regie­rung Hitler- Göring eines der schändlichsten Verbrechen der Geschichte bleiben. Die hier vorliegende Darstellung der Zusammenhänge und der politischen Auswirkungen des Prozesses ist eine Grundlage für jene große Aufklärungsarbeit, die vollbracht werden muß, um Urheber und Schuldige des Verbrechens der geschichtlichen Verantwortung auszuliefern.

Der Faschismus und die Intellektuellen"

UNTERGANG DES DEUTSCHEN GEISTES

Von Landgerichtsdirektor***

Ein hoher deutscher Justizbeamter zeichnet in dieser Schrift das geistes­feindliche Gesicht des heutigen Deutschland . Geschichtsforschung wird durch Rassenblödsinn lächerlich entstellt und zu reaktionären Staats­zwecken umgelogen. Richter und Pfarrer, Professoren, Künstler und Dich­ter werden in die Zwangsjacke eines delirierenden Despotismus gesteckt oder wandern in die Konzentrationslager. Immer tiefer sinkt der Geist, bis ein Erwachen in Blut und Grauen droht.

Revolte und Revolution"

DER WEG ZUR FREIHEIT

Von Georg Decker

Der Verfasser saß im Jahre 1933 monatelang hinter den Mauern deutscher Gefängnisse. Er zerfetzt das Parademäntelchen einer, nationalen Revolu­tion" und enthüllt sie als den geglückten Aufstand der Gescheiterten", die für persönliches Mißgeschick und eigenes Versagen das, System" ver­antwortlich machten. Georg Decker gewinnt neue Ausblicke auf den Weg zur Freiheit: Die Kluft zwischen der angeblich, nationalen Geschlossen­heit" und der realen Wirklichkeit reißt täglich tiefer auf., Es genügt jetzt nicht, die Voraussetzungen der im heutigen Deutschland schon vorhande­nen Unzufriedenheit zu prüfen, es muß der Weg gefunden werden, diese Unzufriedenheit in politische Leidenschaft und einen fanatischen politi­schen Willen zu verwandeln."

Jede dieser drei Schriften kostet in: Belgien 7.50 Frs./ Bulgarien 35 Lewa/ Däne­ mark 1.50 Kr./ Deutschland 0.90 RM./ Frankreich 5.50 Frs. Großbritannien -.1.5 Pf. St./ Italien 4.- Lire/ Jugoslawien 17.- Dinar/ Niederlande 50 Gul­den/ Oesterreich 1.80 Schilling/ Palästina 070 Pal. Pid./ Polen 1.85 Zloty/ Rumänien 37. Lei Schweden 1.45 Kronen/ Schweiz 1.10 Frs./ Tschecho­ slowakei 7.-/ Ungarn 1.40 Pengö/ USA. -.35 Dollar.

Bestellungen durch jede Buchhandlung oder direkt an Verlagsanstalt ,, Graphia", Karlsbad , ČSR.

Dr. Richard Kern.

,, Haben Sie schon gehört, daß alle Elektri­zitätswerke die Stromlieferung einstellen?" ,, Nein, warum?" ,, Na, in Deutschland gibt es nur noch Kraft durch Freude."

Front des Geistes

Neue bemerkenswerte Veröffentlichungen. In der Sammlung"( Querido- Verlag, Am­ sterdam ), Heft 9, schreibt Hermann Ke­ sten über ,, Die deutsche Literatur ". Er be­nennt die Gleichgeschalteten:

,, Literarisches Programm: Adolf Hitler . Unter diesem Programm, unter dem Namen dieses Autors, der über das deutsche Volk, aber nicht über die deutsche Sprache Gewalt hat, schreiben: Binding, Blunck, Bruno Brehm, Carossa, Dwinger, Hans Grimm, Paula Grog­ ger , Gertrud von Le Fort , Johst, Kolbenheyer , Max Mell , Agnes Miegel , Wilhelm Schäfer, Ina Seidel , Stehr, Emil Strauß , Taube und Tügel, Wehnert und Wiechert, Zerzer und Ziegler. Es mögen bedeutende Talente darunter sein ( was ich nicht glaube). Sie sind verdamint, zu lügen: sie sind verurteilt, wie Hitler zu schrei­ben; sie sind verkauft und verraten."

In den Europäischen Heften" Nr. 5 berichten die beiden Schweizer Adolf Saager und Ernst Dolfers über den Widerstand der arbeitenden Schweiz gegen den Faschismus.

Die Weltbühne" Nr. 20 veröffentlicht einen Aufsatz von Gerald Hamilton über die Rüstungsinternationale.

Neuer Vorwärts

Gozialdemokratisches Wochenblatt

Herausgeber: Ernst Sattler ; verant wortlicher Redakteur: Wenzel Horn; Druck: Graphia"; alle in Karlsbad . Zeitungstarif bew. m. P. D. ZI. 159.334/ VII- 1933.

Der Neue Vorwärts" kostet im Einzel­verkauf innerhalb der ČSR . 1.40( für ein Quartal bei freier Zustellung 18.-). Preis der Einzelnummer im Ausland 2.-( 24. für das Quartal) oder deren Gegenwert in der Landeswährung:( die Bezugspreise für das Quartal stehen in Klammern): Argentinien Pes. 0.30( 3.60). Belgien Frs. 2.-( 24.), Bul­ garien Lew 8.-( 96.-), Danzig Guld. 0.30 ( 3.60), Deutschland Mk. 0.25( 3.-), Estland E. Kr. 0.22( 2.64). Finnland Fmk. 4.-( 48.), Frankreich Frs. 1.50( 18.-). Großbritannien d. 4.-( Sh. 4.-), Holland Gld. 0.15( 1.80), Italien Lir. 1.10( 13.20), Jugoslawien Din . 4.50( 54.-). Lettland Lat. 0.30 ( 3.60), Litauen Lit. 0.55( 6.60). Luxemburg B. Frs. 2.-( 24.-), Norwegen Kr. 0.35( 4.20), Oesterreich Sch. 0.40( 4.90), Pa­lästina P. Pf. 0.018( 0.216), Polen Zloty 0.50 ( 6.-), Portugal Esc. 2.-( 24-), Rumänien Lei 10.-( 120.-), Saargebiet F. Fr. 1.50( 18.), Schweden Kr. 0.35( 4.20), Schweiz Frs. 0.30 ( 3.60), Spanien Pes. 0.70( 8.40), Ungarn Pengö 0.35( 4.20), USA . 0.08( 0.96).

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