Im Zdchen der KriettvoMtmis Der Krebssdbaden der deH�sdien Wirtsdiaft Die Mitteilungen der Vierteljahrshefte des deutschen Konjunkturinstituts werden immer magerer. Die letzte Veröffent­lichung enthält fünf knappe Seiten über die deutsche Wirtschaftslage. Sonst be­müht sich noch Herr Wagemann um eine theoretische man verzeihe das harte Wort Rechtfertigung der deutschen in­flationistischen Finanzierung auf 7% Sei­ten, und der übrige Inhalt Ist hauptsäch­lich den Ottawa -Verträgen, einer Apologie der Wirtschaftspolitik der portugiesischen Diktatur und ähnlichen Themen gewidmet, die unverfänglicher sind als noch so vor­sichtige Betrachtungen über den Zustand, in den die Hitler , Göring und Schacht die deutsche Wirtschaft gebracht haben. Die fünf Seiten enthalten ein paar be­kannte, also nicht wegzuleugnende Fest­stellungen und ein paar ganze oder halbe Lügen.»Die allgemeine Aufwärtsentwick­lung der deutschen Volkswirtschaft hält weiter an«. Richtig müßte der Satz lau­ten: Die spezielle Aufwärtsent- wicklungderdeutschenKriegs- wirtschaft geht in immer noch beschleunigtem Tempo voran. Halb wird das auch zugegeben.»Im Mit­telpunkt dieser allgemeinen Aufwärtsent­wicklung stehen nach wie vor die unmit­telbaren staatlichen Investitionen(Wehr­aufträge, Autobahnen, öffentliche Bauten und dergleichen). Mehr und mehr aber treten hierzu seit einiger Zeit die Investi­tionsausgaben im Rahmen des Vierjahres­ plans : Aufbau der heimischen Rohstoff­wirtschaft und landwirtschaftliche Erzeu­gungsschlacht. Dann aber beginnt die Ent­fernung von der Wahrheit:»So ist auch die Konsumgütererzeugung dem hohen Stande, den sie im Aufschwung der Jahre 1927 bis 1929(also im verruchten System!) erreicht hatte, wieder nähergekommen. Wenn auch die Konsumgüterindustrien da­mit noch nicht die Grenze ihrer techni­schen Leistungsfähigkeit erreicht haben, so beginnen sie doch allmählich zusätz­liche Nachfrage nach Investitionsgütern zu entfalten. Andererseits sind die Produk- tionsgüterindustrien nicht mehr in der Lage, diesen Bedarf zu dek- k e n, wie überhöhte Auftragsbestände und stark verlängerte Lieferfristen zeigen. So steht die Investitionspolitik im Mittelpunkt der Probleme.« Halten wir also zunächst fest, daß die Konsumindustrien noch pro­duzieren müßten, um auch nur den Stand der Vorkrisenzeit zu erreichen. Aber das wird ihnen unmöglich gemacht, denn die Investitionsgüterindustrien können den Be­darf für die nötigen Ersatzanschaffungen und Erweiterungen nicht liefern, aus dem einfachen Grunde, weil sie schon den Auf­trägen für den Rüstungsbedarf nicht nach­kommen können und deshalb der Zivilbe­darf nicht befriedigt werden kann. Aber selbst das ist nicht wahr. Würden sich die wirklichen Konsumindustrien und nicht nur der willkürliche Komplex, der in der Wagemannstatistik enthalten ist dem Vorkrisenstand nähern, wie erklärt sich dann der große Umfang der Kurzarbeit in der Textil- und Schuhindustrie eine Kurzarbeit, die so arg ist, daß den Arbei­tern noch Zusatzunterstützung aus öffent­lichen Mitteln gewährt werden muß? Zitie­ren wir den»Economist «: »Der Verbrauch aller Textilien, sowohl des natürlichen als des synthetischen Rohmate» rials betrug im letzten Jahre 596.400 Tonnen, von denen 187.350 Tonnen im Inland erzeugt wurden; 1932(also auf dem Tiefpunkt und durchaus nicht auf dem Höhepunkt von 1928/1929) betrug der Verbrauch 535.390 Tonnen, von denen nur 90.020 Tonnen im In­land erzeugt waren. Die scharfe Rationierung des Rohmaterials für die Erzeuger hat zu einer vermehrten Verwendung von Lumpen und Abfall geführt. Die Inländische Erzeu­gung von Leinengarn hat sich seit der De­pression verdoppelt, aber bleibt noch um über die Hälfte hinter der Vorkriegszelt zu­rück. Da die Einfuhr zurückgegangen ist. bleibt der allgemeine Verbrauch niedrig.« Dazu ist noch hinzuzufügen, daß die Preise außerordentlich gestiegen, die bil­ligeren Waren zum großen Teil vom Markt verschwunden und die Qualität infolge der Verwendung von Ersatz und Abfall bedeu­tend verschlechtert ist. Aehnliches gilt für die Schuhindustrie, und letztlich ist auch die immer häufigere Schließung der Le­bensmittelgeschäfte, der Fleischer- und Bäckerläden, der Kleinhandelsgeschäfte überhaupt nicht nur auf die vom Regime erzwungene Herabdrückung der Handels­spanne, sondern auch auf den abnehmen­den Absatz zurückzuführen. Von alledem enthält der Konjunkturbericht kein Wort. Denn das Zurückbleiben der Konsumindustrien, die für Deutschland so charakteristische Diskre­panz zwischen der blühenden Rüstungs­industrie und der fast auf tiefstem Kri­senstand verharrenden Verbrauchsgüter- industrien darf von Wagemann nicht zu­gestanden werden. Dagegen darf er die unzulängliche Rohstoffversorgung behandeln, schon weil damit zugleich der deutschen Kolonialforderung gedient wird.»Die Ein­fuhr von Rohstoffen und Halbwaren bleibt nach wie vor hinter dem Wachstum der Industrieproduktion zurück.« Setzt man Industrieproduktion und Rohstoffeinfuhr 1928 gleich 100, so beträgt 1929 die Indu­strieproduktion 101, während der Einfuhr­überschuß an Roh- und Halbstoffen auf 87 zurückging. 1932 betrug der Index der Industrieproduktion 54; er stieg auf 108 im Jahre 1936; der Einfuhrüberschuß an Rohstoffen zeigt aber folgendes Bild: 1932: 68. 1934: 96, 1935: 89, 1936: 77. Er ist also auch in den letzten Jahren im Gegensatz zur Produktionsentwicklung ständig gefallen. In neuester Zeit ist das sicher auch eine Folge der Preisentwick­lung. Diese hat an den internationalen Rohstoff markten seit dem zweiten Halb­jahr 1936 den Charakter einer ausgespro­chenen Hausse angenommen. Von 1932 bis 1935 erhöhten sich die Preise der aus­landsbestimmten Rohstoffe um 11.3 Pro­zent, von 1935 bis Anfang 1937 um wei­tere 16.1 Prozent. Nimmt man den Roh- stoffanteil am Umsatzwert der Industrie­produktion mit etwa 20 Prozent im Jahre 1935 betrug der Wert der industrie­fremden Rohstoffe schätzungsweise 10.9 Milliarden RM bei einem Umsatzwert von 59 Milliarden RM, den der ausländischen Rohstoffe mit rund 10 Prozent an, so kön­nen so beträchtliche Preissteigerungen wie die jüngste nicht ohne Wirkung auf die Gesamtkosten bleiben. Die Frage der Ko­stenkompensation gewinnt dadurch erhöht Bedeutung.« Die Rohstoffteuerung hat also doppelte Bedeutung; einmal verringert sie bei gleichbleibendem Devisenaufwand die Menge der einzuführenden Rohstoffe, an­dererseits erschwert sie trotz der Preis­stopverordnung das Festhalten des inländi­schen Preisniveaus immer mehr. So wach­sen sowohl die von außen herrührenden als auch die inneren Spannungen im deut­ schen Wirtschaftsgefüge. Tröstend be­merkt das Konjunkturinstitut, daß auf dem Weltmarkt jetzt auch eine Steigerung der Fertigwarenpreise einsetzt, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Aus­fuhr günstig beeinflußt. Das ist zum Teil richtig. Aber wie in der Krise der Sturz der Rohstoffpreise unvergleichlich größer war als der der Fertigwarenpreise, so ist auch in der Prosperität der Preisanstieg der Rohstoffe ungleich stärker als der der Fertigwaren. Die für Deutschland ungün­stige Diskrepanz mag sich etwas abschwä­chen, bleibt aber im wesentlichen bestehen. Am auffälligsten ist, was das Konjunk­turinstitut ganz verschweigt. In der letzten Zeit ist nämlich zur Knappheit an den ausländischen Rohstoffen die Schwie­rigkeit der Versorgung mit inländi­schen Rohstoffen hinzugekommen, und noch dazu mit den wichtigsten: mit Eisen und in etwas geringerem, aber sehr fühl­barem Maße mit Kohle. Die Eisenknapp­heit, die durch die zunehmende Schwierig­keit der Erz- und Schrottversorgung rasch gesteigert wird, hat bereits dazu geführt, daß eine Rangordnung in der Eisenbelie­ferung festgesetzt und eine Verteilung nach Kontingenten vorgenommen wird. In erster Linie werden die Eisen- und Stahl­lieferungen für die Rüstungsindustrie und für die Ansprüche des Vierteljahrsplancs reserviert. Dann kommen die übrigen In­vestitionsindustrien. Gedrosselt sollen vor allem die Bauvorhaben werden, die Eisen­konstruktion dabei nach Möglichkeit ein­geschränkt und auf ältere(!) Bauweisen, auch wenn sie zum Teil teuerer sind, zu­rückgegriffen werden. Die Neubauten für die Wehrmacht und für die Fabriken des Vierjahresplanes werden davon nicht be­troffen, wohl aber die Wohnungsbauten, obwohl selbst das Konjunkturinatitut die »anhaltende, teilweise sogar verschärfte Wohnungsknappheit« zugeben muß. Dafür ist ausdrücklich ein ausreichendes Eisen­kontingent für die Parteibauten bereitge­stellt, über das der Reichsschatzminister verfügt. So hat die Aufrüstungswirtschaft nicht allein die Knappheit an ausländischen Rohstoffen geschaffen, sondern ihre Uebersteigerung über die in Deutschland nun einmal vorhandene Wirtschaftskraft, so riesig diese ist, hat jetzt sogar die Gren­zen der einheimischen Rohstofferzeugungs­möglichkeiten erreicht. Aber davon darf Herr Wagemann nichts vermelden. Dr. Richard Kern. Warum Elsenmangel? VCv-»>'£7' Die Vorräte der deutsdien Kriegs wirtsdiaft Nirgendwo sonst war in der Zelt der Welt­krise das Mißverhältnis zwischen der mög­lichen und der wirklichen Produktion von Eisen, der Erzeugungsfähigkeit der Eisen­werke und der Absatzfähigkeit ihrer Pro­dukte so kraß wie in Deutschland . In dieser Zeit waren die Betriebe der Schwerindustrie zu 50, höchstens 60 Prozent ihrer Kapazität ausgenutzt. Ein Drittel, wenn nicht gar die Hälfte ihrer Werke war nicht mehr wert als altes Eisen. Da verschaffte der Führer seinen Verehrern Thyssen und Kirdorf , was sie verlangten. Er bewerkstelligte die deut­sche Wehrfreiheit und damit die Vollbeschäf­tigung der schwerindustriellen Werke und ihre Befreiung von bankrottartiger Ueber- schuldung. Im fünften Jahre des Dritten Reiches ist die Krisensituation der Elsen- und Stahlindustrie Ins Gegenteil umgeschlagen. Die Unterbeschäftigung der Elisenwerke ist überwunden. Statt der Ueberfülle von Eisenwerken gibt es nun einen katastrophalen Mangel an Elsen. Die Elsenerzeuger sind>mlt Auf­trägen Uberflutet«, die Folge ist die»Ver­zögerung der Lieferzeiten ins Unübersehbare, die eine ordentliche Abwicklung der Elsen- versorgung gefährdet«.(»Deutscher Volks­wirt«, 25./3. 1937). Eis wird jetzt nicht nur Fett und Mehl, sondern auch Elsen ge­hamstert. Bereits gegen Ende des vorigen Jahres hat die Reichsregierung das Hamstern von Elisen durch eine Verordnung zu ver­hindern versucht, die die Lagerhaltung des Eisenhandels begrenzt. Da aber das Elisen­hamstern Folge, nicht Ursache des Eisen­mangels ist, mußte man sich zu schärferen Eingriffen entschließen. Im Februar wurde die Ungültigkeit aller Eisen- und Stahlauf­träge angeordnet, die nicht bis zum 30. April ausführbar sind. Damit Ist Raum für die amtliche Rationierung der Bisenversorgung, für die Drosselung des Eisenverbrauchs ge­schaffen. Es ist eine Rangordnung der Eisen­verbraucher festgesetzt, die ihren Anspruch auf Elisen regelt. An erster Stelle steht der Export der Eisenerzeugung und der eisenver­arbeitenden Industrie. Ihre Kontingente sind so hoch bemessen, daß keine Hemmung des Exports stattfinden kann. An zweiter Stelle der Rangliste steht»die Befriedigung des für die staatspolitisch vordringlichen Aufgaben notwendigen Bedarfs sowie der für diese Zwecke arbeitenden oder als Schlüsselindu­strien anzusehenden Wirtschaftszweige«, mit anderen Worten die Aufrüstung. Der Rest ist für den Rest, den zivilen Bedarf. Staats­sekretär Köhler hat bereits verkündet, daß er sich nach der Decke zu strecken habe. Be­sonders katastrophal Ist die Wirkung dieser Regelung auf die Bauwirtschaft, auf die bisher ein Drittel des Elisenverbrauchs entfalllen war. Die Verwendung von Eisen­beton Ist schon jetzt stark eingeschränkt. Eisenträger fehlen in solchem Maße, daß man in Berlin bereits den Versuch machte, die Bauten nach der Art der Vorväter mit Steinwölbungen zu stützen, aber es fehlen die Arbeiter, die alt genug sind, diese Methode des Bauens gelernt zu haben. Die»Deutsche Volkswirtschaft«, 1. April-Heft 1937, schreibt: »Besonders fühlbar wird die Senkung des Eisenverbrauches in der Bauwirtschaft werden, die normaler Weise ein Drittel der Elisenproduktion aufnimmt. Außer der Elinschränkung des privaten Wohnungs­baues wird die Entwicklung dahin gehen müssen, mit möglichst wenig Eisen zu bauen, also dort,»wo es technisch möglich ist, auf den Stahlskelettbau zu verzichten«. Die Ausführung von Bauten im allgemeinen ist nunmehr von der Bewilligung durch die Arbeitsämter, die Inangriffnahme großer öffentlicher Bauten von der Genehmigung des Staatssekretärs Köhler abhängig. Wäh­rend Dr. Nonnenbruch im»Völkischen Be­obachter« sich müht, den Arbeltern klar zu machen, daß sie mit dem ihnen aufgezwun­genen Lohnverzicht den Preis für eine künf­tige Verbesserung ihres Lebensstandards be­zahlen. wird tatsächlich wieder einmal der zivile Verbrauch zugunsten des militärischen gedrosselt, die Bewaffnung auf Kosten der Lebenshaltung gefördert. Der Eisenmangel ist allerdings nicht auf das Dritte Reich beschränkt, er Ist eine Welt­erscheinung. Bereits im Vorstadium des künf­tigen Krieges fehlt der wichtige Kriegsroh­stoff. Die Erzförderung kann mit dem sprunghaft steigenden Bedarf von Eisen für den Konjunkturaufstieg im allgemeinen und die Rüstungskonjunktur im besonderen nicht Schritt halten, zumal das spanische Erz auf dem Weltmarkt fehlt. Das Bedürfnis, nach Ersatz des fehlenden Erzes durch den ande­ren Rohstoff der Eisenerzeugung, das Schrott, hat zu einem empfindlichen Schrottmangel geführt, der sich zu einem Hemmnis der Weltproduktion auswächst. Eine ganze Reihe von Ländern hat die Ausfuhr von Schrott verboten oder stark eingeschränkt. Nor­ wegen hat die Ausfuhr von Schrott, Stahl und Roheisen verboten. England hat den Roheisenzoll aufgehoben und den Zoll für Stahl auf die Hälfte herabgesetzt, um den Anreiz zur Einfuhr von Eisen zu erhöhen. Zwischen den europäischen Eisenländern sind Verhandlungen zur Bildung eines Schrottkar- tells im Gange, das aber nicht den Verkauf, sondern den Einkauf von Schrott regulieren soll. Man will verhindern, daß sich die Län­der gegenseitig den Schrott abjagen. Eisen ist ein begehrteres Gut geworden als Gold, es findet ein Wettlauf um das Eisen statt, und jedes Land möchte möglichst viel von dem schwindenden Eisenvorrat an sich bringen, um die Deckung des zur Zelt dringendsten Bedarfs, des Rüstungsbedarfs zu sichern. Man wäre also geneigt, den Eiaenmangel In Deutschland nur als Folge des Welteiscn- mangels anzusehen, nur verschärft durch die deutsche Devisennot, auf die gleichen Ur­sachen zurückführbar. Aber der deutsche Eisenmangel hat seine besonderen Ge­he 1 m n i s s e und dementsprechend auch sei­ne besondere Art der behördlichen Begulie- rung, die in keinem anderen Lande so An­schneidend ist wie hier. In der Welt außer­halb Deutschlands ist die Erzversorgung hin­ter der Stahlerzeugung zurückgeblieben. Die Welterzeugung von Rohstahl hatte bereits 1936 die Ziffer des bisherigen Rekordjahrea 1929 überschritten, die Welterzförderung hatte sie aber noch nicht erreicht. I n Deutschland ist das Verhältnis genau umgekehrt. In den ersten neun Monaten des vorigen Jahres z. B. war die Erzeinfuhr um 37 Prozent, die Rohstahler­zeugung»nur« um 25 Prozent gestiegen,»so daß also im laufenden Jahre die Rohstoffver­sorgung von der Erzseite her eine Tendenz zu relativer Besserung aufwies«(»Die Wirt- schaftskurve«, Heft IV 1936). Die englische Stahlproduktion mußte im Januar wegen Rohstoffmangel auf eine Million Tonnen ein­geschränkt werden. Sowohl Deutschlands Erzeinfuhr wie seine Elsen- und Stablerzeu­gung dagegen sind bis in die letzte Zeit un­unterbrochen gestiegen. Die Versorgung mit ausländischem Erz wird durch das folgende, dem Wirtschaftsbericht der Commerz- und und Privat-Bank vom 31. März 1937 entnom­mene Schaubild illustriert: