Nr. 201 BEILAGE

Neuer Vormärts

18. April 1937

Das Gesicht des Faschismus

Ein Augenzeugenbericht über die Vernichtung von Addis Abeba

Die in Genf erscheinende Zeitung| 35.000, Milizen und Schwarzhemden 40.000, In einigen Stadtvierteln bedecken die Lei-| bevorstünde. Die Schwarzhemden singen laut, > Journal des Nations< veröffentlicht einen Mann, erythräische Askaris 5000 Mann, tripo- chen Straßen und Plätze vollständig. Auf sie bilden Gruppen, in denen jeder sich beeilt, Augenzeugenbericht über die Zerstörung litanische Askaris 3000 Mann, insgesamt dem Platz von St. Georg, der des Reiter- seine Taten zu erzählen, und sich der Zahl von Addis Abeba nach dem Attentat auf mehr als 83.000 Mann. standbildes Meneliks des II. beraubt ist, bil- und der Art seiner Opfer zu rühmen. Graziani. Die Greueltaten, die die Italiener Die verfluchte Rasse« bestand aus der den die Leichen wahre Hügel. Die Kathedrale Ueberall in der Stadt die Ruhe des Todes. in Addis Abeba begangen haben, gehören Bevölkerung von Addis Abeba . von St. Georg selbst, die vor 40 Jahren zum Man sieht indessen in den vom Zentrum ent­Wieviel be­zu den schauerlichsten Verbrechen, die in trägt sie in Gedächtnis des Sieges von Adua errichtet diesem Augenblick? Niemand legeneren Vierteln einige überlebende Abessi­der Weltgeschichte jemals begangen wor- kann es genau sagen. In der guten alten Zeit worden ist, ist von der Wut und dem Vanda­nier umherirren zwischen den rauchenden lismus der Blutmenschen nicht verschont Fackeln der Eukalyptusbäume, ohne Obdach worden. Sie haben sie mit Benzin begossen und ohne Nahrung. Sie werden bald von den und dann Feuer angelegt. Die Mauern stehen Faschisten oder vom Hunger erledigt sein. ständig zerstört. Niemand von den wenigen ein. Es gibt keine Märkte mehr, keine überlebenden Abessiniern hat das Recht, die Lebensmittel mehr und der Hunger erfaßt ernsthaft die Armee Mussolinis.

Der

unaufhörlich in ein­

Leichen seiner Angehörigen aufzuheben und Urteil

niemand darf sie beweinen, wenn er nicht

den sind. Sie reichen an die Taten von schwankte sie zwischen 250.000 und 300.000 Cortez heran, der Mexiko zerstörte. Einwohnern. Nach Beginn des Krieges und Faschismus scheint sich darauf zu ver- infolge der Nähe der Besetzung und während lassen, daß seit der italienischen Be- der ganzen folgenden Zeit hatte sich die Be- noch, aber das Innere der Kirche ist voll- Denn niemand kommt mehr in die Stadt hin­setzung die Verbindungen nach Abessinien völkerung der Stadt kümmerlich sind und daß über seine Ver- drucksvoller Weise vermindert. Derart, daß brechen nur spärliche und kümmerliche im Augenblick, wo dies schreckliche Nachrichten durchsickern. Er hat sich in- über ihren Kopf erging, die Bevölkerung von dessen getäuscht. Dieser Augenzeugen- Addis Abeba kaum 50.000 übertreffen konnte. erschossen, eingekerkert oder deportiert wer- Die Bevölkerung der die Hauptstadt um­bericht lehrt, was es mit der Kulturmission den will. Allein die Faschisten sammeln mit gebenden Gebiete ist durch Flugzettel, die des Faschismus auf sich hat. Die regulären Truppen geben Zeichen von Lastwagen die Leichen auf, die verbrannt man von Flugzeugen abgeworfen hat, aufge­Entrüstung, als man ihnen diesen haẞerfüll- werden sollen. Das ist das Gesicht des Faschismus! ten Befehl mitteilt. Man beeilt sich deshalb, Angesichts dieser grauenvollen Tatsachen ihre Tätigkeit auf Immer noch hört man bald hier bald da Vieh zu verproviantieren. Aber niemand wagt die Besetzung der be­sich mehr in die Stadt hinein, von der die Schüsse fallen, die manchmal zu Salven wer­brechen alle die großen Worte zusammen, festigten Positionen in der Stadt und um die den. Dann hat man Gruppen von Familien Legende geht, die sich auf die grauenhaften

A

mit denen der Faschismus sich maskiert! Stadt herum zu beschränken, um allen Das ist die» Kulturmission«, die der italie- Flüchtlingen jeden Ausweg durch das Feuer nische Faschismus in Spanien wie in Abes- der Artillerie und der Maschinengewehre zu sinien durchführen will, das ist es, was die versperren. Die erythräischen Askaris wei­Welt zu erwarten hat, wenn die schwarzen gern sich glatt, da sie Soldaten seien und die braunen Faschisten Handlungs- nicht Mörder von Frauen und Kindern. freiheit erhalten. werden in den Kasernen eingesperrt, mehrere

Wir veröffentlichen diesen erschüttern­den Bericht, weil er alle angeht. Denn mit der gleichen Verachtung aller humanitären Regungen, mit der der gleichen Bestialität gehen die totalitären Systeme gegen ihre innenpolitischen Gegner vor!

Es war am Tag des Heiligen Michael( 19. Februar), die Abessinier, die sehr an ihren

Traditionen hängen, schicken sich an, ihn

und Sie

von ihnen erschossen. Die Milizen und die Schwarzhemden und die unglücklichen lybi­schen Askaris dagegen geben sich dem düste­ren Geschäft mit Wonne hin. Man verteilt an

entdeckt, die sich unter Brücken oder in den Löchern der Steinbrüche von Gulale ver­borgen haben.

fordert worden, die Armee mit Getreide und

Mordszenen stützt, daß dort Menschenfresser wären. Diese Weigerung hat genügt, um aufs neue den Terror durch Fliegerbomben und Giftgas zu entfesseln.

Und die Repressalien, dehnen sich sehr

im

stationiert sind. Ich er­

Es gibt auch den Fall der siebenhundert Flüchtlinge in der Botschaft der Vereinigten Staaten , die man von dort herausgeholt hat, rasch auf entfernte Regionen aus. Ueberall WO Italiener nachdem man versprochen hat, ihr Leben zu da, schonen und die man unmittelbar vor dem fahre aus sicherer Quelle, daß in Le­Tore der Botschaft unter den entsetzten kemti Wollegabezirk mehr als 600 Blicken des amerikanischen Vertreters dahin- Kinder massakriert worden sind, weil die Leute bei der Annäherung italienischer Ueber Kräfte die Flucht ergriffen hatten. dem ganzen Lande lastet die italienische Vendetta und ich frage mich, bis zu welchem Punkt die Welt untätig der Agonie eines un­schuldigen Volkes zusehen kann.

sie in Massen Revolver, Handgranaten, gemordet hat.

Dolche, Knüttel und dann avanti! In einem Man ist mit Gewalt in den Bereich der Augenblick erheben sich die gigantischen französischen Botschaft und anderer Häuser Vögel des Todes vom Flugplatz Akaki und wenigen Europäer eingedrungen,

zehn,

sich mehr hinaus.

der

die

Es steht mir nicht zu, die verzweifelte

zu

unter der Herr­

Aber wird ein ganzes Volk in einem ein­

14. März 1937.<

Francos Hörspiele

Im deutschen Rundfunk gibt es» Die

Hier ist dieser Augenzeugenbericht: beginnen mit Bomben die ganze Peripherie nach der italienischen Besetzung in Addis >> Im Süden in der Seenregion rückte eine der Stadt zu zertrümmern. Von den befestig- Abeba geblieben sind. Alle Winkel der Stadt Widerstandsarmee gegen Addis Abeba vor. ten Punkten aus speien Kanonen und Maschi- sind durchwühlt worden, und alle Eingebore­Die Bevölkerung der Hauptstadt erwartete nengewehre unaufhörlich einen Hagel von nen, die man gefunden hat, sind niederge- Geste junger Patrioten zu billigen oder sie mit sichtbarer Ungeduld. Aber der Gene- Blei, während im Innern von allen Seiten schlagen worden. mißbilligen. Sie haben ganz einfach die Auf­ral Graziani entfaltet das Gros seiner Streit- riesige Brände die Stadt in Trümmer legen. Kann man die Zahl der Toten in den drei merksamkeit der Welt auf ihr klägliches Ge­kräfte, um sie aufzuhalten. Und in einem ge- Dichte Rauchwolken erheben sich und ver- Tagen, die dem Attentat gefolgt sind, schick lenken wollen. Es ist besser, an einem gebenen Augenblick begibt er sich persönlich düstern den Himmel. Scharfe und dumpfe schätzen? Mehr als 35.000 sind allein Tage als Held zu sterben, so sagte mir einer dahin. Aber nun verbreitet sich in der Stadt Schläge ertönen, sie vermehren sich rasch, in Addis Abeba massakriert wor- von ihnen, als zwei Tage ein Gerücht sehr rasch: Graziani sei im Ver- von Zeit zu Zeit durch schwächere unter- den. Drei Tage danach fuhren die Lastwagen schaft dieser da zu leben. lauf einer Schlacht gefallen. Die Autoritäten brochen. Entsetzte Männer, Frauen und Kin- immer noch die Leichen. in dem Hauptstadt sind davon stark beun- der laufen in voller Auflösung in allen Rich- Endlich erkundigten sich die Autoritäten zigen Tage verschwinden können? ruhigt. Die Anwesenheit von General Gra- tungen. Aber da werden sie in Gruppen von zum letzten Male, ob alle jungen Intellek­ziani wird notwendig. hundert zwanzig, fünfzig, nieder- tuellen ausgerottet wären. Nicht ein einziger geschlagen. Kurze Zeit nachher sind die war davongekommen. Sie waren alle schon Straßen mit Leichen bedeckt. Niemand wagt vorher zur Ausrottung vorgesehen. Nur die Gelegenheit dazu hatte bisher gefehlt. Nun mit Glanz zu feiern. Aber da ist der General Und nun beginnt eine Methode, die in der war sie unverhofft gekommen. Einige dieser angekommen und unterbricht die Feier, in- Hauptsache während drei langer Tage ver- jungen Intellektuellen sind mit unerzählbarer Stunde der jungen Nation<. Diese Stunde wen­Kefle det sich besonders an die Jugend und brachte eingeborenen folgt wird. Diese Methode besteht darin, daß Grausamkeit dahingemordet worden. Notablen beruft, einschließlich der Priester. man Feuer an die Häuser legt, abwartet, daß Nessibu, der junge Offizier von der Militär- kürzlich ein Hörstück>> Alkazar<. Eine ganze Stunde lang müssen sie einer der die Bewohner durch den Brand herausgejagt schule von Guennet, Georg Heruy, Sohn des lich unbedeutend und eine Hurrafassung der unverschämtesten Reden zuhören, die ihnen werden und sie dann unterschiedslos ermor- Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten, Verteidigung des Alkazar durch die Kadetten auf das heftigste vorwirft, daß sie das Ge- det. Mit Dolchen, Bajonetten, Handgranaten, Tesfe Tegegne, Direktor in diesem Ministe- von Toledo . Verherrlichung eines Offiziers­rücht von seinem Tode in die Welt gesetzt Knütteln, Steinen, mitunter auch mit Feuer- rium, Schaka Pellehu, Kronkämmerer, Baru und bestätigt hätten. Endlich, nachdem er waffen. die Allmacht des faschistischen Italiens und Anderwärts sieht man Gruppen von Fa­die übermenschlichen Kräfte des Duce ge- schisten arme Menschen an Lastwagen an­damit amüsieren, sie von feiert hat, fordert er sie auf, den Duce und binden und sich Unter den Leichen, die die Straßen ver- Söhne zurück! den König von Italien und Cäsar von Abessi- Stadtviertel zu Stadtviertel zu schleifen, bis nien zu begrüßen. Die Arme erheben sich, sie in Stücke gerissen sind. Andere vergnü- pesten, hat man erkennen können: Bitwoded worten vermiẞte man die» Rettung der Reli­Die Neuheiden kamen damit wohl aber nur, um Bomben gegen den zu werfen, gen sich damit, nackte Frauen zu Tode zu Wolde - Sadik, Präsident des Senats, Dediaz- gion<<. Wolde- Emmanuel, match der ihnen Worte entgegengeschleudert hatte, peitschen vor den Blicken ihrer ohnmächtigen von nicht recht zufache und es ist ja wohl auch die von ihnen als ein Sakrileg angesehen wur- Gatten und Brüder. Andere machen sich dar- Jimma, Blatengeta Woldemariam, ehemaliger nicht leicht, die katholische Kirche in Deutsch­Blatta land zu verfolgen und zu ächten und in Spa­den. Graziani selbst und die höheren Offi- an, ihre Opfer mit Steinwürfen zu quälen, ob- abessinischer Gesandtner in Paris , ziere, die ihn umgaben, sind mehr oder weni- gleich diese sie anflehen, mit einem Schuß ein Ayele Gebre, ehemaliger Präsident des Son- nien zu retten.

dem er alle Chefs

und alle

Kaba, Fliegeroffizier, die drei Söhne des Dr. Martin, Mammo Gebru, Offizier von der Mili­tärschule von Guennet, und noch andere haben tausend Tote gefunden.

Gouverneur

putsches.

Herz­

Großes Getöse, ununterbrochenes Geschieße. Der deutsche Durchschnittshörer mag sich gesagt haben: Laßt uns zufrieden, wir sind nicht für Francos Söldner und wol­len keine Kriegszündelei. Gebt uns unsere Unter den vielen Schlag­

-

ger tödlich verletzt. Graziani hat noch die Ende zu machen. Andere vergnügen sich da- dergerichtshofs, Ato Bechah Wored, ehemali- Dafür entschädigte das Stück mit einem an­Kraft, zu rufen:> Rächt mich, tötet sie alle!< mit, mit ihren Keulen Kinder zu zerschmet- ger Direktor des Finanzministeriums, Kegnas- deren Schwindel, er wurde vor den Beginn Alle Ausgänge des Palastes wurden sofort tern, die einige Augenblicke vorher Waisen match Wolde- Yohannis, Indentant des kaiser­durch Kreuzfeuer aus Maschinengewehren geworden sind.

versperrt. Alle Abessinier, die sich innerhalb Die Tripolitaner, deren bestialischer In­

-

der Kanonaden gesetzt. Ein Offizier meldet licher Hauses, Belacheou Adatie, Kontrolleur seinem Kommandanten: Die Bluthunde Mos­der französisch- abessinischen Eisenbahn, Tad­kaus sind am Werke; in Madrid wird von den der Mauern befanden, werden mit Revolver­desse Mechecha, ehemaliger Chef des Dien­Bolschewisten stinkt durch das Beispiel ihrer Herren auf­eine Bartholomäus­schüssen, mit Bajonetten und Dolchen durch stes der Route von Jimma usw. usw. nacht vorbereitet. gereizt worden war, die sie immer noch mehr Aber gleich darauf die anwesenden Milizen getötet. Es gelingt anstachelten, indem sie ihnen sagten, Mehrere tausend Personen haben aus der kommt die Nachricht: Franco hat losgeschla­daß indessen einigen, die Mauern zu erklettern Aber viele von gen, Franco ist der Bartholomäusnacht zu­jetzt für sie die Stunde der großen Rache Stadt entweichen können. und zu verschwinden. gekommen sei, hatten sich darauf speziali- ihnen sind durch die Bomben und Maschinen- vor gekommen. Eviva Espania! In diesem Augenblick wurde die Entschei- siert, ihren Opfern die Gurgel abzuschneiden gewehre der Flugzeuge getötet worden, an­Die Welt weiß, daß diese Darstellung eine dung getroffen, die ganze Bevölkerung von oder sie kaltblütig auszuweiden, ihnen die dere sind von der Kavallerie eingeholt wor­Addis Abeba zu massakrieren. Ein Befehl, Eingeweide herauszureißen und ihnen lang- den und gemeinsam mit den Dorfbewohnern Lüge ist, daß nur einer eine Bartholomäus­der in der Geschichte als ein unauslöschliches sam den Geist aufgeben zu lassen. ermordet worden, die sie aufgenommen hat- nacht vorbereitete und das spanische Volk Franco und ten. In der kleinen Station von Modjo sind im tiefsten Frieden überfiel: Schandmal für das faschistische Ueberall floẞ das Blut in Strömen, ent­seine Clique. Dem deutschen Volke wird diese mehr als 250 Personen getötet worden. setzliche Schreie von Frauen und Kindern faschistische Lüge noch immer und in immer mischten sich in das diabolische Konzert der Führer, die im Augenblick der Attacke neuen Formen serviert. So arbeitet der Fa­modernen Waffen. Drei Tage des Mordens| verhaftet waren, sind in Flugzeugen nach schismus. Und was tun die Demokratien? vergingen so. Die> neue Blüte<<, die Stadt der unbekannten Mimosen und des Eukalyptus, die mit dem worden.

Italien

stehen bleiben wird, ergeht: Schließt die Stadt ein, niemand von die­ser verfluchten Rasse darf übrig bleiben. Macht mit ihr, was ihr wollt.<

Bestimmungsorten gebracht

Wann endlich kommt das Hörspiel, das die spanische Tragödie in ihrer geschichtlichen Dieser Befehl wird sofort den in der Gewimmel ihrer friedlichen Einwohner, immer Jetzt bietet die Stadt den Anblick eines Wahrheit darstellt? Die demokratischen In­Hauptstadt anwesenden Besatzungstruppen in Weiß gekleidet, den Anblick eines unge- Schlachtfeldes nach den Kämpfen. Man sieht stitutionen sind für Nichteinmischung, mag mitgeteilt. Diese Truppen hatten annähernd heueren festlichen Parks bot, ist nur noch nur noch Truppenposten und Patrouillen, so auch darüber die Wahrheit in Grund und Bo­ die folgende Stärke: Reguläre Truppen ein düsteres Schlachtfeld, mit Leichen besät. als ob der Angriff eines furchtbaren Gegners den gestampft werden.